Kommunikation
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Radio Luxemburg gilt als Sonderfall in der deutschen Rundfunkgeschichte: Ab 1957 strahlte der kommerzielle Radiosender mit Sitz im Großherzogtum ein deutschsprachiges Hörfunkprogramm ins Nachbarland aus. Damit importierte er bis dato ungekannte Marktlogiken und Marketingstrategien in das bundesdeutsche Mediensystem. Die Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Hörfunks standen somit vor großen Herausforderungen: Während sie sich vor allem dem gesetzlichen Programmauftrag verpflichtet fühlten, orientierte sich Radio Luxemburg fast ausschließlich an der Nachfrage des Publikums. Von beiden Seiten fanden inhaltliche Annäherungsprozesse statt. Der Rundfunk als primäres Kulturgut wandelte sich immer stärker zu einem Wirtschaftsgut.
Katja Berg zeigt, welche Debatten und Veränderungen aus der Konfrontation zweier unterschiedlicher Rundfunksysteme folgten. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass durch die Existenz Radio Luxemburgs in der Bundesrepublik de facto bereits vor der Liberalisierung des Rundfunks in den 1980er Jahren ein duales Mediensystem entstand.
Wahrnehmungen, Gebrauchsweisen und sozioökonomische Folgen der Computernutzung bis zum Aufkommen des PCs.
Die Verbreitung des Computers zählt zu den wichtigsten Veränderungen der jüngeren Zeitgeschichte. Bereits seit Mitte der 1950er Jahre setzten zunächst große Unternehmen und Behörden, dann auch das Militär und Sicherheitsdienste zunehmend Computer ein. Die Zeitgenossen diskutierten intensiv die Auswirkungen der Computernutzung und bewerteten sie als einen tiefgreifenden Umbruch. Dennoch hat sich die Zeitgeschichtsforschung bislang kaum mit dem Beginn des digitalen Zeitalters beschäftigt.
Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes untersuchen die Verbindungen zwischen technischem und gesellschaftlichem Wandel als einen evolutionären Prozess, der selten gradlinig verlief. Klassische Themen der Zeitgeschichtsforschung, wie die Geschichte der Inneren Sicherheit, des Wohlfahrtsstaats und des Bankenwesens, der Arbeitswelt, der Verwaltung, aber auch von Protest- und Subkulturen werden auf diese Weise neu betrachtet. Dabei wird aufgezeigt, inwieweit Computer die Kontroll-, Betriebs- und Machtgefüge veränderten. Die Bundesrepublik steht im Vordergrund, jedoch mit vielfältigen Seitenblicken auf grenzübergreifende Verflechtungen.
Hacker und Haecksen zählen zur Avantgarde der Computerisierung. Seit den späten 1970er-Jahren bildeten sie sich in der Bundesrepublik und in der DDR zu eigensinnigen ComputernutzerInnen mit einschlägigem Wissen heraus. Sie eigneten sich das Medium spielerisch an, schufen Kontakträume und brachten sich so aktiv in den Prozess der Computerisierung ein. Durch ihre Grenzüberschreitungen zeigten sie dabei Chancen und Risiken der Digitalisierung auf.
Julia Gül Erdogan geht der Entstehung der Hackerkulturen in Ost- und Westdeutschland nach. Sie analysiert, wie deren teils subversive Praktiken Machtgefüge in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft herausforderten. Zugleich verdeutlicht die Arbeit Gemeinsamkeiten und Unterschiede der frühen sub- und gegenkulturellen Computernutzung in den beiden deutschen Teilstaaten.
Radio Luxembourg war in der europäischen Rundfunklandschaft der Nachkriegszeit eine Ausnahme: Die privatkommerzielle Radiostation sendete werbefinanzierte Unterhaltungsprogramme in die benachbarten Staaten und erreichte damit ein Millionenpublikum. Die Autorin Anna Jehle zeigt anhand verschiedener Untersuchungsfelder - der Unternehmens- und Programmgeschichte, der Zielgruppen, der Marketingaktivitäten und des Werbezeitenverkaufs -, wie eng die Entwicklung der Konsumgesellschaft im Frankreich der sogenannten trente glorieuses mit der Verbreitung und Nutzung des Radios verbunden war. Mit seinem ganz auf Massenkonsum ausgerichteten Rundfunkkonzept war Radio Luxembourg nicht nur integraler Bestandteil, sondern auch Katalysator und Agent der Konsummoderne. Dies hatte weitreichende Auswirkungen für das französische Rundfunksystem, das sich unter dem Einfluss Radio Luxembourgs kommerzialisierte, und zwar bereits lange vor der Deregulierung des Rundfunks in den 1980er Jahren.
Christoph Classen, Achim Saupe, Hans-Ulrich Wagner
Wie stellt sich das Verhältnis von Authentizität, Medien und Geschichte
unter den Bedingungen der fortgeschrittenen Moderne dar? Der Sammelband
führt kursorisch in dieses Dreiecksverhältnis ein und zeigt die Probleme
auf, in die das Konzept von Authentizität angesichts der
Unvermeidbarkeit von Medien in historischen und generell kommunikativen
Zusammenhängen führt.
Mit Beiträgen von: Christoph Classen, Miriam Frank, Juliane Hornung,
Judith Keilbach, Sylvia Kesper-Biermann, Georg Koch, Helmut Lethen,
Michael Ostheimer, Raphael Rauch, Brigitte Sahler, Magdalena
Saryusz-Wolska, Achim Saupe, Franziska Schaaf, Julia Schumacher, Daniel
Siemens, Katja Stopka, Hans-Ulrich Wagner
Öffentliche Geheimnisse. Skandale, Politik und Medien in Deutschland und Großbritannien 1880-1914
(2009)
Im ausgehenden 19. Jahrhundert traten in ganz Westeuropa zahllose spektakuläre Skandale auf. Es kam zu Enthüllungen über Korruption, Ehebrüche und koloniale Gewalt, die zu politischen Krisen und grenzübergreifender Empörung führten. Frank Bösch untersucht diese politischen Skandale erstmalig systematisch, international vergleichend und anhand von umfassenden Archivquellen. Er analysiert Verlauf und Wirkungen der Skandale und fragt, inwieweit sie die politische Kommunikation, Machtstrukturen und kulturellen Normen beeinflussten. Zudem zeigt die Studie, wie sich in Deutschland und Großbritannien das Verhältnis von Politik, Medien und Öffentlichkeit veränderte und verdeutlicht die Interaktionen und Annäherungen zwischen den beiden Ländern.