1900-1945
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Eine aufschlussreiche Debatte um die Frage nach der Beeinträchtigung der deutschen Sprache durch die NS-Zeit fand 1963 in Walter Höllerers zwei Jahre zuvor gegründeter Zeitschrift »Sprache im technischen Zeitalter« statt. Hier wurden drei Beiträge aus dem englischsprachigen Ausland dokumentiert, von denen George Steiners Essay »Das hohle Wunder« besonders heftige Antworten provozierte. Unser Aufsatz rekapituliert Steiners sprachkritische Intervention im Rahmen des damaligen literarischen Resonanzraums und untersucht zunächst Auffälligkeiten der unautorisierten ersten Übersetzung von Steiners Text. Im Zentrum steht dann die Kritik der um Repliken gebetenen Autorinnen und Autoren, unter denen mit Hilde Spiel, Marcel Reich-Ranicki, François Bondy und Hans Weigel mehrere jüdische Persönlichkeiten waren. Wir diskutieren, warum diese dem Befund Steiners widersprachen und ihr Vertrauen in die deutsche Sprache bekundeten. Der Aufsatz schließt mit Wolfgang Hildesheimer, dessen Blick auf das Deutsche als Tätersprache durch seine Arbeit als Übersetzer bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen geprägt war.
In den ersten Wochen der Kanzlerschaft Hitlers begann der Dresdner Romanist Victor Klemperer in seinem Tagebuch öffentliche Sprachereignisse und eigene Spracherlebnisse festzuhalten, die anzeigen, wie schnell und konsequent sich die Nazifizierung der deutschen Gesellschaft vollzog. Radikal erfolgte die sprachliche »Annullierung einer Welt«, deren Grundbegriffe kurz zuvor noch Geltung gehabt hatten. Der aus seinem Amt verjagte Gelehrte hielt beinahe täglich Beobachtungen über die Art und Weise fest, wie die staatliche Propaganda den Alltag durchsetzte: In allen Schichten und Lebensbereichen sprachen die Menschen nun »nazistisch«, grüßten anders, unterhielten sich anders, schimpften anders – und schrieben auch eine andere Wissenschaftsprosa, wie Klemperer teils ungläubig, teils verzweifelt an den Veröffentlichungen in seinem Fach konstatieren musste. Seine Notizen zur »LTI« (»Lingua Tertii Imperii«, »Sprache des Dritten Reiches«) führte er bis Mai 1945 fort (und später auch darüber hinaus). In einem Eintrag vom April 1937 hielt Klemperer das methodologische Credo der von ihm geplanten Sprachstudie fest, wenn er mit Blick auf den öffentlich zelebrierten Bekenntnisrausch der NS-Paraden, der Parteifahnen, Lieder und Schlagworte, das lateinische Sprichwort über Wein und Wahrheit zum Motto seiner Sprachkritik abwandelte: »In lingua veritas«. Diese Sentenz bündelte die Überzeugung Klemperers, der seine Sprachbeobachtungen zeitgleich auch in einem Brief an seinen Schwager Martin Sußmann erläuterte, der sich mit seiner Familie ins schwedische Exil retten konnte: »Die Arbeit bekommt eine psychologische und eine damit zusammenhängende historische Seite. […] Es ist nämlich nur zum kleiner[e]n und oberflächlichen Teile wahr, dass die Sprache dem Menschen zum Verbergen seiner Gedanken gegeben ist, vielmehr: sie verrät ihn.«
Im Vergleich zu älteren Untersuchungen zur Pressefotografie im Nationalsozialismus herrscht aktuell aufgrund der fortgeschrittenen Digitalisierung eine vollkommen neue Ausgangslage vor. Gerade Österreicht sticht im internationalen Vergleich positiv hervor.
Umso mehr springt die Diskrepanz zwischen zunehmender digitaler Verfügbarkeit von publizierter Fotografie und dem Fehlen systematischer Studien zur NS-Pressebildkultur in Österreichs Illustrierten ins Auge. In unserem Forschungsprojekt „Visuelle Öffentlichkeit im Nationalsozialismus“, das von 2023-2027 am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien durchgeführt wird, wollen wir die digitale Verfügbarkeit historischer Zeitungsbestände gezielt methodisch nutzen. In Zusammenarbeit mit dem Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage der Österreichischen Akademie der Wissenschaften soll ein umfangreicher Bilderpool aus der österreichischen NS-Bildpresse als Untersuchungskorpus und Ausgangsbasis für quantitative und qualitative Analysen generiert werden. Während quantitative Erhebungen Aufschluss über die Bildakteur:innen der NS-Bildpresse und die visuelle Zusammensetzung der Illustrierten erlauben, soll in qualitativen Fallstudien mittels Bildanalysen und Bildvergleichen die Frage nach der propagandistischen Indienstnahme des Mediums Fotografie im Nationalsozialismus beantwortet werden.
Ich untersuche in diesem Aufsatz die für die Kampagne der NS-Propaganda zur Anwebung von Arbeitskräften in der Ukraine entwickelte Bildsprache der deutschen Besatzer während des Zweiten Weltkriegs in den besetzten Gebieten und stelle die Kampagne als konzertierte Aktion in Filmen und Plakaten vor. Mein Thema hat eine politische Dimension insofern, als die an der Herstellung der Filme und Plakate Beteiligten aus der einheimischen Bevölkerung als Kollaborateure galten und gelten. Die damaligen sowjetischen Sicherheitsdienste fahndeten nach dem Krieg nach ihnen und verurteilten Kollaborateure nach Überprüfung teilweise zu hohen Strafen.
Ziel meines Forschungsprojekts ist es, Kolonialfotografien von Menschen und Landschaften Kameruns, die zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs produziert wurden, zu untersuchen. Vor dem Hintergrund der aktuellen – nicht nur in Deutschland – geführten Debatten über das unzureichend aufgearbeitete „Erbe“ des Kolonialismus ist dieses Thema von hoher Aktualität. Die Vielfalt deutscher Kolonialbilder zu Kamerun ist Ausgangspunkt des Forschungsprojekts. Im Mittelpunkt steht die Untersuchung der Rolle kolonialer Bilder in der Vermittlung anthropologischen Wissens über Menschen fremder Herkunft im Kontext europäischer bzw. deutscher Kolonialherrschaft.
Ausweisungen können weitere politische Funktionen einnehmen, die über die staatliche Steuerung von Migration hinausgehen. Wie wir in diesem Aufsatz anhand zweier Sondertypen von Ausweisungen zeigen, können solche Maßnahmen gerade in Phasen staatlicher Konsolidierung und bei der Überlappung von Souveränitätsansprüchen als politisches right-peopling auftreten. In diesem Kontext untersuchen wir die Rolle von Ausweisungen während der kritischen Phase der deutschen Nationalstaatsbildung nach dem Ersten Weltkrieg. Für die 1920er-Jahre analysieren wir einerseits Ausweisungen von Deutschen aus anderen Landesteilen durch deutsche Landesbehörden (etwa von Württembergern aus Baden), andererseits Ausweisungen von Deutschen aus dem besetzten Rheinland durch die alliierten Besatzungsbehörden. Mit Bezug auf aktuelle Debatten um Illegalisierung und deportability von Migrant*innen betrachten wir Beispiele aus regional- und rechtshistorischen Quellen der Weimarer Republik. So zeigen wir, wie Ausweisungen sozialpolitische und ethnisch-exklusive Ziele hatten, aber auch zu einer Stärkung staatlicher Institutionen und zu einer nationalistischen Identifikation mit dem Deutschen Reich nach dem verlorenen Krieg führten.
Cemal Kemal Altun nahm sich am 30. August 1983 durch einen Sprung aus dem sechsten Stock des Berliner Verwaltungsgerichts das Leben. Damit wollte er seiner Abschiebung in die Türkei und der dort drohenden Folter entgehen. Dreizehn Monate Auslieferungshaft und ein zermürbendes Rechtsverfahren machten den »Fall Altun« zum Symbol der Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit bundesdeutscher Ausweisungspraxis. Der Hohe Kommissar für Flüchtlingsfragen der Vereinten Nationen ermahnte die deutschen Behörden, ihre inhumane Behandlung von Migrant*innen zu beenden. Der Europarat protestierte, und die Europäische Kommission für Menschenrechte in Straßburg wurde hinzugezogen. In der Bundesrepublik traten Aktivist*innen in Hungerstreik, und etwa 10.000 Menschen setzten ein Zeichen, als sie Altuns Leichenzug durch West-Berlin in einen Protestmarsch verwandelten. Anti-Abschiebe-Proteste nahmen zu und institutionalisierten sich Mitte der 1980er-Jahre in Form von Kirchenasyl, Flüchtlingsräten, Pro Asyl, Fluchtburg-Bewegung, migrantischer Selbstorganisation und antirassistischen Initiativen.
Im ersten Teil unseres multimedialen Interviews mit Annette Vowinckel, veröffentlicht im März 2023 auf Visual History, blickten Janaina Ferreira dos Santos und Iulia Sucutardean auf Urlauber auf einem Kreuzfahrtschiff in Richung Kuba, Diplomaten auf einer Tagung des Warschauer Pakts und Models auf einer Leipziger Modemesse. Nun wird eine Fotografie in den Blick genommen, auf der vier Männer zu sehen sind: Überlebende des Konzentrationslagers Buchenwald.
Over recent years, several private photos of the persecution of the Hungarian Jews have been made accessible to the public online. However, due to the lack of historical context and basic metadata, these photographs remain difficult to trace. This problem is particularly significant for international researchers without knowledge of Hungarian.
In 2020, I started examining ways to design and develop online exhibitions, and this short essay outlines the process and results: the online gallery “Forced Labour, Hungary 1940”. The aim of this project was to present and contextualise one small collection of family materials – two photo albums and a diary – to make them accessible for a broader, international public.
Jenseits der Binaritäten von zwei Geschlechtern, zwei Gendern und zwei möglichen Strukturen des Begehrens versteht dieser Beitrag Queerness als ein Netz, in dem alle Aspekte des Begehrens und der Sexualität, einschließlich der Hegemonie der Heteronormativität, miteinander in Beziehung stehen und fließend ineinander verwoben sind. Ich verwende ‚Queer‘ hier als ein analytisches Konzept, um auf nicht-heteronormative Strukturen des Begehrens und der Sexualität zu verweisen, ohne mich auf die Kategorien der Vergangenheit festzulegen. Mit anderen Worten: Ich versuche, der Fluidität, die queere Theorien betonen, treu zu bleiben. Queer wird hier nicht nur gedacht als ein Oberbegriff für alle Formen gleichgeschlechtlichen Begehrens und geschlechtlicher Nonkonformität. Vielmehr verwende ich queer um Identitätszwängen zu entrinnen, und so in den Archiven auch Stimmen zu finden, die sich nicht unter den je zeitgenössischen Begriffen subsumieren lassen.
Das Blatt mit den großen Namen seiner Bildberichterstatter und dem Ruf seines letzten Chefredakteurs in der Weimarer Republik Stefan Lorant gilt bis heute als Keimzelle des modernen Bildjournalismus. Angaben zur Zeitschrift und zu ihrer Redaktion sind oft unvollständig oder falsch, in der nationalen und internationalen bildjournalistischen Literatur lebt sie jedoch beständig fort. Der Fotojournalist Tim N. Gidal prägte ein bis heute mächtiges Narrativ: „Die Photoreportage hatte 1929 bei der Münchner den entscheidenden Schritt zu einem klar umrissenen Selbstverständnis getan. Dasselbe gilt für den Photojournalismus als Ganzes.“ Der moderne Bildjournalismus begann nicht dort, wo Gidal und Lorant den „Paukenschlag“ hörten. Es entwickelte sich in der Forschung ein realitätsnäheres prozessuales Verständnis zu dessen Professionalisierung, die sich auf viele Beiträge berufen kann. Auch gingen die Untersuchungen zeitlich und räumlich über nationale Fokussierungen hinaus. Geblieben ist der Ruf der „Münchner Illustrierte Presse“, obwohl die Zeitschrift – abgesehen von den subjektiven Werturteilen Gidals und Lorants – wenig untersucht worden ist. Wurde die Illustrierte im Jahr 1929 wirklich aus einem „statischen […] etwas provinziell […] in ihrer Aufmachung noch phantasielosen“ Dasein geführt? Und wie würde ein Vergleich mit der auflagenstärkeren „Berliner Illustrirte Zeitung“ ausfallen?
Am 10. Mai 1940 überfällt die deutsche Wehrmacht Frankreich, innerhalb weniger Tage sind die französischen Truppen besiegt und das Land besetzt. Was auf den sogenannten ‚Blitzkrieg‘ folgt, sind einschneidende Jahre in der Geschichte der Grande Nation: Zunächst die Teilung des Landes in zwei Zonen mit dem Norden und der Westküste unter deutscher Besatzung und der Herrschaft des Vichy-Regimes im Süden des Landes, die wirtschaftliche und politische collaboration zahlreicher französischer Firmen und Institutionen mit den Deutschen, aber auch die Entstehung verschiedenster Arten von Widerstand in der Résistance. Die Befreiung Frankreichs von der deutschen Besatzung beginnt 1944 mit der Offensive der Alliierten am ‚D-Day‘. Im Dezember desselben Jahres sind die deutschen Truppen schließlich aus ganz Frankreich zurückgedrängt.
Nicht ohne Grund werden die Jahre 1940 bis 1944 in Frankreich auch als années noires („schwarze Jahre“) bezeichnet: Der Rückblick auf dieses ‚dunkle Kapitel‘ der Geschichte ist bis heute von Emotionalität geprägt. Der Grund hierfür ist nicht zuletzt in der Vielschichtigkeit der französischen Reaktionen auf die deutsche Besatzung zu suchen. Wie lässt sich beispielweise erklären, dass Franzosen und Französinnen die Mehrheit ihrer jüdischen Mitbürger*innen während der Jahre 1940-44 versteckten und somit vor der Deportation bewahrten, während ein großer Teil der Bevölkerung zugleich die repressive Révolution nationale des Maréchal Pétain unterstützte? Besonders seit den 1970er Jahren wurden diese und weitere kontroverse Themen rund um die années noires in zahlreichen französischen Film- und Fernsehproduktionen verarbeitet. Zu nennen sind insbesondere die Dokumentation „Le chagrin et la pitié“ von Marcel Ophüls und der Spielfilm „Lacombe, Lucien“ (Drehbuch: Patrick Modiano). Auch Fernsehserien widmeten sich in den 1970er Jahren der Besatzungszeit, unter ihnen beispielsweise „Le 16 à Kerbriant“ oder „La ligne de démarcation“. Während jedoch die genannten Kinofilme nicht vor der Darstellung der ‚Graustufen‘ im Verhalten der Bevölkerung von Widerstand bis Kollaboration zurückschreckten, beschränkten sich die genannten Fernsehserien – wie auch zahlreiche Kinofilme – thematisch auf die Erzählung der Geschichte der Résistance. Vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung französischer Erinnerungskultur ist dies wenig verwunderlich: Wie in Deutschland prägte Verdrängung und nicht Aufarbeitung der ‚unbequemen‘ Kapitel der Geschichte die ersten Jahrzehnte nach dem Krieg. Filme wie „Lacombe, Lucien“ oder „Le chagrin et la pitié“, in denen die Kollaboration einiger Franzosen und Französinnen mit den deutschen Besatzern als ein selbstverständliches Momentum der französischen Geschichte der Jahre 1940–44 dargestellt wurde, stießen weitreichende Debatten an und prägten die Erinnerungskultur nachhaltig.
Für den staatlichen norwegischen Fernsehsender NRK produzierte der Regisseur Alexander Kristiansen die vierteilige Serie „Frontkjempere“ (dt. die Frontkämpfer). Diese sollte Antworten auf die Frage geben, warum sich unter der deutschen Besatzung tausende Norweger freiwillig für die Waffen-SS rekrutieren ließen. Kurz vor der Erstausstrahlung wurde im April 2021 eine Diskussion um die Darstellung der SS-Veteranen durch die Filmemacher entfacht, als der Historiker Terje Emberland sich öffentlich von seiner Mitarbeit an der TV-Produktion distanzierte. Emberland erklärte in einem deutlichen Statement auf Facebook, „Frontkjempere“ spreche die ehemaligen Waffen-SS-Mitglieder von ihrer Verantwortung frei und reproduziere geschichtsrevisionistische Thesen.
Am 19. April 2023 jährte sich der Beginn des jüdischen Aufstandes im Ghetto in Warschau zum 80. Mal. Es war die erste Erhebung einer unbewaffneten Stadtbevölkerung gegen die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs. Die deutschen Besatzer hatten das Ghetto (1940–1943) in Warschau für ein Drittel der Stadtbevölkerung am 2. Oktober 1940 mitten im Zentrum in unmittelbarer Nachbarschaft zur katholisch-polnischen Bevölkerung innerhalb eines Gebietes errichtet, das sie als „Seuchensperrgebiet“ bezeichneten. Zwischen dem 22. Juli 1942 und dem 21. September 1942 deportierten die Deutschen und ihre Helfer vom sog. Umschlagplatz in der Stawki-Straße ca. 300 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus dem Ghetto in das 100 km von Warschau entfernt und von Feldern umgebene NS-Vernichtungslager Treblinka II. Unter den in Treblinka Ermordeten waren auch deutsche Juden und Jüdinnen, die im März und April 1942 aus mehreren Städten des Deutschen Reiches nach Warschau deportiert worden waren.
Rezension: #LastSeen Bildatlas. Fotografische Überlieferung von Deportationen aus dem Reichsgebiet
(2023)
Als Online-Rechercheplattform zur Fotogeschichte der nationalsozialistischen Verfolgung präsentiert sich seit Mitte März 2023 das Projekt #LastSeen und setzt dabei eigene neue Maßstäbe. Auf der Landingpage der Webseite www.lastseen.org hat der:die Benutzer:in zunächst die Wahl zwischen dem Entdeckungsspiel und dem Bildatlas. Der vorliegende Text widmet sich ausschließlich dem Bildatlas sowie der historischen Einbettung und Präsentation der in ihm enthaltenen derzeit 406 Fotografien von Deportationen von Jüdinnen und Juden sowie von Sinti:zze und Rom:nja aus 32 Orten in den Jahren 1938 bis 1943
Welche besondere Sorgfalt bei der redaktionellen Verwendung von historischen Fotos nötig ist, konnte man zuletzt im Kontext des 90. Jahrestages des Reichstagsbrandes im Februar 2023 beobachten. In vielen Tageszeitungen, Dokumentationen oder Fernsehberichten wurde an das Ereignis erinnert, denn bis heute sind die Hintergründe der Brandstiftung umstritten. Wenn über ein solches historisches Ereignis und dessen Deutung berichtet wird, stellt sich in vielen Zeitungs- und Online-Redaktionen zwangsläufig die Frage nach der Bebilderung. Im Kontext des Reichstagsbrandes kommt es dabei häufig zu ungenauen oder falschen Darstellungen, da es nur sehr wenige Aufnahmen gibt, die tatsächlich am Abend des 27. Februars 1933 entstanden sind und den brennenden Reichstag zeigen. In den einschlägigen Bildagenturen werden darüber hinaus aber auch vermeintlich „echte“ Fotos vertrieben, die einer genauen Überprüfung bedürfen.
Symbolisch für die menschliche Hoffnung auf eine sichere Landung schaut der kleine Hund in den Himmel (Abb. 1). In der „Parachutes-Number“ vom März 1937 brachte „Life“ einen dreiteiligen Bildbeitrag über den Fallschirmsport. Neben Titelbild und -story von Margaret Bourke-White wurde Agenturmaterial für den beim damaligen Publikum so beliebten „Thrill“ verwendet. Mit dem Bild vom deutschen Dachshund hinterließ Kurt Korff einen Nachweis seiner Beratungsarbeit für das amerikanische Magazin.
This article builds on the writing of former asylum inmates in the United States to analyze life on asylum wards between 1890 and 1950. Although published accounts of inmates’ experiences in American asylums have their own limitations as primary sources, they are nevertheless very revealing not only of the day-to-day life of institution inmates, but also of the ways in which former asylum inmates made sense of their experiences. The article relies upon insights from Disability Studies and Mad Studies to analyze life on the wards, work and socialization, relations among inmates, clandestine communication channels, and the formation of informal support groups, such as ›suicide clubs‹ in institutions. ›Mad writers‹ were almost equally women and men. They were white, and often well educated. They used the social and economic advantages that many of them had to create a public space from which they could critique the United States’ burgeoning asylum system. These accounts also laid the groundwork for later twentieth-century mad people’s movements.
During the first five-year plan, the Soviet state turned to an unusual source to cope with the challenge of factory-induced deafness and disability: the deaf community. From 1930 to 1937, deaf activists, alongside specialist doctors, organised a yearly, three-day event known as Beregi slukh! (Take Care of Your Hearing!) to propagandise the prevention of deafness. During these years, more than 46,600 lectures were held in venues across the Soviet Union and 7,900,000 brochures, leaflets and posters printed. While the event reflected the Soviet belief that disability was a relic of the ›backward‹ past that would be eliminated as communism approached, the deaf activists involved in these events used them to make the alternative case for their own identity as a legitimate part of the Soviet body politic. By foregrounding their labour capacities and demonstrating aspects of deaf cultural practices (including sign language) to a hearing audience, Beregi slukh! became a powerful means to advocate for the centrality of the deaf community to Soviet visions of self and society.
Access Activism. The Politicization of Wheelchairs and Wheelchair Users in the Twentieth Century
(2022)
For millions of disabled people around the world the wheelchair has been one of the most important technological innovations of the twentieth century. From its inception as a relatively cumbersome, heavy machine, designed principally for indoor use, the wheelchair has evolved into a sophisticated and highly technical mode of transport. Wheelchairs are, at least in the Global North, relatively widely used and universally recognizable – so recognizable that they have become the cultural symbol to represent all disabled people. Wheelchairs are often viewed with trepidation: as machines that disable, confine, and deprive their occupant of independence – as medical devices that doctors prescribe only to the sick, the wounded or the elderly. Such definitions and perceptions infiltrate the public lives of wheelchair users, cause considerable macro and micro political difficulties, and consequently disable users in a myriad of different ways.