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Methoden queeren Forschens
(2023)
Queere Methoden – der Begriff ist ebenso unklar wie widersprüchlich. Wie kann so etwas wie Methoden, die für Ordnung und Übersichtlichkeit stehen, mit queer in Verbindung gebracht werden, also mit den damit verbundenen flüchtigen, widerspenstigen Praktiken und Subjektpositionen oder gar mit einem Theoriekorpus, der alle normativen Setzungen zu unterlaufen verspricht? Zunächst ließe sich vermuten, dass queeres Forschen sich mit queeren Themen, Lebensweisen und Selbstverständnissen beschäftigt – so wie sich die historische Forschung mit der Vergangenheit auseinandersetzt. Warum sollten dazu andere als die etablierten Methoden des archivalischen, historischen oder ethnographischen Forschens notwendig sein? So einfach liegen die Dinge jedoch nicht. Genauso wenig wie die Geschichtswissenschaft schlicht Vergangenes erzählt, beschreibt queere Forschung lediglich queere Lebensweisen. Schon lange ist queer nicht mehr nur ein Adjektiv, das im Sinne von LSBTIA* ein Feld von Subjektpositionen bezeichnet. Häufig wird queeren auch als Verb gebraucht, das ein aktives Tun meint – zum Beispiel im Umgang mit Methoden und dem Forschen selbst. Es geht also darum, die Art und Weise zu queeren, wie sich Forscher*innen den Feldern ihres Interesses nähern und ihre Themen erkunden.
Das Liederbuch der Bundeswehr war von Beginn an umkämpft. Diese offizielle Liedersammlung, 1958 in erster Auflage erschienen, sollte – und soll bis heute – den „Geist der Truppe“ widerspiegeln. Symbolisch wurde und wird in Debatten um die Liedauswahl verhandelt, was Soldatentum nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus bedeuten und welche Rolle Militarismus in der westdeutschen Gesellschaft einnehmen darf.
Ein Blick auf die Veränderung des Liedguts im Laufe der Jahrzehnte zeigt, wie sehr sich die Kräfteverhältnisse in der bundesdeutschen Demokratie verändert haben. Während die Liedsymbolik in der frühen Bundesrepublik mit positivem Kriegsbezug und „Soldatenehre“ brach, fanden entsprechende Lieder im Zuge der Neuauflagen von 1963 und 1976 wieder Eingang in das Liederbuch. Die Entwicklung liegt damit quer zum postulierten Durchbruch demokratischer Vorstellungen nach den langen 1960er Jahren. Sie zeigt auch, dass die aktuellen Vorfälle und Debatten um rechtsextreme Soldaten und Wehrmachts-Memorabilia in den „Traditionsräumen“ der Truppe in eine längere Geschichte des Umgangs mit Vergangenheit in der Institution Bundeswehr eingeordnet werden müssen.
Wer zu ergründen sucht, welche diskursiven Vorbedingungen die heutige Unterrepräsentanz von Frauen in der Wissenschaft hat, wage einen Blick in die lange und verschlungene Geschichte der Verbindung von Genus und Genie. Dieser Blick offenbart, welche Begründungsfiguren seit der Antike dazu führten, dass schöpferische Geistigkeit und Weiblichsein lange Zeit als prinzipiell unvereinbar galten und teilweise bis heute gelten. Als Teil einer kritischen Geisteswissenschaftsgeschichte sucht dieser Essay die Hintergrundfolien für einen Ausschluss von Frauen aus der als überzeitlich imaginierten ‚Geniegemeinde‘ zu skizzieren. Zielpunkt ist zu klären, welche Stränge der Geschichte ihrer Nichtintegration in dieselbe auch heute noch spürbare Auswirkungen auf die Stellung von Frauen in der intellektuellen Sphäre und akademischen Arena, der Alma Mater, haben (Scheint das Geschlecht in der heutigen Wissenschaft doch immer noch einen Unterschied zu machen.) Frauen konnten seit den Nullerjahren des 20. Jahrhunderts zwar an der wissenschaftlichen Gemeinschaft partizipieren, universitäre Laufbahnen blieben jedoch noch jahrzehntelang eine Ausnahme. Und nicht zuletzt spiegeln sich einige der diskursiven Gesetzmäßigkeiten früherer Genievorstellungen in rhetorischen Aufwertungsmechanismen im Rahmen aktueller Exzellenzrhetoriken wider.
Die Folgen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Transformation Ostdeutschlands sind in der jüngsten Zeit wieder verstärkt in den öffentlichen Fokus geraten. Vor dem Hintergrund mehrerer ostdeutscher Landtagswahlen im Jahr 2019 wird medial zunehmend eine Aufarbeitung der als (Um-) Bruchszeit wahrgenommenen Periode der frühen 1990er Jahre gefordert. Als zentraler Akteur dieser Phase bietet eine Erforschung der Geschichte der Treuhandanstalt (THA) Zugänge, die sowohl für gesellschaftliche Debatten als auch für die zeithistorische Forschung neue Impulse geben können. Welche Quellen sind dafür besonders relevant, und inwiefern eignet sich die THA als Forschungsgegenstand?
Am 6. Dezember wird Timothy Snyder der Hannah-Arendt-Preis im Bremer Rathaus verliehen. Sein Buch „Bloodlands. Europe between Hitler and Stalin“, das 2010 in den USA und 2011 in deutscher Übersetzung erschien, hat die Geschichtsschreibung nachhaltig verändert.
Erstmals hat ein Historiker explizit die Massenmorde des nationalsozialistischen und stalinistischen Regimes in Beziehung gesetzt und jene ostmitteleuropäische Region von Zentralpolen, der Ukraine und den baltischen Staaten bis Weißrussland in den Mittelpunkt gestellt, in der von 1917 bis 1947/48 etwa 14 Millionen Menschen starben, keine Soldaten, sondern wehrlose Zivilisten, Männer, Frauen, Kinder – die „Bloodlands“.
Zwei Männer sitzen beim Frühstück. Einer trägt Hausjacke mit Monogramm, der andere einen dunklen Zweireiher. Man diskutiert Weltpolitik und wird sich nicht einig: Gustav Stresemann (Werner Wölbern) und Regierungsrat Wendt (Benno Fürmann). Am Ende der Szene liegt Stresemann am Boden und Wendt schaut tatenlos zu, wie dessen Atem endgültig aussetzt. Während die historische Person Gustav Stresemann zu den wichtigsten deutschen Politiker*innen des 20. Jahrhunderts gehört, ist Regierungsrat Wendt eine fiktive Figur, die die Filmemacher Tom Tykwer, Achim von Borries und Henk Handloegten als Antagonisten ihrer Serie Babylon Berlin erschaffen haben. Wahrheit und Fiktion gehen in der Serie Hand in Hand. Während die Ausstattung bis ins kleinste Detail stimmt, werden historische Ereignisse an dramaturgische Anforderungen angepasst, um ins Geschichtsbild einer sterbenden Demokratie zu passen.
Der vorliegende Beitrag untersucht das Spannungsverhältnis zwischen dem historischen Abbild im engeren und dem Geschichtsbild im weiteren Sinne. Hierfür untersuchen wir erstens die „Oberflächengenauigkeit“(Friedrich Knilli) auf der Abbildungsebene, bei der der Schauwert der historischen Inszenierung der historischen Authentisierung der Serie dient und die Authentizitätserwartung des Publikums befriedigt. Zweitens diskutieren wir, wie beim Geschichtsbild von Babylon Berlin Abstriche von der historischen Genauigkeit gemacht werden und wie hierbei Geschichtsvergessenheit und Geschichtsversessenheit aufeinandertreffen. Drittens untersuchen wir die Produktion von Geschichtsbildern im innerdiegetischen Bildgebrauch der Serie, in der die Produktion von Bildern ständig thematisiert wird. Uns geht es also um Bilder als Teil der Filmhandlung und somit um das Bild im Bild einer Serie, die unser Geschichtsbild von der Weimarer Republik nachhaltig prägt.
The images are blurred and a bit chaotic, as they often are in on-the-spot videos of fast-moving events circulating on social media. But the gist of the story is clear. Three men clad in dark face masks and combat gear, their identities hidden behind their uniform exterior and emotionless body language, are rounding up a crowd of women. The women are fighting back, trying to break out of the cordon. Suddenly the three men in camouflage retreat. One holds his mask in his hand and looks distressed. They walk away quickly, the crowd whistles after them. What happened? The answer rests with a 73-year old great-grandmother who is a celebrity of the Belarusian protests. Fearlessly she demonstrates, scolds and sometimes kicks the security forces. And she always attempts to take off their masks—this time successfully. Belarusian security police do not like to show their face while shoving around women. And the Belarusian women know this. They have been coming out onto the street in ever increasing numbers to continue the fight against an entrenched dictatorship, inspired by their three female leaders, who are not career politicians, but ordinary women, some with husbands and children, all of them with aspirations.
In the following, three scholars have a look at the question of how to explain the female presence on the Belarusian streets and what it means both in the short and in the long term. The articles were written on the day of mass arrests of women in Minsk. The future is uncertain. Mass violence is on the cards as much as the possibility of a Lukashenko retreat. Whatever it will be, however, it deserves the world’s attention.
Zur Bonn-Nostalgie Westdeutschlands gehörte die Anhänglichkeit an das Provisorium der Nachkriegszeit, verbunden mit der Absage an staatliche Symbole und internationale politische Verantwortung. Nach dem Umzug nach Berlin kam die Prussifizierung der deutschen Nation. Sie fand ihr Sinnbild in der Rekonstruktion des Schlosses in der Hauptstadt. Von 2013 bis 2020 konnten sich die Berliner allmählich auf die neue Kulisse einstellen. Zuvor, von 2006-2008 konnte man sich vom Palast der Republik verabschieden. Der Abbau dauerte fast drei Jahre, weil das Gebäude aufgrund seiner hohen Asbestbelastung nicht einfach weggesprengt werden konnte. Mit dem Palast der Republik verschwand mit der DDR Geschichte auch der historische Ort, an dem 17 Jahre zuvor die deutsche Einheit beschlossen wurde.
„Wie sich die Spannungen lösen lassen, hängt letztlich von uns selbst ab“, schreibt der Rechts- und Politikwissenschaftler Ernst Fraenkel in seinem Buch Der Doppelstaat, das 1941 im US-Exil erschien. Das Buch war eine der ersten Analysen des nationalsozialistischen Regimes und ist das bekannteste Werk Fraenkels. Hier soll es aber nicht um den Doppelstaat selbst gehen, dem ein anderer Beitrag in diesem Schwerpunkt gewidmet ist, und auch nicht um die Spannungen, die Fraenkel anspricht. Vielmehr liegt das Augenmerk auf der Handlungsfähigkeit der Menschen, die er ausmacht. Wer ist das „uns“, das er anspricht; ja, warum spricht er überhaupt „uns“ inmitten einer wissenschaftlichen Analyse an?
Die Antwort, die ich auf diese Ausgangsfrage geben möchte, versucht einen methodisch ideengeschichtlichen Ansatz der Politikwissenschaft für die Zeitgeschichte fruchtbar zu machen.
Psychiatriegeschichte als Horrordrama. Die Netflix-Serie „Ratched“ und die Grenzen des Wahnsinns
(2021)
Im Jahr 1948 an der Küste Kaliforniens. Die selbst ernannte Krankenschwester Mildred Ratched erschleicht sich einen Posten im Lucia State Hospital, einer psychiatrischen Anstalt, in die ihr Bruder Edmund Tolleson in Kürze eingeliefert werden soll. Ihre Mission: Aus Schuldgefühlen will sie Edmund, der mehrere Priester massakriert hat und über dessen Schuldfähigkeit der visionäre Leiter der Anstalt entscheiden soll, vor der Todesstrafe retten und geht dabei im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen. Was auf den ersten Blick als bloße Familiengeschichte anmutet, entpuppt sich auf den zweiten Blick als komplex erzählte Gesellschaftsgeschichte. Die im September 2020 in Deutschland ausgestrahlte Serie „Ratched“, von Evan Romansky und Ryan Murphy konzipiert und von Netflix produziert, ist mehr als die Geschichte eines lang getrennten Geschwisterpaares, das von traumatischen Kindheitserfahrungen heimgesucht wird. Als „Horrordrama“ setzt sie sich am Beispiel ihrer monströsen Hauptfiguren und der Psychiatrie als zentralem Handlungsort in acht Folgen mit den Normen der US-amerikanischen Nachkriegsgesellschaft auseinander und interessiert sich für deren Konzeptionen von Krankheit, Gesundheit und Geschlecht. Auf diese Weise verdichten sich in dem von „Ratched“ aufgespannten gesellschaftsgeschichtlichen Panorama psychiatrie- und geschlechtergeschichtliche Perspektiven.
Im Bereich der Transformationsforschung wird bisweilen den Geschichtswissenschaften noch keine eigenständige Rolle zugedacht. So werden etwa in der Einleitung eines Handbuchs zur Transformationsforschung zwar „welthistorische“ Beispiele von gesellschaftlichen und politischen Transformationen zur, wie es heißt, „Horizonterweiterung“ dargestellt. Allerdings wird die Historiografie dort nicht zu dem breiten, von Politik- sowie Kultur- über Rechts- bis hin zu Sozial- und Wirtschaftswissenschaften reichenden Feld der mit Transformationsforschung befassten Disziplinen gezählt. Und gerade die quantifizierende Darstellung von gesellschaftlichem Wandel, also dessen eher zahlenmäßige und datenbasierte Beschreibung, wird immer noch vornehmlich als Domäne der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften betrachtet.
Radio San Remo
(2018)
Im Juni 2020 nahm Emery Mwazulu Diyabanza einen aus dem Tschad stammenden hölzernen Grabpfosten aus dem 19. Jahrhundert und versuchte hiermit das Museum zu verlassen. Er rechtfertigte seine Tat, dass er gestohlenes Eigentum zurückfordere. Im Oktober verurteilte ein Gericht ihn wegen Diebstahl zu einer Geldstrafe. Der aus dem Kongo stammende Diyabanza dokumentierte die Aktion auf youtube und leistete hiermit einen Beitrag für die aktuelle Debatte um Restitution von Objekten, die in kolonialen Kontexten erworben wurden.
„Wem gehört Kulturgut?“ – Diese Frage wird in den letzten Jahren verstärkt diskutiert. Die Aufmerksamkeit für koloniale Sammlungen wird dabei durch Forderungen aus den sogenannten Herkunftsländern oder Interventionen wie dem Sarr/Savoy-Bericht bestärkt. Sie trifft auf eine Diskussion um Deutschlands koloniale Vergangenheit, die sich derzeit vor allem an Forderungen der Herero und Nama, an Straßennamen, am Humboldt Forum oder an Diskussionen um Rassismus festmacht.
In der aktuellen Debatte wird dabei oft übersehen, dass bereits vor einigen Jahrzehnten intensive Debatten um postkoloniale Restitution geführt wurden. Ziel dieses Beitrages ist es, diese Fragen an einem historischen Beispiel zu untersuchen und verschiedene Perspektiven auf die Frage, wem Kulturgut gehört, aufzuzeigen.
As Hannah Arendt anticipated in 1951, refugees have become a major issue in contemporary societies. Writing just three years after the Universal Declaration of Human Rights had been adopted in 1948, Arendt argued that refugees exposed a fundamental tension between universal human rights and the sovereignty of nation-states. For Arendt, human rights were an abstraction; the only real rights were those possessed by citizens.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Frank Trentmann bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Barbara Stollberg-Rilinger bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Habbo Knoch bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
This year marks a number of anniversaries of significant events of Czechoslovak history, starting with the declaration of independent Czechoslovakia in 1918; the Munich Agreement of 1938, which sumitted Czechoslovakia’s border areas to Hitler’s Germany; the communist takeover of 1948; and finally, the Prague Spring and subsequent Soviet-led invasion of 1968. Dubbed the “year of eights” [osmičkový rok] by the Czech media, historical reflections on the part of witnesses, historians, journalists and pundits alike are rife in the press, on the radio and on television. Yet as historian Pavel Kolář writes, when it comes to the events of 1968, “the anniversary has so far not brought any distinctive impulse” and sees this as a confirmation that “with each round anniversary, the significance of ’68 as one of the focal points of Czech memory is declining”.[1] What then remains of the eventful year of 1968 in Czech memory, fifty years on? This article will briefly examine the media response, which acts as a significant vehicle of memory, to both the reformist efforts of the Prague Spring and their suppression by Warsaw Pact tanks in the Czech Republic.
In recent years, streaming services such as Netflix, Hulu and Amazon Prime offered the possibility to access internationally produced television shows and movies. One recent trend is content with a historical set or background. Although historical sets and productions have played an important role in cinematic story-telling since the early twentieth century, the immense amount of newly available digital content has a significant impact on a society's cultural memory. Cultural memory is an integral part of a society’s identity; it is often static and its ‘horizon does not change with the passage of time’. It is reproduced in museums, statues, remembrance days, and texts. It is the type of memory which society can collectively call upon and recall. While cultural memory may feel vague or encased in glass cases in museums, a historical television series brings memory alive while munching on popcorn on your sofa.
Auf dem Höhepunkt der internationalen Auseinandersetzung um postkoloniale Restitutionsfragen tagte im Mai 1980 erstmals ein neuer UNESCO-Ausschuss mit der kuriosen Bezeichnung Intergovernmental Committee for Promoting the Return of Cultural Property to Its Countries of Origin or Its Restitution in Case of Illicit Appropriation. Das kurz ICPRCP genannte Komitee sollte als vermittelnde Instanz zwischen Kulturgüter besitzenden und zurückfordernden Staaten tätig werden. Doch seine Gründung wurde, davon zeugt dieser Name, von heftig geführten Deutungskämpfen über die zentralen Begriffe „restitution“ und „return“ begleitet.
Restitution, Rückgabe, oder auch Transfer gehören heute zum Standardvokabular von postkolonialer Museumspraxis und auswärtiger Kulturpolitik, in der medialen Berichterstattung werden sie oft synonym verwendet. Dabei waren diese Termini ursprünglich eng mit divergierenden Interpretationen der kolonialen Vergangenheit, institutionellen Selbstverständnissen und entwicklungspolitischen Interessen verbunden.
Schwarze Löcher
(2019)
Im Jahr 1993 oder 1994 zeigte mir mein Vater ein wackeliges Video. Er und seine ehemaligen Arbeitskollegen hatten gemeinsam ein Schwein aufgezogen, und nun sollte jeder seinen Anteil bekommen. Im Video sah man, wie die Sau über den Hof getrieben wird, dann bindet sie jemand am Hinterlauf fest. Das Tier wird „Wessi“ getauft. Die Männer johlen, das Bier fließt. Dann wird Wessi mit einem Bolzenschussgerät niedergestreckt, das Schwein zappelt am Boden, jemand sticht in die Halsschlagader, das Blut strömt in einen bereitgestellten Bottich. Mein Vater wirft sich auf die Sau, um sie zu fixieren. Es ist der 7. Oktober, das Datum des ehemaligen „Tags der Republik“ der DDR. Das Schwein wird mit kochendem Wasser übergossen und abgeschabt. Wessi wird zu Wurst verarbeitet.
Im Jahr 2020 soll nach aktuellem Zeitplan das Humboldt Forum eröffnen – sollten bis dahin alle technischen Probleme gelöst sein. Damit würde nach über sechs Jahren Bauzeit das rekonstruierte Berliner Schloss der Öffentlichkeit übergeben. Mit der (teilweise) wiederhergestellten Hohenzollernresidenz kehrte dann nicht nur eines der markantesten Bauwerke in die historische Stadtmitte zurück. Im 30. Jahr der deutschen Einheit erhielte Berlin endlich jenes lang ersehnte Symbol, das die „neue“ Bundesrepublik und ihre Hauptstadt für alle Welt sichtbar an preußische Traditionen rückbinden soll: die der Aufklärung, der Toleranz und des Humanismus. Mit diesem Brückenschlag zum „anderen“ – besseren – Preußen hätte die Suche nach einer vom 20. Jahrhundert möglichst unbelasteten, Identität stiftenden Meistererzählung im Zeitalter „post-murum“ ihr (vorläufiges) Ende gefunden.
Ab 2016 wurden in der Bundesrepublik Forderungen von Politiker:innen laut, in der Strafverfolgung erweiterte DNA-Analysen zuzulassen. Würden an einem Tatort DNA-Spuren gefunden, sollten diese nicht mehr allein genutzt werden dürfen, um zu überprüfen, ob sie mit einem Eintrag in der DNA-Datenbank des BKA übereinstimmen oder um das chromosomale Geschlecht der Person zu bestimmen. Durch das neue Verfahren sollten auch Erkenntnisse über die „biogeographische Herkunft“ und über die Augen-, Haar- und Hautfarbe der unbekannten Person (sogenannte „Phänotypisierung“) gewonnen werden können. Gegen diese Forderungen gab es erhebliche Kritik. Wissenschaftsforscher:innen und Minderheitenverbände wiesen u.a. darauf hin, dass mit dem Verfahren keineswegs individuelle äußerliche Merkmale aus der DNA direkt „abgelesen“ würden. Es handelt sich hingegen um ein statistisches Verfahren, das durch den Abgleich vorgefundenen Erbmaterials mit genetischen Datenbanken lediglich Wahrscheinlichkeiten aufstellt. Zudem ergäben sich die ermittelten Herkunftskategorien keineswegs aus genetischen Fakten, sondern seien Ergebnis historisch gewachsener gesellschaftspolitischer Konstruktionen darüber, welche Menschen eine Gruppe bilden. Eindeutige Aussagen über die „Herkunft“ einer Person oder gar über deren Aussehen ließen sich dadurch jedenfalls nur selten machen. Dennoch stimmte der Bundestag im Mai 2019 der Einführung zumindest der Phänotypisierung zu. Was diese verspricht, kommt der alten Sehnsucht entgegen, eine eindeutige Verbindung zwischen Erbgut einerseits und Aussehen und „Herkunft“ von Menschen andererseits herzustellen.
Das polnische Instytut Pamięci Narodowej, Institut für Nationales Gedenken, gegründet im Jahr 1998, ist eine Institution, deren Aufgabenspektrum sich von der juristischen Aufarbeitung nationalsozialistischer und kommunistischer Verbrechen über historische Forschung bis zu Geschichtsvermittlung erstreckt. Mit Sicherheit ist es die am besten finanzierte Institution im Bereich der Geschichtsvermittlung oder – wie KritikerInnen sagen – der patriotisch-affirmativen Erziehung.
Im Jahr 2011 hat das Institut ein Brettspiel konzipiert und gemeinsam mit dem Spielautor Karol Madaj das Spiel Kolejka herausgegeben. Zuerst gab es das Spiel nur in polnischer Sprache, allerdings war es bald so erfolgreich, dass es auch in andere Sprachen übersetzt wurde. Schon im Jahr 2012 gab es das Spiel Kolejka – In dieser Schlange warten Sie lange! auf dem deutschen Markt zu kaufen. Da das Institut zuvor noch nie ein Brettspiel zur didaktischen Bildung veröffentlicht hatte, waren die MitarbeiterInnen mit dem Erfolg so überfordert, dass sie die Rechte an dem Spiel an eine private Firma verkauften, damit das Spiel besser vermarktet und in größeren Mengen produziert werden konnte.
Als „Gedächtnismaschine“ (Leif Kramp) prägt das Fernsehen nicht nur die Wahrnehmung und Interpretation tagesaktueller Momente, sondern auch die Erinnerungskultur einer (zuschauenden) Gesellschaft und ihre Perzeption der Historie. Dies gilt auch für Ostdeutschland und seine DDR-Vergangenheit. Doch deren fernseh-mediale Repräsentation steht seit Jahrzehnten in der Kritik. War zunächst von „Kolonisierung“ des ostdeutschen Fernsehbetriebs und einem willentlich herbeigeführten Identitätsverlust auf den Heim-Bildschirmen die Rede, wurden später überregionale Sender mit dem Vorwurf konfrontiert, Ostdeutschland in ihren Programmen vernachlässigt zu haben. Dieser Tadel untermauerte die seit 1990 von verschiedenen Seiten beständig vorgetragene These, weder die gegenwärtige Befindlichkeit der Ostdeutschen noch ihre Geschichte finde ausreichend Beachtung in der Öffentlichkeit der bundesdeutschen Vereinigungsgesellschaft.
In diesem Essay begeben wir uns auf die Spurensuche in den Rayon Chojniki, der teilweise zur 30-km-Sperrzone von Tschernobyl gehört. Im ersten Teil wird die Geschichte von Chojniki vor und vor allem nach dem Jahr 1986 zusammenfassend geschildert. Anschließend reflektiert die aus dem Rayon Chojniki stammende Germanistin Ekaterina Jadtschenko die aktuelle Lage und ihren eigenen Weg von einer Sympathisantin des Präsidenten Lukaschenka zur Aktivistin der demokratischen Protestbewegung.
Mit Solidarność veröffentlichte das amerikanische Spieleunternehmen California Dreams 1991, unmittelbar nach der politischen Wende, im „Ostblock“ ein englischsprachiges Computerspiel aus dem Genre der Politsimulationen. Das polnische Tochterunternehmen P.Z.Karen Co. Development Group war für die Entwicklung dieses rundenbasierten Spiels zuständig. Mit dem Spiel sollte die polnische Gewerkschaftsbewegung Solidarność im Westen bekannt gemacht werden. Zeitgleich war ein Film über Lech Wałęsa, den Anführer der polnischen Gewerkschaftsbewegung, für ein amerikanisches Publikum in Planung, der allerdings nie fertiggestellt wurde.
Dreißig Jahre nach der deutschen Vereinigung werden vor allem Stimmen lauter, die einen grundlegenden Perspektivwechsel in der Geschichtsschreibung fordern: Erfahrungen und Perspektiven von People of Color, Jüdinnen und Juden sowie Geflüchteten sollten stärker in die Betrachtung der „Wiedervereinigung“ und der anschließenden Transformationsprozesse einbezogen werden. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der 2020 erschienene Herausgeber*innenband Erinnern stören von Lydia Lierke und Massimo Perinelli.
Ein Blick auf Quellen der Umbruchszeit zu Beginn der neunziger Jahre verdeutlicht: Diese Erfahrungen wurden durchaus zeitgenössisch festgehalten – in Filmen, sozialwissenschaftlichen Untersuchungen, Fotografien und Interviews. Vor allem dokumentarische Filme wurden von aktivistischen und subkulturell links geprägten Milieus produziert, verblieben aber lange in internen Rezeptionsschleifen, ohne Eingang in größere gesellschaftliche Debatten zu finden. Dabei stellten sie durch die Perspektive auf die Betroffenen Zusammenhänge zwischen alltäglicher Diskriminierung und der Gewalt seitens extrem Rechter her.
[...]
Aus geschichtswissenschaftlicher Sicht, die verstärkt darauf dringt, das Augenmerk auf Rassismus, politischen Nationalismus und Rechtsextremismus zu legen, gilt es, diese Diskursverschiebungen ebenso nachzuzeichnen wie zeitgenössische Quellen in ihrer Entstehung und Rezeption zu historisieren. Exemplarisch soll hier der Dokumentarfilm Stau – Jetzt geht’s los von Thomas Heise (Deutschland 1992) als eine Schlüsselquelle besprochen werden, die verständlich machen kann, welche Perspektiven und Fragen Anfang der neunziger Jahre in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen mit dem Thema Rechtsextremismus im Vordergrund standen.
Zwischen Weihnachten und Neujahr 1982 und 1983 fand im Frankfurter Theater am Turm (TAT) jeweils das Festival Stern.Zeichen statt, das im Untertitel „Homosexualität im Theater“ hieß. Zu den großen Entdeckungen der ersten Ausgabe zählte Georgette Dee, jene androgyne Künstler*in, die seit den frühen 1980er Jahren in ihren Bühnenauftritten unterschiedlichste Facetten von Geschlechtlichkeit aufführt, die sich nicht in einer einzelnen Identitätskategorie auflösen lassen. Für die zweite Ausgabe 1983 wurde Georgette Dee eingeladen, eine Weihnachts-Gala zu moderieren (und zu organisieren). Die Beschreibung des Auftritts lässt erahnen, mit welchem Glitter, Glamour und Camp hier gegen Heteronormativität angespielt und angesungen wurde.
Mehrere Männer und Jungen werden an einem Militärcheckpoint kontrolliert, ließe sich auf den ersten Blick über obiges Foto festhalten. Im Zentrum des Bildes steht ein Mann in Lederjacke, zerissenem Netzhemd über der nackten Brust, enger Hose und Springerstiefeln, der die Kontrolle bereits durchlaufen hat und einen bewaffneten Soldaten passiert, der wiederum auf sein Gewehr gestützt am linken Bildrand zu sehen ist. Dass es sich bei zwei der Personen auf dem Foto jedoch um Mitglieder der britischen Punkband The Clash und damit international gefeierte Stars der Musikszene jener Jahre handelte, verändert die Wahrnehmung des Bildes grundlegend: Es ist ein Beispiel für den auswärtigen Blick auf eine von Gewalt geprägte Gesellschaft und die visuelle Konstruktion verschiedener Männlichkeiten darin.
Informations- und Kommunikationstechnologien durchdringen gegenwärtig alle Lebensbereiche. Dabei haben sich mit dem Anbruch des digitalen Zeitalters auch die Vorstellungen von Öffentlichkeit, Privatsphäre und Partizipation stark gewandelt. Techniken des „e-Governments“ steuern politische und soziale Prozesse. Computer regulieren den globalen Finanzmarktkapitalismus, berechnen (und manipulieren) Wahlergebnisse, lenken globale Kommunikationsströme, optimieren industrielle Produktions- und logistische Vertriebsprozesse und speichern überdies das Wissen von Verkehrsbetrieben, Krankenhäusern, Polizeibehörden und Geheimdiensten. Mit dieser Form der „Verdatung der Welt“ sind in den letzten Dekaden neue Wissensräume entstanden. Computer, Suchmaschinen und Datenbanken ordnen unsere moderne Welt.[1] Sie regeln den öffentlichen Raum und stecken zugleich die Sphäre des Privaten ab.
Heavy Metal ist Extase, ist Rausch, ist performative Härte. Mit Politik haben die meisten Heavy-Metal-Fans und -Bands zumindest als Teil ihrer subkulturellen Identität nichts am Hut. Eine frappante Ausnahme stellt der National Socialist Black Metal (NSBM) dar, ein nicht klar abgrenzbarer, international agierender und offen rechtsextremer Teil der Szene. Hier ist die Szenezugehörigkeit inhärent mit Politik und explizit geschichtsphilosophischen Diskussionen verwoben. In einer Vielzahl an Fanzine-Texten schreiben die Anhänger (größtenteils sind es Männer) nicht nur über Musik, sondern tragen über die Reproduktion rechter Narrative zur Ideologisierung und Stabilisierung der NSBM-Szene bei. Der Untersuchungsgegenstand NSBM ermöglicht einen Blick darauf, wie rechte Geschichtspolitiken in popkulturellen Kontexten Eingang finden, dort tradiert und verbreitet werden. Denn aus dem NSBM bestehen zahlreiche Verbindungen in rechtsterroristische Milieus und die Szene kann auch sonst als Teil der „Neuen Rechten“ verstanden werden.
It would be easy to presume that the Universal Declaration of Human Rights had always been a symbol of opposition and dissent in the German Democratic Republic. Passed by the United Nations General Assembly on December 10, 1948, the UDHR contained a number of provisions that contradicted the political and social order of the GDR as run by the Socialist Unity Party (SED). It demanded an independent judiciary, prohibited arbitrary arrest and invasion of privacy, and guaranteed the right to leave one’s own country. In East Germany, where the judiciary was firmly an ideological organ, the Stasi regularly conducted mass surveillance and arbitrary detention and those seeking to leave the country illegally were shot at the border, this would seem to be a document seen to be inherently hostile to SED rule. Even the social rights contained in the UDHR, in particular the right to strike, were contrary to the legal realities of East Germany where citizens could not demand rights from the state that would obstruct the will of the party.
Yet over the course of East Germany’s existence, the Universal Declaration was more likely to be invoked by the SED than by its domestic opponents. The SED came to view the Universal Declaration and the UN human rights system as a whole as an ally to the Socialist Bloc and the contents of the UDHR reflected in the achievements of socialism within the borders of the GDR. For decades this was not challenged by East Germans on a mass scale, until very suddenly in the late 1980s, human rights and the UDHR became symbols of the democratic opposition. This article will trace the trajectory of the UDHR in East German public discourse from its passage in 1948 and the reaction by the SED in the Soviet Occupied Zone, through the commemorations of the UDHR on its many anniversaries before the ultimate collapse of SED in 1989.
Mit Theatre Europe veröffentlichte das britische Spieleunternehmen Personal Software Service (PSS) 1985 ein Strategiespiel, das innerhalb Europas für Furore sorgte. Die rundenbasierte Konfliktsimulation, in der die SpielerInnen entweder die Rolle der NATO oder die des Warschauer Pakts übernehmen, konfrontierte diese mit dem virtuellen Szenario eines „heißen“ Krieges in Mitteleuropa. Ziel des Spiels war es, die Bundesrepublik 30 Tage lang zu verteidigen (NATO) oder sie in derselben Zeit einzunehmen (Warschauer Pakt). Das Ausspielen des Konflikts im Rahmen des Mediums Spiel war keine gänzlich neue Erfindung: Auch das Computerspiel Reforger ’88: NATO Defense of the Fulda Gap von 1984 oder das Brettspiel Fulda Gap hatten dasselbe Thema zum Inhalt. Beide Titel wurden aber zunächst nur in den USA veröffentlicht. Folgerichtig war Theatre Europe eines der ersten Spiele, das eine öffentliche Debatte zu diesem Thema in Westeuropa auslöste. Im Jahr 1986 startete der Verkauf des Spiels in Frankreich, und auch den deutschen SpielerInnen sollte das Produkt nicht vorenthalten werden. In der Bundesrepublik wurde das Spiel jedoch noch vor Erscheinen von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert, sodass es keinen breiten Vertrieb fand. Erst im Jahr 2011 wurde Theatre Europe wieder vom Index genommen.
Die für Mittel- und Osteuropa vielfach proklamierte „Rückkehr der Städte“ (Karl Schlögel) nach 1989 ist nicht nur ein Ergebnis wiedergewonnener kommunal- und verwaltungspolitischer Kompetenzen, sondern lässt sich auch als Folge einer weitgefächerten Aneignung und Reorganisation des Stadtraumes interpretieren. So besitzt der ostdeutsche Umbruch- und Transformationsprozess eine eigene räumlich-physische Dimension. Diese entfaltet jenseits von nationaler Grenzöffnung oder Neubestimmung territorialer Verwaltungseinheiten insbesondere in der Regional- und Lokalgeschichte als Handlungs- und Diskursgegenstand eine substantielle politische wie lebensweltliche Wirkmächtigkeit. Der Wandel umfasste, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, verschiedene Formen, Varianten und Stadien und korrespondierte mit der „eigentümlichen Prozessstruktur“ von Gesellschaftstransformationen und ihren kleineren politisch-gesellschaftlichen Transformationszyklen.
The debates about what to do with collections from colonial contexts, and how to deal with them, have developed pace and unexpected momentum in the last three years. This is especially true for artifacts from the African continent, whether they are in museums or collections in Europe, North America, or elsewhere outside the continent. But the same is true under different circumstances, and we do not want to pass over this, for colonial collections and museums in Africa. Let's take a closer look at both in light of recent debates.
The discussions about whether, to whom and when under which circumstances a return, or rather indeed: an unequivocal restitution is appropriate or not, have recently experienced differentiations. This applies already to the preconditions of most restitutions, namely the opening and making accessible of the inventories. While some think that in principle everything should be put online, another opinion maintains that whenever possible, the creators or original holders should have their say beforehand, especially in the case of 'sensitive' objects such as those containing human remains, of a sacred nature, or photographs of contexts of violence. This has also brought other issues into focus – questions about the various forms of rights of disposal, about the forms and functions of museums in Africa, and in Europe and elsewhere.
Die Stasi führt ein intensives Nachleben, zumindest auf der Leinwand. Im Kino erfreut sich der ostdeutsche Geheimdienst schon seit vielen Jahren einer anhaltend großen Beliebtheit, vor allem in Filmen über die DDR-Vergangenheit, in denen Stasi-Figuren meist den repressiven Charakter der SED-Diktatur symbolisieren. Doch die Zeiten, in denen Stasioffiziere als simple Bösewichte mit grauen Anzügen und schlechtsitzenden Frisuren in Erscheinung traten, scheinen vorbei zu sein. Die Ambivalenz der Figuren hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, auch positiv besetze Heldenfiguren sind keine Seltenheit mehr. Das Spektrum der Filme reicht dabei von authentischen Annäherungen an widersprüchliche IM-Biografien („Gundermann“, 2018, Regie: Andreas Dresen) über radikal stilisierte Dramen („Nahschuss“, 2021, Regie: Franziska Stünkel) bis hin zu grotesk überzeichneten Satiren („Stasikomödie“, 2022, Regie: Leander Haußmann).
Während die DDR-Geschichte bislang meist im Genre der Komödie oder des Familiendramas erzählt wurde, zeigt sich in neuen filmischen Inszenierungen eine Offenheit für andere Formen. Dabei rückt wieder die Staatssicherheit in den Mittelpunkt. Mit „Kleo“ zeigt Netflix aktuell eine Serie über eine Profikillerin im Dienst des MfS, die mit Anspielungen auf die Popkultur der 1980er und 1990er Jahre gespickt ist. „Kleo“ knüpft dabei an die erfolgreichen Erzählmuster der Serie „Deutschland 83/86/89“ (2015-2020) an, die eine Agenten-Story mit einem ironischen Blick auf das MfS verknüpfte. Doch während die Geschichte von „Deutschland 83/86/89“ noch vor einem realen historischen Hintergrund angesiedelt war, geht „Kleo“ ein ganzes Stück weiter: Die Serienmacher nutzen die DDR-Vergangenheit nur noch als Aufhänger für eine blutig inszenierte und trashig überspitzte Rachegeschichte im Stil amerikanischer B-Movies. Das wirft die Frage auf, was einen an sich eher biederen Geheimdienst wie das MfS anschlussfähig für das Genre-Kino und die zeitgenössische Popkultur macht.
Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl erschütterte im Mai 2019 die Welt ein zweites Mal. Die Miniserie Chernobyl[1] rief den Reaktorunfall, der sich am 26. April 1986 nahe der ukrainischen Stadt Prypjat ereignete, ins Gedächtnis und fesselte bei Sky und HBO ein Rekordpublikum an die Bildschirme. Im Westen erntete die britisch-amerikanische Produktion reichlich Lob und Preise – in Russland dagegen stieß die Serie auf teils harte Kritik. Politiker*innen und Medien bezeichneten sie als US-Propaganda, forderten ein Verbot und warfen den Filmemacher*innen vor, den sowjetischen Machtapparat zu diffamieren. Am Beispiel der US-britischen Serie Chernobyl und des russischen Kinofilms Tschernobyl 1986 zeigt der Beitrag, wie an den ehemaligen Fronten des Kalten Krieges um die „richtige“ Geschichtsdeutung gekämpft wird.
UNRRA (1943-1947) was an international organization that coordinated relief for victims of the Second World War in areas liberated from Axis control. Existing historical scholarship has put an unbalanced emphasis on global post-war reconstruction: European experiences have attracted much attention whereas scholars pay little attention to non-Western cases, with a few exceptions such as Japan. For long, not only in Western media, but also in Chinese historical scholarship, China has been either regarded as a passive recipient of international humanitarianism, or has simply been overlooked. But looking at UNRRA in China provides us with an opportunity to investigate how non-Western actors and motivations could shape a transnational humanitarian project, in a way different from European cases.
Sprache formt die Wirklichkeit, in der wir leben. Diese Annahme bedeutet im Umkehrschluss, dass wir durch eine bewusste Nutzung von Sprache diese Wirklichkeit mitgestalten können. Dies ist ein grundlegender Gedanken vieler sozialer Bewegungen, so auch von trans* Bewegungen weltweit. Gerade für Personengruppen, die sehr lange abwertenden, stigmatisierenden und verletzenden Fremdbezeichnungen ausgesetzt waren oder es noch immer sind, spielt die selbstbestimmte Bezeichnung von Identitäten eine große Rolle. Gleichzeitig sind Selbstbezeichnungen komplex, vielfältig und ständig im Wandel, sodass der Versuch einer Beschreibung und Einordnung von Begrifflichkeiten immer eine lokal und zeitlich begrenzte Momentaufnahme bleiben muss. Dies gilt auch für den folgenden Versuch eines kurzen Überblicks über Begriffe, die seit dem letzten Jahrhundert für trans* Personen im deutschsprachigen Raum wichtig waren oder sind.
Nationalistische und rassistische Organisationen haben in der Bundesrepublik Tradition. Das gleiche gilt für den gesellschaftlichen Umgang mit ihnen. (Neo)nazistische Organisationen und die gesellschaftlichen Reaktionen darauf können folglich auch aus einer historischen Perspektive betrachtet werden. Das müssen sie sogar, nimmt man das heute so selbstverständlich scheinende „Nie wieder!“ der „wehrhaften Demokratie“ beim Wort. Denn was sollte sich eigentlich nicht mehr wiederholen: der Zweite Weltkrieg, die antisemitische Vernichtungspolitik oder die Abschaffung der Weimarer Demokratie durch die NSDAP?
Befreit man den Imperativ des „Nie wieders“ von den geschichtspolitischen Mythen, die ihn seit jeher umranken, ist ein nüchterner Blick auf die Konjunkturen gesellschaftlicher (Nicht-)Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus gewonnen. Dieser Blick bringt nicht nur mehr historische Klarheit, sondern stellt auch die Instrumente der „wehrhaften Demokratie“ auf den Prüfstand: Wer überprüft wen auf ‚Verfassungstreue’ und mit welchen Mitteln? Zum historischen Blick gehört also auch eine politikwissenschaftliche Perspektive. Denn der Schutz der bundesrepublikanischen Demokratie hängt davon ab, was oder wer als Ursache für das Scheitern der Weimarer Demokratie ausgemacht wird.
Die Umbrüche nach 1989 eröffneten für die niederschlesische Stadt Breslau neue Wege, mit seinem „fremden Erbe“ umzugehen. Nach über 40 Jahren politisch erzwungenen kollektiven Vergessens war das Tabu der multiethnischen und insbesondere deutschen Vergangenheit der Stadt gebrochen. Diese Stadt ist nämlich Teil des Gebietes, welches von einer massiven Zwangsmigration betroffen war. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als entsprechend den Bestimmungen der Potsdamer Konferenz 1945 die Grenzen europäischer Nationalstaaten neu gezogen wurden, folgte die „Umsiedlung“ von zwölf Millionen Menschen. Weite Teile multiethnischer Grenzgebiete, die für Zentral- und Osteuropa vor dem Zweiten Weltkrieg typisch waren, sollten von da an unter dem kommunistischen Diktat, zu monoethnischen Staaten werden. Die kulturelle Vielfalt in diesem von Hannah Arendt als „belt of mixed populations“ bezeichneten Territorium war 1989 nahezu vollständig homogenisiert worden.
Ivan Mládek entwickelte Anfang der 1990er-Jahre im postsozialistischen Tschechien das Wirtschaftsspiel Soudruhu, nezlob se! (Genosse ärgere Dich nicht). Der 1942 in Prag geborene Sänger und Komiker Mládek erfuhr Unterdrückung und Einschränkungen im Privatleben von Seiten des tschechischen Regimes. Das von ihm entwickelte Brettspiel, das vom Titel her an den Spieleklassiker Mensch ärgere Dich nicht angelehnt ist, thematisiert die totalitäre Vergangenheit des tschechoslowakischen Staatssozialismus auf besondere Art. Einzelne Ereignisse und Missstände in der Tschechoslowakei werden hier durch eine auf die Spitze getriebene Polemik – begleitet von schwarzem Humor – im Spiel nacherlebt. Nach ausdrücklicher Empfehlung des Herstellers ist das Spiel insbesondere für jene geeignet, die sich rückblickend mit der Erfahrung von Unterdrückung und Ausgrenzung auseinandersetzen möchten. Somit sollen schwer lastende, gar traumatische Erinnerungen durch Humor an Leichtigkeit gewinnen und Möglichkeiten eröffnen, die Vergangenheit auf eine weniger schmerzhafte Weise nachzuerleben oder sogar aufzuarbeiten.
Die Vorwürfe gegen den Kameruner und in Südafrika lebenden Historiker Achille Mbembe, er sei Antisemit, „Israel-Hasser“ und habe zudem den Holocaust relativiert, lösten eine kontroverse und verbissene Diskussion aus, die in Feuilletons, sozialen Medien, aber auch auf politischer Ebene insbesondere Mitte letzten Jahres heftig ausgetragen wurde. In diesem Zusammenhang gerieten auch die diversen heterogenen, unter dem Signet „postkoloniale Theorie“ firmierenden Ansätze unter Beschuss, für die Mbembe als wichtigster afrikanischer Repräsentant steht, obgleich er sich mehrfach von ihnen distanziert hat. So beklagte er etwa in seinem Buch „On the Postcolony“ (2000) die Gegenstandsferne postkolonialer Perspektiven auf Afrika, die komplexe Phänomene wie Staat und Macht auf Diskurse und Repräsentationsmodelle reduzieren würden.
Ol’ga Šparaga hat die belarusischen Untersuchungsgefängnisse von innen gesehen. Sie erzählt vom Schmutz und von der Kälte, von den Verhören – und von der Angst der Wärter. Um einem drohenden Strafverfahren wegen angeblicher Organisation von Massenunruhen zu entgehen, ist sie nach Litauen geflohen, wo sie Bildungsbeauftragte des Koordinationsrats der belarussischen Gesellschaft wurde. Trotz der massiven Repressionswelle, mit der das Regime die Gesellschaft überzieht, bleibt sie optimistisch: An dem Versuch, die Zeit anzuhalten, ist bisher noch jeder gescheitert.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Caroline Arni bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Kim Christian Priemel bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.