Internationale Beziehungen
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Staudammbauten in Afghanistan, Ahmed Ben Bella und wie er die Welt sah, die Fotos hungernder Kinder in Nigeria und Bangladesch, amerikanische Agrarwissenschaftler, die in Manila Reissorten züchten, Chinas Werben um Afrika, eine UN-Erklärung, niemals umgesetzt, über die Errichtung einer »Neuen Weltwirtschaftsordnung« – wer hätte vor 20 Jahren vorausgesagt, dass diesen Episoden einmal symptomatische Bedeutung zugemessen würde, wenn es um das Verständnis der internationalen Politik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geht. Wie stark sich das geschichtswissenschaftliche Bild des Zeitraums gewandelt hat, lässt sich tatsächlich, noch vor allen interpretatorischen Einordnungen und methodischen Konzeptualisierungen, besonders eindrücklich an der Fülle neuen Wissens ablesen, das historische Studien in den letzten gut 15 Jahren hervorgebracht haben. Weltregionen, über die man wenig wusste, Akteure, die eher im Hintergrund operierten, politische Projekte, die nebensächlich erschienen, Konflikte, die als sekundär galten, sind inzwischen eingehend erforscht.
Die Volksrepublik China, die Mongolei, Nordkorea und Japan – vier von insgesamt vierzehn direkten Nachbarn Russlands sind ostasiatische Staaten. Im Allgemeinen wird Russland als geografisches, politisches und kulturelles Bindeglied zwischen Asien und Europa verstanden. Allerdings wird Russland in Ostasien und „in Japan nicht primär als europäische, sondern als asiatische Macht wahrgenommen.“ Aus Japans Sicht führt die asiatische Großmacht Russland unter Missachtung territorialer Grenzen einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit Auswirkungen auf Japans politische Agenda.
In den 1990er-Jahren ist das Interesse am Ersten Weltkrieg nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch seitens populärer Geschichtsdarstellungen enorm gestiegen – ein Trend, der bis in die jüngste Vergangenheit angehalten hat. So erlebte das Jahr 2014 eine Vielzahl von Publikationen, Diskussionen, Ausstellungen und Fernsehsendungen zum Thema. Dabei fällt es auch Fachleuten schwer, angesichts des historischen Groß- und Medienereignisses die Übersicht zu behalten. Um diesem mannigfaltigen medialen Angebot ein wissenschaftlich fundiertes Überblicksportal an die Seite zu stellen, wurde im Oktober 2014 die Website »1914-1918-online. International Encyclopedia of the First World War« freigeschaltet, die seither stetig erweitert wird. Um es vorwegzunehmen: Sie besticht durch eine Fülle an erhellenden und thematisch neuen Artikeln zum Ersten Weltkrieg. Mit einer dezidiert globalen Perspektive und verschiedenen Zugriffen (inhaltlich, zeitlich, regional) bietet sie nicht nur gezielte Rechercheoptionen, sondern lädt bewusst zum Stöbern und Lesen ein. Dabei weist das Portal eine sinnvolle und nachvollziehbare Systematik auf.
Philadelphia, Detroit, The Bronx oder Saint Germain des Prés: Manchen urbanen Topographien hat sich die Musikgeschichte so sehr eingeschrieben, dass ihre Ortsnamen wie unverwechselbare Marken synonym für spezifische Sounds oder Pop-Stile stehen. Dies lässt sich auch in Deutschland finden. Seit kurzem wird hier die untergegangene »Halbstadt« West-Berlin mit Macht neu entdeckt. Zahlreiche Romane, Memoiren, Bildbände, Sachbücher und Ausstellungskataloge erinnern an ihre Popgeschichte.[1] Manche dieser Publikationen beschwören eine Art Westalgie,[2] die als retrospektives Unbehagen an den aktuellen Umbrüchen verstanden werden kann. Im Kontrast zur sich rasant verändernden Hauptstadt der Berliner Republik erscheint der Westen der geteilten Stadt darin als ein Ort, der zwar im Zentrum der geopolitischen Konflikte seiner Epoche lag, gleichzeitig aber – zumindest in den letzten zwei Jahrzehnten seiner Existenz – davon scheinbar unberührt die Kulisse einer hedonistischen Freizeitgesellschaft bildete, die sich in künstlerischen Avantgarden sowie politisierten und subkulturellen Milieus formierte. Man mag hier Ansätze der Mythenbildung erkennen, doch rückt damit die Sonderrolle der vergangenen Stadt in den Fokus.
Der Irak-Krieg des Jahres 2003 wurde von zwei Bildern eingerahmt: Eines zeigt die Bombardements am Anfang und eines den Fall der Saddam-Statue auf dem Firdos-Platz am Ende. Lange vor dem Beginn des Krieges war bereits viel über die Taktik des amerikanischen Militärs geschrieben worden. Ein Militärschlag, wie es ihn noch nie gegeben hatte, sollte ihn eröffnen. „Shock and Awe“ wurde von der Bush-Administration als Bezeichnung ausgegeben, und noch Anfang März wurde die „MOAB“ getestet, die „Mother of all Bombs“. Schon der Name ließ sich leicht mit dem geplanten Irak-Krieg in Verbindung bringen, hatte Saddam Hussein den Zweiten Golfkrieg 1991 doch als „Mother of all Battles“ bezeichnet.
In der Bundesrepublik und in der gesamten westlichen Welt außerhalb der USA wurde Auslandsbestechung bis Ende der 1980er-Jahre als ein legales Mittel der Exportförderung behandelt. Sie war straffrei und sogar steuerlich absetzbar. Das änderte sich erst im Zuge der »Compliance Revolution« der 1990er-Jahre. Der Beitrag analysiert diesen Wandel für die Bundesrepublik und untersucht die Debatten um die Auslandskorruption. Er konzentriert sich dabei auf die Positionen der Unternehmerschaft und der im Bundestag vertretenen Parteien. Ausgangspunkt ist der stabile Korruptionskonsens der Bonner Republik, der zunächst auch noch in der Berliner Republik Bestand hatte, dann aber unter dem Einfluss einer zunehmend kritischen Zivilgesellschaft und der internationalen Staatengemeinschaft zerbrach. Nachdem es unausweichlich geworden war, die Auslandskorruption zu ächten, wurde hartnäckig darum gerungen, mit welchen juristischen Mitteln sie zu bekämpfen sei. Am Ende eines von vielen Blockaden und Umleitungen verzögerten Prozesses stand ab 2002 die Strafbarkeit aller Arten von Auslandskorruption. Welche Ermittlungsinstrumente eingesetzt werden durften und wie effektiv die Strafverfolgung sein sollte, blieb jedoch weiter strittig. Der Aufsatz zeigt nicht zuletzt die Rückwirkungen internationaler Rechtsnormen für die nationalstaatliche Ebene.
Im April 2008 wurde in Gegenwart von Simone Veil, der früheren Präsidentin des EU-Parlaments, an der Pariser Universität Sciences Po eine neue und ambitionierte elektronische Informationsquelle freigeschaltet: die Enzyklopädie über Massengewalt oder „mass violence“, wie der Titel im Englischen heißt (das die bevorzugte Sprache dieser Website ist). Das Projekt ist also noch jung, und so nimmt es nicht wunder, dass es trotz einer fast vierjährigen Vorlaufphase nicht frei von Startproblemen ist. Sie liegen zum Teil im monumentalen, aber noch unzureichend eingelösten Dokumentationsanspruch der Enzyklopädie, vor allem aber in der unscharfen Bestimmung dessen, was dokumentiert werden soll.
Die öffentliche Wahrnehmung der Transformationen in den postsozialistischen Ländern ist in zweierlei Hinsicht unterbelichtet: Sie ist räumlich begrenzt, indem sie den Fokus auf jeweils national begrenzte Fälle im ehemaligen Ostblock richtet. Sie ist zeitlich begrenzt, indem sie den Fokus auf die Jahre des raschen Systemumbaus richtet und allenfalls die Jahre unmittelbar davor einbezieht. Transformationen ganzer Gesellschaften, so wollen wir an einer alltagsrelevanten Institution zeigen, greifen aber auch auf Ressourcen zurück, die viel weiter in die Vergangenheit zurückreichen und gerade im zentraleuropäischen Raum schon immer einen zugleich nationalen und transnationalen Charakter hatten. Die Rede ist von der Freiwilligen Feuerwehr als einem seit Mitte des 19. Jahrhunderts in allen Ländern des Deutschen Reichs wie auch der Österreichisch-Habsburgischen Monarchie verbreiteten Muster der lokalen Selbstregierung (self governance). Unsere Beispiele kommen aus Sachsen, den tschechischen Ländern und Slowenien – sie könnten aber auch aus Mecklenburg-Vorpommern, Galizien, der Slowakei oder der Vojvodina stammen. Gemeinsam ist ihnen die erstaunliche institutionelle Kontinuität der Organisation eines freiwilligen Dienstes für die lokale Gemeinschaft über die dramatischen Systemwechsel des 20. Jahrhunderts hinweg. Dabei existieren Freiwillige Feuerwehren immer lokal als Personenvereine mit aktiven (das heißt für die Brandbekämpfung einsatzbereiten) und fördernden Mitglieder*innen, die sich überlokal zu regionalen und nationalen Verbänden zusammenschließen, die wiederum untereinander rege den internationalen Austausch pflegen.
Weltgeschichte ist zu einer neuen Herausforderung für Historiker geworden. Neue Handbücher zur Weltgeschichte werden veröffentlicht. Artikel über die Zukunftschancen und die Schwierigkeiten beim Schreiben einer Weltgeschichte werden zahlreicher. Konferenzen über Weltgeschichte werden häufiger organisiert. Verleger eröffnen in ihren Katalogen Rubriken zur Weltgeschichte. Seminare über Weltgeschichte sind voll. In manchen Ländern soll Weltgeschichte sogar in die Schulbücher aufgenommen werden.
Nichts, jenseits der Luft zum Atmen und dem Wasser zum Trinken, ist für die menschliche Existenz so grundlegend wie die Ernährung, kaum etwas so essentiell wie die regelmäßige Nahrungsaufnahme. Doch während Empfehlungen für Ernährungsumstellungen zum Veganismus oder zu vermeintlich »natürlichen« Paleo-Diäten in Teilen der westlichen Öffentlichkeiten auf fruchtbaren Boden fallen1 und der Wunsch nach Selbstoptimierung das Alltagsverhalten vieler Menschen beeinflusst, berichten Ärzt:innen und Gesundheitsexpert:innen in aller Welt über wachsende Probleme mit Fettleibigkeit und damit verbundenen Krankheiten. Nach Daten der OECD von 2017 hat Übergewicht in der Altersgruppe der 15- bis 74-Jährigen in allen Mitgliedsländern während der letzten drei Dekaden kontinuierlich zugenommen. Während in Frankreich und Italien im Jahr 2017 etwa 40 Prozent der Bevölkerung als übergewichtig galten, erreichten die Werte in den USA und Mexiko fast 70 Prozent. Im OECD-Durchschnitt gilt zudem eine von fünf Personen nicht nur als übergewichtig, sondern als fettleibig.