943 Geschichte Mitteleuropas; Deutschlands
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Im Vergleich zu älteren Untersuchungen zur Pressefotografie im Nationalsozialismus herrscht aktuell aufgrund der fortgeschrittenen Digitalisierung eine vollkommen neue Ausgangslage vor. Gerade Österreicht sticht im internationalen Vergleich positiv hervor.
Umso mehr springt die Diskrepanz zwischen zunehmender digitaler Verfügbarkeit von publizierter Fotografie und dem Fehlen systematischer Studien zur NS-Pressebildkultur in Österreichs Illustrierten ins Auge. In unserem Forschungsprojekt „Visuelle Öffentlichkeit im Nationalsozialismus“, das von 2023-2027 am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien durchgeführt wird, wollen wir die digitale Verfügbarkeit historischer Zeitungsbestände gezielt methodisch nutzen. In Zusammenarbeit mit dem Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage der Österreichischen Akademie der Wissenschaften soll ein umfangreicher Bilderpool aus der österreichischen NS-Bildpresse als Untersuchungskorpus und Ausgangsbasis für quantitative und qualitative Analysen generiert werden. Während quantitative Erhebungen Aufschluss über die Bildakteur:innen der NS-Bildpresse und die visuelle Zusammensetzung der Illustrierten erlauben, soll in qualitativen Fallstudien mittels Bildanalysen und Bildvergleichen die Frage nach der propagandistischen Indienstnahme des Mediums Fotografie im Nationalsozialismus beantwortet werden.
Thomas Klein untersucht die Politisierung der Geschichte der „Unabhängigen Friedensbewegung" und der politisch-alternativen Gruppen in Ost-Berlin während der 80er Jahre. In diesem Zeitraum entwickelten pazifistische Gruppierungen innerhalb der evangelischen Kirche und Teile der in den 70er Jahren entstandenen politischen Opposition neue Formen der Zusammenarbeit, die in der „Unabhängigen Friedensbewegung" wirksam wurden. Der Autor untersucht die Inhalte des oppositionellen Handelns und das veränderte Selbstverständnis der Gruppen. Er zeigt auf, wie sich dieses Geflecht politisch alternativer Gruppen der unabhängigen Friedens-, Ökologie- und Menschenrechtsbewegung zum bedeutendsten Segment im oppositionellen Spektrum in der DDR entwickelte.
Weitere Untersuchungsschwerpunkte sind der Wandel der staatlichen Repressions- und Herrschaftstechniken sowie die Ausnutzung der divergierenden Interessen der oppositionellen Akteure durch die Sicherheitsorgane oder andere Instanzen der Staatsmacht. (Klappentext, siehe: https://zzf-potsdam.de/de/publikationen/frieden-gerechtigkeit)
Die geschichtspolitischen Aktivitäten des Bundeskanzlers Helmut Kohl riefen während seiner Amtszeit vielfach Spott und bei späteren Rückblicken ebenfalls deutliche Kritik hervor. Der „Spiegel“ bezeichnete Kohl im April 1985, anlässlich der Affäre um den Besuch des Soldatenfriedhofs in Bitburg, als „Tolpatsch in höchst sensitivem Gelände“ und beklagte seine „Sucht nach immer neuen Versöhnungsritualen“. Vor dem Hintergrund des Historikerstreits von 1986/87 wurde vielfach gewarnt vor „Entsorgungsversuche[n] zur deutschen Geschichte“ bzw. dem „Versuch, Vergangenheit zu verbiegen“. Diese zeitgenössische Sicht beeinflusste – gewiss nicht ohne Grund – auch wissenschaftliche Analysen. Sabine Moller nannte in ihrer politikwissenschaftlichen Diplomarbeit von 1998 die „Entdifferenzierung von geschichtlichen Ereignissen“ als ein Charakteristikum der Ära Kohl, und selbst der dem Kanzler gegenüber weniger kritisch eingestellte Rupert Seuthe schrieb Kohl in seiner Dissertation von 2001 ein „von Differenzierungsgeboten offensichtlich unbeeinträchtigtes Geschichtsverständnis“ zu.
Angemessen dargestellt? Die Ausstellung "Holocaust" des Deutschen Historischen Museums in Berlin
(2002)
»Dass die Welt aus den Fugen ist, zeigt allerorten sich daran, dass man es falsch macht, wie man es auch macht«, bemerkte Theodor W. Adorno 1953. Derartige Zweifel scheinen Hans Ottomeyer, dem Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums (DHM), eher fremd zu sein. Im Vorwort des Ausstellungskatalogs dankt er seinem Projektteam, »dass ein schwieriges Kapitel der Geschichte angemessen dargestellt wurde«. Doch müsste es in einer Retrospektive des (deutschen) Holocaust-Gedenkens nicht gerade darum gehen, die Kriterien für »Angemessenheit« konsequent zu historisieren? Seit 1945 haben sich die Darstellungskonventionen ja mehrfach gewandelt, und auch die heutigen Antworten auf das Repräsentationsproblem erweisen sich bei näherem Hinsehen als zeitgebunden und perspektivisch. Darauf wird zurückzukommen sein.
„Erinnerung ohne Phantasie gibt es nicht“, hat György Konrád einmal gesagt. Dieser apodiktische Satz wäre durchaus zu widerlegen, denn bisweilen sind auch
phantasielose Erinnerungspraktiken zu beobachten. Zu Recht macht Konrád aber darauf aufmerksam, daß Erinnerung nicht bloß vergangenheitsbezogen sein muß. Wenn sich das Erinnern mit der Phantasie verbindet, gewinnt es eine Zukunftsdimension und weist über rein antiquarische Rückblicke hinaus.
Wie Ernst Jandls Gedicht »markierung einer wende« grafisch und sprachlich zum Ausdruck bringt, war das europäische Ende des Zweiten Weltkrieges ein fundamentaler Einschnitt. Mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht – am 7. Mai in Reims, am 8./9. Mai in Berlin-Karlshorst – fand ein Krieg seinen symbolischen Schlussakt, der von ungeheurer Gewalt und Zerstörung geprägt gewesen war. Weit über 50 Millionen Menschen waren im Verlauf des deutschen Eroberungs- und Vernichtungskrieges umgekommen, darunter etwa 30 Millionen Zivilisten. Die zeitgenössischen Erfahrungen vom Mai 1945 waren sehr unterschiedlich; sie hingen wesentlich davon ab, welche Position die einzelnen Akteure bis zum Kriegsende innegehabt hatten. Die körperlichen, seelischen und politischen Reaktionen auf die neue Lage umfassten ein breites Spektrum: Entkräftung und Tod noch nach dem Ende der Kampfhandlungen, Angst vor Rache und Bestrafung, Erleichterung über den Sturz des NS-Regimes, Apathie und Orientierungslosigkeit, Bemühungen um eine neue Identität, Hoffnung auf einen Neubeginn, Interesse an Schuld- und Gewissensfragen, Furcht vor Internierung oder Vertreibung und vieles mehr. Eine nicht genau ermittelbare Zahl vormaliger NS-Funktionsträger entzog sich einer möglichen Verurteilung durch Selbstmord, und generell war es für alliierte Beobachter überraschend, dass plötzlich so gut wie keine bekennenden Nazis mehr auffindbar waren. Anders als nach dem Ersten Weltkrieg fanden offen revanchistische Bestrebungen in Deutschland keinen Nährboden, da die militärische und zugleich die geistig-moralische Niederlage nun noch grundlegender war. Die überlebenden Verfolgten des NS-Regimes konnten sich darüber allerdings nur eingeschränkt freuen; wer mit dem Leben davongekommen war, hatte meist irreversible psychische oder physische Schäden erlitten.
In der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1945 wurde in Berlin-Karlshorst die endgültige Kapitulation der deutschen Wehrmacht unterzeichnet. Damit endeten in Europa der Zweite Weltkrieg und die nationalsozialistische Herrschaft. Ein Tag der Befreiung, ein Tag der Niederlage oder beides zugleich? Nicht erst 1995 sorgte das symbolische Datum für geschichtspolitische Kontroversen. Ein spezifisches Erinnern und Vergessen setzte in West und Ost unmittelbar nach den Ereignissen ein. Das Buch von Jan-Holger Kirsch beschreibt erstmals Formen und Inhalte dieses Gedenktages zwischen 1945 und 1995. Aus einer kultur- und gedächtnistheoretischen Perspektive wird rekonstruiert, wie er zwischen 1989/90 als Forum des deutsch-deutschen Systemkonflikts diente. Für das Gedenkjahr 1995 wird dargestellt, wie sich in der "Berliner Republik" eine gesamtdeutsche Erinnerung an die NS-Zeit herauszubilden begann.
Der Dresdner Kunst- und Fotohistoriker Wolfgang Hesse forscht seit vielen Jahren zur proletarischen Amateurfotografie. Seine hier vorliegende Internet-Publikation befasst sich mit dem „Roten Abreißkalender“ der KPD der Weimarer Republik. Sowohl die Arbeiter- wie die Abreißkalender gehen in ihrer Tradition auf das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts zurück. Die ersten Arbeiterkalender sind 1867 in Budapest und 1868 in Berlin nachweisbar. Die wichtigsten inhaltlichen Änderungen gegenüber dem traditionellen „Volkskalender“ bestanden darin, dass die geschichtlichen Teile statt der bisherigen „Heldengeschichtsschreibung“ Daten der allgemeinen Weltgeschichte, der demokratischen und der deutschen Arbeiterbewegung enthielten. Um 1880 tauchten in Deutschland die ersten (nicht-politischen) Abreißkalender auf, die, dem englischen Vorbild der date blocks folgend, literarische, religiöse oder Texte aus dem Alltagsleben auf den Kalenderblättern anboten. Sie inspirierten, unter neuem Vorzeichen, auch Unternehmungen wie das hier vorgestellte.
Verlagstext, s. http://www.boehlau-verlag.com/978-3-412-04503-6.html: "In seinem kurzen Leben behauptete sich der Historiker und Politiker Arthur Rosenberg (1889-1943) auf verschiedenen Gebieten. Geboren und aufgewachsen im kaiserlichen Berlin, erwarb er sich früh einen guten Ruf als Althistoriker. Nach dem Bruch mit seinem Herkunftsmilieu, dem assimilierten jüdischen Bürgertum und der deutschnationalen Gelehrtenwelt, wurde er ab 1918 ein führender kommunistischer Politiker, der dem Reichstag und der KPD-Spitze angehörte und dort ultralinke Positionen vertrat. Mitte der zwanziger Jahre gelangte er zu einer realistischeren politischen Haltung und verließ 1927 die KPD. In den folgenden Jahren profilierte er sich als Zeithistoriker und unabhängiger Marxist. Er starb 1943 im New Yorker Exil. Seine Bücher über Aufstieg und Fall der Weimarer Republik, zur Geschichte des Bolschewismus und über Demokratie und Sozialismus übten und üben noch immer einen bemerkenswerten Einfluss auf die intellektuellen Debatten zu diesen Themen aus. Die vorliegende Biographie Arthur Rosenbergs zeichnet auch seine wechselvollen Positionen zum Judentum und zum Zionismus nach."
Verlagstext Böhlau, siehe: http://www.boehlau-verlag.com/978-3-412-21014-4.html: Ruth Fischer (1895–1961) war 1924/25 weltweit die erste Frau an der Spitze einer Massenpartei: der Kommunistischen Partei Deutschlands. Wie niemand sonst stand sie für die Angleichung der KPD an das autoritäre sowjetische Parteimodell. Später wurde sie – von Hitler und Stalin verfolgt – zur leidenschaftlichen Antikommunistin, die in den USA sogar gegen ihre Brüder Gerhart und Hanns Eisler sowie gegen Bertolt Brecht aussagte. Zuletzt suchte sie wieder Anschluss an eine undogmatische Linke.
Ruth Fischers bewegtes Leben wird in dieser Biographie auf der Grundlage bisher unerschlossener Archivquellen, darunter FBI-Akten, erstmals ausführlich dargestellt. Das Buch zeigt exemplarisch, wie Kommunismus und Antikommunismus sich im Kalten Krieg in einer Person verschränken konnten.