Zeithistorische Forschungen
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Die Deutung der jüngeren und jüngsten Vergangenheit liegt nicht allein in der Hand professioneller Zeithistorikerinnen und Zeithistoriker, sondern ist ein hart umkämpftes Feld mit verschiedensten Akteuren. Das vorliegende Heft widmet sich diesem breiteren Feld der „populären“ Geschichtsschreibung aus unterschiedlichen Perspektiven. Welche Rolle spielt die „akademische“ Zeitgeschichte nun bei der Konstituierung von Geschichtsbildern und Geschichtserzählungen? „Akademisch“ mag wie ein abwertendes Signum klingen – unverständlich, im System Wissenschaft verfangen, vorbei am Publikum –, während es für den praktizierenden Akademiker eine Quelle seines Berufsethos sein dürfte (oder vielleicht der letzte Rettungsanker der Selbstlegitimierung). Strittig bleibt indes, was das „Fachwissenschaftliche“ genau ausmacht: Sind es bestimmte Mindeststandards, die ein Geschichtswerk erfüllen muss, um als „wissenschaftlich“ anerkannt zu werden, oder ist die „akademische“ Geschichtsschreibung im Wesentlichen durch eine (nicht allein fachspezifische) Forschungspraxis gekennzeichnet, die an strukturelle Bedingungen von Drittmittel- und „Exzellenz“-Projekten und akademische Moden gebunden ist sowie zu guter Letzt als „Abschlussbericht“ in Darstellung überführt werden muss?
Von „Ruhe und Ordnung“ zur „inneren Sicherheit“. Eine Historisierung gesellschaftlicher Dispositive
(2010)
Die „innere Sicherheit“ ist seit den 1970er-Jahren zu einem Leitbegriff der politischen Kultur der Bundesrepublik geworden. Ziel des vorliegenden Aufsatzes ist es, den Begriff und die Politik der „inneren Sicherheit“ in zweifacher Weise zu historisieren. Erstens wird „innere Sicherheit“ als ein politisches Schlagwort verstanden, welches in einer langfristigen Perspektive den Topos „Ruhe und Ordnung“ abgelöst hat. Zweitens wird anhand des kritischen politischen Diskurses der 1970er-Jahre auf die psychologische Dimension der Semantik der „inneren Sicherheit“ aufmerksam gemacht, die als neue Konzeption des Verhältnisses zwischen Staat und Individuum wahrgenommen wurde. Während mit „Ruhe und Ordnung“ die Vorstellung einer disziplinär-militärisch und obrigkeitsstaatlich verfassten Ordnung einherging, kann das neue Sicherheitsdispositiv neben seinem stabilitätsbetonenden und repressiven Charakter auch ein zivilgesellschaftliches Verständnis implizieren, welches Sicherheit weniger garantiert, sondern sie als Abwägung von Freiheiten und Risiken versteht.