903 Wörterbücher, Enzyklopädien
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Das Konzept des Begriffs Angewandte Geschichte ist bislang noch nicht eindeutig bestimmt. Auch eine systematische Einordnung in das geisteswissenschaftliche Fächerspektrum ist im Grunde nicht zu erkennen. So dient er vor allem als „Sammelbezeichnung” für Phänomene des historischen Fachs, denen Anders- oder Neuartigkeit zugeschrieben wird. Bestehende Abgrenzungen zwischen den Anwendungsgebieten Angewandter Geschichte sind ebenfalls eher grobschlächtig, genauso wie institutionelle Differenzierungen.
Ernst Fraenkels Analyse des NS-Regimes entstand in unmittelbarer, beteiligter Beobachtung. Im Vorwort zur deutschen Ausgabe des „Doppelstaats” schrieb Fraenkel 1974, dass sein Buch auf Quellenmaterial beruhe, „das ich im nationalsozialistischen Berlin gesammelt habe, und auf Eindrücken, die sich mir tagtäglich aufgedrängt haben. Es ist aus dem Bedürfnis entstanden, diese Erlebnisse und Erfahrungen theoretisch zu erfassen, um mit ihnen innerlich fertig zu werden”. (...)
Wiederveröffentlichung von: Michael Wildt, Die Transformation des Ausnahmezustands. Ernst Fraenkels Analyse der NS-Herrschaft und ihre politische Aktualität, in: Jürgen Danyel/Jan-Holger Kirsch/Martin Sabrow (Hrsg.), 50 Klassiker der Zeitgeschichte, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2007, S. 19-23
Seit 1990 haben wir uns daran gewöhnt, dass es vornehmlich vier Möglichkeiten gibt, deutsche Zeitgeschichte nach 1945 zu schreiben: Erstens die nationalgeschichtliche Perspektive, die von einer gemeinsamen deutschen Geschichte im Zeitalter der Teilung ausgeht; zweitens das kontrastierende Denkmodell, das die Gegensätze von Demokratie und Diktatur herausarbeitet; drittens die Separatgeschichten sowie viertens eine Geschichte der „Verflechtung und Abgrenzung” zwischen der Bundesrepublik und der DDR. Mit dem letzteren Begriffspaar sind wir bei Christoph Kleßmann angelangt. (...)
Wiederveröffentlichung von: Edgar Wolfrum/Günther R. Mittler, Zwei Bücher, eine Idee. Christoph Kleßmanns Versuch der einen deutschen Nachkriegsgeschichte, in: Jürgen Danyel/Jan-Holger Kirsch/Martin Sabrow (Hrsg.), 50 Klassiker der Zeitgeschichte, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2007, S. 162-165.
In seinem Aufsatz weist Rafał Stobiecki auf zwei Richtungen hin, die die polnische Zeitgeschichtsschreibung nach 1989 prägten: eine stark moralisierende sowie eine methodische Fragen bewusst bagatellisierende Richtung. Dies hat eine lange Tradition: Eine Geschichtsschreibung, die sich als Vermittlung der vermeintlich wahren und objektiven Geschichte versteht, welche anhand der für sich selbst sprechenden Quellen dargestellt wird, wurde in Polen schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts erfolgreich praktiziert. Dazu kam noch das fragwürdige Ethos der Historiker als Volksgewissen und „Herzstärkung” für die Nation im besetzten Land. Ein Ethos, das sich im unhinterfragten Selbstbild der Zeithistoriker/innen als einstige Oppositionelle in der Volksrepublik Polen, in ihrem Fokus auf die Verurteilung des kommunistischen Regimes und in der oft kritiklosen Hervorhebung der entscheidenden Rolle der Opposition bis heute fortsetzt.