Kunst
Refine
Year of publication
Document Type
- Online Publication (20) (remove)
Language
- German (20) (remove)
Has Fulltext
- yes (20)
Is part of the Bibliography
- no (20) (remove)
Historische Erzählungen und Kunstwerke von und über LSBTIQ*s sind in deutschen Museen immer noch unterrepräsentiert. Sind sie doch vorhanden, ist die Darstellung oft einseitig. Wahrlich queere Zugänge zu Ausstellungen und musealen Sammlungen sind noch rarer gesät. Wo das Problem liegt und wie geglückte Versuche aussehen können, davon erzählt dieser Essay.
In der DDR entwickelte sich eine staatssozialistische „Geltungskunst“, die man als „DDR-Kunst“ oder „Kunst der DDR“ bezeichnen könnte im Unterschied zu den vielfältigeren Formen einer „Kunst in der DDR“. Diese mit dem politischen Projekt eng verbundene Kunst sollte von allen historischen wie zeitgenössischen Moderne-Anhaftungen bereinigt werden, was in der Komplexität künstlerischer Produktions- und Rezeptionsweisen allerdings nur ansatzweise gelang. Auch wenn der Wirkungsgrad jener an einer didaktischen Symbolisierung der sozialistischen Leitideen beteiligten Künste die Erwartungen der Machthaber nur unzureichend erfüllte, so blieb die Kunst des „Sozialistischen Realismus“ doch innen- wie außenpolitisch ein unverzichtbares Instrument der Herrschaftslegitimation. Die SED-Funktionäre versuchten, den „Sozialistischen Realismus“ als Widerpart zum westlichen Modell einer kosmopolitischen „Weltkunst“ in Stellung zu bringen. Somit wurde für die offizialkulturelle Kunstproduktion der DDR anstatt des intrinsischen Moderne-Konfliktes zwischen Autonomie und institutionalisierter Kunst von Anbeginn eine andere Gegensatzspannung prägend – die zwischen Ost und West.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erschien ein völlig neues Printmedium in den Auslagen der Buchhandlungen. Es handelte sich um meist auf billigem Papier gefertigte farbenfrohe Einblattdrucke. Ihre Größe war mit ungefähr 43 x 34 cm sehr einheitlich. Umso heterogener waren die abgebildeten Motive und ebenso vielfältig ihre Verwendbarkeit. Damit war ein Produkt auf den Markt geworfen, das flexibel genug war, um über ein Jahrhundert als Ware zu überdauern. Dies macht den Bilderbogen zu einem ungemein wertvollen materiellen Zeugnis des 19. Jahrhunderts.
Wer zu ergründen sucht, welche diskursiven Vorbedingungen die heutige Unterrepräsentanz von Frauen in der Wissenschaft hat, wage einen Blick in die lange und verschlungene Geschichte der Verbindung von Genus und Genie. Dieser Blick offenbart, welche Begründungsfiguren seit der Antike dazu führten, dass schöpferische Geistigkeit und Weiblichsein lange Zeit als prinzipiell unvereinbar galten und teilweise bis heute gelten. Als Teil einer kritischen Geisteswissenschaftsgeschichte sucht dieser Essay die Hintergrundfolien für einen Ausschluss von Frauen aus der als überzeitlich imaginierten ‚Geniegemeinde‘ zu skizzieren. Zielpunkt ist zu klären, welche Stränge der Geschichte ihrer Nichtintegration in dieselbe auch heute noch spürbare Auswirkungen auf die Stellung von Frauen in der intellektuellen Sphäre und akademischen Arena, der Alma Mater, haben (Scheint das Geschlecht in der heutigen Wissenschaft doch immer noch einen Unterschied zu machen.) Frauen konnten seit den Nullerjahren des 20. Jahrhunderts zwar an der wissenschaftlichen Gemeinschaft partizipieren, universitäre Laufbahnen blieben jedoch noch jahrzehntelang eine Ausnahme. Und nicht zuletzt spiegeln sich einige der diskursiven Gesetzmäßigkeiten früherer Genievorstellungen in rhetorischen Aufwertungsmechanismen im Rahmen aktueller Exzellenzrhetoriken wider.
Eine Mutter mit Kind. Den Blick gesenkt, hat sie ihre Aufmerksamkeit in diesem Moment ganz auf den kleinen Sohn gerichtet. Fest hält sie ihn im Arm, so als befürchte sie, dass ihr jemand ihr Ein und Alles nehmen könnte. Um sie herum verschwimmt die Welt in Dunkelheit. Es ist eine Szene voller Trauer und Hoffnung zugleich, ein würdevoller Augenblick, der in seiner Intimität fast spirituell anmutet – und das überlebensgroß. Festgehalten hat ihn der haitianisch-spanische Street-Art-Künstler Axel Void (bürgerlich: Alejandro Hugo Dorda Mevs) auf 9 mal 9 Metern Fläche einer Gebäudefassade direkt am River Irwell, der Stadtgrenze zwischen Manchester und Salford in Englands Nordwesten. Sein Werk, sagt der Künstler, sei den einfachen Leuten gewidmet, „those with nothing who gave their everything”. Gemeint seien all jene, denen (staatliches) Unrecht widerfuhr: Mutter und Kind stünden als Symbol für die Zehntausenden, „who came to St Peter’s Field that day”. Worauf sich Void dabei konkret bezieht, wird anhand eines Wortes klar, das er quer über sein Bild geschrieben hat: Peterloo.
Der einstmals weitverbreitete Zeitvertreib der Philatelie gilt – ob zu Recht oder zu Unrecht sei einmal dahingestellt – als verstaubte Sammelleidenschaft von Stubenhockern und Philistern. Übersehen wird indes, dass zwei prominente Wegbereiter der kulturwissenschaftlichen Wende in der Geschichtswissenschaft und somit auch der visual history zu dieser im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auftretenden Spezies gehörten. Denn sowohl Aby Warburg als auch Walter Benjamin waren passionierte Briefmarkensammler.
Eine charakteristische Kompaktkamera, ein vertrautes Klick- und Summgeräusch sowie eine quadratische Fotografie mit dickem weißen Rand stehen spätestens seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts für die Marke und die originelle Fototechnik „Polaroid“. Mit einem Sofortbild, das in wenigen Sekunden, ohne Dunkelkammer oder Negativentwicklung, auf fast magische Art und Weise vor den Augen des Machers entsteht, hält das Polaroid-Bild den nie wiederkehrenden Augenblick fest und verkörpert Momenthaftigkeit und Schnelllebigkeit wie kein anderes. Die Fototechnik hat sich ihren Platz in der Geschichte erobert und büßte in den letzten Jahrzehnten wohl gerade deshalb bei Profis, Amateuren und Liebhabern kaum an Charme oder Beliebtheit ein. Für die Ausstellung „Das Polaroid Projekt“ stellte die C|O Berlin Foundation aus den weltweiten Beständen der „Polaroid Collection“ in Cambridge (USA) und Amsterdam rund 250 Polaroid-Bilder neu zusammen. Diese künstlerischen Werke werden durch Kameramodelle, Prototypen und allerhand Ausstellungsstücke ergänzt, sodass sowohl die bedeutende Technik als auch das Phänomen „Polaroid“ umfangreich beleuchtet werden.
Auch der 2014 veröffentlichte Comic „Irmina“, um den es hier gehen soll, entworfen und gezeichnet von der Berliner Comic-Autorin Barbara Yelin, behandelt eine Familiengeschichte im Deutschland der 1930er- und 40er-Jahre. „Irmina“ basiert auf Tagebüchern und Briefen ihrer Großmutter, auf die die Autorin vor einigen Jahren gestoßen ist. Wie nah die Geschichte sich an diesen Aufzeichnungen orientiert, bleibt offen, deutlich wird aber, dass dem Buch ausführliche historische Recherchen zugrunde liegen. Dabei nutzt Yelin, wie ich darlegen möchte, genau jene Potenziale des Comics, die das Medium für die Geschichtsschreibung bereithält.
Comics begleiten die Menschen weltweit schon seit mehr als 100 Jahren in verschiedensten Formen, sei es als Strip in Zeitungen, als klassisches Comic-Heft, als Album und „graphic novel“ oder nunmehr auch in digitaler Form im Internet. Sie sind nicht nur Unterhaltung, sondern immer auch Spiegel unserer Gesellschaften. Als historische Quelle wurden sie jedoch erst relativ spät entdeckt. Wie mit ihnen als Quelle umgegangen werden kann, wird im folgenden Artikel beleuchtet, indem in chronologischer Folge an ausgewählten Beispielen ihre Potenziale als text-bildliche Quelle vorgestellt werden.