Transnationale Geschichte
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Ziele und Praktiken der internationalen Solidarität in Ost- und Westdeutschland im Kalten Krieg.
Seit den späten 1960er Jahren entstanden in vielen westlichen Ländern zivilgesellschaftliche Initiativen, die Teile der »Dritten Welt« unterstützten. Auch in der Bundesrepublik engagierten sich zahlreiche Solidaritätsgruppen für politisch Verfolgte in lateinamerikanischen Diktaturen, gegen die rassistische Ordnung in Südafrika oder für den Aufbau sozialistischer Reformprojekte in Nicaragua. In der DDR entstand dagegen eine staatlich initiierte internationale Solidarität. Sie leistete ebenfalls Hilfe vor Ort und basierte auf einer massenhaften Unterstützung. Mitunter entstanden auch hier unabhängige Aktionen.
In diesem Buch untersucht eine internationale Autorengruppe die Ziele und Praktiken der internationalen Solidarität in Ost- und Westdeutschland zur Zeit des Systemkonflikts. Die Solidarität fassen sie als grenzübergreifende Praxis im Kalten Krieg und betrachten besonders Lateinamerika und das südliche Afrika. Deutlich werden dabei vielfältige transnationale Kooperationen, die über den Menschenrechtsdiskurs hinaus reichten. Ebenso werden die Grenzen vieler Initiativen erkennbar, deren Scheitern und die damit verbundene Enttäuschung.
In spite of the prevailing myth, neither the political self-conception of West Berlin that emerged soon after the war nor the city’s international image were mere by-products of the Cold War. They resulted, rather, from a binational campaign that was based on strategic considerations. Returned Social Democratic émigrés, sympathetic American officials, and certain journalists convinced the German and the American public of West Berlin’s heroic defence of democratic ideals with remarkable speed and success. They could rely on both tangible and intangible resources for their campaign of erecting an ›Outpost of Freedom‹ in what was left of the former Reichshauptstadt. While the heady Weimar days of pre-war Berlin provided countless images that appeared to authenticate this new narrative, the transatlantic network was also able to draw on considerable financial resources and media outlets to promote it. This article seeks to outline the historical actors behind the project and the narratives on which they drew.
»Es gibt ein Menschenrecht auf Bleiberecht!«, verkündete Sevim Dağdelen, damals Bundestagsabgeordnete für Die Linke, im März 2006. Dabei bezog sie sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall »Sisojeva u.a. gegen Lettland« vom Juni 2005. Es ging dabei um das Ehepaar Svetlana Sisojeva und Arkady Sisojev, die zur Zeit der Sowjetunion Ende der 1960er-Jahre nach Lettland gekommen waren und dort auch eine Tochter bekommen hatten. Ihr Aufenthaltsstatus blieb nach der Unabhängigkeit des baltischen Staates 1991 ungeklärt, da Lettland die Annexion des schon in der Zwischenkriegszeit unabhängigen Landes durch die Sowjetunion 1940 bzw. 1944 nicht anerkannte und die zur Sowjetzeit ins Land gekommenen Personen daher als Ausländer bzw. Staatenlose betrachtete, die gegebenenfalls das Land zu verlassen hätten. Aus einer Binnenmigration wurde somit quasi rückwirkend eine internationale Migration. In ihrer Beschwerde beim EGMR machte die Familie geltend, dass der lettische Staat durch seine Weigerung, ihren Aufenthaltsstatus zu regeln, ihr Menschenrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, EMRK) verletze. Der EGMR schloss sich mehrheitlich dieser Auffassung an, woraus die Bundestagsabgeordnete Dağdelen folgerte: »Es gibt – unter bestimmten Bedingungen – ein Menschenrecht auf Bleiberecht, das der ausländerrechtlichen Allmacht der Nationalstaaten Grenzen setzt. Dieses Recht steht auch nicht im ›humanitären Ermessen‹ der Behörden. Es gilt absolut!«
Das Ende des Kalten Krieges oder wie man alt wird. Man wird unwillkürlich zum Historiker der Zeit, deren Zeitgenosse man gewesen ist. Eine Epoche ist zu Ende gegangen, und wenn man diese beschreibt, beschreibt man zugleich auch ein Stück des eigenen Lebens, und umgekehrt: Das individuelle Leben fällt mit der historischen Zeit zusammen. Das hat nichts mit Selbstliebe oder Selbstüberschätzung zu tun. Man merkt es, wenn man mit jungen Leuten zusammen ist, mit denen man über Ereignisse spricht, die vor ihrer Geburt liegen, die man selbst aber miterlebt hat. Man berichtet aus der eigenen Zeit, die ihre Vorzeit ist. Es ist lohnend, sich dieser Zeit genau zu erinnern. Die subjektive Erinnerung bewahrt Details, Nuancen, Valeurs, die im Betrieb der Geschichtsforschung entweder gar nicht vorkommen oder später, wenn man deren Fehlen bemerkt, mühsam rekonstruiert werden müssen.
Jenseits von Zeit und Raum. Flugreisewerbung in den USA und Westdeutschland während der 1970er-Jahre
(2017)
»Getaway. To places you always wanted to see but never thought you could«, lautete die Überschrift einer Werbekampagne der amerikanischen Fluggesellschaft Trans World Airlines (TWA) im Jahr 1971. In großformatigen, mit Farbfiltern hervorgehobenen Bildern von Sehenswürdigkeiten wie dem britischen Parlamentsgebäude in London, dem amerikanischen Grand Canyon oder dem Taj-Mahal-Mausoleum im indischen Agra bewarb sie Reiseziele auf verschiedenen Kontinenten.
In der Fülle an Literatur über Strafprozesse gegen nationalsozialistische Gewaltverbrecher nimmt ein Buch einen besonderen Platz ein: Hannah Arendts „Eichmann in Jerusalem“. Kaum ein anderes Werk zu diesem Thema hat derart kontrovers geführte und lange nachwirkende Diskussionen ausgelöst. Bis heute wird Arendts Buch als eines der ersten zur Hand genommen, wenn es um den 1961 in Jerusalem durchgeführten Prozess gegen Adolf Eichmann geht, den ehemaligen SS-Obersturmbannführer und Leiter des für die Organisation der Vertreibung und Deportation der Juden zuständigen Referats des Reichssicherheitshauptamtes. Viele andere Arbeiten über den Fall Eichmann sind heute dagegen nahezu vergessen oder nur einem engeren Publikum bekannt.
In der gegenwärtigen Debatte über Imperien wird die konstitutive Bedeutung des Raumes hervorgehoben. Seine Repräsentation in Gestalt von Karten wird aber bisher selten zum Forschungsgegenstand gemacht, obwohl Untersuchungen zum British Empire auf den Zusammenhang von kognitiven und materiellen Karten für die Ausbildung eines Raumbewusstseins innerhalb des Imperiums und in Bezug zur Welt verweisen. In der Sowjetunion war die Produktion und Verbreitung von Karten von Anfang an ein grundlegender Bestandteil imperialer Politik, weil das dokumentierte Wissen über das Territorium, seine Strukturen und Bewohner eine Voraussetzung für eine umfassende Sowjetisierungspolitik darstellte. Einer der sowjetischen „Vermesser“ war der ungarische Kartograph Alexander (Sándor) Radó, der seit den 1920er-Jahren an der Produktion sowjetischer und europäischer Atlanten beteiligt war. Die Karten sind in mehrfacher Hinsicht Dokumente eines imperialen Konstruktionsprozesses, weil sie einerseits als Projektionsfläche genutzt wurden und andererseits die innenpolitische Entwicklung in der Sowjetunion spiegelten und beeinflussten.
Katalysator wider Willen. Das Humboldt Forum in Berlin und die deutsche Kolonialvergangenheit
(2019)
Das neu-alte Schloss steht bereits. Die Baugerüste sind Ende 2018 gefallen und haben den Blick auf die rekonstruierten Barockfassaden an der Nord-, West- und Südseite freigegeben. Lediglich die moderne Ostfassade lässt von außen erkennen, dass es sich bei dem Gebäude auf dem Berliner Schlossplatz nicht wirklich um das alte Stadtschloss handelt, sondern um eine Teilrekonstruktion. In deren Innerem soll ab Ende 2019, im 250. Geburtsjahr Alexander von Humboldts, das Humboldt Forum etappenweise eröffnen. Neben Sonderausstellungsflächen, Veranstaltungsräumen und einer Ausstellung zur Geschichte des Ortes im Erdgeschoss sowie Ausstellungen des Landes Berlin und der Humboldt-Universität im ersten Obergeschoss wird es im zweiten und dritten Obergeschoss die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst beherbergen, die beide zu den Staatlichen Museen zu Berlin gehören und damit Teil der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sind.
Keine Stunde Null. Sozialwissenschaftliche Expertise und die amerikanischen Lehren des Luftkrieges
(2020)
Alle Kriegsparteien bombardierten im Zweiten Weltkrieg Ziele, die lange Zeit als zivil gegolten hatten. Diese sogenannten strategischen Bombardierungen wurden im Auftrag der US-Regierung ab dem Kriegsende mit einem Stab von über 1.000 Mitarbeitern in Deutschland und Japan aufwendig evaluiert (United States Strategic Bombing Survey, USSBS). Mithilfe ambitionierter Sozialwissenschaftler gelang es der jungen US Air Force, den strategischen Luftkrieg als militärisch und psychologisch entscheidend darzustellen, und so taten sich für die Luftkriegsexperten auch nach 1945 attraktive neue Beschäftigungsfelder auf. Die Wissenschaftler argumentierten, sie seien in der Lage, methodisch abgesichert einen schnellen und vermeintlich »sauberen« Krieg aus der Luft zu planen. Der Aufsatz stellt die bisher kaum erforschten Logiken und Folgen dieser Kooperation sowie die behaupteten Lehren des Weltkrieges für den Korea- und den Vietnamkrieg dar. Damit hinterfragt er das gängige Verständnis einer radikalen Zäsur, die der erste Einsatz der Atombombe mit sich gebracht habe, und plädiert für einen neuen Blick auf die Militär-, Gewalt- und Wissensgeschichte des »Kalten Krieges«.