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1967 rückte der Palästinakonflikt in den Fokus der politischen Arbeit des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS), der diesen Konflikt im Zusammenhang mit den Befreiungsbewegungen der sogenannten Dritten Welt deutete. Politischen Zuspruch erhielt der SDS von palästinensischen wie auch israelischen Studentengruppen, die in Frankfurt am Main ihr Wirkungszentrum hatten. Diese sich als antizionistisch verstehenden Akteure fanden in dem ebenfalls in Frankfurt sitzenden Bundesverband Jüdischer Studenten in Deutschland (BJSD) einen Kontrahenten. Die Präsenz dieser zentralen Protagonisten transformierte das studentische Milieu im Frankfurter Westend zum bundesrepublikanischen Nukleus eines Deutungskampfes um die Geschehnisse im Nahen Osten. Eine sabotierte Veranstaltung mit dem israelischen Botschafter Asher Ben-Natan im Frankfurter Hörsaal VI am 9. Juni 1969 dient dem Aufsatz als Beispiel, um diesen Konflikt zu historisieren. Neben schriftlichen Quellen stützt sich der Beitrag auf Bildmaterial des Frankfurter Fotografen Kurt Weiner.
›1948‹ is a key concept in Israeli identity discourse. A signifier of the violent clashes that took place at the end of the British Mandate in Palestine (between the fall of 1947 and the spring of 1949), it encompasses both the foundation of a democratic Jewish nation-state and the destruction of numerous Palestinian communities during the Israeli ›War of Independence‹ and thereafter. The Nakba, the Palestinian catastrophe, could not be overlooked by Israel’s ›generation of 1948‹ and those that succeeded it: it was present in the deserted fields and houses now occupied by Israelis, in the names of the streams, hills and roads Israelis now visited during military drills or school field trips, and in the frequent encounters with Arab ›infiltrators‹ who sought to return to their abandoned homes and lands.1 The mass expulsion and the killings of Arab civilians by Jewish forces were regularly discussed and debated by Israeli politicians, intellectuals, journalists and artists in the ensuing decades.2 Yet with few exceptions, Israeli historians and politicians have seemingly effortlessly merged these atrocities with a commonly accepted ›narrative‹ by, for example, attributing them to rogue, marginal, right-wing militias; depicting cases of expulsion as sporadic and spontaneous events; or justifying them as ad hoc measures taken against the initiators of the violence during the war.
Als reale und symbolische Grenze zwischen Ost und West im Kalten Krieg hat die Berliner Mauer internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Sie ist historisch gut erforscht, und seit 2011 gibt es eine mehrfach prämierte Mauer-App, die Informationen über Bau und Verlauf der Mauer, über Fluchtversuche und das Grenzregime der DDR bietet. Die Jerusalemer Mauer – in weiten Teilen eher ein Stacheldrahtzaun –, erscheint dagegen als Marginalie: Sie markierte keine global bedeutsame Blockgrenze im Kalten Krieg, sondern »nur« die Grenze zwischen dem neuen jüdischen Staat und seinen arabischen Nachbarn. Ihre Lebensdauer war mit 19 Jahren auch kürzer als diejenige ihres Berliner Pendants. Seit die israelische Regierung 2002 mit dem Bau einer Mauer zwischen Jerusalem und dem palästinensisch verwalteten Westjordanland begann, ist diese erste Mauer weitgehend in Vergessenheit geraten.
In den Jahren vor dem Sechstagekrieg entwickelte sich in der Bundesrepublik Deutschland eine palästinensische Diaspora, die nach 1967 einen wichtigen Einfluss auf die Palästina-Solidaritätsbewegung im Land erhielt. Arabischsprachige Quellen wie zeitgenössische Presseartikel oder spätere autobiographische Reflexionen werfen dabei nicht nur ein Licht auf das Entstehen dieser Diaspora. Sie zeigen auch, wie die Verbindungen zwischen palästinensischen Gruppen und der radikalen Linken in der Bundesrepublik zu vielfältigen Transferprozessen führten. Seit den späten 1960er-Jahren zirkulierten Argumente, Parolen und Symbole zwischen Orten wie Beirut und Heidelberg, die sich bald in antizionistischen, zum Teil auch antisemitischen Publikationen und Protesten wiederfanden. Vor diesem Hintergrund plädiert der Aufsatz dafür, Archive im Nahen Osten stärker als bisher einzubeziehen, um die transnationalen und globalen Bezüge der deutschen Zeitgeschichte besser zu verstehen.
Geographisch und kulturell scheint der Nahe Osten von Deutschland weit entfernt zu sein. Historisch betrachtet ist dies ein Trugschluss, denn die dort virulenten Konflikte sind eng verflochten mit der europäischen Kolonialgeschichte, der Geschichte des Nationalsozialismus und der deutsch-deutschen Nachkriegsgeschichte. Im Alltag sind sowohl der Nahostkonflikt als auch Frieden im Kleinen heute in vielfältiger Weise präsent: Während sich in Deutschland antisemitische und antizionistische, aber auch antimuslimische Angriffe häufen, serviert das von einem jüdischen und einem arabischen Israeli gemeinsam betriebene Berliner Restaurant Kanaan im Prenzlauer Berg »Hummus zur Völkerverständigung«. Das von Daniel Barenboim und Edward Said 1999 in Weimar gegründete West-Eastern Divan Orchestra, paritätisch mit israelischen und arabischen Musiker*innen besetzt, existiert nunmehr seit 20 Jahren und hat einen seiner Arbeitsschwerpunkte in Berlin. Unter den Menschen wiederum, die seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien nach Deutschland kamen, sind nicht wenige Nachfahren von Palästinenser*innen, die im Kontext der israelischen Staatsgründung aus dem ehemaligen britischen Mandatsgebiet flüchteten oder vertrieben wurden.
Denkmäler haben wieder Konjunktur – nicht nur in der Kontroverse um Erinnerungs- und Ehrungszeichen im öffentlichen Raum, die einen kolonialgeschichtlichen oder rassistischen Hintergrund besitzen. In der letzten Zeit wurde zwar heftig darüber gestritten, ob derartige Denkmäler, die im Konflikt oder sogar Widerspruch zum heutigen Wertekonsens stehen, erhalten bleiben, kommentiert oder ergänzt werden, ins Museum wandern oder besser ganz verschwinden sollten. Neben der Debatte über die Entrümpelung der deutschen Denkmallandschaft werden aber auch Vorschläge für eine Neumöblierung des öffentlichen Gedenkraumes gemacht. Alternative oder zusätzliche Denkmäler werden ins Gespräch gebracht, initiiert und auch errichtet, die dem gesellschaftlichen Selbstverständnis der Gegenwart besser entsprechen, es genauer zum Ausdruck bringen und gleichzeitig mitprägen sollen. Dazu gehören nicht zuletzt Denkmäler, die an Migration und Zuwanderung erinnern.
Seit den frühen 1970er-Jahren entstanden in vielen westeuropäischen Ländern »Dritte-Welt-Läden«. Sie waren bis in die späten 1980er-Jahre die wichtigste Verkaufsform des »Alternativen Handels«. Der Aufsatz interpretiert diese Läden als konsumkritische Konsumorte, in denen zeitgenössische Utopien eines gerechten, postkolonialen Welthandels symbolisch realisiert werden sollten. Der Aufsatz ordnet den »Alternativen Handel« zunächst in die ideengeschichtlichen Kontexte der 1960er- und 1970er-Jahre ein; anschließend wird die konkrete Verkaufspraxis, Inszenierung und Gestaltung der Läden analysiert. Mit Hilfe von Beispielen aus der Bundesrepublik Deutschland und aus Großbritannien werden zudem die Unterschiede in der Verwirklichung des Handelsmodells herausgearbeitet. Der »Alternative Handel« steht für ein neues Verhältnis von Konsum, Moral und politischem Protest in der Zeit »nach dem Boom«. Allerdings führt von den »Dritte-Welt-Läden« der 1970er- und 1980er-Jahre keine gerade Linie zu den heutigen Milliardenumsätzen mit »Fairtrade«-Produkten. Diese Marktexpansion ist eher eine Geschichte der Diskontinuität.
»Du sollst Solidarität mit den um nationale Befreiung kämpfenden und den ihre nationale Unabhängigkeit verteidigenden Völkern üben.« So lautet das letzte der 1958 von Walter Ulbricht verkündeten »Zehn Gebote der sozialistischen Moral und Ethik« (auch: »Zehn Gebote für den neuen sozialistischen Menschen«), die von 1963 bis 1976 Teil des SED-Parteiprogramms waren.1 Die sozialistische Variante der christlichen Zehn Gebote findet sich häufig auf der ersten Seite von »Brigadetagebüchern«, die Beschäftigtenkollektive in der DDR und in anderen staatssozialistischen Ländern verfassten. Über die Grenzen der DDR hinaus stellten auch »Freundschaftsbrigaden« der Freien Deutschen Jugend (FDJ) solche Brigadetagebücher zusammen, um ihre Aufenthalte in Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas zu dokumentieren. Diese Quellen geben einen wertvollen Einblick in die sozialistische Globalisierung und deren Alltagspraktiken.
Solidarität und Alltag der DDR aus der Sicht exilierter Mitglieder des African National Congress
(2023)
Eine »Völkerwanderung«? Die Flucht aus Rumänien und die Flüchtlingspolitik in Österreich um 1990
(2023)
Als sich 1989 der »Eiserne Vorhang« in Europa öffnete, waren im »Westen« die Ängste vor einem ungeregelten Zuzug aus dem sich auflösenden »Ostblock« groß. Dass die Einreise von rumänischen Staatsbürger:innen Anfang der 1990er-Jahre tatsächlich zunahm, wurde als Beleg für die Befürchtungen gesehen. Die Frage nach dem Umgang mit Flüchtlingen aus Rumänien prägte die Auseinandersetzung über Flucht und Migration in Europa jedoch bereits seit Mitte der 1980er-Jahre – auch innerhalb des sozialistischen »Blocks«. Wegen der prekären Wirtschaftslage und der repressiven Politik des Ceaușescu-Regimes versuchten immer mehr Menschen Rumänien zu verlassen. Ihre erste Station war meist Ungarn, das als Reaktion auf die Fluchtbewegung 1989 der Genfer Flüchtlingskonvention beitrat und die Arbeit des UNHCR im eigenen Land zuließ, wovon im Sommer 1989 auch Bürger:innen aus der DDR profitierten, die über Ungarn und Österreich in die Bundesrepublik gelangen wollten. Die internationale Hilfe knüpfte an die Erwartung an, dass durch eine bessere Versorgung in Ungarn der Migrationsdruck auf den »Westen« reduziert werden könne. Diese Hoffnung teilte auch Österreich, wo fremdenfeindliche Stimmungen gegenüber Rumän:innen die Asyl- und Flüchtlingspolitik für die kommenden Jahrzehnte prägten.