21. Jahrhundert
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Das westdeutsche Abschieberegime entstand im Kontext der Problematisierung von People of Color, die seit 1950 in die Bundesrepublik einreisten, um dort ein Studium oder eine Ausbildung aufzunehmen. Die junge Republik lud Menschen aus sich dekolonisierenden Ländern zunächst ein, um sich von der Rassenideologie des National- sozialismus zu distanzieren und sich gegenüber dem Sozialismus zu profilieren. Dabei bestand jedoch weiterhin die im Kern völkische Prämisse, dass People of Color nicht langfristig bleiben sollten. Die Herstellung ihrer Rückführbarkeit manifestierte sich in der Rechts-, Verwaltungs- und Betreuungspraxis lokaler Behörden und Wohlfahrtsverbände, wodurch diese Prämisse in das Ausländergesetz von 1965 einging. Das Gesetz machte insbesondere »außereuropäische« Migrant*innen abschiebbar, denen es pauschal kriminelle Täuschungsabsichten und extremistische Politisierung unterstellte. Es verrechtlichte zudem eine pseudomoralische Rückkehrpflicht von People of Color unter Verweis auf ihren Entwicklungsauftrag in den Herkunftsländern und auf tradierte Geschlechterrollen. Diese Normen waren in der Bundesrepublik permanent abrufbar und wurden sukzessive auf andere Migrant*innen angewandt.
Die ständige und schnelle Abrufbarkeit von Informationen ist einer der großen Vorteile des Internets. Doch im Zusammenhang mit Online-Veröffentlichungen entsteht dabei eine Divergenz zwischen dem technisch möglichen Zugang und der entsprechenden (Nach-)Nutzbarkeit von Inhalten einerseits sowie den rechtlichen Zugangsbeschränkungen zum Schutz von geistigem Eigentum andererseits. So begegnet Nutzer:innen beim Surfen schnell der Satzfetzen „Alle Rechte vorbehalten“, der darauf hinweist, dass das publizierte Werk, sei es ein Text, ein Bild, ein Video oder auch ein Musikstück, eben nicht frei nachnutzbar ist. Die Nutzungsrechte liegen bei den Urheber:innen.
Extravagante Danksagungen in literarischen und wissenschaftlichen Büchern werden regelmäßig in den Massenmedien und auf Social Media zur Unterhaltung verbreitet und debattiert. Auch am Beispiel von in Danksagungen nicht erwähnten Mitarbeiter:innen und Ghostwritern werden verschiedene Auslegungen guter wissenschaftlicher Praxis und redlichen Schreibens diskutiert. Für Danksagungen interessieren sich jedoch nicht nur die Massenmedien, sondern erst recht die Wissenschaftler:innen selbst. Zwar sind akademische Danksagungen von der geistes- und geschichtswissenschaftlichen Forschung bisher kaum systematisch untersucht worden. Gleichwohl stellen sie einen von Fachkolleg:innen aufmerksam rezipierten Paratext dar, der ebenfalls der Unterhaltung dienen kann, durch den sie sich aber auch ein Bild vom jeweiligen Autor bzw. von der Autorin verschaffen. Anhand von Danksagungen wird überprüft, in welchen fachlichen Schulen sich die Autor:innen verorten, für welche Unterstützung sie sich bei wem bedanken, welche privaten Ansichten und Angelegenheiten sie preisgeben und inwiefern sie fachliche Konventionen einhalten. Umgekehrt ist dieser prüfende Blick der Kolleg:innen den Verfasser:innen von Danksagungen bekannt. Über die Geste hinaus bieten Danksagungen den Autor:innen daher die Möglichkeit, sich den Kolleg:innen als Wissenschaftler:in und (Privat-)Person zu präsentieren.
Der Band, mit dem Titel „Evelyn Richter“, um den es in diesem Text gehen soll, ist kein Katalog, selbst wenn er im Impressum so bezeichnet wird. Vielmehr ist er ein Glücksfall für alle Bücherliebhaber:innen. Für Visual Historians wird dieser exzellente Band ein Standardwerk zur Fotografie-Geschichte der DDR werden. Und für all jene, die sich für das Leben der großen Fotografin Evelyn Richter in der DDR interessieren, ist es ein Pageturner und eben keines der oft üblichen Coffee Table Books mit der Bezeichnung Katalog, die sich hochglänzend und schwer eher zum Pressen von Pflanzen eignen, als dass sie einen Mehrwert jenseits der Finissage der jeweiligen Ausstellung hätten.
Herausgegeben wurde das Buch „Evelyn Richter“ von der Historikerin und Kuratorin Linda Conze und der Kunstwissenschaftlerin Jeannette Stoschek, im Auftrag des Evelyn Richter & Ursula Arnold Archivs der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und dem Museum der bildenden Künste Leipzig. Es erschien im Verlag Spector Books (Leipzig).
Nach kurzer Recherche wird deutlich, dass die Konflikte zwischen Aserbaidschan und Armenien bereits nach der Oktoberrevolution im Jahr 1917 ausbrachen. Kurz vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion indes eskalierte der Konflikt (1988), als beide Länder noch Teilrepubliken der SU waren. Damals forderte die mehrheitlich armenische Bevölkerung Karabachs den Anschluss des völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörenden Gebietes. Darauf reagierte Aserbaidschan mit Pogromen in Sumgait und Baku, gefolgt von der Vertreibung der Armenier*innen aus Aserbaidschan. Karabach-Armenien gewann diesen Krieg. Die in Bergkarabach lebenden Aserbaidschaner*innen flohen oder wurden vertrieben. Im Jahr 2020 eroberte Aserbaidschan die Gebiete zurück und besetzte Teile Bergkarabachs. Der Krieg sollte 44 Tage andauern und wurde am 9. November 2020 durch einen gemeinsamen Vertrag beider Länder beendet. Die Waffenruhe wird durch Russland überwacht. Der im September 2022 wieder aufgeflammte Krieg/Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien taucht in den Institutionen, die sich mit der jährlichen Registrierung der Konflikte und Kriege beschäftigen (AKUF, BpB), derzeit nicht auf. Überhaupt sind die Kenntnisse über die Geschichte und Gegenwart dieser Region selbst unter Historiker*innen sehr gering.
Historische Erzählungen und Kunstwerke von und über LSBTIQ*s sind in deutschen Museen immer noch unterrepräsentiert. Sind sie doch vorhanden, ist die Darstellung oft einseitig. Wahrlich queere Zugänge zu Ausstellungen und musealen Sammlungen sind noch rarer gesät. Wo das Problem liegt und wie geglückte Versuche aussehen können, davon erzählt dieser Essay.
Die »Wende« als Form der Kolonisierung? Zur Genese und Aktualität eines populären Deutungsschemas
(2023)
Bei der Lektüre des 2023 erschienenen Bestsellers »Der Osten: eine westdeutsche Erfindung« von Dirk Oschmann sowie beim Nachvollzug der bisweilen heftigen Diskussionen, die dieses Buch ausgelöst hat, bekommt man unweigerlich das Gefühl, einer Orientalismus-Debatte 2.0 beizuwohnen. Zur Erinnerung: Edward Saids 1978 publiziertes Buch »Orientalism«, in dem ausgehend von primär wissenschaftlicher Wissensproduktion die koloniale Zurichtung und Erfindung des Orients beschrieben und kritisiert wird, gilt gemeinhin als einer der Gründungstexte postkolonialer Kritik. Tatsächlich lesen sich die Ausführungen des Leipziger Literaturwissenschaftlers Oschmann stellenweise so, als ob Ostdeutschland und die Ostdeutschen einem westdeutschen Zugriff quasi hilflos ausgeliefert wären. Gerade diese Zuspitzung wurde von einigen Kommentator*innen kritisiert, ähnlich wie bei der Orientalismus-Debatte im Anschluss an Said. Überhaupt fällt auf, dass Oschmann, wenngleich er sich nicht systematisch mit postkolonialer Theorie auseinandersetzt, so etwas wie eine postkoloniale Rhetorik in Anschlag bringt. Zum Beispiel heißt es an einer Stelle, »dass die Art und Weise, was und wie über ›den Osten‹ öffentlich geredet, geschrieben und gesendet wird, in Form von konstant negativen Identitätszuschreibungen und Essentialisierungen, komplett vom ›Westen‹ beherrscht und durchherrscht ist«. Zudem fällt auf, dass zwar auch der Kolonisierungsbegriff nicht systematisch zum Einsatz kommt, gleichwohl aber der Kolonialismus als historische Referenz erwähnt wird: »Dem Osten […] ›Demokratiefeindlichkeit‹ vorzuwerfen, ist nicht nur zynisch, sondern folgt obendrein einem seit Jahrhunderten eingeführten Herrschafts- und Diskursmuster, mit dem der westliche Kolonialismus verschiedener Couleur seine Hegemonie zu begründen sucht.« Ostdeutschland also als westdeutsche Kolonie? Und postkoloniale Kritik als Analyse-Tool für postsozialistische Dynamiken?
1981, kurz nach der Amtseinführung von Ronald Reagan als Präsident: Elizabeth und Philip Jennings sind eine Musterfamilie der weißen Mittelschicht in der Vereinigten Staaten. Mit ihrer 13-jährigen Tochter Paige und dem drei Jahre jüngeren Sohn Henry leben sie in einer Suburbia-Siedlung in Washington D.C. und betreiben in der Stadt ein Reisebüro. Als im Haus gegenüber die Beemans einziehen, eine Familie im gleichen Alter, tun sie das, was man dort in solchen Fällen tut: Sie erscheinen mit selbstgebackenen Brownies zum Antrittsbesuch. Doch die Idylle trügt: Elizabeth (Keri Russell) und Philip (Mathew Rhyes) sind sogenannte „Illegale“, vor vielen Jahren eingeschleuste und mit einer falschen Identität ausgestatte Agenten des sowjetischen Auslandsgeheimdienstes KGB. Familie und Beruf sind Teil ihrer perfekten Tarnung. Und die neuen Nachbarn sind für sie ein gewaltiges Problem, denn Stan Beeman (Noah Emmerich) arbeitet für die Spionageabwehr des Federal Bureau of Investigation (FBI), Abteilung Sowjetunion.
After a brief conceptual history of "energy," Rüdiger Graf shows how energy history emerged as a transdisciplinary scholarly project and outlines its main themes, questions, and narratives. He introduces the various energy histories and analyzes how they address energy production, the economic and political dimensions of energy, and the social and cultural history of energy consumption. He concludes by asking whether energy history is a subfield of historiography or whether it can rightly be considered an indispensable historiographical category that must be considered in any historiographical study.
Kämpfe um Rückführungen prägen das europäische Grenzregime des 21. Jahrhunderts. Wie wir mit dem Konzept der Rückführbarkeit (Returnability) herausarbeiten, kommen dabei »sanfte« Instrumente der sogenannten Rückkehrförderung ebenso zum Einsatz wie gewaltsame Abschiebungen. Diese werden von migrantischen Widerständen herausgefordert. Zentrale Auseinandersetzungen in diesem Rückführungsregime analysieren wir im Zentrum der Europäischen Union und an ihren Rändern: Für Deutschland betrachten wir am Beispiel der bayerischen »Anker-Zentren« die Mikrophysik der Macht in Sammelunterkünften, Rückkehrberatung und Abschiebevollzug. Für Tunesien zeigen wir, wie staatliche Instrumente der Inhaftierung und Abschiebung durch internationale Programme und informelle Praktiken zur Unterstützung »freiwilliger Rückkehr« ergänzt werden. Unsere sozialwissenschaftliche Untersuchung stützt sich auf teilnehmende Beobachtungen, Interviews und schriftliche Quellen. Zeithistorisch bezieht sie die administrativen, diskursiven und politischen Voraussetzungen des heutigen Grenzregimes ebenso mit ein wie die migrantischen Handlungsspielräume und Widerstandspraktiken.
»Es gibt ein Menschenrecht auf Bleiberecht!«, verkündete Sevim Dağdelen, damals Bundestagsabgeordnete für Die Linke, im März 2006. Dabei bezog sie sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall »Sisojeva u.a. gegen Lettland« vom Juni 2005. Es ging dabei um das Ehepaar Svetlana Sisojeva und Arkady Sisojev, die zur Zeit der Sowjetunion Ende der 1960er-Jahre nach Lettland gekommen waren und dort auch eine Tochter bekommen hatten. Ihr Aufenthaltsstatus blieb nach der Unabhängigkeit des baltischen Staates 1991 ungeklärt, da Lettland die Annexion des schon in der Zwischenkriegszeit unabhängigen Landes durch die Sowjetunion 1940 bzw. 1944 nicht anerkannte und die zur Sowjetzeit ins Land gekommenen Personen daher als Ausländer bzw. Staatenlose betrachtete, die gegebenenfalls das Land zu verlassen hätten. Aus einer Binnenmigration wurde somit quasi rückwirkend eine internationale Migration. In ihrer Beschwerde beim EGMR machte die Familie geltend, dass der lettische Staat durch seine Weigerung, ihren Aufenthaltsstatus zu regeln, ihr Menschenrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, EMRK) verletze. Der EGMR schloss sich mehrheitlich dieser Auffassung an, woraus die Bundestagsabgeordnete Dağdelen folgerte: »Es gibt – unter bestimmten Bedingungen – ein Menschenrecht auf Bleiberecht, das der ausländerrechtlichen Allmacht der Nationalstaaten Grenzen setzt. Dieses Recht steht auch nicht im ›humanitären Ermessen‹ der Behörden. Es gilt absolut!«
Jenseits der Binaritäten von zwei Geschlechtern, zwei Gendern und zwei möglichen Strukturen des Begehrens versteht dieser Beitrag Queerness als ein Netz, in dem alle Aspekte des Begehrens und der Sexualität, einschließlich der Hegemonie der Heteronormativität, miteinander in Beziehung stehen und fließend ineinander verwoben sind. Ich verwende ‚Queer‘ hier als ein analytisches Konzept, um auf nicht-heteronormative Strukturen des Begehrens und der Sexualität zu verweisen, ohne mich auf die Kategorien der Vergangenheit festzulegen. Mit anderen Worten: Ich versuche, der Fluidität, die queere Theorien betonen, treu zu bleiben. Queer wird hier nicht nur gedacht als ein Oberbegriff für alle Formen gleichgeschlechtlichen Begehrens und geschlechtlicher Nonkonformität. Vielmehr verwende ich queer um Identitätszwängen zu entrinnen, und so in den Archiven auch Stimmen zu finden, die sich nicht unter den je zeitgenössischen Begriffen subsumieren lassen.
Cemal Kemal Altun nahm sich am 30. August 1983 durch einen Sprung aus dem sechsten Stock des Berliner Verwaltungsgerichts das Leben. Damit wollte er seiner Abschiebung in die Türkei und der dort drohenden Folter entgehen. Dreizehn Monate Auslieferungshaft und ein zermürbendes Rechtsverfahren machten den »Fall Altun« zum Symbol der Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit bundesdeutscher Ausweisungspraxis. Der Hohe Kommissar für Flüchtlingsfragen der Vereinten Nationen ermahnte die deutschen Behörden, ihre inhumane Behandlung von Migrant*innen zu beenden. Der Europarat protestierte, und die Europäische Kommission für Menschenrechte in Straßburg wurde hinzugezogen. In der Bundesrepublik traten Aktivist*innen in Hungerstreik, und etwa 10.000 Menschen setzten ein Zeichen, als sie Altuns Leichenzug durch West-Berlin in einen Protestmarsch verwandelten. Anti-Abschiebe-Proteste nahmen zu und institutionalisierten sich Mitte der 1980er-Jahre in Form von Kirchenasyl, Flüchtlingsräten, Pro Asyl, Fluchtburg-Bewegung, migrantischer Selbstorganisation und antirassistischen Initiativen.
Der chilenische Architekt Miguel Lawner (geboren 1928) ist ein engagierter und leidenschaftlicher Vertreter der vom „Bauhaus“ inspirierten Ideen der Sozialen Architektur. Seit den 1950er Jahren setzt er sich für das Recht auf Wohnraum und würdiges Wohnen ein und beteiligt sich an sozialen Bewegungen.
Im Dezember 2020 gab der schwedische Möbelhersteller IKEA bekannt, die weltweite Distribution seines gedruckten Warenkatalogs nach 70 Jahren einzustellen. Im deutschsprachigen Feuilleton wurde diese Nachricht zum Ereignis: »Auch das noch: Den IKEA-Katalog gibt’s nur noch digital«, stellte Jens Jessen in der »ZEIT« leicht ironisch fest. Angesichts der Unsicherheiten, die von der globalen Covid-19-Pandemie ausgingen, schien im nun umso wichtiger gewordenen Bereich des Wohnens eine weitere Konstante des Alltagslebens wegzubrechen. Der ausbleibende Katalog veranlasste einige Kommentator*innen zu sehr persönlichen Formen der Anteilnahme und Abschiedsbekundung. Mitunter ließen diese, nostalgisch gefärbt, das eigene Erwachsenwerden Revue passieren – schließlich waren die IKEA-Kataloge in den Industriestaaten weltweit ein Teil davon. So erscheint der Möbelkatalog als Medium zum Träumen, als warenästhetischer Coming-of-Age-Roman, der Jugendliche im Akt des Durchblätterns von Erwachsenenleben und Unabhängigkeit fantasieren lässt; als Schwelle in eine selbstständige, bessere Zukunft: »Du warst das Fenster, das reale Einrichtungshaus die Tür.« Das IKEA-Du, das in den Katalogen und Einrichtungshäusern propagiert wird – die Bundesrepublik hat es dankend umarmt und vielfach verflucht.
Queuing as a quintessential experience of Soviet everyday life: hardly any other motif has shaped our images of the late Soviet Union as much as the long lines of people persevering in front of shops and grocery stores. Besides hopes of purchasing essential and rare goods, the social aspect of this practice was also important, as exemplified by Vladimir Sorokin’s 1983 novel “The Queue” surrealistically exploring interactions of people queuing for an unknown commodity, or Olga Grushin’s 2010 book “The Line”, which unfolds a Soviet family’s everyday longings, hopes and obsessions based on rumours about a concert by a famous exiled composer, and a street kiosk that may or may not have tickets on sale.
Sprache formt die Wirklichkeit, in der wir leben. Diese Annahme bedeutet im Umkehrschluss, dass wir durch eine bewusste Nutzung von Sprache diese Wirklichkeit mitgestalten können. Dies ist ein grundlegender Gedanken vieler sozialer Bewegungen, so auch von trans* Bewegungen weltweit. Gerade für Personengruppen, die sehr lange abwertenden, stigmatisierenden und verletzenden Fremdbezeichnungen ausgesetzt waren oder es noch immer sind, spielt die selbstbestimmte Bezeichnung von Identitäten eine große Rolle. Gleichzeitig sind Selbstbezeichnungen komplex, vielfältig und ständig im Wandel, sodass der Versuch einer Beschreibung und Einordnung von Begrifflichkeiten immer eine lokal und zeitlich begrenzte Momentaufnahme bleiben muss. Dies gilt auch für den folgenden Versuch eines kurzen Überblicks über Begriffe, die seit dem letzten Jahrhundert für trans* Personen im deutschsprachigen Raum wichtig waren oder sind.
Die erstmalige persönliche Teilnahme des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an der diesjährigen UN-Vollversammlung 2023 in New York und an einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats haben die Abwesenheit des von ihm angesprochenen Gegenübers, des russischen Präsidenten Wladimir Putin, sichtbar gemacht – eine Leerstelle, die aufgrund der Forderung des russischen UN-Botschafters, dem ukrainischen Präsidenten das vorgesehene Eröffnungsstatement der Sicherheitsratssitzung im letzten Moment zu entziehen, noch deutlicher wurde. Nach der Annexion der Krim hatte sich Putin 2015 noch mit einer Rede an die 70. UN-Generalversammlung gewandt, in der er unter anderem auch den Krieg der Separatisten im Donbas gegen die Ukraine zu rechtfertigen suchte. Den Wettbewerb um die globale Medienöffentlichkeit, deren Aufmerksamkeit Wladimir Putin mit dem Besuch des wieder ernannten chinesischen Außenministers Wang Yi im Kreml am selben Tag zu gewinnen versuchte, hat der ukrainische Präsident aktuell wohl für sich entscheiden können.