21. Jahrhundert
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Die Umbrüche nach 1989 eröffneten für die niederschlesische Stadt Breslau neue Wege, mit seinem „fremden Erbe“ umzugehen. Nach über 40 Jahren politisch erzwungenen kollektiven Vergessens war das Tabu der multiethnischen und insbesondere deutschen Vergangenheit der Stadt gebrochen. Diese Stadt ist nämlich Teil des Gebietes, welches von einer massiven Zwangsmigration betroffen war. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als entsprechend den Bestimmungen der Potsdamer Konferenz 1945 die Grenzen europäischer Nationalstaaten neu gezogen wurden, folgte die „Umsiedlung“ von zwölf Millionen Menschen. Weite Teile multiethnischer Grenzgebiete, die für Zentral- und Osteuropa vor dem Zweiten Weltkrieg typisch waren, sollten von da an unter dem kommunistischen Diktat, zu monoethnischen Staaten werden. Die kulturelle Vielfalt in diesem von Hannah Arendt als „belt of mixed populations“ bezeichneten Territorium war 1989 nahezu vollständig homogenisiert worden.
Der Tonfall war alarmistisch. »Der Staat«, so proklamierte der sozialdemokratische Politiker Erhard Eppler, »der von seinen Bürgerinnen und Bürgern erwartet, daß sie sich ihre Sicherheit am Markt kaufen, wohl wissend, daß nur wenige dies können« verdiene »seinen Namen nicht« mehr. Es schien Eppler die »verdammte Pflicht und Schuldigkeit des Staates« zu sein, das »Grundbedürfnis aller Menschen, nicht dauernd in Angst zu leben« zu erfüllen; man müsse daher zwingend darauf bestehen, »daß die Polizei in [einem] Arbeiterwohnviertel genauso patroulliert [sic] wie im vornehmeren, daß ein Einbrecher hier genauso viel riskiert wie dort, daß es keine Viertel« gebe, »wo die Polizei sich allenfalls bei Tage, und dann nur in Rudeln, blicken läßt und andere, wo sie zugunsten privater Dienste abgedankt« habe. Im Jahr 2002 veröffentlichte der Parteilinke seine Streitschrift »Vom Gewaltmonopol zum Gewaltmarkt?«, in der er gegen eine zunehmende Erosion staatlicher Kernkompetenzen anschrieb, die gegenwärtig vor allem aus ökonomischen Motiven grundsätzlich zur Disposition gestellt würden. Insbesondere »Privatisierung und Kommerzialisierung« bzw. eine rasch voranschreitende »Ökonomisierung« erschienen Eppler als existenzielle Bedrohungen des modernen Staates und seines fundamentalen Daseinszweckes, der Sicherheitsgewährung für seine Bürger durch das staatliche Gewaltmonopol. Durch die »Kommerzialisierung der inneren Sicherheit« werde diese zu einer »Ware am Markt« oder gar einem »Luxusgut«.
Die Redaktion lud Doktorandinnen des Zentrums für Zeithistorische Forschung (Potsdam) dazu ein, über ihre Erfahrungen im Wissenschaftsbetrieb zu sprechen. Anna Junge, Anna Katharina Laschke, Caroline Peters, Florentine Schmidtmann und Henrike Voigtländer erklärten sich dazu bereit und verabredeten sich zu einem Gespräch. Ihre Diskussion fassten sie für Zeitgeschichte|online zusammen.
FUTURA ist ein Qualifikationsangebot für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte in Hochschulen und Forschungseinrichtungen aller Wissenschaftsbereiche.
Das in Modulen aufgebaute Angebot vermittelt genderkompetentes Handeln im Beruf und wurde von der Zentralen Frauenbeauftragten der FU in Zusammenarbeit mit dem Weiterbildungszentrum der Freien Universität konzipiert und durchgeführt. Der erste Durchgang des Kurses fand von 2004 bis 2006 statt. Bis heute wird das Angebot vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Koordinatorinnen fortlaufend evaluiert und modifiziert.
Ziel des Programms ist es, dem in der Verfassung verankerten Recht auf Chancengleichheit im Wissenschaftsbereich mit den Mitteln der Professionalisierung der Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten zur Durchsetzung zu verhelfen. Dabei stattet das Weiterbildungsangebot die Amtsträger*innen (auch über das Amt hinaus) mit den notwendigen Kompetenzen für eine erfolgreiche Gleichstellungsarbeit aus. Die Arbeit von Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten und Gleichstellungsakteur*innen wird somit als qualifizierte und qualifizierende Tätigkeit anerkannt. Zu den Inhalten dieses Professionalisierungsangebotes gehören neben den theoretischen Grundlagen von Gender, Diversität und Intersektionalität der rechtliche Rahmen, in dem sich Gleichstellungsarbeit bewegt, der Umgang mit sexualisierter Gewalt, gendergerechte Bewerbungs- und Berufungsverfahren u.v.m.
Unsere Gesprächspartnerin Josephine Bürgel ist Stellvertreterin der zentralen Frauenbeauftragten der FU und (gemeinsam mit Wendy Stollberg) Ansprechpartnerin und Koordinatorin des FUTURA-Programms.
Lutz Niethammer ist einer der bedeutendsten Zeithistoriker Deutschlands. Bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2005 war er Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Im Jahr 1971 wurde er zum Thema Praxis der Entnazifizierung in der US-amerikanischen Besatzungszone promoviert, hatte anschließend Professuren an der Universität Essen und der FernUniversität Hagen inne. Bekannt ist Niethammer als Doyen der Oral History in der Bundesrepublik. Kontroversen löste seine Studie über „die roten Kapos“ aus.
Sein erstes Buch ist allerdings in Vergessenheit geraten, zu Unrecht. In der Studie Angepaßter Faschismus (1969) befasste sich der damals noch unbekannte Lutz Niethammer mit der erst 1964 gegründeten Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Seine Erkenntnisse über das Wesen des „organisierten Nationalismus“ scheinen heute wieder aktuell. Yves Müller und Dominik Rigoll sprachen mit Lutz Niethammer über das vor 50 Jahren erschienene Buch und über gegenwärtige Gefahren für die Demokratie.
Die Erforschung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, die bislang vor allem im Rahmen der Politikwissenschaft und der Soziologie erfolgt ist, bedarf dringend der Ergänzung durch zeithistorische Forschungsperspektiven, Fragestellungen und Methoden. In diesem Zusammenhang schlage ich einen akteursorientierten Forschungsansatz vor. Im Mittelpunkt stehen hierbei diejenigen Äußerungsformen des Komplexes „Rechtsextremismus“, in denen einzelne Personen sowie – vor allem – Parteien, Organisationen, Verbände, Vereine, Bewegungen, Netzwerke, Medien und Verlage, Freundeskreise, Klein- und Kleinstgruppen Aktivitäten entfalten. Außerdem werden die soziopolitischen Milieus in den Blick genommen, welche die Lebenswelt der sogenannten Akteur*innen und Gruppen konstituieren. Rechtsextreme Personengruppen und Organisationen handeln historisch zwar nicht im luftleeren Raum, aber sehr wohl als eigenständige Subjekte mit spezifischen Strategien, Interessen und pfadabhängig entstandenen Handlungsmustern.
Wann ein Mensch als Flüchtling gilt, hängt maßgeblich von der juristischen Einordung des Aufnahmestaates ab. Wird vom Aufnahmestaat anerkannt, dass es sich um eine erzwungene Flucht handelt, beispielsweise durch Krieg oder Verfolgung, besitzt der Geflüchtete Anspruch auf Asyl. Wird dagegen festgestellt, dass ein mehr oder weniger freiwilliger Migrationsgrund vorliegt, besitzt der Staat das Recht auf Abweisung. Diese Unterscheidung ist höchst problematisch, da die Aufnahmestaaten politisch entscheiden, welcher Rechtsstatus an welche Person vergeben wird (Benhabib 2009; Krause 2016).
Eine Woche, bevor der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2019 an den brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado verliehen wurde, lud das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI) zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion ein, um Salgados fotografische Praxis zu diskutieren. Das Podium besetzten die Organisator*innen und Moderator*innen Matthias Gründig, Folkwang Universität Essen, und Dr. Anja Schürmann, KWI Essen, sowie als eingeladene Diskutierende Prof. Elisabeth Neudörfl, Folkwang Universität Essen, Prof. Dr. Elke Grittmann, Hochschule Magdeburg-Stendal, und ich, Dr. Evelyn Runge, CAIS Center for Advanced Internet Studies Bochum.
Historiker und Historikerinnen, zumal jene der jüngeren deutschen Geschichte, beschäftigen sich am liebsten mit Recht, wenn es nicht weh tut. Der Boom der Menschenrechtshistoriographie steht dieser Diagnose ebensowenig entgegen wie die Flut an Behördengeschichten der NS-Zeit. Beide Trends bestätigen vielmehr den Befund, versteckt sich hinter den Etiketten doch nicht selten eine klassische Politikhistorie, oft in der Gestalt einer Gesetzgebungsgeschichte, aufgelockert durch und verwoben mit ideen- und diskurshistorischen Elementen. Dies erlaubt es einerseits, sich von der etablierten, meist juristisch definierten Rechtsgeschichte abzusetzen, der vorgeworfen wird, zu einer sterilen Dogmengeschichte erstarrt zu sein. Andererseits hält man an tradierten Arbeitsteilungen fest: Die lästige, wiewohl notwendige Pflichtaufgabe, sich in die technischen Einzelheiten des Rechts zu vertiefen, darf aus der eigenen Zuständigkeit entlassen werden. Entsprechend begrenzt bleibt der wissenschaftliche Austausch: Rechtswissenschaftler/innen lesen historiographische Arbeiten als leichte Lektüre für den Hintergrund; Historiker/innen rezipieren die Studien ihrer juristischen Kolleg/innen als sprödes Fußnotenfutter. Dass der fächerübergreifende Kontakt zuletzt vor allem durch regierungsseitig initiierte Projekte über die NS-Belastung einzelner Ministerien und Behörden vorangetrieben wurde, bestätigt diese Beobachtung eher, als dass sie widerlegt würde.