Kalter Krieg
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Betrachtet man die Moderne als Projekt der Kontingenzbewältigung, so ist „Sicherheit“ eines ihrer wichtigsten Kernelemente, zielte das Projekt der Moderne doch unter anderem darauf, durch soziale Sicherungssysteme Lebensrisiken zu reduzieren. Wissenschaftliche und technische Fortschritte spielten dabei eine wesentliche Rolle, da entsprechende Hoffnungen von einem weit verbreiteten Optimismus getragen wurden. Je stärker sich jedoch die Erfahrung verdichtete, dass dieser Fortschritt vielfältige Gefahren erst schuf, umso mehr erschien die Moderne als eine Epoche, die im Dienst des Fortschritts auch neue Risiken wie Reaktorunfälle, Börsencrashs oder Arbeitslosigkeit generiert.
Seit 2002 sammelt das von Justinian Jampol gegründete Wende-Museum in Los Angeles Artefakte und Dokumente aus dem Kalten Krieg. Der Schwerpunkt der nichtkommerziellen Sammlung, die mittlerweile über 100.000 Gegenstände enthält, liegt auf Objekten aus den Staaten des Warschauer Pakts, vor allem aus der DDR und der Sowjetunion, aber auch aus den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik. Zahlreiche Gegenstände geben Aufschluss über verschiedene Zivilschutzmaßnahmen, darunter drei vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) der DDR zusammengestellte Erste-Hilfe-Taschen.
Bei der Entwicklung konventioneller und atomarer Waffen nahmen die verantwortlichen Politiker und Militärs der Vereinigten Staaten, Chinas, Frankreichs, Großbritanniens und der Sowjetunion keine Rücksicht auf soziale und ökologische Folgen. Bereits vor dem Kalten Krieg richteten sie militärische Testgelände ein, für die ganze Bevölkerungsgruppen umgesiedelt werden mussten. Indianer, Nomaden und andere Menschen, die in den Augen der Behörden unwichtig waren oder sogar der Landesverteidigung im Wege standen, wurden ihrer Dörfer, Begräbnis- und Kulturstätten, ja letztlich ihrer Lebensweise beraubt.
Das Jahr 1989 ist oft als „annus mirabilis" bezeichnet worden. Es handelt sich um eine der wenigen Zäsuren der Zeitgeschichte, die in den meisten europäischen Ländern eindeutig positiv besetzt ist. Mit dem Fall der Berliner Mauer existiert obendrein ein symbolischer und medial vermarktbarer Erinnerungsort, der das Bild von 1989 prägt.
Untersucht man heute, gut zwei Jahrzehnte nach dem Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989, die Zeit des Kalten Krieges, so kommt man kaum umhin, sie als eine Ära der Verschwendung zu betrachten: der Verschwendung von Geldern für riesige Waffenarsenale, der Verschwendung von Ressourcen, die von zivilen auf militärische Zwecke umgelenkt wurden, und schließlich – das wohl hartnäckigste, bis heute andauernde Problem – der Verschwendung von Millionen Hektar Land, die verwüstet und mitsamt dem Grundwasser durch giftige Chemikalien und radioaktiven Müll kontaminiert wurden.
Das Ende des Kalten Krieges oder wie man alt wird. Man wird unwillkürlich zum Historiker der Zeit, deren Zeitgenosse man gewesen ist. Eine Epoche ist zu Ende gegangen, und wenn man diese beschreibt, beschreibt man zugleich auch ein Stück des eigenen Lebens, und umgekehrt: Das individuelle Leben fällt mit der historischen Zeit zusammen. Das hat nichts mit Selbstliebe oder Selbstüberschätzung zu tun. Man merkt es, wenn man mit jungen Leuten zusammen ist, mit denen man über Ereignisse spricht, die vor ihrer Geburt liegen, die man selbst aber miterlebt hat. Man berichtet aus der eigenen Zeit, die ihre Vorzeit ist. Es ist lohnend, sich dieser Zeit genau zu erinnern. Die subjektive Erinnerung bewahrt Details, Nuancen, Valeurs, die im Betrieb der Geschichtsforschung entweder gar nicht vorkommen oder später, wenn man deren Fehlen bemerkt, mühsam rekonstruiert werden müssen.
Die Teilung Europas und ihre Überwindung. Überlegungen zu einem Ausstellungskonzept für Berlin
(2009)
Die von Winston Churchill in seiner Fulton-Rede über den „Eisernen Vorhang“ im März 1946 konstatierte Teilung Europas war eine zentrale, wenn nicht sogar die wichtigste Entwicklung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie zerriss nicht nur die Stadt Berlin, sondern auch Deutschland und den gesamten europäischen Kontinent, indem sie eine physische Barriere zwischen dem Osten und dem Westen errichtete, die zumindest nach dem Mauerbau immer schwerer zu überwinden wurde. Im Kalten Krieg gruppierten sich die europäischen Länder in ideologische Lager und bildeten zwei militärische Bündnissysteme, die sich feindlich gegenüberstanden. Während sich der Westen im Rahmen der EG auch ökonomisch allmählich integrierte, gelang dieser Prozess im Osten mit dem COMECON nur teilweise. Wegen der manifesten Krisen von 1948/49 und 1958-1961 sowie dem Bau der Mauer wurde die frühere deutsche Hauptstadt Berlin zum Symbol dieser Auseinandersetzung der Blöcke. Da sich der Konflikt aufgrund des Viermächtestatus hier verdichtete, wäre Berlin auch der geeignete Ort, um die gegenseitige Bedrohung in einem Museum anschaulich zu machen. Die Überwindung der Folgen der Teilung Europas bleibt eine wichtige Aufgabe der gegenwärtigen Politik; deshalb müsste eine solche Einrichtung nicht nur die vergangenen Spannungen musealisieren, sondern sollte auch das Potenzial der Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Zukunft verdeutlichen.
Der „Kalte Krieg“, so er sich denn als sinnvoller Epochenbegriff durchsetzt, sollte vorerst nicht insgesamt musealisiert werden. Eine Darstellung der Teilung Berlins, Deutschlands und Europas, aber auch der wechselnden und fortdauernden Verflechtungen würde einen bescheideneren und angemesseneren Rahmen bilden. Eine Ausstellung könnte dabei ein Kern sein, sollte jedoch vor allem eines leisten: eine vielfältige Erinnerungslandschaft in Berlin, in Deutschland, in Europa erschließen und neugierig auf sie machen.
Für den „Kalten Krieg“ gibt es eine Vielzahl von Definitionen und historiographischen Zugängen. In der Regel ist die Epoche zwischen 1947 und 1989/91 gemeint, wobei die Zeit ab 1917 als Vorspann oder auch die Transformationsphase nach 1991 mitunter in die Betrachtung einbezogen werden. Der Kalte Krieg wird häufig als ein „Weltanschauungskrieg“ charakterisiert, der durch die Bipolarität der Supermächte und ihrer jeweiligen politischen Allianzen, die atomare Aufrüstung und den stets angedrohten, aber in Europa nie offen ausgetragenen militärischen Konflikt gekennzeichnet war, während gleichzeitig Stellvertreterkriege in der so genannten Dritten Welt entfacht wurden. Die Zeit des Kalten Krieges bzw. des Ost-West-Konflikts und der Teilung Europas ist inzwischen gut erforscht, wegen des wachsenden Zeitabstands in der breiteren Öffentlichkeit aber nicht mehr allgemein präsent. Deshalb hat eine international zusammengesetzte Gruppe von Politikern und Wissenschaftlern im Juni 2008 den Aufruf zur Gründung eines „Museums des Kalten Krieges - Teilung und Befreiung Europas“ formuliert, das am ehemaligen Grenzübergang Checkpoint Charlie eingerichtet werden soll. Auch unabhängig von der Frage, ob dieser Plan letztlich Erfolg haben wird, ist eine Debatte lohnend, wie sich die Epoche des Kalten Krieges museal präsentieren und verständlich machen lässt.
What is the link between consumer society, fear of a nuclear war, design, modernity and utopia? According to the curators David Crowley and Jane Pavitt, the answer can be summarized in one concept: the Cold War. ‘Cold War Modern’ is an exhibit intending to show how the two postwar superpowers, the US and the USSR, engaged in aggressive contests in art, architecture and design in order to ‘demonstrate a superior vision of modernity’.
After the Second World War, West German Catholics placed more faith in religious miracles than they did at almost any other period in the modern era. West German congregations reported eleven apparitions of the Virgin Mary to Church officials be-tween 1945 and 1954, as well as Europe’s most prominent twentieth century case of stigmata. Existing scholarship links the popularity of these alleged miracles to the ways in which Marian symbolism articulated anxieties about war trauma and the Cold War. This article illustrates how an interconnected movement of rural women, provincial priests, concentration camp survivors, and former prisoners of war based around Marian visions and stigmata emerged as a reaction not only to the Cold War, but also to Americanisation, consumerism, and the Nazi past. To frame the bitter conflicts between Marian pilgrims and Church hierarchy about the recognition of religious miracles, the article utilises Pierre Bourdieu’s concept of ‘religious field’. It also takes into account the gendered character of the conflicts.
A Cold War Museum for Berlin
(2009)
The Cold War is ancient history to young people now. They have no idea of the underlying issues that fueled the Cold War or how it evolved and affected people’s lives. Current college and university students (aged 18-26) were between zero and six years old when the Berlin Wall came down, which is to say they did not live during the Cold War and have no direct understanding of what it was. It really is history to them, seemingly as distant as World War II or maybe even the French Revolution. The Cold War world, of mutually assured destruction, communism vs. capitalism, and Berlin on the front line divided by a wall, has been replaced by fears of terrorism, global warming, and financial crisis.
Sowjetisierung und Amerikanisierung der sozialistischen Staaten gelten als Gegensätze. Als die DDR in den 1960er Jahren eine technische „Auto-Amerikanisierung“ einleitete, lehnte die Sowjetunion diese jedoch keineswegs ab. Sie förderte sie vielmehr im Rahmen eines transnationalen technischen Großprojekts, des „Einheitlichen Systems der Elektronischen Rechentechnik“ (ESER). Die Übernahme westlicher Technik sollte dazu beitragen, den Westen zu „überholen“, ohne ihn zuvor „einholen“ zu müssen. Zugleich fürchtete man in Partei und Staat, dass durch den Technologietransfer auch westliches Gedankengut in die DDR einsickern könnte. Daher wurde dort, wo die Herrschaft der SED gefährdet schien, die Kontrolle schnell wieder verschärft.
1977 schalteten Computerwissenschaftler aus Ost und West erstmals eine Datenverbindung durch den Eisernen Vorhang. Am IIASA in Laxenburg bei Wien arbeiteten sie gemeinsam an der Entwicklung grenzüberschreitender Computernetze. Verbesserte Kommunikationsmöglichkeiten sollten die internationale Forschung stimulieren und einen Forschungsverbund schaffen, der weit mehr als die am Institut ansässigen Wissenschaftler umfasste. Hinzu kam die Vorstellung, mit Hilfe elektronischer Datennetze die Gesellschaften effektiver steuern zu können. Diese Planungsutopien gehören der Vergangenheit an, die Vision der Computernetze jedoch ist mit dem Internet Realität geworden.
Die Zeit der weitreichenden antikommunistischen Repression in den USA zwischen 1947 und 1954, verkürzt als McCarthyism bekannt, ist bis heute ein bedeutsamer Bezugspunkt - sowohl in politischen Debatten wie innerhalb der Historiographie. Während ein erster Abschnitt des Beitrags einen Überblick zum McCarthyism gibt und dabei den Stellenwert von Denunziationen diskutiert, widmet sich ein zweiter Teil am Beispiel des Theater- und Filmregisseurs Elia Kazan konkret der Frage, wie Denunziationen in zeitgenössischen Debatten als liberale, staatsbürgerliche Akte gedeutet und gerechtfertigt wurden. Unter Bezugnahme auf Michel Foucaults Theorie der Gouvernementalität wird erkennbar, dass die zur patriotischen Tat umgedeutete Denunziation für den antikommunistischen Liberalismus nach 1945 die Funktion einer maßgeblichen Selbsttechnologie besaß.
„Großstädte sind unbestimmte Verheißungen“, schreibt Curt Moreck in seinem „Führer durch das ‚lasterhafte‘ Berlin“ aus dem Jahr 1931. „Sie sind Konglomerate von unendlichen Möglichkeiten. Sie sind Labyrinthe, in denen die schönsten Straßen einen nicht ahnen lassen, wohin sie einen führen werden. Wen das Land hineinstößt, der fühlt sich hilflos und wird plötzlich von der Angst überfallen, das zu versäumen, was er kennenlernen möchte, das zu verpassen, was ihm einen Gewinn an Vergnügungen verspricht. [...] Man muß in diesem rauschenden Strudel untertauchen, sich darin verlieren, aber nicht ohne sich wiederzufinden. Man muß den Irrwegen nachgehen, aber nicht ohne das Ziel zu kennen. Man wird sich nach einem Führer umsehen müssen. Ohne den Führer verliert man kostbare Zeit, die man besser dem Genuß widmet. Man muß sich die Erfahrungen anderer zunutze machen.“
Mit dem Abkommen über die deutsche Wirtschafts- und Währungsunion galten ab 1. Juli 1990 die Bedingungen der Europäischen Gemeinschaft (EG) auch für das Gebiet der DDR. Damit war der zweite deutsche Staat dort angekommen, wo die SED-Führung nie hin wollte: in der westeuropäischen Integration. Das „Haus Europa“, das nach der Vorstellung Erich Honeckers stets Platz für zwei unterschiedliche gesellschaftliche Systeme bieten
sollte, erhielt so die Umrisse einer „Hausordnung“, die in den außenpolitischen Konzepten führender Staatsmänner weder in West noch in Ost in den vorhergehenden vierzig Jahren ernsthaft erwogen worden war. Während die Integration in Westeuropa aber bis zum Ende der achtziger Jahre sichtbare Ergebnisse und konkrete Pläne für die wirtschaftliche, politische und militärische Zukunft der westlichen Gemeinschaft hervorgebracht hatte, fielen der Ostblock und mit ihm seine Bündnissysteme in sich zusammen. Sang- und
klanglos wurde am 25. Februar 1991 der Warschauer Vertrag beendet. Am 28. Juni 1991 löste sich der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) auf, ohne dass ersichtlich wurde, welche konkreten Vorstellungen die früheren Ostblockstaaten von ihrer zukünftigen Rolle in einem Gesamteuropa hatten.
Die Anerkennung der Warschauer Regierung durch Großbritannien und die USA am 5. Juli 1945 bedeutete gleichzeitig die völkerrechtliche Aberkennung der polnischen Regierung in London. Anders als freie Regierungen Frankreichs, Belgiens, Hollands und anderer Exilregierungen, die während der Nazibesatzung in Großbritannien Zuflucht fanden und nach der Befreiung heimkehrten, konnte die polnische Exilregierung in London nicht dasselbe tun, weil Polen unter einer kommunistischen Regierung kein freies Land war. Die Mitglieder der polnischen Exilregierung konnten nur als Privatpersonen nach Polen zurückkehren und auch dann unter hohem Risiko, weil sich ihre politischen Überzeugungen von denen der neuen Regierung grundsätzlich unterschieden.
Geopolitik in der Emigration. Die Denkaufgabe 'Europa' in der Publizistik von Juliusz Mieroszewski
(2008)
Die Pariser Emigrantenzeitschrift Kultura und ihr Chefredakteur Jerzy Giedroyc galten als ein Mythos im öffentlichen Bewusstsein der Polen sowohl zur Zeit des Kommunismus als auch nach seinem Zusammenbruch. Grażyna Pomian, die Herausgeberin einer zweibändigen Auswahl der Publizistik des Literaturinstituts in Maisons-Laffitte bei Paris, wo sich das geistige Zentrum des Periodikums befand, stellte fest: „1989 bekannte sich fast die ganze Opposition zur Lektüre der Kultura. Sogar diejenigen, die sie nie in der Hand gehalten hatten oder vielleicht nie vorher von ihr gehört hatten, verkündeten allen und überall, dass sie mit der Kultura aufgewachsen sind.“ Vielleicht war es das Bedürfnis, sich angesichts der grauen Realität des Kommunismus in die erhabene Welt der Intellektuellen zu begeben? Oder war es danach, im demokratischen Polen, der Wunsch, sich zu dem zu bekennen und sich mit dem zu identifizieren, wofür man in den vorangegangenen Jahrzehnten nicht die Kraft und den Mut gehabt hatte? Nach 1945 gelang es nicht vielen, an die Überwindung der sich auf dem ostmitteleuropäischen Territorium ausbreitenden Krake des Kommunismus zu glauben. Diejenigen, welche diesen Glauben in der Nachkriegszeit hegten und ihn mit immer neuen Mitteln und Konzepten aufrechtzuerhalten versuchten, wurden oft als realitätsferne Visionäre betrachtet.