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Ukrainische „Nachtwache“
(2022)
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine, den die russischen Streitkräfte unter der bewusst nebulös gehaltenen Bezeichnung als „militärisch-technische Sonderoperation“ mit ihrer Invasion am 24. Februar 2022 begonnen haben, wird auch in einer globalisierten medialen Öffentlichkeit als sogenannter Kommunikations-Krieg ausgetragen – darüber sind alle Kommentare und Analysen einig. Auf diesem Kriegs-Schauplatz kommt der Darstellung und Deutung der Ereignisse mittels visueller Medien eine zentrale Bedeutung zu: Auch diese Feststellung wird nicht nur weithin geteilt, sie beeinflusst deren Auswahl aufgrund des Referenzrahmens, den sie für die Deutung des Geschehens zur Verfügung stellen.
Hier soll ein Motiv herausgehoben werden, dem in allen Analysen ebenfalls eine zentrale Bedeutung zugeschrieben wird: der Repräsentation der beiden Spitzenpolitiker als zentraler Akteure, des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seines russischen Gegenübers, Wladimir Putin.
Je nach Perspektive wird die „Geschichte der Medizin“ als Teildisziplin der Geschichte oder die „Geschichte in der Medizin“ als Prozess der Selbstreflexion und Selbstvergewisserung in der Medizin betrachtet. Nach einer chronologischen Einordnung der Zeitgeschichte der Medizin folgt ein kurzer Abriss zur Geschichte des Fachs sowie zu seinem Wandel und den damit verbundenen Kontroversen. Anschließend stellen die Autor*innen Themen, Methoden und theoretische Zugriffe sowie Akteur*innen vor und fragen nach dem aktuellen Verhältnis von Medizingeschichte und Medizinethik.
Awkward Object of Genocide: Vernacular Art and the Holocaust in and beyond Polish Ethnographic Museums was a initiative carried out at the Research Center for Memory Cultures at the Faculty of Polish Studies, Jagiellonian University, Kraków, by a group of four scholar-curators. The original aim of the project was to explore public and private Polish ethnographic collections in search of art objects referring to, representing, or commenting on the Holocaust. In our project we propose that this unique genre of the visual document, which has received little attention in studies regarding the Holocaust so far, could offer new insights, as well as forge new arguments, different from those commonly employed in attempts to understand the experience and memory of the Holocaust in Polish provinces.
Magdeburg, 18. September 1985: Das neue Schuljahr in der DDR ist zwei Wochen alt, als eine junge Lehrerin für die Vertretungsstunde in der 9. Klasse eingeteilt wird. Ihren Englischunterricht kann sie nicht fortsetzen und so gibt sie den Schüler:innen spontan eine andere Aufgabe: „Schreibt doch mal auf, wie ihr euch das Leben im Jahr 2010 vorstellt!“ Im Gegensatz zum regulären Unterricht macht sie den Jugendlichen keinerlei Vorgaben, was der Text beinhalten soll, und wartet gespannt auf die Ergebnisse. Als sie die Aufsätze am Abend liest, überraschen die Zukunftsträume der Jugendlichen sie völlig. Die Schüler:innen träumen von offenen Grenzen, von schnellen Autos und dem Besitz eines Eigenheims. „Wenn das deine Parteisekretärin findet, dann ist deine Karriere ja ganz schnell vorbei!“[1], befürchtet sie und beschließt daher, die 23 Texte für sich zu behalten.
Über 30 Jahre später blicken wir nicht nur auf das Jahr 2010, sondern auch auf die untergegangene DDR zurück.
Das Promotionsprojekt Aktion, Reaktion, Transformation: Die DDR in der Kunst nach dem Mauerfall (Arbeitstitel) hat sich zum Ziel gesetzt, eine erstmalige Übersicht und Kategorisierung der künstlerischen Auseinandersetzungen mit der DDR nach 1989 zu erstellen. Dabei werden die Zeitzeugnisse ebenso wie die Zeitzeugenschaft als Material in der Kunst ergründet und gegenübergestellt. Zur Erforschung des Themas wurden zwei Eingrenzungen vorgenommen. Der Zeitraum wurde auf dreißig Jahre, von 1989 bis 2019, festgelegt. Weiterhin werden fast ausschließlich Werke aus dem Bereich der Foto-, Video- und Installationskunst analysiert, da die Verarbeitung der Geschichte der DDR vornehmlich in diesen Gattungen stattfindet. Diese Vorgehensweise folgt dem allgemein zu beobachtenden Trend in der Gegenwartskunst, sich auf diese Weise mit historischen Ereignissen zu befassen. Diese Engführung ergibt sich somit aus dem vorhandenen Konvolut und dient der besseren Vergleichbarkeit der Werke.
Das Projekt untersucht erstmals die „Klimagipfelkunst“ als einen Korpus, um daran exemplarisch Spezifika und Entwicklungen im Verhältnis von Kunst zu Politik, Gesellschaft und Wirtschaft seit den 1970er Jahren zu eruieren. Es macht sich vor diesem Hintergrund zur Aufgabe, Positionierungen und Institutionalisierungen der Kunst im Rahmen politischer Gipfel zu untersuchen. Durch Workshops und Kooperationen soll die Thematik zudem auf weitere Anlässe erweitert werden, beispielsweise auf Kunstprojekte anlässlich von G8- oder G20-Gipfeln, Weltwirtschaftsforen oder auch von politischen und institutionellen Jahrestagen.
Byron Metos is a Greek collector based in Thessaloniki, whose interest focuses on war photography and more specifically on the photography of the two World Wars in Greece. Part of his collection is titled Balkan und Griechenland (Balkans and Greece) and comprises photographs taken mostly by German soldiers and officers, though also including those by itinerant photographers, during the years of the Nazi Occupation in the Balkans, which have originated from photo albums of German soldiers. During the postwar era, these were acquired by an officer who had served in Greece as a member of the Health Service of the German army. Many years after the War, he decided to trace his own route through the war by adding the photographs of his fellow soldiers to his own photographic souvenirs. After his death, the collection passed to his daughter, who, a year later, sold the section relating to Greece, namely almost three thousand (3,000) photographs, to Byron Metos. The focus of the present paper will be on photos of the “tourist destination” Thessaloniki.
Der „Todestango“ gehört zu den bekanntesten und zugleich rätselhaftesten Kompositionen, die in Konzentrations- und Vernichtungslagern der SS gespielt worden sein sollen. Der Legende nach entstand er im Zwangsarbeits- und Durchgangslager Janowska in Lemberg/Lviv, der damaligen Hauptstadt Galiziens, das nach dem Überfall des Hitler-Regimes auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 unter deutsche Besatzung geriet. In einer Bildanalyse führt Dietz aus, dass wesentliche Inhalte, die Rückschlüsse (oder Zweifel) über den Ort der Aufnahme erlauben, im bisherigen Diskurs übergangen wurden. In diesem Zusammenhang wird die Frage zu diskutieren sein, ob die Aufnahme wirklich das Orchester des Janowska-Lagers oder möglicherweise das Orchester des Lemberger Ghettos zeigt.
During the Holocaust 5.8 million people were killed; most of the victims did not leave behind any record that could help reconstruct their experience. While survivor history has been well studied in the last decades, how millions of voiceless victims experienced their persecutions has remained a terra incognita. Generally, while perpetrator history is well-documented, the voiceless victims’ perspective has resisted any form of documentation; their emotional and mental experiences conveyed through novels and memoirs have remained fragmented and they have often been dismissed as subjective and unreliable. Today Digital History and Digital Humanities offer new forms of inquiry and representations; they can unlock the emotional, mental, and physical realities which voiceless victims of the Holocaust or other genocides were forced to live in.
Im Jahr 2022 wird die in Neu-Delhi geborene Künstlerin Dayanita Singh mit dem renommierten „Hasselblad Award“ ausgezeichnet. Seit den 1980er Jahren experimentiert sie in ihren Arbeiten mit innovativen Ansätzen, interpretiert Fotografie immer wieder neu und setzt sich durch unkonventionelle Ausstellungsmethoden für zugänglichere Darstellungsformen in Museen ein. Die zentralen Arbeiten aus Singhs Œuvre werden bis zum 7. August in der Ausstellung „Dayanita Singh: Dancing with my Camera“ im Gropius Bau gezeigt.
Mareike Otters setzt sich ausgehend von einer Fotografie, die einen gefangenen und nach Sachsenhausen verschleppten Soldaten der Roten Armee zeigt, mit der 2008 eröffneten Dauerausstellung "Das KZ Sachsenhausen 1936-1945. Ereignisse und Entwicklungen" in der Gedenkstätte und dem Museum Sachsenhausen in Oranienburg auseinander. Warum wird das Foto des Mannes in der Ausstellung gezeigt und welche Art der Präsentation wurde gewählt? Sollte die Geschichte des Objekts, also der Fotografie, und die der individuellen Person mit all ihren Ungewissheiten und Komplexitäten in der Ausstellung sichtbarer gemacht werden? Ist die aktuelle, vereindeutigende Nutzung des Fotos als Illustration eines Opfers des Massenmordes nicht vor dem Hintergrund der bestehenden Unklarheiten problematisch? Auf diese und weitere Fragen geht der Artikel ein.
Würdigung/Entwürdigung
(2022)
In der Geschichte der dokumentarischen Fotografie gibt es ungezählte Aufnahmen, die Opfer von Krieg, Gewalt und Armut zeigen. Oft ist es die erklärte Intention des Fotografen oder der Fotografin, auf Missstände aufmerksam zu machen und den Opfern, also den Abgebildeten, zu ihrem Recht zu verhelfen. Es gibt aber auch Fotograf:innen, denen das Wohlbefinden derer, die sie fotografieren, völlig egal ist. Während also die einen versuchen, die Würde des Menschen mit ihren Fotografien zu schützen oder gar wiederherzustellen, nehmen andere bewusst die Entwürdigung von Menschen in Kauf.
Seit der Gründung der Deutschen Presse Agentur (dpa) 1949 halten die Fotograf:innen von Deutschlands größter Nachrichtenagentur Tag für Tag das Geschehen in der Bundesrepublik fest. Insofern ist das Bildarchiv der dpa in Frankfurt am Main ein wertvolles Zeitzeugnis und eine wichtige Quelle zur pressebildlichen Überlieferung in der Bundesrepublik von 1949 bis heute. 14 Millionen Negative, Dias und Prints der dpa und der in der Nachkriegszeit gegründeten Vorläuferagenturen Dena (Deutsche Nachrichtenagentur), Südena (Süddeutsche Nachrichtenagentur) und Deutscher Pressedienst sind Teil der Pressebild-Geschichte der Bundesrepublik und dokumentieren wichtige historische Ereignisse, bedeutende Persönlichkeiten und gesellschaftliche Entwicklungen im Land.
Von April 2019 bis März 2022 erschloss das durch die German-Israeli Foundation geförderte Forschungsprojekt „Jewish Photography of Crisis: The German Reality in the Eyes of Jewish Photographers, 1928-1938“ jüdische Perspektiven auf das Ende der Weimarer Republik, den Beginn der NS-Diktatur und die zunehmende Ausgrenzung und Verfolgung von Jüd:innen. Zum Abschluss der dreijährigen Arbeit luden OFER ASHKENAZI (Jerusalem) und ANNETTE VOWINCKEL (Potsdam) zu einem Workshop an der Hebrew University of Jerusalem am 10. und 11. April ein.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Kim Christian Priemel bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Frank Trentmann bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Frank Rexroth bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Barbara Stollberg-Rilinger bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Christina Brauner bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Sebastian Conrad bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Ute Daniel bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Caroline Arni bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Habbo Knoch bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Maren Möhring bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von David Kuchenbuch bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Tim Neu bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Ute Frevert bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Kontextualisierung oder Eine Fotografie und ihre Geschichte(n). Entstehung – Verbreitung – Rezeption
(2022)
Jede Fotografie hat ihre eigene Entstehungsgeschichte. Eine Person drückt mit einer individuellen Intention auf den Auslöser einer Kamera: Die Linse ist dabei auf ein Motiv gerichtet, das für den Bruchteil einer Sekunde abgelichtet und konserviert wird. Vielleicht zeigt es Menschen, Tiere, Landschaften, einen Straßenzug, Gebäude oder den Wimpernschlag eines historischen Ereignisses. Fotografien stehen je nach Fundort oder Publikationsart entweder für sich oder in Sinnstrukturen, die beispielsweise aus weiteren Fotografien, Notizen, Bildunterschriften oder Texten bestehen können. Die Verbreitungswege und Verwendungsweisen von Fotografien sind vielfältig. Jeder Mensch betrachtet eine Fotografie vor dem Hintergrund eigener Lebenserfahrungen und -eindrücke sowie durch eine medial geprägte Bilderwelt. Somit ist Kontextualisierung analytisch auf den drei Ebenen der Produktion, Verbreitung und Rezeption zu denken.
Das Lebensthema des Religionsphilosophen, Kulturhistorikers und Politikers Ernst Troeltsch (1865-1923) war die „moderne Welt“. In den großen Neuordnungsdiskursen nach 1918 spielte er eine wichtige Rolle in den westeuropäischen, aber auch in den osteuropäischen Kulturtransfers. Gangolf Hübinger und Johannes Bent stellen sein spätes Hauptwerk „Der Historismus und seine Probleme“ vor und betonen die intellektuelle Bedeutung von Troeltsch sowohl für die Demokratiediskurse der ersten deutschen Republik als auch für die Frage nach der Orientierungskraft von „Geschichte“ für die moderne Gesellschaft, insbesondere für die „Europadiskurse“ des 20. Jahrhunderts.
Es geht darum, ein Gleichgewicht zu finden. Die Journalistin Ronja von Wurmb-Seibel im Interview
(2022)
Im neuen Visual-History-Beitrag unterhält sich Janine Funke mit der Journalistin Ronja von Wurmb-Seibel. Im Fokus stehen dabei das neu veröffentlichte Buch der Journalistin sowie ihr Umgang mit Nachrichten und Social Media. Auch die Stichpunkte Kriegsfotografie, Symbolbilder, Fake News und Transparenz kommen dabei zur Sprache.
Kriegsbilder aus der Ukraine, Bildethik, faktenbasierte Berichterstattung, Authentizitätsprüfungen und die emotionale Belastung durch diese Arbeit sind die zentralen Punkte, welche Nadine Kurschat und Frank Seidlitz von der "Focus"-Bildredaktion im Interview mit Christine Bartlitz aufgreifen. Bilder, die von großen Agenturen verbreitet werden oder von ortsansässigen Fotografen stammen, treffen "im Minutentakt" in der Redaktion ein. Es ist Aufgabe der Bildredakteur:innen, zu entscheiden, was veröffentlicht wird.
Die Erforschung der Transformation Ostdeutschlands seit 1989/90. Ansätze, Voraussetzungen, Wandel
(2022)
In seinem Beitrag skizziert Marcus Böick gesellschaftswissenschaftliche und insbesondere zeithistorische Forschungen zu Ostdeutschland nach 1990. Er unterscheidet dabei vier Phasen der Transformationsforschung: eine ältere „DDR-Forschung“; die Konjunktur einer stark sozial-, politik- und wirtschaftswissenschaftlich dominierten Forschung in den frühen 1990er-Jahren; kultur- und literaturwissenschaftliche Zugriffe „von unten“; und schließlich die Grundzüge der jüngsten, etwa ab Mitte der 2010er-Jahre einsetzenden und zunehmend auch zeithistorisch geprägten Transformationsforschung. Abschließend werden übergreifende (Zukunfts-)Perspektiven angedeutet, die das Forschungsfeld ein Stück weit aus den innerdeutsch-introspektiven Selbstbeschäftigungen herausführen könnten.
Eliten
(2022)
Neu in einer aktualisierten Version 2.0: Dem Begriff der „Elite“ wohnt eine begriffliche Unschärfe inne, der Morten Reitmayer in seinem Artikel auf den Grund geht. Beginnend bei frühen Elite-Theorien, die die Unterscheidung von Elite und Nicht-Elite als wichtigste gesellschaftliche Trennlinie betrachteten, wendet er sich zentralen Termini zu und grenzt Funktions- und Machteliten voneinander ab. Zentral für Reitmayer sind auch die fruchtbaren kritischen Ansätze von Bourdieu, die für ihn eine potenzielle Bereicherung der Erträge der Eliten-Forschung bereithalten.
Friedrich Klinsky wurde 1925 in Wien geboren und starb dort im Jahr 2002. Als Zehnjähriger begann er sich für Fotografie zu interessieren, war mit einem billigen Apparat unterwegs und entwickelte in der elterlichen Küche die ersten Bilder selbst. Er hatte bei einem Fotografen einer befreundeten Familie zusehen dürfen. Der Besuch der Höheren Graphischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt blieb ihm aus Geldmangel verwehrt. Er begann als 17-Jähriger wahrscheinlich eine Lehre als Fotolaborant in der Gaulichtbildstelle der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV), die er aufgrund einer Lungen-Krankheit bereits nach einem Jahr wieder abbrechen musste. Nach 1945 gelang es ihm, bei diversen Fotoagenturen sowie bei den Tageszeitungen „Bild-Telegraph“, „Express“, „Kurier“ und „Wochenpresse“ seine Arbeit als Fotograf fortzusetzen. Friedrich Klinsky war vierzig Jahre lang von 1946 bis zu seiner Pensionierung 1984 als Pressefotograf in Österreich tätig.
Kaum ein anderes Medium scheint bei der Konstruktion von Geschichte so effizient wie die Fotografie. Gerade im postnationalsozialistischen Deutschland kommt Fotografien damit eine kaum zu überschätzende Bedeutung zu. Mit den vielschichtigen Transformationen multidirektionalen Gedenkens[5] ist die Bereitstellung von Wissen zu Gewalt und ihren medialen Erscheinungsformen von immenser Notwendigkeit. Der Blick in andere Erinnerungskulturen kann dabei hilfreich sein, um über den Umgang mit Fotografien von Gewalt – Gewaltbilder – theoretisch nachzudenken.
Bewegungsorientierte Themen liegen im Trend. Der Beitrag stellt Mobilitätsgeschichte als heterogenen Querschnittsbereich vor. Dieser erfasst mehrere Forschungsfelder wie die Verkehrs-, Umwelt-, Migrations-, Tourismus- und Globalgeschichte. Im Beitrag werden theoretisch-methodische Überlegungen aus den interdisziplinären Mobility Studies rekapituliert und Schlaglichter auf aktuelle Forschungsthemen, Potenziale und Grenzen der Mobilitätsgeschichte geworfen.
Die Fotografin Vera Lentz (*1950 in Lima) schuf ikonische Bilder des internen bewaffneten Konflikts in Peru von 1980 bis 2000, der von einer hemmungslosen Gewalt geprägt war, die sowohl von der maoistisch-kommunistischen Partei Sendero Luminoso / Leuchtender Pfad, der Guerillaorganisation MRTA, den verschiedenen peruanischen Sicherheitskräften sowie von Paramilitärs verübt wurde. Knapp 70.000 Menschen wurden in Peru getötet. Beide Parteien begingen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und verstießen gegen das humanitäre Völkerrecht. Beide Seiten mordeten vor allem Indigene und Arme. Die Fotografien von Vera Lentz zählen zu den nachhaltig verstörenden Bildern der seit 2003 und noch bis zum Jahr 2026 laufenden Ausstellung „Yuyanapac“, mit der die peruanische Wahrheits- und Versöhnungskommission über den bewaffneten internen Konflikt aufzuklären versucht.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erschien ein völlig neues Printmedium in den Auslagen der Buchhandlungen. Es handelte sich um meist auf billigem Papier gefertigte farbenfrohe Einblattdrucke. Ihre Größe war mit ungefähr 43 x 34 cm sehr einheitlich. Umso heterogener waren die abgebildeten Motive und ebenso vielfältig ihre Verwendbarkeit. Damit war ein Produkt auf den Markt geworfen, das flexibel genug war, um über ein Jahrhundert als Ware zu überdauern. Dies macht den Bilderbogen zu einem ungemein wertvollen materiellen Zeugnis des 19. Jahrhunderts.
Selten ist das Thema eines Sammelbandes so aktuell wie das des vorliegenden: „Corona und die journalistische Bildkommunikation“, herausgegeben von dem Kommunikationswissenschaftler und Journalisten Felix Koltermann. Dass es sich dabei nur um eine Momentaufnahme handeln kann, ist kaum nötig zu erwähnen. Ein absehbares Ende der Pandemie war zum Redaktionsschluss des Bandes im Mai 2021 ebenso wenig in Sicht wie zur Veröffentlichung dieser Rezension. Folgerichtig beabsichtigen die Autor:innen nicht, die langfristigen Folgen der Pandemie auf den Bildjournalismus zu prognostizieren; vielmehr soll hier eine Art Zwischenfazit nach rund einem Jahr Pandemie gezogen werden. Die einzelnen Beiträge betrachten, wie die Coronakrise die Arbeit von Bildredakteur:innen, Foto- und Datenjournalist:innen bis zu diesem Zeitpunkt eingeschränkt und verändert sowie neue Diskurse geschaffen hat.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Frank Bösch bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Die Stasi führt ein intensives Nachleben, zumindest auf der Leinwand. Im Kino erfreut sich der ostdeutsche Geheimdienst schon seit vielen Jahren einer anhaltend großen Beliebtheit, vor allem in Filmen über die DDR-Vergangenheit, in denen Stasi-Figuren meist den repressiven Charakter der SED-Diktatur symbolisieren. Doch die Zeiten, in denen Stasioffiziere als simple Bösewichte mit grauen Anzügen und schlechtsitzenden Frisuren in Erscheinung traten, scheinen vorbei zu sein. Die Ambivalenz der Figuren hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, auch positiv besetze Heldenfiguren sind keine Seltenheit mehr. Das Spektrum der Filme reicht dabei von authentischen Annäherungen an widersprüchliche IM-Biografien („Gundermann“, 2018, Regie: Andreas Dresen) über radikal stilisierte Dramen („Nahschuss“, 2021, Regie: Franziska Stünkel) bis hin zu grotesk überzeichneten Satiren („Stasikomödie“, 2022, Regie: Leander Haußmann).
Während die DDR-Geschichte bislang meist im Genre der Komödie oder des Familiendramas erzählt wurde, zeigt sich in neuen filmischen Inszenierungen eine Offenheit für andere Formen. Dabei rückt wieder die Staatssicherheit in den Mittelpunkt. Mit „Kleo“ zeigt Netflix aktuell eine Serie über eine Profikillerin im Dienst des MfS, die mit Anspielungen auf die Popkultur der 1980er und 1990er Jahre gespickt ist. „Kleo“ knüpft dabei an die erfolgreichen Erzählmuster der Serie „Deutschland 83/86/89“ (2015-2020) an, die eine Agenten-Story mit einem ironischen Blick auf das MfS verknüpfte. Doch während die Geschichte von „Deutschland 83/86/89“ noch vor einem realen historischen Hintergrund angesiedelt war, geht „Kleo“ ein ganzes Stück weiter: Die Serienmacher nutzen die DDR-Vergangenheit nur noch als Aufhänger für eine blutig inszenierte und trashig überspitzte Rachegeschichte im Stil amerikanischer B-Movies. Das wirft die Frage auf, was einen an sich eher biederen Geheimdienst wie das MfS anschlussfähig für das Genre-Kino und die zeitgenössische Popkultur macht.
Matt Groening, der bekannte Schöpfer der Animationsserien „Die Simpsons“ und „Futurama“, hat sich mit „Disenchantment“ nun der Geschichte zugewandt. Die Serie (2018ff.) besteht bislang aus zwei Staffeln, von denen zum jetzigen Zeitpunkt dreißig von vierzig Folgen auf Netflix veröffentlicht wurden. Am 9. Februar 2022 sollen die letzten zehn Folgen der zweiten Staffel veröffentlicht werden. Die Serie spielt in einer vormodernen Welt. Vielfach werden zwar Elemente genutzt, die eher der Frühen Neuzeit (oder auch der Antike) zuzuordnen wären, aber es ist eindeutig erkennbar, dass die Zuschauenden hier vor allem in ihren Vorstellungen vom europäischen Mittelalter angesprochen werden sollen. Es überrascht daher kaum, dass Fantasy-Elemente, wie Drachen und Elfen etc., prominent einbezogen werden. Hauptfiguren sind die trunksüchtige Prinzessin Bean mit dem Halbelfen Elfo und dem Dämon Luci im Königreich Dreamland.
By using a 60s workplace as its setting, Matthew Weiner’s Mad Men (2007-2015) does not merely provide insight into historical gender and sex relations in the workplace of the 60s. It also reflects current sex and gender relations in the workplace of 21st century America (e.g. the #MeToo Movement). As Sara Rogers, leaning on Horace Newcomb and Paul Hirsch, argues, tv shows’ strength lies in their raising questions, rather than answering them. This is precisely what Mad Men, with its representation of 1960s sex and gender dynamics does. In the following blogpost I will show that Weiner’s hit show is very aware of – among others – Helen Gurley Brown’s influence on the American workplace of the 60s and that it uses its nostalgic effect for reflecting contemporary sex and gender relations in the workplace.
In recent years, streaming services such as Netflix, Hulu and Amazon Prime offered the possibility to access internationally produced television shows and movies. One recent trend is content with a historical set or background. Although historical sets and productions have played an important role in cinematic story-telling since the early twentieth century, the immense amount of newly available digital content has a significant impact on a society's cultural memory. Cultural memory is an integral part of a society’s identity; it is often static and its ‘horizon does not change with the passage of time’. It is reproduced in museums, statues, remembrance days, and texts. It is the type of memory which society can collectively call upon and recall. While cultural memory may feel vague or encased in glass cases in museums, a historical television series brings memory alive while munching on popcorn on your sofa.
*Der Beitrag ist in gekürzter Form auch im Begleitkatalog zu der Sonderausstellung "1870/71. Reichsgründung in Versailles" der Otto-von-Bismarck-Stiftung in Friedrichsruh erschienen (Die DDR und die Reichsgründung, in: Ulrich Lappenküper/Maik Ohnezeit (Hrsg.), 1870/71. Reichsgründung in Versailles, Friedrichsruh 2021, S. 200-205).
Ende der 1970er Jahre tauchte »Preußen« in beiden deutschen Staaten wieder auf. Die »Preußenrenaissance« wurde bislang vor allem als geschichtspolitisches und intellektuellengeschichtliches Phänomen betrachtet. Preußen wurde aber auch, das zeigt der Blick auf die formative Phase der Preußenkonjunktur um 1980, in breiten Bevölkerungsschichten populär. Der nach 1989/90 betriebene Versuch indes, Preußen zur Traditionsstiftung für das vereinigte Deutschland zu nutzen, scheiterte auf lange Sicht. Heute ist Preußen, jenseits der Hohenzollerndebatte, nurmehr punktuell im Rhythmus der Jahrestage präsent.
Anthropozän
(2022)
Seit der Jahrtausendwende wird das „Anthropozän“ in den Natur- und Geisteswissenschaften sowie in Medien und Kunst breit und kontrovers diskutiert. Ariane Tanner erläutert die Begriffsgeschichte und zeigt auf, wie das Konzept Anthropozän der Zeitgeschichte erlaubt, über Zeitlichkeit und Akteur*innen der Geschichte neu nachzudenken und ihre Forschungsfragen, Methoden und Narrative auszuweiten.
Zeitzeugin / Zeitzeuge
(2022)
Zeitzeug*innen sind nicht mehr wegzudenken aus der deutschen und internationalen Erinnerungskultur. Der Artikel von Steffi de Jong beschäftigt sich mit der Frage, wie die Zeitzeug*in zu einer derart populären Figur werden konnte. Der erste Teil behandelt den Begriff der Zeitzeug*in, im zweiten wird eine mögliche Genealogie von der Französischen Revolution bis ins digitale Zeitalter vorgeschlagen, und im dritten Teil geht es um die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Zeitzeug*in als Quelle, als Untersuchungsgegenstand und als Geschichtsvermittler*in, um schließlich in einem Ausblick nach der zukünftigen Rolle von Zeitzeugenschaft zu fragen.
Am 19. April 2023 jährte sich der Beginn des jüdischen Aufstandes im Ghetto in Warschau zum 80. Mal. Es war die erste Erhebung einer unbewaffneten Stadtbevölkerung gegen die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs. Die deutschen Besatzer hatten das Ghetto (1940–1943) in Warschau für ein Drittel der Stadtbevölkerung am 2. Oktober 1940 mitten im Zentrum in unmittelbarer Nachbarschaft zur katholisch-polnischen Bevölkerung innerhalb eines Gebietes errichtet, das sie als „Seuchensperrgebiet“ bezeichneten. Zwischen dem 22. Juli 1942 und dem 21. September 1942 deportierten die Deutschen und ihre Helfer vom sog. Umschlagplatz in der Stawki-Straße ca. 300 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus dem Ghetto in das 100 km von Warschau entfernt und von Feldern umgebene NS-Vernichtungslager Treblinka II. Unter den in Treblinka Ermordeten waren auch deutsche Juden und Jüdinnen, die im März und April 1942 aus mehreren Städten des Deutschen Reiches nach Warschau deportiert worden waren.
Sprache formt die Wirklichkeit, in der wir leben. Diese Annahme bedeutet im Umkehrschluss, dass wir durch eine bewusste Nutzung von Sprache diese Wirklichkeit mitgestalten können. Dies ist ein grundlegender Gedanken vieler sozialer Bewegungen, so auch von trans* Bewegungen weltweit. Gerade für Personengruppen, die sehr lange abwertenden, stigmatisierenden und verletzenden Fremdbezeichnungen ausgesetzt waren oder es noch immer sind, spielt die selbstbestimmte Bezeichnung von Identitäten eine große Rolle. Gleichzeitig sind Selbstbezeichnungen komplex, vielfältig und ständig im Wandel, sodass der Versuch einer Beschreibung und Einordnung von Begrifflichkeiten immer eine lokal und zeitlich begrenzte Momentaufnahme bleiben muss. Dies gilt auch für den folgenden Versuch eines kurzen Überblicks über Begriffe, die seit dem letzten Jahrhundert für trans* Personen im deutschsprachigen Raum wichtig waren oder sind.
Nach kurzer Recherche wird deutlich, dass die Konflikte zwischen Aserbaidschan und Armenien bereits nach der Oktoberrevolution im Jahr 1917 ausbrachen. Kurz vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion indes eskalierte der Konflikt (1988), als beide Länder noch Teilrepubliken der SU waren. Damals forderte die mehrheitlich armenische Bevölkerung Karabachs den Anschluss des völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörenden Gebietes. Darauf reagierte Aserbaidschan mit Pogromen in Sumgait und Baku, gefolgt von der Vertreibung der Armenier*innen aus Aserbaidschan. Karabach-Armenien gewann diesen Krieg. Die in Bergkarabach lebenden Aserbaidschaner*innen flohen oder wurden vertrieben. Im Jahr 2020 eroberte Aserbaidschan die Gebiete zurück und besetzte Teile Bergkarabachs. Der Krieg sollte 44 Tage andauern und wurde am 9. November 2020 durch einen gemeinsamen Vertrag beider Länder beendet. Die Waffenruhe wird durch Russland überwacht. Der im September 2022 wieder aufgeflammte Krieg/Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien taucht in den Institutionen, die sich mit der jährlichen Registrierung der Konflikte und Kriege beschäftigen (AKUF, BpB), derzeit nicht auf. Überhaupt sind die Kenntnisse über die Geschichte und Gegenwart dieser Region selbst unter Historiker*innen sehr gering.
Historische Erzählungen und Kunstwerke von und über LSBTIQ*s sind in deutschen Museen immer noch unterrepräsentiert. Sind sie doch vorhanden, ist die Darstellung oft einseitig. Wahrlich queere Zugänge zu Ausstellungen und musealen Sammlungen sind noch rarer gesät. Wo das Problem liegt und wie geglückte Versuche aussehen können, davon erzählt dieser Essay.
Da das Recht und damit auch der Strafvollzug dem Aufbau des Sozialismus dienten, ist anzunehmen, dass diese sozialistische Moral auch in den Gefängnissen vermittelt werden sollte. Wie wurde also in den DDR-Haftanstalten mit gleichgeschlechtlicher Sexualität und nicht-normativen Verkörperungen von Geschlecht umgegangen? Dieser Frage geht der Beitrag am Beispiel des Ost-Berliner Frauengefängnisses nach.
Methoden queeren Forschens
(2023)
Queere Methoden – der Begriff ist ebenso unklar wie widersprüchlich. Wie kann so etwas wie Methoden, die für Ordnung und Übersichtlichkeit stehen, mit queer in Verbindung gebracht werden, also mit den damit verbundenen flüchtigen, widerspenstigen Praktiken und Subjektpositionen oder gar mit einem Theoriekorpus, der alle normativen Setzungen zu unterlaufen verspricht? Zunächst ließe sich vermuten, dass queeres Forschen sich mit queeren Themen, Lebensweisen und Selbstverständnissen beschäftigt – so wie sich die historische Forschung mit der Vergangenheit auseinandersetzt. Warum sollten dazu andere als die etablierten Methoden des archivalischen, historischen oder ethnographischen Forschens notwendig sein? So einfach liegen die Dinge jedoch nicht. Genauso wenig wie die Geschichtswissenschaft schlicht Vergangenes erzählt, beschreibt queere Forschung lediglich queere Lebensweisen. Schon lange ist queer nicht mehr nur ein Adjektiv, das im Sinne von LSBTIA* ein Feld von Subjektpositionen bezeichnet. Häufig wird queeren auch als Verb gebraucht, das ein aktives Tun meint – zum Beispiel im Umgang mit Methoden und dem Forschen selbst. Es geht also darum, die Art und Weise zu queeren, wie sich Forscher*innen den Feldern ihres Interesses nähern und ihre Themen erkunden.
After a brief conceptual history of "energy," Rüdiger Graf shows how energy history emerged as a transdisciplinary scholarly project and outlines its main themes, questions, and narratives. He introduces the various energy histories and analyzes how they address energy production, the economic and political dimensions of energy, and the social and cultural history of energy consumption. He concludes by asking whether energy history is a subfield of historiography or whether it can rightly be considered an indispensable historiographical category that must be considered in any historiographical study.
Das Blatt mit den großen Namen seiner Bildberichterstatter und dem Ruf seines letzten Chefredakteurs in der Weimarer Republik Stefan Lorant gilt bis heute als Keimzelle des modernen Bildjournalismus. Angaben zur Zeitschrift und zu ihrer Redaktion sind oft unvollständig oder falsch, in der nationalen und internationalen bildjournalistischen Literatur lebt sie jedoch beständig fort. Der Fotojournalist Tim N. Gidal prägte ein bis heute mächtiges Narrativ: „Die Photoreportage hatte 1929 bei der Münchner den entscheidenden Schritt zu einem klar umrissenen Selbstverständnis getan. Dasselbe gilt für den Photojournalismus als Ganzes.“ Der moderne Bildjournalismus begann nicht dort, wo Gidal und Lorant den „Paukenschlag“ hörten. Es entwickelte sich in der Forschung ein realitätsnäheres prozessuales Verständnis zu dessen Professionalisierung, die sich auf viele Beiträge berufen kann. Auch gingen die Untersuchungen zeitlich und räumlich über nationale Fokussierungen hinaus. Geblieben ist der Ruf der „Münchner Illustrierte Presse“, obwohl die Zeitschrift – abgesehen von den subjektiven Werturteilen Gidals und Lorants – wenig untersucht worden ist. Wurde die Illustrierte im Jahr 1929 wirklich aus einem „statischen […] etwas provinziell […] in ihrer Aufmachung noch phantasielosen“ Dasein geführt? Und wie würde ein Vergleich mit der auflagenstärkeren „Berliner Illustrirte Zeitung“ ausfallen?
Der Band, mit dem Titel „Evelyn Richter“, um den es in diesem Text gehen soll, ist kein Katalog, selbst wenn er im Impressum so bezeichnet wird. Vielmehr ist er ein Glücksfall für alle Bücherliebhaber:innen. Für Visual Historians wird dieser exzellente Band ein Standardwerk zur Fotografie-Geschichte der DDR werden. Und für all jene, die sich für das Leben der großen Fotografin Evelyn Richter in der DDR interessieren, ist es ein Pageturner und eben keines der oft üblichen Coffee Table Books mit der Bezeichnung Katalog, die sich hochglänzend und schwer eher zum Pressen von Pflanzen eignen, als dass sie einen Mehrwert jenseits der Finissage der jeweiligen Ausstellung hätten.
Herausgegeben wurde das Buch „Evelyn Richter“ von der Historikerin und Kuratorin Linda Conze und der Kunstwissenschaftlerin Jeannette Stoschek, im Auftrag des Evelyn Richter & Ursula Arnold Archivs der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und dem Museum der bildenden Künste Leipzig. Es erschien im Verlag Spector Books (Leipzig).
Public Visual History zur Industriekultur. Industriekultur in Berlin, Brandenburg und Luxemburg
(2023)
Nach dem Industriezeitalter kommt die Industriekultur. Fotografie spielt dabei eine wichtige Rolle. Und ehemalige Industrieanlagen bilden beliebte fotografische Motive. Im Seminar „Public Visual History“ beschäftigten sich Studierende des Masterstudiengangs Public History an der Freien Universität Berlin mit der Geschichte der Industriekultur in Berlin, Brandenburg und Luxemburg. Auf dem Instagram-Kanal von Visual History stellten die Studierenden ihre Texte und Fotos vor und kombinierten somit Public und Visual History.
Die erstmalige persönliche Teilnahme des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an der diesjährigen UN-Vollversammlung 2023 in New York und an einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats haben die Abwesenheit des von ihm angesprochenen Gegenübers, des russischen Präsidenten Wladimir Putin, sichtbar gemacht – eine Leerstelle, die aufgrund der Forderung des russischen UN-Botschafters, dem ukrainischen Präsidenten das vorgesehene Eröffnungsstatement der Sicherheitsratssitzung im letzten Moment zu entziehen, noch deutlicher wurde. Nach der Annexion der Krim hatte sich Putin 2015 noch mit einer Rede an die 70. UN-Generalversammlung gewandt, in der er unter anderem auch den Krieg der Separatisten im Donbas gegen die Ukraine zu rechtfertigen suchte. Den Wettbewerb um die globale Medienöffentlichkeit, deren Aufmerksamkeit Wladimir Putin mit dem Besuch des wieder ernannten chinesischen Außenministers Wang Yi im Kreml am selben Tag zu gewinnen versuchte, hat der ukrainische Präsident aktuell wohl für sich entscheiden können.
Im Februar 1866 wurde der Verein zur Förderung der Erwerbstätigkeit des weiblichen Geschlechts unter dem Vorsitz des Juristen und Sozialpolitikers Wilhelm Adolf Lette (1799-1868) und unter dem Protektorat der preußischen Kronprinzessin Victoria (1840-1901) in Berlin gegründet. Die Pläne des Vereins umfassten zwei Wege zur Verbesserung der weiblichen Bildungschancen: Zum einen setzte man auf eine „lebenspraktische und berufliche Bildung“. Weiterhin setzte der Verein auf eine wissenschaftliche Wissensvermittlung. Im Oktober 1890 wurde die Photographische Lehranstalt eröffnet, die, in Preußen für Frauen, als „das erste Institut der betreffenden Art mit rein praktischem Zwecke“ galt. Eine Untersuchung dieser Ausbildungssituation und der Vernetzung von Frauen um 1900, die mit fotografischer Technik ihren Lebensunterhalt verdienten, bietet die Möglichkeit, fotografische Berufsfelder wieder sichtbar zu machen, die durch die Photographische Lehranstalt des Lette-Vereins geprägt wurden und in denen fast ausschließlich Frauen tätig waren.
Over recent years, several private photos of the persecution of the Hungarian Jews have been made accessible to the public online. However, due to the lack of historical context and basic metadata, these photographs remain difficult to trace. This problem is particularly significant for international researchers without knowledge of Hungarian.
In 2020, I started examining ways to design and develop online exhibitions, and this short essay outlines the process and results: the online gallery “Forced Labour, Hungary 1940”. The aim of this project was to present and contextualise one small collection of family materials – two photo albums and a diary – to make them accessible for a broader, international public.
Mit seinen Aufnahmen dokumentierte der Istanbuler Fotograf Ergun Çağatay (1937 – 2018) den Alltag zahlreicher türkeistämmiger Familien in fünf deutschen Städten im Frühjahr 1990. Çağatays Portraits aus Hamburg, Köln, Werl, Berlin und Duisburg bilden die bis heute umfangreichste Bildreportage zur türkeistämmigen Einwanderung in Deutschland.
Noch bis zum 10. April 2023 sind diese Fotografien im Rahmen der Ausstellung „Wir sind von hier. Türkisch-deutsches Leben 1990. Fotografien von Ergun Çağatay“ im Museum Europäischer Kulturen (MEK) in Berlin zu sehen. Vor der Station in Berlin wurde die Ausstellung in unterschiedlichen Formaten in Ankara, Çanakkale, Essen, Hamburg, Istanbul, İzmir und Zonguldak gezeigt.
Zum Kurator:innen-Team der Ausstellung gehören Stefanie Grebe, Meltem Kücükyilmaz, Alexandra Nocke und Peter Stepan. Für visual-history.de führte Historikerin Janaina Ferreira dos Santos am 17. Dezember 2022 im MEK ein Gespräch mit Meltem Kücükyilmaz.
Secure and precise personal identification is essential for the continuation of socioeconomic activities during a pandemic. In Japan, the main region of focus for this research, this became even clearer between 2020 and 2021 when multiple cases of online fraud involving identity theft took place, including a series of document forgery to receive a financial relief package and taking online job tests for someone else. When the next pandemic and the next lockdown come in the future, our society needs to be better prepared to face this challenge of continuing life under severely restricted in-person communication.
Im ersten Teil unseres multimedialen Interviews mit Annette Vowinckel, veröffentlicht im März 2023 auf Visual History, blickten Janaina Ferreira dos Santos und Iulia Sucutardean auf Urlauber auf einem Kreuzfahrtschiff in Richung Kuba, Diplomaten auf einer Tagung des Warschauer Pakts und Models auf einer Leipziger Modemesse. Nun wird eine Fotografie in den Blick genommen, auf der vier Männer zu sehen sind: Überlebende des Konzentrationslagers Buchenwald.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Lyndal Roper bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2022/23 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Benno Gammerl bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2022/23 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Christoph Kalter bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2022/23 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Zwischen Weihnachten und Neujahr 1982 und 1983 fand im Frankfurter Theater am Turm (TAT) jeweils das Festival Stern.Zeichen statt, das im Untertitel „Homosexualität im Theater“ hieß. Zu den großen Entdeckungen der ersten Ausgabe zählte Georgette Dee, jene androgyne Künstler*in, die seit den frühen 1980er Jahren in ihren Bühnenauftritten unterschiedlichste Facetten von Geschlechtlichkeit aufführt, die sich nicht in einer einzelnen Identitätskategorie auflösen lassen. Für die zweite Ausgabe 1983 wurde Georgette Dee eingeladen, eine Weihnachts-Gala zu moderieren (und zu organisieren). Die Beschreibung des Auftritts lässt erahnen, mit welchem Glitter, Glamour und Camp hier gegen Heteronormativität angespielt und angesungen wurde.
Oral History
(2023)
Seit gut vierzig Jahren bereichert die Oral History die geschichtstheoretischen und methodischen Debatten der deutschsprachigen Zeitgeschichte. Zwar ist die anfängliche Skepsis gegenüber der Oral History längst einer breiten Akzeptanz und (teils unreflektierten) Anwendung gewichen. Doch was diese Methode und Forschungsperspektive genau ist und welchen historiografischen (Quellen-)Wert sie hat, ist noch nicht abschließend geklärt. Unser Beitrag zu dieser Diskussion fragt danach, welche Entwicklung die Oral History genommen hat, welche internationalen und -disziplinären Einflüsse bedeutsam sind, welche theoretischen und praktischen Konzepte ihr zugrunde liegen und was ihre Zukunft prägt.
Welche besondere Sorgfalt bei der redaktionellen Verwendung von historischen Fotos nötig ist, konnte man zuletzt im Kontext des 90. Jahrestages des Reichstagsbrandes im Februar 2023 beobachten. In vielen Tageszeitungen, Dokumentationen oder Fernsehberichten wurde an das Ereignis erinnert, denn bis heute sind die Hintergründe der Brandstiftung umstritten. Wenn über ein solches historisches Ereignis und dessen Deutung berichtet wird, stellt sich in vielen Zeitungs- und Online-Redaktionen zwangsläufig die Frage nach der Bebilderung. Im Kontext des Reichstagsbrandes kommt es dabei häufig zu ungenauen oder falschen Darstellungen, da es nur sehr wenige Aufnahmen gibt, die tatsächlich am Abend des 27. Februars 1933 entstanden sind und den brennenden Reichstag zeigen. In den einschlägigen Bildagenturen werden darüber hinaus aber auch vermeintlich „echte“ Fotos vertrieben, die einer genauen Überprüfung bedürfen.
Urban Eyes. Deutschsprachige Fotograf:innen im New Yorker Exil in den 1930er und 1940er Jahren
(2023)
New York: Faszinosum – Freiheit – Vielfältigkeit – Überwältigung – Chaos – Orientierungslosigkeit. So in etwa erging es in den 1930er und 1940er Jahren auch jenen deutschsprachigen Fotograf:innen, die sich nach der Passage in die Emigration auf den Straßen in der US-amerikanischen Metropole wiederfanden. Die Großstadt war einigen von ihnen durch Medien der Weimarer Republik bekannt. Ihre Ankunft fand jedoch nicht im Kontext einer Reise statt, in der Sightseeing an erster Stelle stand.
Symbolisch für die menschliche Hoffnung auf eine sichere Landung schaut der kleine Hund in den Himmel (Abb. 1). In der „Parachutes-Number“ vom März 1937 brachte „Life“ einen dreiteiligen Bildbeitrag über den Fallschirmsport. Neben Titelbild und -story von Margaret Bourke-White wurde Agenturmaterial für den beim damaligen Publikum so beliebten „Thrill“ verwendet. Mit dem Bild vom deutschen Dachshund hinterließ Kurt Korff einen Nachweis seiner Beratungsarbeit für das amerikanische Magazin.
Der chilenische Architekt Miguel Lawner (geboren 1928) ist ein engagierter und leidenschaftlicher Vertreter der vom „Bauhaus“ inspirierten Ideen der Sozialen Architektur. Seit den 1950er Jahren setzt er sich für das Recht auf Wohnraum und würdiges Wohnen ein und beteiligt sich an sozialen Bewegungen.
At the beginning of the 20th century population growth, urbanisation and housing shortage were challenges throughout Europe. Consequently, epidemics and even pandemics were common. However, during the same era, significant advances in medicine occurred, leading in more effective vaccines, antibiotics, and chemicals against vermin. Moreover, healthy lifestyle was promoted via campaigns, including educational posters. Simultaneously, the concept of the new, modern citizen evolved. In our research project, we analyse and compare Finnish, German and Soviet posters educating citizens in improving their everyday habits, living environments and, in the end, their health. Our aim is to find out, what were the methods and means of the visual health education of the 20th century, and what kind of ideals were pictured in health promotion posters.
Armut
(2023)
Allgemein betrachtet, beschreibt Armut einen Zustand am unteren Ende einer sozialen Hierarchie, der sich mit eingeschränkten Ressourcen sowie verminderten Mobilitäts- und Lebenschancen verbindet. In diesem Beitrag wird zunächst ein Überblick über gebräuchliche definitorische Annäherungen gegeben, ehe die bisherigen Schwerpunkte (zeit-)historischer Beschäftigung nachgezeichnet werden. Hiervon ausgehend, werden Perspektiven und Desiderate der gegenwärtigen geschichtswissenschaftlichen Armutsforschung erörtert, und zwar unter Berücksichtigung der methodisch-konzeptionellen wie heuristisch-quellenkritischen Herausforderungen und Chancen, die sich mit einer Zeitgeschichte der Armut verbinden.
African American History
(2023)
America’s past and present cannot be understood without taking into account the history of African Americans. Christine Knauer traces the genesis of African American historiography and points out the close link between historiography, the fight for freedom and the civil rights movement in the nineteenth and especially the twentieth century. She describes the current trends and research approaches in African American historiography, ones increasingly being adopted in Europe and Germany in the context of American studies.
Fürsorgediktatur
(2023)
Neu in einer aktualisierten Version 2.0: In seinem Artikel erörtert Konrad H. Jarausch den Neologismus „Fürsorgediktatur“, ein Spannungsbegriff, der den widersprüchlichen Charakter der DDR vor allem unter Honecker auf einen präzisen Nenner bringen sollte. Mit dem Gedanken entworfen, die festgefahrene Auseinandersetzung um die Geschichtspolitik anzustoßen und eine analytische Debatte zu beginnen, beschreibt Jarausch Kritiken und Interpretationsmöglichkeiten des Begriffs.
Queuing as a quintessential experience of Soviet everyday life: hardly any other motif has shaped our images of the late Soviet Union as much as the long lines of people persevering in front of shops and grocery stores. Besides hopes of purchasing essential and rare goods, the social aspect of this practice was also important, as exemplified by Vladimir Sorokin’s 1983 novel “The Queue” surrealistically exploring interactions of people queuing for an unknown commodity, or Olga Grushin’s 2010 book “The Line”, which unfolds a Soviet family’s everyday longings, hopes and obsessions based on rumours about a concert by a famous exiled composer, and a street kiosk that may or may not have tickets on sale.
Geschichte der Zukunft
(2023)
Wie ändert sich unser Blick auf das 20. und 21. Jahrhundert, wenn wir sie durch die „Brille“ der Zukunft betrachten? Welchen Mehrwert an Erkenntnis liefert eine Geschichte der Zukunft? Der Beitrag skizziert die Forschungsgeschichte und Analysekategorien sowie die methodischen Ansätze und Erkenntnispotenziale einer Erschließung des vergangenen Künftigen. Der Fokus liegt auf der deutschen, europäischen und amerikanischen Zeitgeschichte im globalen Rahmen.
Bis in die 1990er Jahre wurde die Rolle von Maria Eisner als „Secretary and Treasurer“ immer wieder mit Sekretärin und Schatzmeisterin oder Büroleiterin im Gründerkreis der legendären Magnum-Männer übersetzt. Jubiläumsschriften, Dokumentationen und Kurzbiografien weisen Eisner bis heute immer wieder als italienische Fotografin aus, verschweigen dabei aber Teile ihres Werdegangs oder deuten ihren Einfluss auf die von ihr gegründeten Agenturen und der dort arbeitenden Fotografen nur vage an. Infolge ihres frühen Rückzugs aus dem Agenturgeschäft im Jahr 1951 sind ihre Verdienste um Assignments, Editionen und Bildrechte im frühen Bildermarkt sowie ihre Bedeutung als wichtige Mentorin bedeutender Fotograf:innen bis heute wenig beachtet.
Die ständige und schnelle Abrufbarkeit von Informationen ist einer der großen Vorteile des Internets. Doch im Zusammenhang mit Online-Veröffentlichungen entsteht dabei eine Divergenz zwischen dem technisch möglichen Zugang und der entsprechenden (Nach-)Nutzbarkeit von Inhalten einerseits sowie den rechtlichen Zugangsbeschränkungen zum Schutz von geistigem Eigentum andererseits. So begegnet Nutzer:innen beim Surfen schnell der Satzfetzen „Alle Rechte vorbehalten“, der darauf hinweist, dass das publizierte Werk, sei es ein Text, ein Bild, ein Video oder auch ein Musikstück, eben nicht frei nachnutzbar ist. Die Nutzungsrechte liegen bei den Urheber:innen.
Annette Vowinckel ist Leiterin der Abteilung Zeitgeschichte der Medien- und Informationsgesellschaft am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam und außerplanmäßige Professorin im Institut für Geschichtswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin. Im von Janaina Ferreira dos Santos und Iulia Sucutardean geführten multimedialen Interview für das Online-Portal „Visual History“ (visual-history.de) stellt die Historikerin ihr neues Buchprojekt Zentralbild, Photo International and the Visual Politics of Late State Socialism vor, geht auf die Methoden ihrer Quellenarbeit ein und betont, wie digitale Tools die Arbeit von Historiker:innen in vielerlei Hinsicht vereinfachen können.
Rezension: #LastSeen Bildatlas. Fotografische Überlieferung von Deportationen aus dem Reichsgebiet
(2023)
Als Online-Rechercheplattform zur Fotogeschichte der nationalsozialistischen Verfolgung präsentiert sich seit Mitte März 2023 das Projekt #LastSeen und setzt dabei eigene neue Maßstäbe. Auf der Landingpage der Webseite www.lastseen.org hat der:die Benutzer:in zunächst die Wahl zwischen dem Entdeckungsspiel und dem Bildatlas. Der vorliegende Text widmet sich ausschließlich dem Bildatlas sowie der historischen Einbettung und Präsentation der in ihm enthaltenen derzeit 406 Fotografien von Deportationen von Jüdinnen und Juden sowie von Sinti:zze und Rom:nja aus 32 Orten in den Jahren 1938 bis 1943
Jenseits der Binaritäten von zwei Geschlechtern, zwei Gendern und zwei möglichen Strukturen des Begehrens versteht dieser Beitrag Queerness als ein Netz, in dem alle Aspekte des Begehrens und der Sexualität, einschließlich der Hegemonie der Heteronormativität, miteinander in Beziehung stehen und fließend ineinander verwoben sind. Ich verwende ‚Queer‘ hier als ein analytisches Konzept, um auf nicht-heteronormative Strukturen des Begehrens und der Sexualität zu verweisen, ohne mich auf die Kategorien der Vergangenheit festzulegen. Mit anderen Worten: Ich versuche, der Fluidität, die queere Theorien betonen, treu zu bleiben. Queer wird hier nicht nur gedacht als ein Oberbegriff für alle Formen gleichgeschlechtlichen Begehrens und geschlechtlicher Nonkonformität. Vielmehr verwende ich queer um Identitätszwängen zu entrinnen, und so in den Archiven auch Stimmen zu finden, die sich nicht unter den je zeitgenössischen Begriffen subsumieren lassen.
Queere Geschichtsschreibung steckt auch 2022 im deutschsprachigen Raum immer noch in den Anfängen. Die Erforschung lesbischer* Geschichte wurde sehr lange hauptsächlich von Aktivist*innen geleistet, die in politischen Projekten oder finanziert durch kleinere Aufträge nach Spuren lesbischen* Lebens suchten und Stimmen von Zeitzeug*innen aufzeichneten. In der universitären Welt ist lesbische* Geschichtsschreibung bisher allenfalls punktuell zu finden. Folgende Ausführungen zur Situation frauenliebender Frauen* in psychiatrischen Kliniken nach 1945 werden mehr Fragen als Forschungsbefunde enthalten, da sich unsere Forschungen noch in den Anfängen befinden.
Heavy Metal ist Extase, ist Rausch, ist performative Härte. Mit Politik haben die meisten Heavy-Metal-Fans und -Bands zumindest als Teil ihrer subkulturellen Identität nichts am Hut. Eine frappante Ausnahme stellt der National Socialist Black Metal (NSBM) dar, ein nicht klar abgrenzbarer, international agierender und offen rechtsextremer Teil der Szene. Hier ist die Szenezugehörigkeit inhärent mit Politik und explizit geschichtsphilosophischen Diskussionen verwoben. In einer Vielzahl an Fanzine-Texten schreiben die Anhänger (größtenteils sind es Männer) nicht nur über Musik, sondern tragen über die Reproduktion rechter Narrative zur Ideologisierung und Stabilisierung der NSBM-Szene bei. Der Untersuchungsgegenstand NSBM ermöglicht einen Blick darauf, wie rechte Geschichtspolitiken in popkulturellen Kontexten Eingang finden, dort tradiert und verbreitet werden. Denn aus dem NSBM bestehen zahlreiche Verbindungen in rechtsterroristische Milieus und die Szene kann auch sonst als Teil der „Neuen Rechten“ verstanden werden.
Fiesta Mexicana und Samba de Janeiro. Konstruktionen ‚fremder‘ Kulturen in der deutschen Popmusik
(2023)
Popmusik rückt die Welt nicht nur näher zusammen, ihr grenzübergreifender Charakter wirkt auch auf Identitäten. Sogar als ‚fremd‘ wahrgenommene und deklarierte Kulturen werden mittels popkultureller Produkte und Massenmedien für das Subjekt erfahrbar und Teil der alltäglichen Lebenswelt. Dies geschieht nicht nur durch die Rezeption ausländischer Bands, sondern vielfach auch durch Thematisierungen und Inszenierungen ‚fremder‘ Kulturen in der deutschen Popmusik. Diese Darstellungen gehören in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts über den Schlager hinaus zum Standardrepertoire deutscher (d. h. deutschsprachiger oder in den beiden deutschen Staaten produzierten) Popmusik.
In meinem Forschungsprojekt untersuche ich diese Konstruktionen in der deutschen Popmusik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, ihre Akteur:innen und Rezeptionsgeschichte sowie ihren Einfluss auf die Gesellschaft der Bundesrepublik und der DDR.
Heavy Braut, Asphalt Lady, Teufelsbraut und Lady Rock – so lauten Titel einiger Heavy Metal Bands der DDR. Von jungen Frauen, die durch einen Konzertbesuch aus dem starren Arbeits- und Familienalltag ausbrechen, über besessene Motorradfahrerinnen bis hin zu durchtriebenen femme fatales thematisierten Musikgruppen wie Plattform, Hardholz, Feuerstein und Cobra ab Mitte der 1980er-Jahre das weibliche Geschlecht. Lassen die in diesen Songs dargestellten Formen von Weiblichkeit auf die Emanzipation von Frauen in der sozialistischen Gesellschaft schließen? Und bot die von der Einheitspartei propagierte Gleichberechtigung Frauen in der DDR begünstigte Teilhabemöglichkeiten an einer Musikszene, die im „Westen“ traditionell männlich dominiert wurde?
1981, kurz nach der Amtseinführung von Ronald Reagan als Präsident: Elizabeth und Philip Jennings sind eine Musterfamilie der weißen Mittelschicht in der Vereinigten Staaten. Mit ihrer 13-jährigen Tochter Paige und dem drei Jahre jüngeren Sohn Henry leben sie in einer Suburbia-Siedlung in Washington D.C. und betreiben in der Stadt ein Reisebüro. Als im Haus gegenüber die Beemans einziehen, eine Familie im gleichen Alter, tun sie das, was man dort in solchen Fällen tut: Sie erscheinen mit selbstgebackenen Brownies zum Antrittsbesuch. Doch die Idylle trügt: Elizabeth (Keri Russell) und Philip (Mathew Rhyes) sind sogenannte „Illegale“, vor vielen Jahren eingeschleuste und mit einer falschen Identität ausgestatte Agenten des sowjetischen Auslandsgeheimdienstes KGB. Familie und Beruf sind Teil ihrer perfekten Tarnung. Und die neuen Nachbarn sind für sie ein gewaltiges Problem, denn Stan Beeman (Noah Emmerich) arbeitet für die Spionageabwehr des Federal Bureau of Investigation (FBI), Abteilung Sowjetunion.
Boulevard-Medien wie die SuperIllu sind noch immer ein blinder Fleck in der Zeitgeschichte der Medien. Zwar wird oft auf die hohen Auflagenzahlen von Publikationen wie der Tageszeitung Bild verwiesen, größere Aufmerksamkeit in der Analyse erhalten dann aber intellektuellere Medien wie die FAZ.Gerade eine erfolgreiche Zeitschrift wie die SuperIllu, die den lebensweltlichen Wandel in den Neuen Ländern seit 1990 begleitet und zu den einflussreichsten Medien für ostdeutsche (Pop‑)Kultur gehört, ist jedoch eine wahre Fundgrube für die Erforschung der Transformationsprozesse auf verschiedensten Ebenen, beispielsweise der regionalen Identität, der Sexualnormen oder der Aufarbeitung der Diktatur.
Historischer Vergleich
(2024)
Hartmut Kaelble zeigt in seinem Beitrag für Docupedia, dass sich Methodik, Praxis und damit auch Vergleichsräume und Vergleichszeiträume des Historischen Vergleichs in den letzten Jahrzehnten stark verändert haben. Nachdem die theoretischen Diskussionen der 1990er-Jahre über den Historischen Vergleich als weitgehend abgeschlossen angesehen werden können, ist er heute ein fest etablierter, eigenständiger Teil der transnationalen Geschichte.
Anthropocene
(2024)
The “Anthropocene” has garnered much attention since the turn of the millennium, being widely and controversially discussed in the natural sciences and the humanities as well as in the media and the arts. Ariane Tanner explains the history of the term and shows how the concept enables contemporary historians to rethink temporality and agency in history, allowing them to expand their research questions, methods and narratives.
Ziel meines Forschungsprojekts ist es, Kolonialfotografien von Menschen und Landschaften Kameruns, die zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs produziert wurden, zu untersuchen. Vor dem Hintergrund der aktuellen – nicht nur in Deutschland – geführten Debatten über das unzureichend aufgearbeitete „Erbe“ des Kolonialismus ist dieses Thema von hoher Aktualität. Die Vielfalt deutscher Kolonialbilder zu Kamerun ist Ausgangspunkt des Forschungsprojekts. Im Mittelpunkt steht die Untersuchung der Rolle kolonialer Bilder in der Vermittlung anthropologischen Wissens über Menschen fremder Herkunft im Kontext europäischer bzw. deutscher Kolonialherrschaft.
Flucht in den Strandurlaub?
(2024)
Das Fotoalbum der Familie Lindenberger enthält – für ein solches keineswegs unüblich – auch einige Fotografien aus Urlauben am Meer. So sieht man dreimal Joseph Lindenberger am Strand, einmal im Badeanzug lesend auf einer Decke sitzend, ein weiteres Mal im Bademantel in einem Boot sitzend und zu guter Letzt in Hemd und Krawatte sich auf ein Boot stützend. Im Hintergrund der ersten beiden Bilder, die in einem Doppelabzug vorliegen, sieht man ein auf Stelzen gebautes, langes Strandhaus, das vermutlich zu einer Landungsbrücke weiter ins Meer hinein führt. Eine ebensolche kann man im Hintergrund des dritten Bildes sehen, dessen Aufnahmeperspektive auf das Meer gerichtet ist. Die drei Bilder eignen sich für eine über das Biografische hinausreichende Betrachtung.
un.sichtbar – Zur Einführung
(2024)
Studierende des Masterstudiengangs Public History der Freien Universität Berlin haben im Wintersemester 2023/24 mit Unterstützung von Christine Bartlitz (ZZF), Christoph Kreutzmüller (Selma Stern) und Theresia Ziehe (Jüdisches Museum) das Fotoalbum der deutsch-jüdischen Familie Lindenberger als zeitgeschichtliche Quelle im Sinne einer Visual History untersucht und sich dabei auf das Spannungsverhältnis von Sichtbarem und Unsichtbarem im Album und bei den einzelnen Bildern konzentriert. In dem Themendossier „un.sichtbar. Blicke auf das Fotoalbum einer jüdischen Familie 1904-1969“ geben wir Einblicke in unsere Arbeit: In 17 Beiträgen nähern wir uns aus ganz unterschiedlichen Perspektiven den Bildern aus dem Album und stellen das Fotoalbum in Gänze sowie einzelne Fotografien im Detail vor, unter der Fragestellung: Was können uns die Bilder zeigen – und was zeigen sie nicht?
Fotografien sind in ihrer Bildaussage nicht eindeutig. Sie geben nicht „die Realität“ wieder, sondern einen Augenblick, fotografiert aus einer ganz bestimmten Perspektive, mit einer ganz bestimmten Intention. Wir sollten uns Fotografien systematisch nähern, um diese Perspektiven zu erkennen, um den historischen Kontext und den persönlichen Hintergrund des Fotografen/der Fotografin zu verstehen. Dabei hilft es, sich zwei Fragen zu stellen: „Was sehen wir?“ und „Was sehen wir nicht?“