Bundesrepublik
Refine
Year of publication
Document Type
- Journal Article (192)
- Online Publication (71)
- Part of a Book (25)
Language
- German (288) (remove)
Has Fulltext
- yes (288) (remove)
Is part of the Bibliography
- no (288) (remove)
Keywords
- Debatten (1)
*Der Beitrag ist in gekürzter Form auch im Begleitkatalog zu der Sonderausstellung "1870/71. Reichsgründung in Versailles" der Otto-von-Bismarck-Stiftung in Friedrichsruh erschienen (Die DDR und die Reichsgründung, in: Ulrich Lappenküper/Maik Ohnezeit (Hrsg.), 1870/71. Reichsgründung in Versailles, Friedrichsruh 2021, S. 200-205).
„Die Seele im technischen Zeitalter“ war Arnold Gehlens meistverkauftes Buch. Von 1957 bis zu Gehlens Todesjahr 1976 erschienen 15 Auflagen mit insgesamt 106.000 Exemplaren. Die Abhandlung wird seitdem nicht nur zu den „Klassikern der Technikphilosophie“ gezählt, sondern gar zu den „Büchern, die das Jahrhundert bewegten“. Der Verkaufserfolg war dabei sicher auch der Tatsache geschuldet, dass das Buch nach einer ersten und kürzeren, 1949 unter dem späteren Untertitel „Sozialpsychologische Probleme in der industriellen Gesellschaft“ erschienenen Fassung 1957 mit klangvollerem Obertitel und zusätzlichen Kapiteln in „rowohlts deutsche enzyklopädie“ aufgenommen wurde. Diese von Ernesto Grassi herausgegebene Reihe, in der unter anderem Hans Sedlmayrs „Revolution der modernen Kunst“, Ortega y Gassets „Aufstand der Massen“ und Margret Boveris „Verrat im 20. Jahrhundert“ erschienen waren, war eines der einflussreichsten Publikationsforen der 1950er-Jahre, so dass sich für diese Zeit von einer der späteren „Suhrkamp-Kultur“ vergleichbaren „rde-Kultur“ sprechen lässt.
Die Aktualität der Antiquiertheit. Günther Anders’ Anthropologie des industriellen Zeitalters
(2006)
Der Titel von Günther Anders’ philosophischem Hauptwerk, das vor 50 Jahren erschienen ist, macht es leicht, die historische Distanz, die uns heute von diesem Buch trennt, mit seinem eigenen Begriff zum Ausdruck zu bringen: Die „Antiquiertheit des Menschen“ erscheint heute selbst in vielerlei Hinsicht antiquiert. Anders’ „Gelegenheitsphilosophie“ (S. 8) blieb auf spezifische Weise an die Gelegenheit ihres Entstehens gebunden. Seine Studie „über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution“, so der Untertitel, ist damit zugleich ein Dokument der Zeitgeschichte und der Biographie ihres Autors. Als solches enthält sie aber auch Anregungen für die Zeitgeschichtsforschung, die durchaus noch aktuell sind.
Katalysator wider Willen. Das Humboldt Forum in Berlin und die deutsche Kolonialvergangenheit
(2019)
Das neu-alte Schloss steht bereits. Die Baugerüste sind Ende 2018 gefallen und haben den Blick auf die rekonstruierten Barockfassaden an der Nord-, West- und Südseite freigegeben. Lediglich die moderne Ostfassade lässt von außen erkennen, dass es sich bei dem Gebäude auf dem Berliner Schlossplatz nicht wirklich um das alte Stadtschloss handelt, sondern um eine Teilrekonstruktion. In deren Innerem soll ab Ende 2019, im 250. Geburtsjahr Alexander von Humboldts, das Humboldt Forum etappenweise eröffnen. Neben Sonderausstellungsflächen, Veranstaltungsräumen und einer Ausstellung zur Geschichte des Ortes im Erdgeschoss sowie Ausstellungen des Landes Berlin und der Humboldt-Universität im ersten Obergeschoss wird es im zweiten und dritten Obergeschoss die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst beherbergen, die beide zu den Staatlichen Museen zu Berlin gehören und damit Teil der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sind.
Dass es am Ende ein melancholischer Rückblick auf ein langes Fotografenleben werden würde, war nicht abzusehen, als das Literaturhaus im vergangenen Jahr die „Blumenkinder“ des Schwabinger Fotografen Stefan Moses in den Blick genommen hatte – der nun am 3. Februar 2018 mit 89 Jahren in München verstorben ist. Leichtfüßig und sorglos hatte sich das Thema präsentiert, verspielt und träumerisch sein Blick auf die Wohngemeinschaften und alternativen Lebensentwürfe der 1960er Jahre; Motive von privater Anmutung und angetreten ohne die seinen Porträts oftmals zugeschriebene Verantwortung, staatstragende Geschichten und auf Zelluloid gebannte Aussagen von geschichtsmächtiger Bedeutung zu transportieren.
Am Deutschen Eck in Koblenz, wo die Mosel in den Rhein mündet, wurde 1897 ein Denkmal eingeweiht, das Kaiser Wilhelm I. durch eine Reiterstatue ehrte und den Dank deutscher Staaten für die Reichseinigung von 1871 ausdrückte. Die Statue wurde im März 1945 zerschossen und bald danach abgeräumt. Der Sockel wurde 1953, mit Wappen der deutschen Länder und einer Bundesflagge versehen, als „Mahnmal der Deutschen Einheit“ von neuem eingeweiht. Am 3. Oktober 1990 kamen die Wappen der neuen Bundesländer hinzu. Die Statue wurde auf Betreiben privater Stifter rekonstruiert und zum 123. Jahrestag des Sieges von Sedan (1870) wiederum auf den Sockel gestellt. Abweichungen vom Original gingen nicht etwa darauf zurück, dass ein historischer Abstand reflektiert worden wäre, sondern auf fehlerhafte Materialwahl und Modellierung.
Im Dezember 2020 gab der schwedische Möbelhersteller IKEA bekannt, die weltweite Distribution seines gedruckten Warenkatalogs nach 70 Jahren einzustellen. Im deutschsprachigen Feuilleton wurde diese Nachricht zum Ereignis: »Auch das noch: Den IKEA-Katalog gibt’s nur noch digital«, stellte Jens Jessen in der »ZEIT« leicht ironisch fest. Angesichts der Unsicherheiten, die von der globalen Covid-19-Pandemie ausgingen, schien im nun umso wichtiger gewordenen Bereich des Wohnens eine weitere Konstante des Alltagslebens wegzubrechen. Der ausbleibende Katalog veranlasste einige Kommentator*innen zu sehr persönlichen Formen der Anteilnahme und Abschiedsbekundung. Mitunter ließen diese, nostalgisch gefärbt, das eigene Erwachsenwerden Revue passieren – schließlich waren die IKEA-Kataloge in den Industriestaaten weltweit ein Teil davon. So erscheint der Möbelkatalog als Medium zum Träumen, als warenästhetischer Coming-of-Age-Roman, der Jugendliche im Akt des Durchblätterns von Erwachsenenleben und Unabhängigkeit fantasieren lässt; als Schwelle in eine selbstständige, bessere Zukunft: »Du warst das Fenster, das reale Einrichtungshaus die Tür.« Das IKEA-Du, das in den Katalogen und Einrichtungshäusern propagiert wird – die Bundesrepublik hat es dankend umarmt und vielfach verflucht.
Junge Menschen brauchen moderne Möbel – so lautete sinngemäß der Appell in dem Artikel »Wohnen zwischen Teen und Twen«, der 1962 in der Einrichtungszeitschrift »Die Kunst und das schöne Heim« erschien. Darin bemängelte die Autorin, dass Jugendliche keinen Sinn für die Vorzüge moderner Möbel hätten und hartnäckig an den wuchtigen Einrichtungsgegenständen eines althergebrachten Stils festhalten würden: »Die modernen Möbel werden allgemein als ›zu leicht‹, ›zu empfindlich‹, und per se als ›wenig dauerhaft‹ empfunden.« Dabei sei gerade das in der modernen Inneneinrichtung verwendete Stahlrohr bemerkenswert knickfest und das gebogene Bugholz trotz seiner papierdünnen Leichtigkeit enorm stabil (schließlich werde es erfolgreich im Flugzeugbau verwendet). Das Unbehagen am neuen Wohnen, aller Vorzüge zum Trotz, betraf laut Verfasserin des Artikels beide Geschlechter: Männliche Teenager klagten darüber, dass die modernen Sitzmöbel unbequem und wenig rückenfreundlich seien, während junge Mädchen insbesondere skeptisch auf die neuen Schränke und Regale reagierten und sich die konventionellen tiefen Kommodenschubladen zurückwünschten, um Ordnung halten zu können. Rückwärtsgewandter sei nur die Elterngeneration, die das neue Wohnen komplett ablehne.
Mit Theatre Europe veröffentlichte das britische Spieleunternehmen Personal Software Service (PSS) 1985 ein Strategiespiel, das innerhalb Europas für Furore sorgte. Die rundenbasierte Konfliktsimulation, in der die SpielerInnen entweder die Rolle der NATO oder die des Warschauer Pakts übernehmen, konfrontierte diese mit dem virtuellen Szenario eines „heißen“ Krieges in Mitteleuropa. Ziel des Spiels war es, die Bundesrepublik 30 Tage lang zu verteidigen (NATO) oder sie in derselben Zeit einzunehmen (Warschauer Pakt). Das Ausspielen des Konflikts im Rahmen des Mediums Spiel war keine gänzlich neue Erfindung: Auch das Computerspiel Reforger ’88: NATO Defense of the Fulda Gap von 1984 oder das Brettspiel Fulda Gap hatten dasselbe Thema zum Inhalt. Beide Titel wurden aber zunächst nur in den USA veröffentlicht. Folgerichtig war Theatre Europe eines der ersten Spiele, das eine öffentliche Debatte zu diesem Thema in Westeuropa auslöste. Im Jahr 1986 startete der Verkauf des Spiels in Frankreich, und auch den deutschen SpielerInnen sollte das Produkt nicht vorenthalten werden. In der Bundesrepublik wurde das Spiel jedoch noch vor Erscheinen von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert, sodass es keinen breiten Vertrieb fand. Erst im Jahr 2011 wurde Theatre Europe wieder vom Index genommen.
Selten gerinnt „ein Stück empirisch orientierter, projektiver Gesellschaftstheorie“ (S. 13) aus der Feder eines Soziologen so rasch zum Schlagwort der Feuilletons wie Ulrich Becks „Risikogesellschaft“. Kurz vor der Drucklegung mit einem zweiten Vorwort versehen („Aus gegebenem Anlaß“), offerierte sich der Text selbst als Kommentar zur Reaktorkatastrophe von Tschernobyl; Beck ordnete den Vorfall historisch am Ende einer Kette von „zwei Weltkriege[n], Auschwitz, Nagasaki, dann Harrisburg und Bhopal, nun Tschernobyl“ ein (S. 7). Rhetorisch beginnend mit einem Paukenschlag, bleibt das Zugespitzte, Provokante für seinen Stil bis zur letzten Seite kennzeichnend. Die erste Auflage war schnell verkauft, schon 1987 erschien eine zweite, mittlerweile liegt das Buch in der 19. Auflage vor. Seit 1992 ist es auf Englisch und in vielen weiteren Sprachen auf dem Markt.
Es war eine reizvolle Aufgabe, die Jürgen Habermas (im Zusammenspiel mit Günther Busch und Siegfried Unseld vom Suhrkamp-Verlag) Mitte 1978 Freunden und Kollegen stellte: Wolle man nicht, fragte er an, das bevorstehende Erscheinen des 1000. Bandes der edition suhrkamp (es) zum Anlass nehmen und eine Zeitdiagnose aus linksintellektueller Sicht wagen? 32 Autoren - Wissenschaftler, Publizisten, Schriftsteller - folgten seinem Aufruf und sandten ihre Beiträge ein, so dass aus der ‚es 1000’ sogar zwei Bände mit insgesamt 861 Seiten wurden. Das Projekt war ambitioniert, obgleich Habermas um einen moderaten Grundton bemüht war. Als Vorbild fungierte der 1000. Band der Sammlung Göschen, „Die geistige Situation der Zeit“ von Karl Jaspers, 1931 erschienen. Jaspers’ Schrift war ganz dem kulturkritischen Duktus seiner Zeit verhaftet gewesen, hatte er doch die fortschreitende Rationalisierung und Technisierung der Welt als Ursachen einer allgemeinen menschlichen Sinnkrise gedeutet, die nicht mehr innerweltlich zu lösen sei, sondern nur durch den Sprung des Einzelnen in die Transzendenz.
Die Arbeitsumstände der westlichen Korrespondenten, die während des Ost-West-Konflikts aus der Hauptstadt der Sowjetunion berichteten, waren ein alltäglicher Ausdruck gerade jener widersprüchlichen politischen Entwicklungen, über die sie eigentlich informieren wollten, zu denen ihnen aber oft der Informationszugang und die erforderlichen Übermittlungswege versperrt waren. Der Beitrag beleuchtet die Hindernisse, mit denen die Journalisten um 1960 zu kämpfen hatten und die ihnen selbst nur in zweiter Linie berichtenswert erschienen. Wie gingen die Journalisten an der Schnittstelle zwischen Ost und West mit solchen Schwierigkeiten um? Wenn man die Tätigkeit der westlichen, speziell der westdeutschen Korrespondenten in Moskau näher betrachtet, wird es möglich, ein vielschichtiges und präzises Bild des Ost-West-Konflikts jenseits der außenpolitisch-diplomatischen Ebene zu erhalten sowie die in den westlichen Medien verbreiteten Nachrichten als kontextgebundene Produkte zu analysieren.
"Für das Jahr 2013 hatte der Berliner Senat ein Themenjahr ausgerufen:
'Zerstörte Vielfalt. Berlin im Nationalsozialismus'. Zwischen dem
30. Januar und dem 9. November sollte an die Machtübernahme der
Nationalsozialisten vor 80 Jahren und an die Novemberpogrome vor
75 Jahren erinnert werden. Über 1000 Veranstaltungen konnten in der
Stadt besucht werden: Ausstellungen der großen Museen und Gedenkorte,
der Regional- und Stadtmuseen, kleiner privater, zivilgesellschaftlicher, kirchlicher oder gewerkschaftlicher Initiativen, dazu Konzerte,
Lesungen, Theateraufführungen.(...)"
In den zurückliegenden anderthalb Jahrzehnten hat sich in der deutschen Geschichtswissenschaft ein spezielles Forschungssegment herausgebildet. Begonnen 2005/06 mit einem Auftrag des Auswärtigen Amts, haben seitdem mehr als zwanzig Bundesbehörden, darunter das Justiz- und Innenministerium, der Bundesrechnungshof, das Robert Koch-Institut und selbst der Bundesnachrichtendienst Forschungsprojekte zu ihrer Geschichte gefördert. Mehr und mehr erfasst dieser Trend auch die Behörden der Länder und Kommunen sowie die Parlamente, zudem lief 2017 ein Forschungsprogramm der Bundesregierung an, in dessen Rahmen zehn Projekte mit zumeist behördenübergreifendem Querschnittcharakter finanziert werden.
Ende der 1970er Jahre tauchte »Preußen« in beiden deutschen Staaten wieder auf. Die »Preußenrenaissance« wurde bislang vor allem als geschichtspolitisches und intellektuellengeschichtliches Phänomen betrachtet. Preußen wurde aber auch, das zeigt der Blick auf die formative Phase der Preußenkonjunktur um 1980, in breiten Bevölkerungsschichten populär. Der nach 1989/90 betriebene Versuch indes, Preußen zur Traditionsstiftung für das vereinigte Deutschland zu nutzen, scheiterte auf lange Sicht. Heute ist Preußen, jenseits der Hohenzollerndebatte, nurmehr punktuell im Rhythmus der Jahrestage präsent.
Während die Jahrzehnte des Booms nach dem Zweiten Weltkrieg durch eine weitgehend stabile Ordnung geprägt waren, setzte mit dem Sinken wirtschaftlicher Wachstumsraten, dem Zerfall des internationalen Währungssystems und den beiden Ölpreiskrisen im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts eine Zeit zunehmender Komplexität unternehmerischer Entscheidungen ein. Statt der bis dahin dominierenden Orientierung an der Produktion wurde der Markt zum wichtigsten Bezugspunkt und die Kapitalrendite zum maßgeblichen Indikator. Am Beispiel des Chemiefaserproduzenten Enka Glanzstoff bzw. dessen Mutterkonzern Akzo wird gezeigt, auf welche Weise der Markt durch die Öffnung der Vorstandsetagen für externe Berater (in diesem Fall von McKinsey) an Bedeutung gewann. Seit den 1970er-Jahren wurden zahlreiche Unternehmen nach kompetitiv gedachten Organisationsprinzipien umstrukturiert. Trotz der Gegenwehr von Gewerkschaften und Betriebsräten schritt damit auch die interne Vermarktlichung von Unternehmen voran. Während die Unternehmen zudem stärker multinational agierten, gelang dies den Arbeitnehmervertretungen nicht in gleichem Maße.
Vor 30 Jahren erschien auf dem vierten Album der Kölner Band BAP der Song „Kristallnaach“. Prominent platziert als Eröffnungsstück und mit einer Spiellänge von fast fünf Minuten das längste Stück des Albums, ist „Kristallnaach“ die vielleicht bekannteste Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in Form eines Popsongs. Das Album erreichte nach Erscheinen Platz 1 der deutschen Charts, und der Song stieg bis auf Platz 25 der Singlecharts. Doch nicht dieser Erfolg macht ein ‚neues Hören‘ interessant, sondern die Tatsache, dass erst mit dem zeitlichen Abstand erkennbar wird, wie stark der Song an verschiedenen pop- und zeithistorischen Schnittstellen angesiedelt ist.
Cognac, Zigarren, Wackelpudding und wechselnde Damenbekanntschaften gehörten zur Standardausstattung der von 1986 bis 1998 in fünf Staffeln mit insgesamt 58 Folgen ausgestrahlten SFB/ARD-Anwaltsserie »Liebling Kreuzberg«. Mit einer Einschaltquote von bis zu 47 Prozent in der ersten Staffel1 verdankte die Serie ihren Erfolg nicht zuletzt dem Hauptdarsteller Manfred Krug (1937–2016). Als Anwalt der »kleinen Leute«, von seinem langjährigen Freund und Kollegen Jurek Becker als »einzige[r] Kleinbürger im deutschen Fernsehen mit Sexappeal« bezeichnet, verkörperte Krug den zuweilen raubeinigen, lebenserfahrenen und hilfsbereiten Rechtsanwalt Robert Liebling.
Die Einheit als „soziale Revolution“. Debatten über soziale Ungleichheit in den 1990er Jahren
(2019)
Die DDR-Sozialpolitik vermittelte Sicherheit und Geborgenheit, das „Recht auf Arbeit“ war verfassungsmäßig verankert – all dies besaß einen kaum zu unterschätzenden Einfluss auf soziale Strukturen und Wertorientierungen für die Zeit nach 1990. Diese Erfahrungen waren tiefgreifend und zentraler Vergleichsmaßstab in einer Zeit, in der individualistische Strategien der Daseinsbewältigung zunehmend wichtiger werden sollten. Mit den Unwägbarkeiten der postindustriellen Gesellschaft hingegen war die Bundesrepublik seit Mitte der 1970er durch die Erfahrung von (Massen-)Arbeitslosigkeit und den Auswirkungen des globalen Strukturwandels bereits konfrontiert. Hier wie dort existierten Ungewissheiten und soziale Unsicherheiten, die das Zustandekommen damaliger Wahrnehmungsweisen sozialer Umbrüche erklären. Dergestalt ist der damalige Umgang mit sozialer Ungleichheit ein besonders frappierendes Beispiel für die umkämpfte zeitgenössische wie nachträgliche Ausdeutung des Einigungsgeschehens, das es gilt, in seinen historischen Bedingtheiten auszuleuchten – nicht zuletzt deshalb, weil vieles von dem bis heute nachwirkt.