Kalter Krieg
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Der Western im Osten. Genre, Zeitlichkeit und Authentizität im DEFA- und im Hollywood-Western
(2004)
„Die Söhne der großen Bärin“ (1966) war der erste von insgesamt 13 Westernfilmen der DEFA. Die Resonanz des DDR-Publikums war überwältigend – ähnlich wie bei den Karl-May-Verfilmungen in der Bundesrepublik. Der Anspruch der DEFA lautete, „Abenteuerfilme in historischem Gewand“ zu zeigen. Durch geschichtliche Korrektheit wollte man den Gründungsmythos der USA, der im Filmgenre des Western massenmediale Verbreitung erfahren hatte, und auch das tagespolitische Geschehen kritisch kommentieren. Bei einem Vergleich des DEFA-Films „Ulzana“ (1974) und der US-Produktion „Broken Arrow“ (1950), die beide Authentizität reklamierten, wird deutlich, wie an Konventionen von Filmgenres angeknüpft und zugleich durch eine Fiktion von historischer Realität versucht wurde, diese Konventionen zu überwinden. Der Aufsatz untersucht, ob und inwieweit die DEFA-Produktionen das Genre Western ästhetisch und inhaltlich umwandelten.
Von ihren Lebensläufen her könnten sie kaum unterschiedlicher sein: Georg Picht, 1913 als Sohn des damals als Vordenker der „Erwachsenenbildung“ geltenden Werner Picht geboren, entschied sich früh für die akademische Laufbahn. Er studierte Philosophie und Pädagogik, arbeitete als Assistent an der Universität Freiburg und wurde 1942 zum Dr. phil. promoviert. Johannes Hörnig, Jahrgang 1921, arbeitete hingegen als Schlosser, nahm von 1940 bis 1945 als Wehrmachtssoldat am Zweiten Weltkrieg teil und erwarb erst 1952 sein Diplom in Gesellschaftswissenschaften. Während Picht dem evangelischen Milieu entstammte, engagierte sich Hörnig direkt nach dem Krieg in der SPD und dann in der SED. Praktische Erfahrungen im Bildungssektor sammelten beide in Schulen, jedoch auch hier auf unterschiedlichen Ebenen: Während Picht als Schulleiter versuchte, erste reformpädagogische Akzente zu setzen (Förderung der persönlichen Entfaltung der Lernenden durch Gemeinschaftserziehung und Mitverantwortung), war Hörnig als Grundschullehrer tätig.
Am 20. Juni 1949 mussten die Außenminister der Hauptsiegermächte des Zweiten Weltkrieges im Abschlusskommunique ihrer sechsten Konferenz über Deutschland eingestehen, dass die politische und wirtschaftliche Einheit nicht wiederhergestellt werden konnte. Genau ein Vierteljahr zuvor, am 20. März 1949, hatten die drei für die Berliner Westsektoren verantwortlichen westlichen Militärregierungen die seit Juni 1948 in den Westzonen gültige DM der Bank Deutscher Länder (BDL), die Westmark, mit der Währungsergänzungsverordnung (WEVO) zum alleinigen Zahlungsmittel für den Westteil der ehemaligen Reichshauptstadt erklärt. So wurde der unzulängliche Vier-Mächte-,,Halb'Kompromiss beseitigt, der im Zuge der separaten Währungsreformen in den Westzonen sowie der SBZ am 24. Juni 1948 in der Form eines provisorischen Berliner Währungsdualismus entstanden war. Dadurch wurde zugleich die wirtschaftliche Spaltung Berlins zementiert. Die Entscheidung hierzu war vorangetrieben worden durch gemeinsame Initiativen der westsektoralen Wirtschaft und Politik, vor allem maßgeblicher Vertreter des West-Berliner Magistrats wie Emst Reuter und Gustav Klingelhöfer, die unter dem Druck der sowjetischen Blockade standen.
Wir sind das Volk ist ein Strategie-Brettspiel, in dem der historische Verlauf der innerdeutschen Teilung spielerisch nacherzählt und erlebbar wird. Entwickelt von Peer Sylvester und Richard Sivélerschien es 2014 im Histogame Verlag. Motiviert wurde die Entwicklung durch das Interesse Sylvesters am Konzept „zwei[er] getrennte[r] Staaten, die sich nebeneinander entwickeln und miteinander konkurrieren.“ [1] Das Spiel ist nicht primär geschichtspolitisch motiviert, kann aber durch das kontrafaktische Spielprinzip einen besonderen Beitrag zur Erinnerungskultur leisten. Das Spiel erhielt viel positive Resonanz und wurde insbesondere für seine Rahmenhandlung und die Spielmechanik gelobt.
Am 2. Oktober 1985 tagte der Unterausschuss für Sicherheit und Terrorismus des US-Senats anlässlich eines ebenso ungewöhnlichen wie aktuellen Themas: Es ging um die wachsende Zahl so genannter Söldnerschulen und paramilitärischer Ausbildungscamps auf amerikanischem Boden. Am Rande diskutierten die Senatoren über die Verbreitung von Publikationen, die das Söldnerleben glorifizierten. Der demokratische US-Senator Patrick Leahy aus Vermont äußerte sich besorgt über die Entstehung einer »zusammenhängenden Söldnerbewegung«: Bei einigen Mitgliedern dieser Szene möge es sich zwar um »übergewichtige Wochenendkrieger« handeln, doch andere seien »gefährliche Individuen« verschiedener Herkunft und Affiliation – oder US-Bürger, die durch ihre Aktivitäten außenpolitische Schäden verursachten. Die Anhörung war nur eine von mehreren parlamentarischen Untersuchungen, die sich seit Mitte der 1970er-Jahre mit dem Söldnerproblem der USA beschäftigten. Zugleich häuften sich Zivilklagen gegen Söldnerzeitschriften, Anti-Söldner-Komitees von besorgten Bürgern und journalistische Enthüllungsstories. Dies alles waren Reaktionen auf ein Phänomen, das der Autor Peter Tickler als »obsessive amerikanische Begeisterung für den Lebensstil des Söldners« beschrieb.
Wirtschaftskammem sind öffentlich-rechtlich verfasste Einrichtungen zur wirtschaftlichen Selbstverwaltung und gelten als typisch für korporative Marktwirtschaften, wie sie das Deutsche Kaiserreich und die Weimarer Republik kannte und auch die Bundesrepublik noch immer kennt. In einer korporativen Marktwirtschaft dienen Wirtschaftskammem - hierin den freien Berufs-, Fach- und Unternehmerverbänden recht ähnlich - in erster Linie der Selbstverwaltung, Interessenvertretung und Repräsentanz des gewerblichen Mittelstandes, nehmen darüber hinaus aber auch gewisse staatliche Aufsichts- und Kontrollaufgaben gegenüber ihren Mitgliedern wahr. Vor diesem Hintergrund ist es auf den ersten Blick etwas erstaunlich festzustellen, dass Wirtschaftskammem auch in der Planwirtschaft der DDR existierten. Stehen zentraladministrative Planwirtschaft und wirtschaftliche Selbstverwal-tung nicht in einem grundsätzlichen Widerspruch zueinander? Was war die raison d’etre der Wirtschaftskammem in der DDR? Stellten sie lediglich Übergangserscheinungen dar, die nur deshalb toleriert wurden, weil sie sich bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Probleme der unmittelbaren Nachkriegszeit als nützlich erwiesen und die öffentliche Verwaltung ohne ihre Unterstützung hoffnungslos überfordert gewesen wäre? Verloren sie angesichts der immer stärkeren Verdrängung der Privatwirtschaft im Zuge des „Aufbaus des Sozialis-mus“ ihre Existenzberechtigung? Oder bewirkte die sich verschärfende Systemkonkurrenz des Kalten Krieges einen spezifischen Wandel ihrer Funktionen, so dass sie - vielleicht gerade weil sie eigentlich „systemfremde“ Institutionen waren, die zur politischen Kommunikation mit dem konkurrierenden westlichen System gebraucht wurden - dauerhaft bestehen konnten?
Spätestens seit die französischen Revolutionäre die Verwaltungsakten der Krone 1794 zu öffentlichem Eigentum erklärten, ist die Frage nach der Freigabe und Nutzung staatlichen Schriftguts ein Politikum. Welche Informationen welchem Personenkreis zu welchem Zeitpunkt und Zweck zugänglich sind, war und ist umstritten – ganz gleich, ob die Akten noch in Gebrauch sind oder bereits archiviert wurden. Die Entscheidung darüber, welche Daten vernichtet oder archiviert, veröffentlicht oder verheimlicht werden sollen, ist dabei nur zum Teil die Folge jener historiographischen Bedürfnisse, technisch-kulturellen Entwicklungen und juristischen Vorgaben, die momentan im Zentrum deutscher Debatten um das Recht auf Aktenzugang stehen. Viel häufiger war die Freigabe von Akten beziehungsweise der Ausbau von Datenschutzbestimmungen das Ergebnis machtpolitischer Aushandlungsprozesse, bei denen gesellschaftliche Kräfteverhältnisse und internationale Konfliktlagen den Ausschlag gaben – manchmal in aller Öffentlichkeit, nicht selten aber auch hinter verschlossenen Türen. Die hier versammelten Beiträge über die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Griechenland und Südamerika sollen dazu anregen, derartige Auseinandersetzungen international vergleichend zu historisieren und dabei auch nach Transferprozessen zu fragen.
Die politische und wirtschaftliche Krise in der Tschechoslowakei 1953 und Versuche ihrer Überwindung
(1999)
Die Verhaftung einer Reihe führender Persönlichkeiten der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KPTsch) im Laufe des Jahres 1951, ihre Verurteilung in gespenstischen Schauprozessen und schließlich die Hinrichtung einiger von ihnen im Jahre 1952 erschütterten die kommunistische Parteimaschinerie in ihren Grundfesten. Die Verfolgung der „Agenten des Imperialismus“ im innersten Kreis der Partei zog immer weitere Kreise. Niemand war vor ihr sicher. Es mußten nicht nur diejenigen ihre Positionen verlassen, gegen die von der Staatssicherheit (Stätni bezpecnost, StB) ermittelt wurde, sondern auch ihre nächsten Mitarbeiter und manchmal sogar ihre Verwandten. Die Funktionäre und Mitglieder der KPTsch befiel ein bisher unbekanntes Gefühl der Unsicherheit, das ihre bis dato festgefügten Reihen ins Wanken brachte.
Von Feinden zu Freunden? Eine Geschichte der US-Militärpräsenz in West-Berlin und der transatlantischen Beziehungen.
In den Nachkriegsjahren entstand eine Meistererzählung, die noch heute die Geschichte der Beziehungen zwischen West-Berlin und den USA prägt: Die sowjetische Blockade 1948/49 habe die USA zur wichtigsten »Schutzmacht« des bedrohten »Vorpostens der Freiheit« inmitten der DDR werden lassen. Aus den einstigen Feinden seien damals Freunde geworden, die erst abzogen, als ihre Mission 1989 /90 erfüllt war. Dieser linearen Erfolgsgeschichte stehen Bilder von Protesten gegen den Vietnamkrieg oder im Umfeld der Besuche des US-Präsidenten Ronald Reagan diametral entgegen.
Stefanie Eisenhuth fügt diese widersprüchlichen Elemente zu einer neuen Erzählung zusammen, die sowohl die Höhe- als auch die Tiefpunkte des transatlantischen Verhältnisses erörtert. Sie fragt nach der Wahrnehmung und Deutung der US-Militärpräsenz sowie nach den Bedingungen des deutsch-amerikanischen Zusammenlebens in einer Stadt, die eine räumliche Abgrenzung nur bedingt erlaubte und zudem von enormer symbolischer Bedeutung war. Sie analysiert Begegnungen auf offizieller und informeller Ebene, individuelle und inszenierte Freundschaftsbekundungen, organisierte Proteste und Konflikte in West- sowie in Ost-Berlin zwischen 1945 und 1994.
Die Teilung Europas und ihre Überwindung. Überlegungen zu einem Ausstellungskonzept für Berlin
(2009)
Die von Winston Churchill in seiner Fulton-Rede über den „Eisernen Vorhang“ im März 1946 konstatierte Teilung Europas war eine zentrale, wenn nicht sogar die wichtigste Entwicklung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie zerriss nicht nur die Stadt Berlin, sondern auch Deutschland und den gesamten europäischen Kontinent, indem sie eine physische Barriere zwischen dem Osten und dem Westen errichtete, die zumindest nach dem Mauerbau immer schwerer zu überwinden wurde. Im Kalten Krieg gruppierten sich die europäischen Länder in ideologische Lager und bildeten zwei militärische Bündnissysteme, die sich feindlich gegenüberstanden. Während sich der Westen im Rahmen der EG auch ökonomisch allmählich integrierte, gelang dieser Prozess im Osten mit dem COMECON nur teilweise. Wegen der manifesten Krisen von 1948/49 und 1958-1961 sowie dem Bau der Mauer wurde die frühere deutsche Hauptstadt Berlin zum Symbol dieser Auseinandersetzung der Blöcke. Da sich der Konflikt aufgrund des Viermächtestatus hier verdichtete, wäre Berlin auch der geeignete Ort, um die gegenseitige Bedrohung in einem Museum anschaulich zu machen. Die Überwindung der Folgen der Teilung Europas bleibt eine wichtige Aufgabe der gegenwärtigen Politik; deshalb müsste eine solche Einrichtung nicht nur die vergangenen Spannungen musealisieren, sondern sollte auch das Potenzial der Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Zukunft verdeutlichen.
Dass im Grand Prix d’Eurovision de la Chanson 1982 „ausgerechnet eine deutschsprachige Interpretin mit einem Friedenslied bei den europäischen Nachbarn punktete“, kann nur im Rückblick verwundern. Im Gegenteil, es war ein professionell geplanter Zufall, dass der Produzent und Komponist Ralph Siegel und der Autor Bernd Meinunger mit „Ein bißchen Frieden“ – vorgetragen von Nicole – Erfolg hatten. Das Lied passte offenbar perfekt in die Zeit: Anfang der 1980er-Jahre gehörte „Frieden“ nicht allein in der Bundesrepublik zu den politisch und emotional besonders stark aufgeladenen Begriffen. Die Friedensbewegung mit ihren Protesten gegen den NATO-Doppelbeschluss war omnipräsent. Zudem war Großbritannien, das Gastgeberland des Grand Prix, just im April 1982 in einen „heißen“ Krieg verwickelt (dies hatten Siegel und Meinunger natürlich nicht vorausahnen können). Am Tag nach der Austragung des Wettbewerbs sollte der erste britische Flottenverband im Südatlantik eintreffen, um die kurz zuvor von Argentinien besetzten Falklandinseln zurückzuerobern. Nicole gewann daher auch das sonst deutschen Schlagern gegenüber wenig aufgeschlossene britische Publikum und hielt sich dort (mit der englischen Fassung) 2 Wochen an der Spitze der Charts. Völlig unangefochten holte sie mit 161 von 204 Punkten den Sieg und damit – nach 27 Jahren Grand Prix – diesen Preis zum ersten Mal „für Deutschland“.
Politische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Krisen haben im beginnenden 21. Jahrhundert mehr denn je einen globalen Zuschnitt. Wenn die Weltwirtschaft ins Wanken gerät, wenn die internationale Staatengemeinschaft Maßnahmen gegen Hungerkatastrophen zu ergreifen versucht, wenn ein nuklearer Unfall (wie zuletzt im Frühjahr 2011 in Japan) weltweite Auswirkungen zeitigt oder wenn vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag die Verantwortlichen für die Massaker während des Jugoslawienkonflikts zur Rechenschaft gezogen werden – stets rückt die zwischenstaatliche, internationale Verständigung auf die Agenda. Auch die zeithistorische Forschung geht im frühen 21. Jahrhundert in wachsendem Maße über den Nationalstaat hinaus. Viele Arbeiten wählen einen europäischen Rahmen, erste Studien integrieren globalhistorische Bezüge. Eine gesteigerte Aufmerksamkeit kommt außerdem der lange Zeit von vielen nur wenig beachteten internationalen Sphäre zu. Der im Zeitalter der Extreme oft vergessene Internationalismus der Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg erlebt nun in der Historiographie ein breites Comeback.
Die zentralen deutschen Behörden und der Nationalsozialismus – Stand und Perspektiven der Forschung
(2016)
Die Studie bietet eine zusammenfassende Bestandsaufnahme der von Bundesministerien und oberen Bundesbehörden unterstützten Forschungsprojekte zur Geschichte der eigenen Institutionen, die neben der NS-Zeit auch den Umgang mit dieser Vergangenheit in der Nachkriegszeit thematisieren. Darüber hinaus macht sie Vorschläge, bei welchen bislang noch nicht berücksichtigten Einrichtungen eine Untersuchung besonders lohnenswert sein könnte, und skizziert mögliche Perspektiven der weiteren Behördenaufarbeitung.
Am 12. Oktober 1960 ergriff Nikita Sergeevič Chruščev in der UNO während der Rede des philippinischen Delegierten Lorenzo Sumolong seinen Schuh, schlug damit auf seinen Tisch und ereiferte sich: „Warum darf dieser Nichtsnutz, dieser Speichellecker, dieser Fatzke, dieser Imperialistenknecht und Dummkopf – warum darf dieser Lakai der amerikanischen Imperialisten hier Fragen behandeln, die nicht zur Sache gehören?“ Chruščev war zunächst mit seinem Auftritt sehr zufrieden – er berichtete seinem Berater Oleg Trojanovskij, er habe etwas verpasst; sie hätten großen Spaß gehabt. Die sowjetische Presse verschwieg den Vorfall, während sich die westliche über die „Schusterdiplomatie“ halb ereiferte, halb amüsierte. Interessant ist, dass hier vollkommen unterschiedliche Vorstellungen von „Diplomatie“ zum Ausdruck kamen. Während der konsternierte Chruščev meinte, die UNO sei ein Parlament wie das House of Commons in London, wo es zur Kultur des Hauses gehöre, durch Raunen, Rufen und Gesten seinen Unmut kundzutun, fand die westliche diplomatische Welt ihr Urteil bestätigt, dass der sowjetische Partei- und Regierungschef im besten Fall ein Politclown, im schlechtesten einfach unzurechnungsfähig sei. Der berühmte Vorfall in der UNO macht deutlich, dass auf westlicher Seite eine klare Norm diplomatischen Verhaltens existierte, an der Chruščev gemessen wurde, während dieser experimentierte, improvisierte und etwaige Normen ignorierte.
Das Strategiespiel Geopolitique 1990 simuliert den Kalten Krieg auf diplomatischer, ökonomischer und militärischer Ebene. In dem 1983 bei SSI (Strategic Simulations, Inc.) für Commodore 64 und Apple II erschienenen Computerspiel verfolgen die SpielerInnen das Ziel, das Mächtegleichgewicht nachhaltig zugunsten der USA zu verschieben. Dazu bringen sie auf einer vereinfachten, eher schemenhaften Weltkarte andere Staaten, minor powers, mit Hilfe politischer Diplomatie oder militärischer Intervention in politische Abhängigkeitsverhältnisse.
Der „Kalte Krieg“, so er sich denn als sinnvoller Epochenbegriff durchsetzt, sollte vorerst nicht insgesamt musealisiert werden. Eine Darstellung der Teilung Berlins, Deutschlands und Europas, aber auch der wechselnden und fortdauernden Verflechtungen würde einen bescheideneren und angemesseneren Rahmen bilden. Eine Ausstellung könnte dabei ein Kern sein, sollte jedoch vor allem eines leisten: eine vielfältige Erinnerungslandschaft in Berlin, in Deutschland, in Europa erschließen und neugierig auf sie machen.
*Der Beitrag ist in gekürzter Form auch im Begleitkatalog zu der Sonderausstellung "1870/71. Reichsgründung in Versailles" der Otto-von-Bismarck-Stiftung in Friedrichsruh erschienen (Die DDR und die Reichsgründung, in: Ulrich Lappenküper/Maik Ohnezeit (Hrsg.), 1870/71. Reichsgründung in Versailles, Friedrichsruh 2021, S. 200-205).
Eine »Völkerwanderung«? Die Flucht aus Rumänien und die Flüchtlingspolitik in Österreich um 1990
(2023)
Als sich 1989 der »Eiserne Vorhang« in Europa öffnete, waren im »Westen« die Ängste vor einem ungeregelten Zuzug aus dem sich auflösenden »Ostblock« groß. Dass die Einreise von rumänischen Staatsbürger:innen Anfang der 1990er-Jahre tatsächlich zunahm, wurde als Beleg für die Befürchtungen gesehen. Die Frage nach dem Umgang mit Flüchtlingen aus Rumänien prägte die Auseinandersetzung über Flucht und Migration in Europa jedoch bereits seit Mitte der 1980er-Jahre – auch innerhalb des sozialistischen »Blocks«. Wegen der prekären Wirtschaftslage und der repressiven Politik des Ceaușescu-Regimes versuchten immer mehr Menschen Rumänien zu verlassen. Ihre erste Station war meist Ungarn, das als Reaktion auf die Fluchtbewegung 1989 der Genfer Flüchtlingskonvention beitrat und die Arbeit des UNHCR im eigenen Land zuließ, wovon im Sommer 1989 auch Bürger:innen aus der DDR profitierten, die über Ungarn und Österreich in die Bundesrepublik gelangen wollten. Die internationale Hilfe knüpfte an die Erwartung an, dass durch eine bessere Versorgung in Ungarn der Migrationsdruck auf den »Westen« reduziert werden könne. Diese Hoffnung teilte auch Österreich, wo fremdenfeindliche Stimmungen gegenüber Rumän:innen die Asyl- und Flüchtlingspolitik für die kommenden Jahrzehnte prägten.
Moskau, Anfang Februar 1974. Der Moskau-Gor’kij-Nachtzug, der die sowjetische Hauptstadt mit der 450 Kilometer weiter nordöstlich gelegenen Industriestadt verband, hatte an diesem Abend eine Schar illustrer Fahrgäste – darunter die bekannte Jazzband »Melodija« unter Georgij Garanjan, ein ganzes Symphonieorchester, bekannte Musikkritiker und zahlreiche Musikenthusiasten. Sie alle folgten dem Dirigenten Gennadij Roždestvenskij, der bereits einen Tag zuvor angereist war, um in Gor’kij (heute Nižnij Novgorod) die letzten Vorbereitungen für die Uraufführung einer Symphonie zu treffen. Ein vielversprechender Komponist mit dem Namen Alfred Schnittke (russ. Al’fred Garrievič Šnitke, 1934–1998) hatte sein erstes symphonisches Werk vorgelegt. Schon sein Abschlusswerk am Moskauer Konservatorium, das Oratorium »Nagasaki« (1958), hatte für Aufsehen und heftige Diskussionen gesorgt. Eine Vielzahl kammermusikalischer und konzertanter Werke war seitdem zur Aufführung gekommen. Die erste Symphonie eines solchen Komponisten versprach aufregende Klänge und neue Perspektiven für die künftige Musikentwicklung. Gespannt warteten die Zuhörer nach ihrer Ankunft im Konzertsaal des Kremls von Gor’kij, welche musikalischen Eindrücke sie erleben würden. Sie wurden nicht enttäuscht.
Die Frage, wie es vom „Einholen wollen“ der Ära Ulbricht zum - letztlich gescheiterten - „Aufholen müssen“ unter Honecker/Mittag kam, ist die Frage nach der Fähigkeit der DDR-Planwirtschaft, mit technischen Neuerungen umzugehen, Industrieinnovationen zu ermöglichen. Die offensichtlich unzureichende Innovationsfähigkeit der DDR-Planwirtschaft ist zweifellos eine der zentralen Ursachen dafür, daß die DDR im Wettbewerb mit der Bundesrepublik Deutschland unterlag. Der folgende Aufsatz, Zwischenergebnis eines größeren Projektes am FSP Zeithistorische Studien, versucht, sich dem komplexen Problem der Ursachen für die Innovationsschwäche der DDR am Beispiel der seit den 1960er Jahren in allen entwickelten Industrieländern auf der Tagesordnung stehenden Modernisierung des Werkzeugmaschinenbaus durch Innovationen auf dem Gebiet numerischer Steuerungen zu nähern. Dabei wird - mit Spur - davon ausgegangen, daß die damit ermöglichte flexible Automatisierung eines der zentralen Probleme der Bewältigung der wissenschaftlich-technischen Revolution in den 1960er bis 1980er Jahren war und die Ausstattung der Werkzeugmaschinen mit mikroelektronischen Steuerungen ein mehr als eine Branche betreffender innovativer Vorgang darstellte.