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„… und wenn Typen dabei kaputtgehen“. Die Bildikone des toten Holger Meins – ein Erklärungsversuch
(2017)
Die Ankündigung von Andreas Baader im Zuge des dritten Hungerstreiks der RAF-Häftlinge ab September 1974 sollte sich bewahrheiten: Am 9. November 1974 starb Holger Meins im Alter von 33 Jahren, 1,83 Meter groß und 40 Kilo schwer, nach zwei Monaten Hungerstreik und fast zweieinhalb Jahren Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Wittlich in der Eifel. Am 21. November 1974 druckte der „Stern“ das Foto von Holger Meins auf dem Totenbett. Es sollte Eingang in das kulturelle Gedächtnis der Bundesrepublik finden. Obwohl es viele Bilder von Holger Meins gibt, war es dieses Foto, welches bis heute das Bild von Meins und auch der RAF prägt. In vielen Publikationen und Filmproduktionen wird es entweder gezeigt oder darauf rekurriert, und auch die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Foto und Meins‘ Rolle als „Ikone“ der RAF-Geschichte bricht seitdem nicht ab.
Historische Ausstellungen und Museen haben in der Bundesrepublik seit mehr als drei Jahrzehnten Konjunktur. Seit den 1970er-Jahren häufen sich die Sonderausstellungen zu historischen Themen, und es gibt einen bisher ungebrochenen Museumsboom. Beobachten lässt sich nicht nur eine stetige quantitative Zunahme von und ein wachsendes öffentliches Interesse an historischen Ausstellungen; zugleich bildeten sich auch neue Ausstellungstypen und Präsentationsformen heraus. Schließlich wurden in den 1980er-Jahren die Forderungen nach der Errichtung eines zentralen historischen Museums immer lauter, bis dies zur Gründung von gleich zwei Geschichtsmuseen mit gesamtstaatlichem Anspruch führte (dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn und dem Deutschen Historischen Museum in Berlin). Der Trend scheint ungebrochen. Nach der Eröffnung der neuen Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums (DHM) im Frühjahr 2006, mit der eine fast 20-jährige Planung zum vorläufigen Abschluss kam und mit der erstmals der Versuch einer historischen Überblicksdarstellung von der Römerzeit am Rhein bis zum wiedervereinigten Deutschland unternommen wurde, steht als ein weiteres historisches Großmuseum der Neu- bzw. Umbau eines Militärhistorischen Museums in Dresden an. Dieses wird nicht nur mit den expressiven Bauformen des amerikanischen Architekten Daniel Libeskind auf sich aufmerksam machen, sondern auch mit einem anspruchsvollen inhaltlichen und gestalterischen Konzept.
Die Zeit des Nationalsozialismus, ihre Voraussetzungen und ihre Folgen besitzen noch immer eine große Brisanz. Das gewaltige Medienecho und der große Besucherandrang während der Ausstellung „Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen“ im Deutschen Historischen Museum (DHM) haben das bestätigt. Die Medien vermittelten teilweise den Eindruck, es handele sich dabei um die bundesweit erste Ausstellung über Adolf Hitler. Darum wurde die Ausstellung sehr bald – und nicht nur aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung – als „Hitler-Ausstellung“ bezeichnet. Die inhaltlich etwas irreführende Verkürzung ist ein Indiz der widrigen Faszinationskraft, die vor allem von der Person Hitlers weiterhin ausgeht.
Der Kunsthistoriker Peter Geimer zeichnet in seinem jüngsten Buch mit dem griffigen Titel „Die Farben der Vergangenheit“ die Entwicklungen und Veränderungen der „visuellen Repräsentation von Geschichte“ seit dem 19. Jahrhundert nach. Eröffnet wird die Darstellung mit kenntnisreich und flüssig geschriebenen Kapiteln zur Historienmalerei, die zeigen, wie sich die Malerei im 19. Jahrhundert mit dem Aufkommen der Idee, Wirklichkeit abzubilden, veränderte. Fortan galt es, detailliert und so genau wie möglich, Ereignisse wiederzugeben, die sich im besten Falle durch Zeitzeugen bzw. Augenzeugen oder originale Objekte belegen ließen. Anja Tack rezensiert im Visual-History-Beitrag das neu erschienene Werk.
Design aus der DDR ist heute scheinbar nur ein kunsthistorisches Randgebiet. Doch im Kontext der Dauerausstellung zum »Alltag in der DDR«, die die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nun seit November 2013 am früheren Ort der Sammlung Industrielle Gestaltung in der Berliner Kulturbrauerei zeigt, ist es in den letzten Jahren zu einem kontroversen öffentlichen Thema geworden. Der Konflikt bezieht sich unmittelbar auf diese Sammlung, eine der ältesten zum Design in Deutschland – und mit etwa 160.000 Objekten wohl die umfassendste und vielseitigste zur Produktgestaltung in der DDR, jedoch seit 2005 weder öffentlich sichtbar noch beworben. Aufgrund ihrer wechselhaften Geschichte nach der Wiedervereinigung wurden die Bestände bisher nur überblicksweise erschlossen. Obwohl Forscher sie auf Anfrage einsehen können, wäre eine systematische Katalogisierung, inhaltliche Bewertung und damit bessere Zugänglichkeit nötig.
Der »Weltkrieg« oder »Große Krieg« wurde von vielen Zeitgenossen als eines der ruhmreichsten, denkwürdigsten Ereignisse der Weltgeschichte und insbesondere der beteiligten Mächte aufgefasst. So standen auch von Anfang an gestalterische Konzepte zur Ehrung der Gefallenen als »Helden einer großen Zeit« mittels Kriegerdenkmälern, Totenhainen und Ehrenhallen zur Diskussion. Im Gegensatz zu dieser übergreifenden heroisierenden Deutung waren die Erinnerungserzählungen seit 1918 sehr heterogen. Modellhaft für die Bewahrung des Ersten Weltkriegs im »Funktionsgedächtnis« (Aleida Assmann) ist Großbritannien, wo beiden Weltkriegen eine ähnliche Relevanz zuerkannt wird. Der »Armistice Day« am 11. November repräsentiert seit 1920 kontinuierlich die öffentliche Erinnerung an das Ende des »Great War«. Zwei Schweigeminuten »at the 11th hour of the 11th day of the 11th month«, Gedenkveranstaltungen wie jene am »Tomb of the Unknown Warrior« in der Westminster Abbey oder auch historische Fernsehserien, in denen der »Große Krieg« regelmäßig vorkommt, sind Belege für seine Sichtbarkeit und mediale Verbreitung bis heute. Ein Beispiel für das Gegenmodell, in dem der Zweite Weltkrieg den Ersten weitgehend überschrieben hat, ist Österreich, wo nach 1945 dem Ersten Weltkrieg nur geringe Relevanz für aktuelle Identitätskonzepte und Erinnerungserzählungen beigemessen wurde. Zeichensetzungen im öffentlichen Raum beschränken sich (mit regionalen Ausnahmen wie Tirol) weitgehend auf einige Straßennamen und auf Kriegerdenkmäler, die für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs adaptiert wurden. Zwischen diesen Optionen – der Gleichrangigkeit beider Weltkriege oder der Dominanz des Zweiten Weltkriegs – lässt sich die Gedächtnislandschaft in den europäischen Ländern einordnen.
Einer der kühleren Sommertage im August. Durch eine kleine Passage erreiche ich Steibs Hof, wo früher mit Pelzen gehandelt wurde und heute das N’Ostalgie-Museum Leipzig seine Ausstellung zur »Alltagskultur der DDR« präsentiert. Am Eingangstresen, der zugleich als Bar des integrierten Cafés mit dem Namen »1:33« fungiert, begrüßt mich ein Mann: »Guten Tag. Wollen Sie Ihre Erinnerung auffrischen?« Noch bevor ich mein Ticket bezahlt habe, stellt er mir den »jungen Mann« vor, der all die hier präsentierten Objekte zusammengetragen habe. Das Porträt, auf das er weist, zeigt einen älteren Herrn in der Tür eines knallroten Wartburg 311. »In liebevoller Erinnerung« steht darüber, und unter der Fotografie: »Horst Häger. Geb. 24.11.1937, gest. 12.07.2011. Gründete 1999 das N’Ostalgie-Museum und hat über die Zeit bis 2011 alle ausgestellten Exponate zusammengetragen.« Wie ich erfahre, hat eine Enkelin Hägers das Museum 2016 aus Brandenburg an der Havel nach Leipzig überführt. Mit den Worten »Damit Sie wissen, wer Sie heute Abend ins Bett geleitet« überreicht mir der Mann an der Kasse meine Eintrittskarte, auf der das Sandmännchen abgebildet ist, und entlässt mich in die kleine Ausstellung. An diesem Vormittag bin ich die erste Besucherin, doch noch während ich die Objekte im Eingangsbereich betrachte, kommen weitere Gäste. Wie ich werden sie mit der Frage begrüßt, ob sie ihre Erinnerungen »auffrischen« wollen, was jeweils kurze Irritation auslöst. Fast rechtfertigend klingen die Antworten der beiden Paare: »Wir wollen gern das Museum besuchen« und »Wir würden uns gern umschauen«.
“Silent Dust”, released in February 1949, was one of a group of films that explored the problems of the returning Second World War veteran. Although the maladjusted veteran is a feature of all major wars, it assumes an added significance in this instance because the Second World War, in Britain and America at least, is conventionally understood “almost universally as honourable and noble, fought with right and justice exclusively on the Allied side”. Angus Calder has argued that the dominant narrative constructed about the Second World War in Britain was what he terms the “myth of the Blitz”, a heroic myth of courage, endurance and pulling together. This myth, through its perpetuation in an enormous array of cultural practices - notably a cycle of combat films in the 1950s such as “The Dam Busters” (1955) and “Reach for the Sky” (1956) - became the accepted view and was almost impossible to dislodge. It was a myth that was officially ratified in the British state’s commemoration of the war and, like all dominant discourses, served to marginalise alternative constructions of the conflict, particularly those that represent it as a traumatic and possibly brutalising experience. By analysing “Silent Dust” in detail and in relation to its social and cultural context, I hope to recover this repressed narrative and restore it to its rightful place as an important discourse about the Second World War.
As one of the most viewed films on apartheid South Africa, Sir Richard Attenborough’s Oscar-nominated Cry Freedom helped push the atrocities of the apartheid system to the forefront of public attention. The screenplay was based on South African journalist Donald Woods’ autobiographical books Biko (1978) and Asking for Trouble (1981), which detail Woods’ relationship with Biko and the court trial following Biko’s death in police custody.
Der Hungertod in Bildern. Fotografien in der öffentlichen Debatte um Hungerhilfe für Bengalen 1943
(2022)
Wollten die Leser*innen des »Statesman« am 22. August 1943 das Kreuzworträtsel lösen, brauchten sie starke Nerven. In der englischsprachigen Zeitung, die im indischen Kalkutta (dem heutigen Kolkata) und in Neu-Delhi erschien, befand sich das Sunday Crossword diesmal unmittelbar neben der Fotografie einer jungen, hungernden Mutter und ihrem Kind, die zusammengekauert und nur mit wenigen Lumpen bekleidet auf einem Gehweg in Kalkutta lagen. Im Hintergrund des Bildes war der abgemagerte Körper eines Mannes zu sehen, dessen Sterbebett-Haltung erahnen ließ, dass auch Frau und Kind der Hungertod bevorstand. Die beigefügte Bildunterschrift untermauerte diese Vermutung.