Menschenrechte
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Sprache formt die Wirklichkeit, in der wir leben. Diese Annahme bedeutet im Umkehrschluss, dass wir durch eine bewusste Nutzung von Sprache diese Wirklichkeit mitgestalten können. Dies ist ein grundlegender Gedanken vieler sozialer Bewegungen, so auch von trans* Bewegungen weltweit. Gerade für Personengruppen, die sehr lange abwertenden, stigmatisierenden und verletzenden Fremdbezeichnungen ausgesetzt waren oder es noch immer sind, spielt die selbstbestimmte Bezeichnung von Identitäten eine große Rolle. Gleichzeitig sind Selbstbezeichnungen komplex, vielfältig und ständig im Wandel, sodass der Versuch einer Beschreibung und Einordnung von Begrifflichkeiten immer eine lokal und zeitlich begrenzte Momentaufnahme bleiben muss. Dies gilt auch für den folgenden Versuch eines kurzen Überblicks über Begriffe, die seit dem letzten Jahrhundert für trans* Personen im deutschsprachigen Raum wichtig waren oder sind.
Politische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Krisen haben im beginnenden 21. Jahrhundert mehr denn je einen globalen Zuschnitt. Wenn die Weltwirtschaft ins Wanken gerät, wenn die internationale Staatengemeinschaft Maßnahmen gegen Hungerkatastrophen zu ergreifen versucht, wenn ein nuklearer Unfall (wie zuletzt im Frühjahr 2011 in Japan) weltweite Auswirkungen zeitigt oder wenn vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag die Verantwortlichen für die Massaker während des Jugoslawienkonflikts zur Rechenschaft gezogen werden – stets rückt die zwischenstaatliche, internationale Verständigung auf die Agenda. Auch die zeithistorische Forschung geht im frühen 21. Jahrhundert in wachsendem Maße über den Nationalstaat hinaus. Viele Arbeiten wählen einen europäischen Rahmen, erste Studien integrieren globalhistorische Bezüge. Eine gesteigerte Aufmerksamkeit kommt außerdem der lange Zeit von vielen nur wenig beachteten internationalen Sphäre zu. Der im Zeitalter der Extreme oft vergessene Internationalismus der Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg erlebt nun in der Historiographie ein breites Comeback.
Tom Scott-Smith is Associate Professor of Refugee Studies and Forced Migration, Fellow of St. Cross College Oxford, and Course Director for the MSc in Refugee and Forced Migration Studies. Previously, he worked as a development practitioner concerned with the education sector in the Middle East and Sub-Saharan Africa. The following interview discusses arguments and questions arising from his newest book (2020), historical and currents trends of hunger relief, important players, institutions and gender relations in the humanitarian sector – and more. It was conducted by Heike Wieters (Historical European Studies, Humboldt-Universität zu Berlin) and Tatjana Tönsmeyer (Contemporary History, Bergische Universität Wuppertal) in a back-and-forth conversation via E-Mail.
In der Anti-Apartheid-Bewegung spielte Musik als politisches Medium eine herausragende Rolle, besonders in den 1980er-Jahren. Auf der Basis von Quellenmaterial aus England und aus Südafrika untersucht der Aufsatz die Kontroverse um Paul Simons Album »Graceland« (1986) vor dem Hintergrund des Kulturboykotts. Dieser sollte das Apartheid-Regime auf dem Gebiet der Kultur isolieren, wurde aber seit Mitte der 1980er-Jahre von der Opposition innerhalb Südafrikas immer mehr als Fessel betrachtet. Der African National Congress (ANC) betrieb eine Modifikation des Boykotts – gegen den Widerstand der britischen Anti-Apartheid-Bewegung. Die Kontroverse um »Graceland« steigerte noch die Verwirrung: Es gab unterschiedliche Meinungen zu der Frage, ob Simon durch seine Zusammenarbeit mit südafrikanischen Musikern den Kulturboykott gebrochen habe und wie dies eventuell zu sanktionieren sei. Der Versuch, in Zeiten gesteigerter Medialisierung grenzüberschreitende kulturelle Ströme durch politische Instanzen kontrollieren zu wollen, war letztlich zum Scheitern verurteilt.
Music played an important role as a political medium for the anti-apartheid movement, particularly in the 1980s. Drawing on sources from the UK and South Africa, the article investigates the controversy surrounding Paul Simon’s album Graceland (1986) against the backdrop of the cultural boycott against South Africa. The aim of the boycott was to isolate the apartheid regime in the field of culture, but from the middle of the 1980s, the opposition within South Africa increasingly regarded it as an obstacle. The African National Congress (ANC) pursued a modification of the boycott against the resistance of the British Anti-Apartheid Movement (AAM). The controversy over Graceland only served to compound the confusion: opinions differed as to whether Simon had really breached the cultural boycott by collaborating with South African musicians, and on how this could potentially be sanctioned (in either sense of the word). The incident shows that the attempt to control transnational cultural currents through political institutions in times of increased mediatisation was ultimately doomed to failure.
As one of the most viewed films on apartheid South Africa, Sir Richard Attenborough’s Oscar-nominated Cry Freedom helped push the atrocities of the apartheid system to the forefront of public attention. The screenplay was based on South African journalist Donald Woods’ autobiographical books Biko (1978) and Asking for Trouble (1981), which detail Woods’ relationship with Biko and the court trial following Biko’s death in police custody.
In this article I examine the context for the British bank Barclays’ decision to disinvest from South Africa in 1986, with special attention to the impact of the Anti-Apartheid Movement’s campaign against the bank. The 18-year long campaign against Barclays – the largest bank in South Africa at the time and the fourth largest foreign-owned corporation – points to significant developments within the fields of corporate social responsibility and the potential influence of social movements on multinational corporations. Applying the theoretical approach of subpolitics as developed by Ulrich Beck in combination with the later subdivision by Boris Holzer and Mads P. Sørensen into a passive and an active form, it is possible to analyse the decisions of both anti-apartheid activists and Barclays on similar terms. The conclusions drawn in this article emphasise the idea that economic decisions taken by multinational corporations may have unintended political consequences and, furthermore, that the awareness of this phenomenon has contributed to the development of corporate social responsibility. Finally, I suggest that the campaign against Barclays generated public attentiveness towards the social responsibility of businesses.
Als im Laufe der 1980er-Jahre überall in Südamerika Militärdiktaturen von demokratischen Regierungen abgelöst wurden, schürte das Erwartungen, endlich Genaueres über die unmittelbar zurückliegende Zeit der Repression zu erfahren. Vor allem während der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre waren die Regime mit großer Brutalität gegen die eigene Zivilbevölkerung vorgegangen. Schon damals hatten Menschenrechtsorganisationen Aufklärung gefordert; nun fragten sie mit neuer Vehemenz nach: Wo waren die Kommilitonen, Arbeitskollegen, Verwandten oder gar die eigenen Kinder geblieben, die am helllichten Tag in Autos gezerrt oder klammheimlich aus der Wohnung geholt worden waren? Wie viele Menschenleben hatten die staatlichen Repressionsmaßnahmen gefordert? Wer hatte sich an ihnen beteiligt? Im Kampf um Akten, die Aufschluss hätten geben können, standen sich nach wie vor die alten Lager gegenüber: auf der einen Seite die konservativen Eliten, die bereits unter den Militärdiktaturen gedient hatten und die in vielen Fällen ihre politische Laufbahn in den sich neu formierenden Parteien des rechten Spektrums fortsetzen konnten. Sie wollten die zurückliegende Epoche als berechtigten Kampf gegen die kommunistische Gefahr gedeutet sehen. An einer Freigabe von Akten aus der Zeit der Repression, die dieser Deutung zuwiderliefen, hatten sie kein Interesse. Auf der anderen Seite befanden sich ehemalige Dissidenten, Opferverbände, Menschenrechtsorganisationen und Publizisten. Sie suchten nach Beweisen, die die These von der Notwendigkeit der Repression widerlegten und mit deren Hilfe sich Forderungen nach Wiedergutmachungszahlungen und strafrechtlicher Ahndung der Verbrechen untermauern ließen.
Warum Südafrika? Die Politik des britischen Anti-Apartheid-Aktivismus in den langen 1970er Jahren
(2017)
Die weltweite Anti-Apartheid-Bewegung war »die erste erfolgreiche transnationale soziale Bewegung in der Ära der Globalisierung«. So sieht es Francis Nesbitt, der argumentiert: »Das Ungewöhnliche an ihr war das Ausmaß der Unterstützung, die sie von Einzelpersonen, Regierungen und Organisationen auf allen Kontinenten erfuhr. Soziale Bewegungen erreichen selten auch nur annähernd eine solche internationale Unterstützung wie die gegen das rassistische Apartheidregime in Südafrika.« Nesbitts Urteil steht stellvertretend für die Sicht anderer Historiker, die jüngst begonnen haben, sich mit dem Anti-Apartheid-Aktivismus zu befassen. Sie alle betonen das große Maß an Zuspruch, das dieser erfahren habe. Bislang haben sie es jedoch kaum unternommen, zu untersuchen und zu erklären, wie sich diese Unterstützung im Lauf der Zeit veränderte, oder der Frage nachzugehen, warum sich bestimmte Einzelpersonen und Organisationen in der Bewegung gegen das südafrikanische Apartheidregime engagierten.