Bundesrepublik
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„… und wenn Typen dabei kaputtgehen“. Die Bildikone des toten Holger Meins – ein Erklärungsversuch
(2017)
Die Ankündigung von Andreas Baader im Zuge des dritten Hungerstreiks der RAF-Häftlinge ab September 1974 sollte sich bewahrheiten: Am 9. November 1974 starb Holger Meins im Alter von 33 Jahren, 1,83 Meter groß und 40 Kilo schwer, nach zwei Monaten Hungerstreik und fast zweieinhalb Jahren Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Wittlich in der Eifel. Am 21. November 1974 druckte der „Stern“ das Foto von Holger Meins auf dem Totenbett. Es sollte Eingang in das kulturelle Gedächtnis der Bundesrepublik finden. Obwohl es viele Bilder von Holger Meins gibt, war es dieses Foto, welches bis heute das Bild von Meins und auch der RAF prägt. In vielen Publikationen und Filmproduktionen wird es entweder gezeigt oder darauf rekurriert, und auch die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Foto und Meins‘ Rolle als „Ikone“ der RAF-Geschichte bricht seitdem nicht ab.
Eine Bildgeschichte der „Flüchtlingskrise“ würde an der Komplexität dieser von Warburg ikonologisch verfolgten „Gegenwartsbedeutung der historischen Psychologie“ zu messen sein. Die Notwendigkeit dazu begründet sich nicht zuletzt durch die näher zu betrachtende, emotional enorm aufgeladene Befehdung der Willkommenskultur seit 2015 in der Bundesrepublik. Mit Warburg besteht für diese „hohe Emotionalität“ der Gegner der Willkommenskultur eine Zuständigkeit der Bildwissenschaft. Als „historische Psychologie“ ist sie zugleich eine Alternative zu national-völkischen Formen der Sozialpsychologie wie der Völkerpsychologie und anderen Vorstellungen des Identitären als Angriffe gegen die integrativen Vorstellungen der Willkommenskultur.
Eine Besonderheit des Formats der Kino-Wochenschau besteht darin, dass zur Herstellung von authentischen Berichten (im Sinne von „Echtheit“) nicht nur die Vielfalt der filmischen Elemente ausgenutzt wurde, sondern auch gespielte Sequenzen und Filmtricks zum Einsatz kamen. Zuschauerzuschriften zeigen, dass den Kino-Besuchern der 1950er/1960er Jahre bekannt war, dass Teile von Wochenschau-Berichten inszeniert sein konnten. Offenbar führte dies beim Publikum nicht zum Vertrauensbruch, und dem Format wurde von Politik und Wirtschaft ein hoher Einfluss auf die öffentliche Meinung zugestanden. Die Redaktion war sich bewusst, dass die Berichte im In- und Ausland zur Reputation Deutschlands beitrugen. Trotzdem war nicht ausgeschlossen, dass „Scherz“-Sujets eingebracht wurden. Ob die Zuschauer diese leicht oder weniger leicht als solche identifizieren konnten, ist nicht mehr zu belegen. Für den Betrachter von heute stellt sich jedoch manchmal die Frage, ob es sich bei den Filmen um eine Zukunftsvision oder um tatsächliche Errungenschaften des damaligen modernen Lebens handelt. Daran zeigt sich die Variabilität der Zuschreibung von „Authentizität“ im historischen Kontext. Die Praktiken und Strategien der Wochenschau, um die Modernisierung im Alltag, in Wirtschaft und Forschung so zu präsentieren, dass sie von den Zuschauern als glaubhaft wahrgenommen werden konnte, sollen in diesem Beitrag aufgezeigt werden.
"Für das Jahr 2013 hatte der Berliner Senat ein Themenjahr ausgerufen:
'Zerstörte Vielfalt. Berlin im Nationalsozialismus'. Zwischen dem
30. Januar und dem 9. November sollte an die Machtübernahme der
Nationalsozialisten vor 80 Jahren und an die Novemberpogrome vor
75 Jahren erinnert werden. Über 1000 Veranstaltungen konnten in der
Stadt besucht werden: Ausstellungen der großen Museen und Gedenkorte,
der Regional- und Stadtmuseen, kleiner privater, zivilgesellschaftlicher, kirchlicher oder gewerkschaftlicher Initiativen, dazu Konzerte,
Lesungen, Theateraufführungen.(...)"
Die Leibniz-Gemeinschaft gehört seit 1995 neben der Max-Planck-Gesellschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft und der Helmholtz-Gemeinschaft zu den vier großen außeruniversitären Wissenschaftsorganisationen in Deutschland. Sie ist ein Zusammenschluss rechtlich selbstständiger Forschungseinrichtungen, deren thematische Bandbreite alle wissenschaftlichen Disziplinen umfasst. Als eingetragener Verein verfolgt die Leibniz-Gemeinschaft ausschließlich gemeinnützige Zwecke.
Abgebildet wird hier nicht nur die Historie seit der offiziellen Gründung der Gemeinschaft, sondern auch deren lange Vorgeschichte. Denn die hier untersuchten Prozesse auf dem Weg der Entwicklung einer staatlichen Forschungsförderung reichen bis in die frühe Nachkriegszeit zurück. Gleichfalls zäsurbildend wirkte schließlich die deutsche Wiedervereinigung, die zu weitreichenden Transformationen der außeruniversitären Wissenschaftslandschaft führte und maßgeblich die heutige Gestalt der Leibniz-Gemeinschaft prägt.
Jenseits von Zeit und Raum. Flugreisewerbung in den USA und Westdeutschland während der 1970er-Jahre
(2017)
»Getaway. To places you always wanted to see but never thought you could«, lautete die Überschrift einer Werbekampagne der amerikanischen Fluggesellschaft Trans World Airlines (TWA) im Jahr 1971. In großformatigen, mit Farbfiltern hervorgehobenen Bildern von Sehenswürdigkeiten wie dem britischen Parlamentsgebäude in London, dem amerikanischen Grand Canyon oder dem Taj-Mahal-Mausoleum im indischen Agra bewarb sie Reiseziele auf verschiedenen Kontinenten.
»Verdammt von Moralisten, glorifiziert als Kunst, unverzichtbarer Wirtschaftsfaktor für die Medien« – so fasste die Journalistin Eva-Maria Burkhardt 1989 in der Zeitschrift »Auto Motor und Sport« die gesellschaftliche Relevanz von Werbung zusammen. Anschließend ging sie auf die massive öffentliche Kritik speziell an der Autowerbung ein. Diese sei verantwortlich für »Rowdytum und Raserei auf den Straßen«, lautete ein vielfach kolportierter Vorwurf von Experten für Verkehrssicherheit, da sie die Symbole »Sportlichkeit« und »Motorleistung« inszeniere. Sicher vereinfachte die zeitgenössische Diskussion den kausalen Zusammenhang zwischen Bildern von rasenden Autos und schweren Verkehrsunfällen; zumindest die Zahl der Verkehrstoten war in der Bundesrepublik der 1980er-Jahre eher rückläufig. Gleichwohl belegt diese Debatte, wie eng (Auto-)Werbung und öffentlich diskutierte Themen aufeinander bezogen waren. Werbung wirkte dabei als »Zerrspiegel« gesellschaftlicher Realität.
Längst beerdigt und doch quicklebendig. Zur widersprüchlichen Geschichte der »autogerechten Stadt«
(2017)
Das Automobil steht gegenwärtig wieder einmal im Brennpunkt breiter gesellschaftlicher Debatten um Themen wie Elektromobilität, Car-Sharing, »autonomes Fahren« und verwandte Fragen. Darin kommt ein tiefer Umbruch der automobilen Kultur zum Ausdruck. Wie Konflikte um Fahrverbote in den Innenstädten, den Abriss automobiler Infrastrukturen oder die Erweiterung autofreier Zonen zeigen, erfasst dieser Umbruch auch und gerade die (großen) Städte. Vor dem Hintergrund eines sich andeutenden Abschieds von der Automobilität der Hochmoderne in den metropolitanen Räumen Europas und Nordamerikas gewinnt auch die retrospektive Reflexion über Entwicklungslinien und Wendepunkte der Raumentwicklung im Zeichen des Automobils in »seinem« 20. Jahrhundert stark an Interesse. Dies gilt umso mehr, als der epochemachende Leitbegriff der »autogerechten Stadt« die Genese und die Probleme städtischer Automobilität mehr verdeckt als freilegt.
Seit 1950 sind mehr als 778.000 Menschen auf deutschen Straßen gestorben und mehr als 31 Millionen Menschen verletzt worden (in der Bundesrepublik und der DDR zusammen). In anderen Industriestaaten liegen die Zahlen der Opfer von Verkehrsunfällen in vergleichbarer Höhe, in den Schwellenländern steigen sie angesichts einer zunehmenden Mobilität weiter. Wie lässt sich erklären, dass eine moderne Gesellschaft wie die deutsche des 20. Jahrhunderts bereit war, diesen Blutzoll zu zahlen? Die Frage weist über sich selbst hinaus, denn sie macht auf ein zentrales Problem der Epoche der Industriemoderne aufmerksam: Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden neue, von industriellen Produktionsweisen geprägte Technologien, die die Lebensgewohnheiten tiefgreifend veränderten und mit denen sich Hoffnungen einer überaus fortschrittlichen Zeit verbanden.
Die sechziger Jahre waren eine spannende Zeit des Umbruchs, der lebhafte Diskussionen zur Folge hatte. Hansjakob Stehles journalistisches Engagement und seine informellen Aktivitäten im Vorfeld der Gespräche zwischen dem Senat und der östlichen Seite gehören zu diesem interessanten Kapitel der Berliner Geschichte des Kalten Krieges.