Docupedia-Zeitgeschichte
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Je nach Perspektive wird die „Geschichte der Medizin“ als Teildisziplin der Geschichte oder die „Geschichte in der Medizin“ als Prozess der Selbstreflexion und Selbstvergewisserung in der Medizin betrachtet. Nach einer chronologischen Einordnung der Zeitgeschichte der Medizin folgt ein kurzer Abriss zur Geschichte des Fachs sowie zu seinem Wandel und den damit verbundenen Kontroversen. Anschließend stellen die Autor*innen Themen, Methoden und theoretische Zugriffe sowie Akteur*innen vor und fragen nach dem aktuellen Verhältnis von Medizingeschichte und Medizinethik.
Das Lebensthema des Religionsphilosophen, Kulturhistorikers und Politikers Ernst Troeltsch (1865-1923) war die „moderne Welt“. In den großen Neuordnungsdiskursen nach 1918 spielte er eine wichtige Rolle in den westeuropäischen, aber auch in den osteuropäischen Kulturtransfers. Gangolf Hübinger und Johannes Bent stellen sein spätes Hauptwerk „Der Historismus und seine Probleme“ vor und betonen die intellektuelle Bedeutung von Troeltsch sowohl für die Demokratiediskurse der ersten deutschen Republik als auch für die Frage nach der Orientierungskraft von „Geschichte“ für die moderne Gesellschaft, insbesondere für die „Europadiskurse“ des 20. Jahrhunderts.
Die Erforschung der Transformation Ostdeutschlands seit 1989/90. Ansätze, Voraussetzungen, Wandel
(2022)
In seinem Beitrag skizziert Marcus Böick gesellschaftswissenschaftliche und insbesondere zeithistorische Forschungen zu Ostdeutschland nach 1990. Er unterscheidet dabei vier Phasen der Transformationsforschung: eine ältere „DDR-Forschung“; die Konjunktur einer stark sozial-, politik- und wirtschaftswissenschaftlich dominierten Forschung in den frühen 1990er-Jahren; kultur- und literaturwissenschaftliche Zugriffe „von unten“; und schließlich die Grundzüge der jüngsten, etwa ab Mitte der 2010er-Jahre einsetzenden und zunehmend auch zeithistorisch geprägten Transformationsforschung. Abschließend werden übergreifende (Zukunfts-)Perspektiven angedeutet, die das Forschungsfeld ein Stück weit aus den innerdeutsch-introspektiven Selbstbeschäftigungen herausführen könnten.
Eliten
(2022)
Neu in einer aktualisierten Version 2.0: Dem Begriff der „Elite“ wohnt eine begriffliche Unschärfe inne, der Morten Reitmayer in seinem Artikel auf den Grund geht. Beginnend bei frühen Elite-Theorien, die die Unterscheidung von Elite und Nicht-Elite als wichtigste gesellschaftliche Trennlinie betrachteten, wendet er sich zentralen Termini zu und grenzt Funktions- und Machteliten voneinander ab. Zentral für Reitmayer sind auch die fruchtbaren kritischen Ansätze von Bourdieu, die für ihn eine potenzielle Bereicherung der Erträge der Eliten-Forschung bereithalten.
Bewegungsorientierte Themen liegen im Trend. Der Beitrag stellt Mobilitätsgeschichte als heterogenen Querschnittsbereich vor. Dieser erfasst mehrere Forschungsfelder wie die Verkehrs-, Umwelt-, Migrations-, Tourismus- und Globalgeschichte. Im Beitrag werden theoretisch-methodische Überlegungen aus den interdisziplinären Mobility Studies rekapituliert und Schlaglichter auf aktuelle Forschungsthemen, Potenziale und Grenzen der Mobilitätsgeschichte geworfen.
Anthropozän
(2022)
Seit der Jahrtausendwende wird das „Anthropozän“ in den Natur- und Geisteswissenschaften sowie in Medien und Kunst breit und kontrovers diskutiert. Ariane Tanner erläutert die Begriffsgeschichte und zeigt auf, wie das Konzept Anthropozän der Zeitgeschichte erlaubt, über Zeitlichkeit und Akteur*innen der Geschichte neu nachzudenken und ihre Forschungsfragen, Methoden und Narrative auszuweiten.
Zeitzeugin / Zeitzeuge
(2022)
Zeitzeug*innen sind nicht mehr wegzudenken aus der deutschen und internationalen Erinnerungskultur. Der Artikel von Steffi de Jong beschäftigt sich mit der Frage, wie die Zeitzeug*in zu einer derart populären Figur werden konnte. Der erste Teil behandelt den Begriff der Zeitzeug*in, im zweiten wird eine mögliche Genealogie von der Französischen Revolution bis ins digitale Zeitalter vorgeschlagen, und im dritten Teil geht es um die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Zeitzeug*in als Quelle, als Untersuchungsgegenstand und als Geschichtsvermittler*in, um schließlich in einem Ausblick nach der zukünftigen Rolle von Zeitzeugenschaft zu fragen.
Gewerkschaftsgeschichte
(2021)
Gewerkschaften sind bis heute als Selbstorganisationen und Interessenvertretungen der Arbeiterschaft ein wichtiger Teil des wirtschaftlichen und sozialen Lebens. Sie waren vor allem im 19. und 20. Jahrhundert bedeutende historische Akteure der Vorgeschichte der Gegenwart. Knud Andresen bietet in seinem Artikel einen Überblick zur Entwicklung der Gewerkschaften mit Schwerpunkt auf Deutschland, besonders der Bundesrepublik ab 1945, aber auch mit Seitenblicken auf die Gewerkschaftsgeschichte der DDR, und der internationalen Verbünde. Verschiedene sozialwissenschaftliche und historiografische Deutungen werden dargestellt und damit das Forschungsfeld skizziert. Auch nach systematischen Potenzialen der zeitgeschichtlichen Gewerkschaftsgeschichte wird gefragt.
Orientalismus
(2021)
Westliche Repräsentationen des „Orients“ gehören zu den zentralen Gegenständen geistes- und kulturwissenschaftlicher Forschung der letzten Jahrzehnte, was insbesondere auf Edward Saids kontrovers diskutierte Studie „Orientalism“ zurückzuführen ist. Felix Wiedemann widmet sich in seinem Docupedia-Beitrag der Said’schen Orientalismus-Theorie, ihrer Rezeption, Kritik und Weiterführung. Im zweiten Teil des Beitrags werden exemplarische Problemfelder der neueren Orientalismusforschung – der deutsche Orientalismus, die Rolle der Altertumswissenschaften, der jüdische Orientalismus, der Zusammenhang von Orientalismus, Rassismus und Antisemitismus – skizziert.
Keine andere Periode der russischen Geschichte zog derartig grundlegende Veränderungen in Europa und der Welt nach sich wie die Zeit der Perestroika in den Jahren 1985-1991. Trotz der Bedeutung der Reformjahre unter Führung des letzten Generalsekretärs der KPdSU Michail Gorbatschows steht die historische Erforschung dieser Periode in vielen Bereichen noch am Anfang. Corinna Kuhr-Korolev fasst das bestehende Wissen zusammen und plädiert für unterschiedliche historische Zugriffe und Blickweisen, um die Vielschichtigkeit der dynamischen Prozesse in dieser Periode auf der Grundlage bisher noch kaum erschlossener Quellenbestände besser zu verstehen.