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Fürsorgediktatur
(2023)
Neu in einer aktualisierten Version 2.0: In seinem Artikel erörtert Konrad H. Jarausch den Neologismus „Fürsorgediktatur“, ein Spannungsbegriff, der den widersprüchlichen Charakter der DDR vor allem unter Honecker auf einen präzisen Nenner bringen sollte. Mit dem Gedanken entworfen, die festgefahrene Auseinandersetzung um die Geschichtspolitik anzustoßen und eine analytische Debatte zu beginnen, beschreibt Jarausch Kritiken und Interpretationsmöglichkeiten des Begriffs.
Keine andere Periode der russischen Geschichte zog derartig grundlegende Veränderungen in Europa und der Welt nach sich wie die Zeit der Perestroika in den Jahren 1985-1991. Trotz der Bedeutung der Reformjahre unter Führung des letzten Generalsekretärs der KPdSU Michail Gorbatschows steht die historische Erforschung dieser Periode in vielen Bereichen noch am Anfang. Corinna Kuhr-Korolev fasst das bestehende Wissen zusammen und plädiert für unterschiedliche historische Zugriffe und Blickweisen, um die Vielschichtigkeit der dynamischen Prozesse in dieser Periode auf der Grundlage bisher noch kaum erschlossener Quellenbestände besser zu verstehen.
Materielle Kultur
(2020)
Der Mensch lebt, gesellschafts- und zeitgebunden, mit physisch präsenten Objekten innerhalb einer ihn umgebenden materiellen Kultur, die Handeln und Wahrnehmungen, Möglichkeiten und Zwänge, Erinnerung und Zukunftsoptionen beinhaltet. Im folgenden Beitrag werden zunächst grundlegende Definitionen problematisiert, um dann auf die Quellenbestände und die Methodologie der Dinganalyse einzugehen. Nach einem Überblick über die interdisziplinäre Forschung und der Herausarbeitung zentraler Forschungsfelder wird am Beispiel der DDR der Vorschlag gemacht, die Erforschung der materiellen Kultur innerhalb der Zeitgeschichte anhand von drei Problemhorizonten zu stärken.
Das historische Ereignis
(2020)
Historische Ereignisse gelten als zentrale Elemente bei der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Nachdem ihre Bedeutung mit dem Aufstieg der Sozialgeschichte in den Hintergrund rückte, hat in jüngster Zeit – auch durch kultur-, medien- und sozialwissenschaftliche Impulse – die Auseinandersetzung mit Ereignissen wieder zugenommen. In dem Artikel wird diskutiert, wie sich das historische Ereignis konzeptionell fassen lässt, wie sich sein Status in der Geschichtswissenschaft wandelte und welche (zeit-)historischen Ansätze sich zur Erforschung anbieten.
Unternehmensgeschichte
(2019)
Am Schnittpunkt zwischen Wirtschafts- und „allgemeiner“ Geschichte situiert Ralf Ahrens die Unternehmen als zentrale Akteure der modernen Geschichte: Sie dominieren Wertschöpfung und ökonomisch-technischen Strukturwandel, sie prägen geografische wie gesellschaftliche Räume, sie beeinflussen kulturelle Wahrnehmungsmuster – und nicht zuletzt auch die Politik. In seinem Beitrag präsentiert Ahrens theoretische Rahmungen der Unternehmensgeschichte genauso wie ihre Institutionalisierung, ihre aktuellen Schwerpunkte und ihre Anschlussmöglichkeiten für andere Bereiche der zeithistorischen Forschung.
Wenn Historiker/innen das NS-Regime als „charismatische Herrschaft“ bezeichnen, dann legen sie ihren Ausführungen explizit oder implizit ein Modell zugrunde, das der deutsche Soziologe Max Weber entwickelt hat. Rüdiger Hachtmann stellt das Modell vor und zeigt die Grenzen und Defizite des Idealtypus „charismatische Herrschaft“ sowie seiner Anwendung auf die NS-Herrschaft auf, würdigt zugleich aber auch Webers Verdienste. Ausgelotet wird schließlich, inwieweit die Forschung daran in der Zukunft anschließen kann.
Der Artikel von Rüdiger Hachtmann beleuchtet die Genesis der Polykratie-Theorie – zentral sind dabei die Thesen Franz Leopold Neumanns im Rahmen seiner bahnbrechenden Untersuchung „Behemoth“ –, nimmt die einzelnen Elemente der mit dem Begriff „Polykratie“ verbundenen Überlegungen zur Struktur des NS-Herrschaftssystems kritisch in den Blick und diskutiert deren Defizite.
Authentizität (Version 1.0)
(2010)
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich der Authentizitätsbegriff zu einem allseits verwandten Schlagwort gewandelt. Über Authentizität wird heutzutage in vielen kulturwissenschaftlichen Disziplinen gesprochen: in der Psychologie, der Pädagogik, der Soziologie, der Ethnologie, den Politikwissenschaften, der Philosophie und selbstverständlich in den Kunstwissenschaften und der Ästhetik. Der schillernde Authentizitätsbegriff hat auch den Bereich der Geschichtsschreibung und der Zeitgeschichte erfasst, und doch ist Authentizität keinesfalls ein zeithistorischer Grundbegriff.
Derzeit erleben wir die Genese eines Fachs. Es gibt klare Anzeichen, dass sich Public History in Deutschland als eine neue Subdisziplin der Geschichtswissenschaften institutionalisiert. Hierfür lassen sich einige klassische Indikatoren identifizieren: Es gibt die ersten Public History-Studiengänge in Deutschland, es werden die ersten Professuren mit Public History denominiert, der Deutsche Historikerverband hat eine Arbeitsgruppe zur Public History gegründet, und es gibt ein erstes Periodikum,das sich dezidiert mit Fragen der Public History auseinandersetzt.
Im Jahr 2010 entzündete sich am Abschlussbericht einer vom Auswärtigen Amt eingesetzten Historikerkommission zur Geschichte des Ministeriums vor und nach 1945 eine außergewöhnlich heftige fachliche und öffentliche Debatte. Indem die Vorgeschichte der Einsetzung der Kommission, die grundlegende Struktur sowie Ablauf und Themen der Debatte skizziert werden, wird zunächst ein Überblick der Auseinandersetzung ermöglicht. Es entsteht das Bild einer von unterschiedlichen Faktoren bestimmten vielschichtigen Debatte, in der sich wissenschaftliche und (geschichts)politische Argumente in unterschiedlichen Anteilen mischten.