Geschichtspolitik
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In der aktuellen Debatte um Holocaust, Kolonialismus und Erinnerung hat Per Leo jüngst angeregt, dass Historikerinnen und Historiker irritierende Fragen stellen sollten. Diesem, wie ich finde, klugen Vorschlag folgend, möchte ich hier diskutieren, ob und inwieweit die Rede von der Singularität des Holocaust angemessen, sinnvoll, erkenntnisfördernd ist. Wie ist sie (in der Bundesrepublik) entstanden, und worin könnte heute ihre Aussagekraft liegen? Müsste die Perspektive nicht erweitert werden? Solche Fragen führen in das Zentrum einer Debatte, die hierzulande seit der Auseinandersetzung vom Frühjahr 2020 um den afrikanischen postkolonialen Theoretiker Achille Mbembe heftig entbrannt ist, dem der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung Felix Klein vorwarf, den Holocaust zu relativieren. Die vor allem in den Feuilletons geführte Debatte verschärfte sich, als der in den USA lehrende Historiker A. Dirk Moses im Mai 2021 mit einem provokanten Essay die deutsche Erinnerungskultur kritisierte: In der Fixierung auf den Holocaust würden die Kolonialverbrechen ausgeblendet. Die Kontroverse um Antisemitismus auf der diesjährigen documenta bildete mit den schrillen Tönen zweifellos den vorläufigen Tiefpunkt dieser Debatte. Nachdenkliche Argumente wie von Micha Brumlik, Sebastian Conrad, Charlotte Wiedemann oder Natan Sznaider scheinen kaum noch Gehör zu finden.
Die Wirklichkeit ist angekommen … Ein Dossier aus Anlass des russischen Überfalls auf die Ukraine
(2024)
Dieser Band dokumentiert die Texte von deutschen, ukrainischen, polnischen, US-amerikanischen, belarussischen, georgischen und auch russischen Historiker:innen, die kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 entstanden sind. Sie behandeln ganz unterschiedliche Dimensionen einer geschichtlichen Diskussion, die durch die russische Großinvasion ausgelöst wurde. Denn auch zwei Jahre nach Kriegsbeginn ist die historische Kontextualisierung des aktuellen Geschehens wichtiger denn je.
Die Publikation basiert auf einem Dossier auf dem Online-Portal zeitgeschichte | online (zeitgeschichte-online.de) und wird durch einige Texte zum Thema "Bilder des Krieges in der Ukraine" des Online-Angebots Visual History (visual-history.de) ergänzt. Beide Angebote werden vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) Open Access im Internet zur Verfügung gestellt. Das Werk ist auch als Open Access-Publikation online abrufbar unter www.zdbooks.de.