1980er
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The paper explores representations of economic reform in Czechoslovakia immediately before and after the fall of the centrally planned economy in 1989/90. By what means was the concept of rapid economic transition towards a liberal market setting mediated into the academic and the public sphere? How did it achieve wide public consent? In the first part, the paper analyzes the Czechoslovak academic discussion about perestroika in the late 1980s, where a rapid liberal transition was cast by a distinct group of younger scholars as the only possible way of reforming the socialist economy. Their training was based above all on Paul A. Samuelson’s canonical textbook Economics, which presented this discipline almost as a natural science with universal standards. Immediately after 1989/90, when some of these scholars assumed executive positions within the new Czechoslovak government, what were at first purely economic ways of reasoning merged with certain images of the national past, creating a mixture of liberal economic knowledge and national exceptionalism.
Seit dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts verreiste die Mehrheit der Westdeutschen mindestens einmal im Jahr. Die Urlaubsreisen wurden zunehmend als Pauschalreisen ins Ausland unternommen und stellten für die meisten Haushalte auch in Krisenzeiten ein zentrales Konsumgut dar. Um sich dem Reiseverhalten eines Großteils der Bevölkerung anzunähern, werden hier Pauschalurlaube in Spanien untersucht. Dank des wachsenden Flugverkehrs entwickelte sich gerade dieses Land in den 1970er- und 1980er-Jahren zum beliebtesten Auslandsreiseziel der Westdeutschen. Von der zeitgenössischen Konsumkritik wurden Pauschalurlaube in Spanien jedoch häufig negativ bewertet; individuelle Ansprüche spielten bei dieser Urlaubsform angeblich keine Rolle. Anhand der Urlaubspraktiken, wie sie sich indirekt aus den Angeboten der Veranstalter sowie zusätzlich aus Fotoalben und Erinnerungsberichten erschließen lassen, ergibt sich ein differenzierteres Bild. Massentourismus und die Erfüllung individueller Vorlieben schlossen sich nicht aus; zudem waren Pauschalreisen mitunter der Einstieg in eine selbstständigere Begegnung mit dem Urlaubsland. Der Aufsatz verdeutlicht damit auch das Potential praxeologischer Ansätze zur Erforschung des bundesdeutschen Massenkonsums insgesamt.
Migration und Mobilität, aber auch der Wunsch danach haben entscheidend zu den einschneidenden politischen, sozialen und kulturellen Transformationen des letzten Drittels des 20. Jahrhunderts beigetragen. Die Forderung nach Reisefreiheit etwa stellte einen wichtigen Auslöser und Beschleuniger für den Umbruch in Osteuropa dar. Zugleich gehörten umfassende Migrationsbewegungen zu den in der Öffentlichkeit besonders stark wahrgenommenen Folgen des Umbruchs. Darüber hinaus sind die Wanderungsbewegungen zwischen Ost und West eine »Verf lechtungsthematik par excellence«, wenn auch die Verflechtung stark asymmetrisch blieb. Mein Beitrag verbindet deshalb die vielfältigen Mobilitätsformen, die Ost und West verbanden, aber auch trennten. Er thematisiert dabei zum einen die Wanderungsbewegungen zwischen Ost- und Westdeutschland und zum anderen die Migration aus anderen Ländern in die Bundesrepublik und die DDR bzw. ins wiedervereinigte Deutschland. Zudem kontextualisiert er beides mit anderen Formen der Mobilität, wie dem Reisen. Wenngleich die Ausländerzahlen in Ostdeutschland bis heute gering blieben, ist darüber hinaus vergleichend nach dem Umgang mit nicht-deutschen (Arbeits-)-MigrantInnen zu fragen und auf die nationalen Selbstverständigungsdebatten angesichts einer wachsenden Zahl Nicht-Deutscher einzugehen. Neben den sozioökonomischen Motiven und Effekten der Migrationsbewegungen sollen auch die kulturellen Auswirkungen, der Wandel der Gesellschaft sowie die Semantik in den Migrationsdebatten analysiert werden.
Die Transformationsprozesse im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts waren begleitet von einem tiefgehenden Wandel des Sicherheitsverständnisses. Das Vertrauen in die sicherheitsstiftende Funktion des Staates schwand, und neue Krisendiskurse entstanden. Der Aufsatz untersucht dies am Beispiel der NATO-Nachrüstung und der Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland um 1980. In der damaligen Auseinandersetzung spiegelt sich ein scharfer Streit über das Verständnis von Sicherheit. Darüber hinaus artikulierte sich in der Kritik der Friedensbewegung am System der nuklearen Abschreckung ein massives Unbehagen an jener technisch-industriellen Modernität, die sich seit dem späten 19. Jahrhundert ausgeformt hatte. Daher ist die „nukleare Krise“ der Zeit um 1980 auch als eine Modernitätskrise zu verstehen. Absolute Sicherheit kann es in der Moderne nicht geben; sie bleibt ein letztlich unerreichbares Ziel – eine Utopie. Gleichwohl entzog der Protest der Friedensbewegung – nicht nur in der Bundesrepublik – der nuklearen Abschreckung ihre politische und moralische Legitimität. Trotz der 1983 durchgesetzten Nachrüstung war die frühere Akzeptanz der Abschreckung in der Endphase des Kalten Kriegs nicht wiederherzustellen.
Als sich im Herbst 1989 Oppositionelle in Gruppen zusammenschlossen, um eine Reform der verkrusteten Herrschaftsstrukturen der DDR im Sinne einer zivilgesellschaftlichen Perspektive zu erzwingen, ging es vor allem um die Zukunft. Heute, gut 20 Jahre danach, geht es um die Vergangenheit – ein gravierender Paradigmenwechsel in der öffentlichen Debatte, der die Frage nach dem Sinn und der Bedeutung einer »Historisierung« politischer Kommunikation provoziert.
Die Mobilisierungskraft der Anti-Apartheid-Bewegungen, die die als rassistisch kritisierte Politik Südafrikas auf die internationale Agenda brachten, ist eines der zentralen Forschungsfelder für die geschichtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Apartheid und den Reaktionen in den westlichen Gesellschaften. Während in den 1960er- und 1970er-Jahren das Aktionsrepertoire der Anti-Apartheid-Bewegungen von Straßenkampagnen und Informationsarbeit geprägt war, wandelte sich in den 1980er-Jahren das Auftreten der US-amerikanischen und europäischen Apartheid-Gegner. Besonders das britische Anti-Apartheid Movement und sein Umfeld hatten erheblichen Anteil an der Etablierung des »Protest[es] gegen die Apartheid als Teil der Massenkultur insbesondere in der Musik«.
Zeitgeschichte ist häufig Streitgeschichte, d.h. Gegenstand nicht nur wissenschaftsinterner, sondern auch in der breiteren Öffentlichkeit geführter Debatten mit hohem Erregungspotenzial. Das Medium Ausstellung unterstützt solche Debatten oder ruft sie überhaupt erst hervor: Ausstellungen erreichen ein größeres Publikum als wissenschaftliche Schriften, bieten einen öffentlichen Kommunikationsraum und ermöglichen je nach Perspektive der Besucher unterschiedliche Lesarten von (Zeit-)Geschichte. Die beiden „Wehrmachtsausstellungen“ des Hamburger Instituts für Sozialforschung haben dies paradigmatisch vor Augen geführt und in ihrer Wirkung selbst die Organisatoren überrascht.
„Computerspiele einschließlich anderer interaktiver Unterhaltungsmedien (Video-/Konsolen-, Online- und Handyspiele) haben in den letzten Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Sie sind in Deutschland wirtschaftlich, technologisch, kulturell und gesellschaftlich zu einem wichtigen Einflussfaktor geworden. [...] Computerspiele transportieren gesellschaftliche Abbilder und thematisieren eigene kulturelle Inhalte. Sie werden damit zu einem bedeutenden Bestandteil des kulturellen Lebens unseres Landes und sind prägend für unsere Gesellschaft.“1 Wie der Beschluss des Deutschen Bundestags zur Einrichtung des Deutschen Computerspielpreises zeigt, der seit 2009 jährlich vergeben wird, werden Computerspiele mittlerweile auch von offizieller Seite als ebenso bedeutsam wahrgenommen wie andere, bereits etablierte Kulturgüter. Diese Entwicklung entspricht in ihrer Grundtendenz derjenigen anderer Medien wie Film oder Comic, deren kulturelle Bedeutung ebenfalls erst einige Zeit nach ihrer Erfindung gesellschaftlich anerkannt und staatlich gefördert wurde.
Am 19. Juli 2001 tagte im Rathaus des nordbayrischen Heroldsbach der Zweckverband zur Wasserversorgung der in der Heroldsbacher Gruppe zusammengefassten Orte. „Weitreichenster (sic) Beschluss“ sei die „Zustimmung zur Übernahme der Unterhaltskosten für die Feuerlöscheinrichtungen (Hydranten) der Kreisstraße und der Bundesstraße“ gewesen, vermerkte die Pressemitteilung. Aber zu Beginn der Sitzung habe der Verbandsrat aus Heroldsbach das Fehlen von Haushaltsunterlagen moniert und im „lebhaften Wortaustausch mit dem Vorsitzenden“ die „Seilschaft zwischen Landratsamt und Gemeinden nach DDR- Muster“ kritisiert. Man wird dieser Episode imschwer zweierlei entnehmen können: Erstens galt die Existenz von Seilschaften in der DDR als ein Faktum. Zweitens erfuhr dieses eine negative Konnotation. Nicht ganz klar ist, ob der pejorative Akzent auf „Seilschaft“ oder auf „DDR“ lag, vielleicht aber auch auf beiden. Wie dem auch sei, hier wurde auf ein Beziehungsgefüge aufmerksam gemacht, das man offenbar in verschiedenen politischen und sozialen Kontexten antreffen konnte. Wie sollte das Phänomen sonst in Heroldsbach auftauchen? Der Hinweis freilich, es handele sich um Seilschaften „nach DDR-Muster“, legte immerhin nahe, dass es auch Seilschaften anderen Musters geben dürfte. Es ist dabei nicht gleich an Strukturen zu denken, wie sie die sizilianische Mafia und ihre Nachahmer in den verschiedensten Ländern der Welt hervorgebracht haben. Aber Personenbündnisse, vielleicht sogar etwas vom Geheimnis umweht, mindestens aber als simple Kungelrunden stehen dann schon vor Augen. Die Annahme eines „DDR-Musters“ setzt jedoch voraus, dass in der DDR Seilschaften sui generis existierten. Es mag lohnend erscheinen, dieser Frage etwas genauer nachzugehen.
Planprojekt Meistererzählung. Die Entstehungsgeschichte des "Lehrbuchs der deutschen Geschichte"
(2000)
Kein anderes historiographisches Unternehmen in der DDR hat im Kampf um die Deutungshoheit über die Vergangenheit eine so umfassende Rolle gespielt wie das Hochschullehrbuch der deutschen Geschichte. Es unterfing sich, die ganze historische Zeit von den Jäger- und Sammlerhorden im Altpaläolithikum bis zur deutschen Doppelstaatlichkeit in der Gegenwart darzustellen, und es spiegelte in den fünfunddreißig Jahren, die zwischen dem ersten Entwurf 1952 und den letzten Neuauflagen 1986 lagen, die ganze Wegstrecke von der Konstitution bis zur Erosion des sozialistischen Geschichtsbildes. „Es geht darum, den werktätigen Massen - den wahren Schöpfern der Geschichte - die Vergangenheit zu beleuchten, damit sie ihren heutigen Kampf mit den revolutionären Traditionen verbinden“ - mit diesen Worten umriß der wissenschaftliche Sekretär des Lehrbuch-Projekts 1955 die Aufgabe in einem für das „Neue Deutschland“ bestimmten Beitrag.
Mit den Rechtsänderungen von 1977 - einem neuen Strafvollzugsgesetz und dem 2. Strafrechtsänderungsgesetz (StÄG) - reagierte die DDR Erich Honeckers auf die gewandelten außenpolitischen Bedingungen seit Mitte der siebziger Jahre. Nach Unterzeichnung des Grundlagenvertrags mit der Bundesrepublik 1972, der Aufnahme der DDR in die UNO 1973 und der KSZE-Konferenz von Helsinki 1975 erwiesen sich überkommene Gesetzesformulierungen, in denen der westliche oder der bundesdeutsche Imperialismus angeprangert worden war, auf internationalem Parkett als ebenso störend wie extrem repressive Vorschriften im Strafvollzugsrecht.
Die Jahrzehnte »nach dem Boom«, also nach der ökonomischen Krise von 1973, erscheinen in historischen Darstellungen häufig wie eine Phase der Stagnation. Für viele Bereiche gilt dies freilich nicht. In der westdeutschen Werbewirtschaft etwa stiegen bereits in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre allein in der Tagespresse die Umsätze um 50 % auf gut fünf Milliarden DM (...)
Wirft man einen Blick in die Aids-Plakatsammlung des Deutschen Hygiene-Museums in Dresden oder in die Bestände zu diesem Thema im Deutschen Plakat Museum im Museum Folkwang in Essen, so findet man etwa dies: Eine Trans-Person mit rotgeschminkten Lippen und farbenprächtig schattierten Augenlidern blickt ernst und fordernd in die Kamera. »DON’T STOP PASSION, STOP AIDS«, steht in Versalien über dem Porträt geschrieben, das eine Plakatkampagne ziert, die vom Ministerium für Gesundheit in Luxemburg 1996 in Auftrag gegeben wurde. »Strength comes from being safe«, ist auf einem anderen Plakat von 1994 aus Neuseeland zu lesen, auf dem sich zwei junge Maori sinnlich in weißen Laken räkeln. Wieder ein anderes Plakat, das 1986 von der Gesundheitsaufklärungsorganisation HERO in Baltimore herausgegeben wurde, zeigt zwei muskulöse Männer in Unterhemden, deren Körperhaltung zwischen Posing und Striptease changiert. »You won’t believe what we like to wear in bed«, ist darauf zu lesen. Die Botschaft dieser drei Plakate ist angesichts der Slogans, des konkreten Imperativs im Plakattext (»Use Condoms«) oder des logoähnlich platzierten Kondoms am unteren rechten Plakatrand unmissverständlich: »Benutzt Kondome, sie schützen vor Aids«. Damit können die Plakate als Beispiele für eine Präventionsstrategie gelesen werden, die in vielen Ländern seit Mitte der 1980er-Jahre dominierte. Das Ziel lautete, über Infektionswege aufzuklären und für ein Verhalten zu werben, das vor Ansteckung schützen sollte. Dieser Konsens, auch »liberale AIDS-Politik« genannt, setzte verstärkt auf Eigenverantwortlichkeit; der Fokus lag vor allem auf Botschaften wie safer sex und safer use.
Das Ende der britischen Kolonialherrschaft in Indien 1947 zerteilte das Land nicht nur, sondern verursachte auch (jahrzehntelange) Migrationsbewegungen. In den Ostteil des neu gegründeten Pakistans migrierten urdusprachige Muslime, die der banglasprachigen Mehrheitsgesellschaft trotz gemeinsamer Religionszugehörigkeit überwiegend fremd gegenüberstanden. Als die Spannungen zwischen den ungleichen pakistanischen Landesteilen im Kampf um die Unabhängigkeit Ostpakistans eskalierten und daraus 1971 der neue Staat Bangladesch entstand, galten die Urdusprachigen als »Volksverräter« und verloren ihre Staatsbürgerschaft. Zum Teil bis heute leben sie mit ihren Nachkommen in mehr als 100 Flüchtlingscamps innerhalb des Landes. Der seit über 40 Jahren andauernde Wartezustand dieser Gruppe führt zu unterschiedlichen Strategien und Konflikten. Geschlecht, Bildung und besonders das Alter entscheiden über das Selbstverständnis der Campbewohner: Während sich die ältere Generation weiterhin für eine Repatriierung nach Pakistan einsetzt, fordern die Jüngeren verstärkt die bangladeschische Staatsbürgerschaft, die 2008 vom Obersten Gerichtshof des Landes formal anerkannt wurde. Dazwischen steht eine große Zahl Unentschlossener, die sich mit den Camps arrangiert hat. Der Aufsatz zeigt, dass weder Staatsangehörigkeit noch Staatenlosigkeit festgefügte Identitäten sind; Flüchtlingscamps sind zugleich Orte des Transits, der Vergemeinschaftung und der Stigmatisierung. Der praxeologische Ansatz des Diasporakonzepts bietet Zugang zu der perpetuierten migrantischen Situation der Urdusprachigen.
Im Juni 2020 nahm Emery Mwazulu Diyabanza einen aus dem Tschad stammenden hölzernen Grabpfosten aus dem 19. Jahrhundert und versuchte hiermit das Museum zu verlassen. Er rechtfertigte seine Tat, dass er gestohlenes Eigentum zurückfordere. Im Oktober verurteilte ein Gericht ihn wegen Diebstahl zu einer Geldstrafe. Der aus dem Kongo stammende Diyabanza dokumentierte die Aktion auf youtube und leistete hiermit einen Beitrag für die aktuelle Debatte um Restitution von Objekten, die in kolonialen Kontexten erworben wurden.
„Wem gehört Kulturgut?“ – Diese Frage wird in den letzten Jahren verstärkt diskutiert. Die Aufmerksamkeit für koloniale Sammlungen wird dabei durch Forderungen aus den sogenannten Herkunftsländern oder Interventionen wie dem Sarr/Savoy-Bericht bestärkt. Sie trifft auf eine Diskussion um Deutschlands koloniale Vergangenheit, die sich derzeit vor allem an Forderungen der Herero und Nama, an Straßennamen, am Humboldt Forum oder an Diskussionen um Rassismus festmacht.
In der aktuellen Debatte wird dabei oft übersehen, dass bereits vor einigen Jahrzehnten intensive Debatten um postkoloniale Restitution geführt wurden. Ziel dieses Beitrages ist es, diese Fragen an einem historischen Beispiel zu untersuchen und verschiedene Perspektiven auf die Frage, wem Kulturgut gehört, aufzuzeigen.
In den 1970er-Jahren wurde Resilienz zu einem Begriff für die Fähigkeit eines Systems, flexibel auf Stress zu reagieren. Statt nach einer Störung dem linearen Ideal der Erholung zu folgen, sollte sich das resiliente System neu organisieren. Die Konzepte Stress und Resilienz stammen aus der Materialforschung des 19. Jahrhunderts; im 20. Jahrhundert wanderten sie in die Psychologie und in die Ökologie. Der Beitrag skizziert die Entstehung des Ideals multistabiler Systeme, die auch unberechenbare, diskontinuierliche Veränderungen bewältigen sollten. Entlang der Geschichte der Bruchmechanik des 19. Jahrhunderts, der Traumaforschung der 1950er-Jahre sowie der Stressökologie der 1970er-Jahre wird gezeigt, wie sich Stress und Resilienz zu Systembegriffen ausweiteten, die so unterschiedliche Größen wie die menschliche Persönlichkeit und die irdische Umwelt erfassten. Diskutiert wird insbesondere die Vorstellung des antizipierten Versagens. Ob Mensch, Technik oder Umwelt – das einkalkulierte Systemversagen wurde zur Bedingung für die Selbstoptimierung des Systems, das aus Krisen und Katastrophen gestärkt hervorgehen sollte. Der Kollaps wurde nicht mehr als ein das moderne Selbstverständnis unterlaufendes Problem gedeutet, sondern als der Motor der Evolution.
Auf dem Höhepunkt der internationalen Auseinandersetzung um postkoloniale Restitutionsfragen tagte im Mai 1980 erstmals ein neuer UNESCO-Ausschuss mit der kuriosen Bezeichnung Intergovernmental Committee for Promoting the Return of Cultural Property to Its Countries of Origin or Its Restitution in Case of Illicit Appropriation. Das kurz ICPRCP genannte Komitee sollte als vermittelnde Instanz zwischen Kulturgüter besitzenden und zurückfordernden Staaten tätig werden. Doch seine Gründung wurde, davon zeugt dieser Name, von heftig geführten Deutungskämpfen über die zentralen Begriffe „restitution“ und „return“ begleitet.
Restitution, Rückgabe, oder auch Transfer gehören heute zum Standardvokabular von postkolonialer Museumspraxis und auswärtiger Kulturpolitik, in der medialen Berichterstattung werden sie oft synonym verwendet. Dabei waren diese Termini ursprünglich eng mit divergierenden Interpretationen der kolonialen Vergangenheit, institutionellen Selbstverständnissen und entwicklungspolitischen Interessen verbunden.
Safer Sex und Solidarität. Die Sammlung internationaler Aidsplakate im Deutschen Hygiene-Museum
(2013)
Plakate sind für die Kommunikation im Vorbeigehen gedacht und wenden sich an ein Massenpublikum. Für die Bildsprache und den Text des Plakats erfordert dies eine Reduktion auf das Wesentliche. Wird diese Technik des Reduzierens erfolgreich angewendet, verdichten Plakate bestimmte Leitideen ihrer Entstehungszeit – und genau das macht sie als Quellen für die Geschichtswissenschaft interessant. In den bedeutenden europäischen Plakatsammlungen liegt das Augenmerk meist auf Ausstellungs- und Filmplakaten, auf Wahl- und Propagandaplakaten sowie auf Werbeplakaten für Markenprodukte des 19. und 20. Jahrhunderts. Einen anderen Schwerpunkt legt die Sammlung des Deutschen Hygiene-Museums in Dresden (DHMD)1 mit rund 12.000 Plakaten. Dieser Bestand dokumentiert die deutsche Geschichte von „Gesundheit und Prävention“ sowie einzelne Kapitel der entsprechenden internationalen Geschichte vom 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart.
Verlagstext Böhlau: "Satirische Kritik, die sich auf die DDR richtete, widersprach dem Optimismus, den die SED in ihren Medien verbreiten ließ. Und dennoch war die Partei gezwungen, satirische Kurzfilme, Berufskabaretts und eine Satirezeitung, deren verkaufte Auflage eine halbe Million erreichte, zu etablieren. Worin
bestand dieses Paradox DDR-Satire? Wie kam es zum ersten satirischen Großprojekt in der DDR, der DEFA-Stacheltier-Produktion? Weshalb gab es in den siebziger Jahren eine zweite Gründerzeit für Kabaretts? Worin unterschied sich der frühe Eulenspiegel vom späten?
Die Untersuchungen zur frühen und späten Satire in der DDR richten sich auf satirische Kurzfilme, die DEFA-Stacheltiere, die Satirezeitschrift Eulenspiegel und Kabarettprogramme des Potsdamer Kabaretts am Obelisk, der Dresdner Herkuleskeule und des Leipziger Studentenkabaretts Rat der Spötter. In den Blick genommen werden Grenzbereiche: Die ersten satirischen Unternehmungen und späte Satiren im letzten Jahrzehnt der DDR, Phasen, in denen Funken sprühten, die in Höhepunkten und Niederlagen endeten."
Als „Gedächtnismaschine“ (Leif Kramp) prägt das Fernsehen nicht nur die Wahrnehmung und Interpretation tagesaktueller Momente, sondern auch die Erinnerungskultur einer (zuschauenden) Gesellschaft und ihre Perzeption der Historie. Dies gilt auch für Ostdeutschland und seine DDR-Vergangenheit. Doch deren fernseh-mediale Repräsentation steht seit Jahrzehnten in der Kritik. War zunächst von „Kolonisierung“ des ostdeutschen Fernsehbetriebs und einem willentlich herbeigeführten Identitätsverlust auf den Heim-Bildschirmen die Rede, wurden später überregionale Sender mit dem Vorwurf konfrontiert, Ostdeutschland in ihren Programmen vernachlässigt zu haben. Dieser Tadel untermauerte die seit 1990 von verschiedenen Seiten beständig vorgetragene These, weder die gegenwärtige Befindlichkeit der Ostdeutschen noch ihre Geschichte finde ausreichend Beachtung in der Öffentlichkeit der bundesdeutschen Vereinigungsgesellschaft.
Solidarität und Alltag der DDR aus der Sicht exilierter Mitglieder des African National Congress
(2023)
»Du sollst Solidarität mit den um nationale Befreiung kämpfenden und den ihre nationale Unabhängigkeit verteidigenden Völkern üben.« So lautet das letzte der 1958 von Walter Ulbricht verkündeten »Zehn Gebote der sozialistischen Moral und Ethik« (auch: »Zehn Gebote für den neuen sozialistischen Menschen«), die von 1963 bis 1976 Teil des SED-Parteiprogramms waren.1 Die sozialistische Variante der christlichen Zehn Gebote findet sich häufig auf der ersten Seite von »Brigadetagebüchern«, die Beschäftigtenkollektive in der DDR und in anderen staatssozialistischen Ländern verfassten. Über die Grenzen der DDR hinaus stellten auch »Freundschaftsbrigaden« der Freien Deutschen Jugend (FDJ) solche Brigadetagebücher zusammen, um ihre Aufenthalte in Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas zu dokumentieren. Diese Quellen geben einen wertvollen Einblick in die sozialistische Globalisierung und deren Alltagspraktiken.
Zwischen Weihnachten und Neujahr 1982 und 1983 fand im Frankfurter Theater am Turm (TAT) jeweils das Festival Stern.Zeichen statt, das im Untertitel „Homosexualität im Theater“ hieß. Zu den großen Entdeckungen der ersten Ausgabe zählte Georgette Dee, jene androgyne Künstler*in, die seit den frühen 1980er Jahren in ihren Bühnenauftritten unterschiedlichste Facetten von Geschlechtlichkeit aufführt, die sich nicht in einer einzelnen Identitätskategorie auflösen lassen. Für die zweite Ausgabe 1983 wurde Georgette Dee eingeladen, eine Weihnachts-Gala zu moderieren (und zu organisieren). Die Beschreibung des Auftritts lässt erahnen, mit welchem Glitter, Glamour und Camp hier gegen Heteronormativität angespielt und angesungen wurde.
Kurz nach dem Zusammenbruch des Staatssozialismus hielt der Frankfurter Philosoph Jürgen Habermas fest, der theoretische Fehler der gescheiterten kommunistischen Machthaber habe darin bestanden, das „sozialistische Projekt mit dem Entwurf - und der gewaltsamen Durchsetzung - einer konkreten Lebensform“ verwechselt zu haben. Für diejenigen Historiker, die sich bereits vor 1989/90 eingehender mit der Geschichte der DDR und deren Herrschaftssystem befasst hatten, lagen die Dinge allerdings schon damals komplizierter, und auch heute - achtzehn Jahre nach dem unerwarteten Verschwinden der DDR - ist weiterhin umstritten, wann der schleichende Niedergang des Systems begann und wann es seinen ultimativen „point of no return“ erreichte.
Im Jahr 1983 gewährte die Heilig-Kreuz-Gemeinde im Berliner Bezirk Kreuzberg mehreren palästinensischen Geflüchteten Kirchenasyl, um deren Abschiebung zu verhindern. Diesem Beispiel folgten bald weitere Westberliner Gemeinden beider Konfessionen, und bis 1988 schlossen sich insgesamt 35 Kirchen in der Initiative »Asyl in der Kirche« zusammen. Auf diesem Weg versuchten sie, vor allem »De-Facto-Flüchtlinge« vor der Abschiebung in den Libanon zu bewahren. Dies waren die ersten Fälle von Kirchenasyl in der Bundesrepublik bzw. Westberlin. Sie lieferten den Auftakt für die Entstehung der selbsternannten ökumenischen »Kirchenasylbewegung«. Dieser Zusammenschluss aus sowohl evangelischen als auch katholischen Gemeinden stellt einen signifikanten Akteur in der Migrationspolitik seit den 1980er Jahren dar und orientierte sich an internationalen Vorbildern aus den USA, den Niederlanden und der Schweiz.
In den ungarischen Wochenschauen der 1950er-Jahre, »diesen kurzen Propagandafilmen«, wie der ungarische Filmemacher Sándor Buglya schreibt, »sind nur die Bilder wahr. Was aber durch die Filme, die vorgetragenen Dialoge und den Kommentar präsentiert wird, ist eine ständige Lüge. Und natürlich tost ununterbrochen der Beifall. Die Kamera verstellt die Wahrheit, sie gaukelt wirklichkeitsferne Illusion vor.« Nun könnte man darüber streiten, was »wahre Bilder« sind. Entscheidend jedoch ist Buglyas Hinweis, dass jegliche Art von Film, sei es ein Dokumentar-, Wochenschau- oder Spielfilm, die vorfilmische Realität verändert. Buglya schildert, wie in ausländischen und Budapester Wochenschauberichten nahezu dasselbe Bildmaterial verwendet, jedoch mit einander entgegengesetztem Kommentar ausgestrahlt wurde: Während erstere (im Blick auf das Jahr 1956) die Ereignisse eines Volksaufstandes dokumentierten, galten für letztere dieselben Bilder als Beleg einer Konterrevolution. Der Dokumentarfilm, so Buglya, sei kein Abbild des Realen, sondern spiegele mehr oder weniger genau das Verhältnis des Regisseurs zur Wirklichkeit.
In this article I examine the context for the British bank Barclays’ decision to disinvest from South Africa in 1986, with special attention to the impact of the Anti-Apartheid Movement’s campaign against the bank. The 18-year long campaign against Barclays – the largest bank in South Africa at the time and the fourth largest foreign-owned corporation – points to significant developments within the fields of corporate social responsibility and the potential influence of social movements on multinational corporations. Applying the theoretical approach of subpolitics as developed by Ulrich Beck in combination with the later subdivision by Boris Holzer and Mads P. Sørensen into a passive and an active form, it is possible to analyse the decisions of both anti-apartheid activists and Barclays on similar terms. The conclusions drawn in this article emphasise the idea that economic decisions taken by multinational corporations may have unintended political consequences and, furthermore, that the awareness of this phenomenon has contributed to the development of corporate social responsibility. Finally, I suggest that the campaign against Barclays generated public attentiveness towards the social responsibility of businesses.
Ob Unterhaltungssendungen, Spielfilme, aufbereitete Filmberichte in Nachrichtensendungen oder die Berichterstattung über internationale Sportereignisse, die über die Bildschirme flimmerten - ihre Produktion, Beschaffung, Auswahl und Sendung war vom politischen Koordinatensystem des Kalten Krieges beeinflusst. Die nationalen Femsehanstalten und internationalen Televisions-Systeme wetteiferten um wachsende Zuschauerzahlen und dienten als kulturelles Bindemittel im Kampf der Ideologien und Wertsysteme. „In a number of cases, this factor of geographical proximity has been used to beam programme directly across the borders for political purposes. The best-known example of this is in Germany where the East and East Germans conduct an elaborate, expensive form of electronic war-fare aimed at attracting each other's television audiences.“
Trotz und wegen der Blockbildung wuchsen somit spezifische Formen von Beziehungen zwischen den ost- und westeuropäischen Verbundsystemen von Femsehorganisationen, zwischen dem DDR-Femsehen und den Femsehanstalten in der Bundesrepublik, die im Folgenden aus der Sicht des DDR-Femsehens, damals als „Deutscher Fernsehfunk“ (DFF) bezeichnet, näher betrachtet werden sollen.
In the aftermath of World War II, the political and geographical isolation of the Western parts of the former German capital also cut economic hinterland ties and caused an exodus of industrial companies. In consequence, West Berlin soon became dependent on West German transfer payments to balance the city’s budget. At the same time, a system of tax preferences was created to foster private investment and employment in the isolated city. The complex of subsidies was maintained and even expanded during the following decades though its negative economic effects became obvious in the second half of the 1960s. The article focuses the conceptual significance of subsidies in industrial policy as well as their factual impact on Berlin’s economic development from the early 1960s to the late 1980s, i.e. in a period of massive structural change. It comes to the conclusion that the persistence of subsidization should be explained primarily by its symbolic political value and by a lack of alternatives.
Heavy Metal ist Extase, ist Rausch, ist performative Härte. Mit Politik haben die meisten Heavy-Metal-Fans und -Bands zumindest als Teil ihrer subkulturellen Identität nichts am Hut. Eine frappante Ausnahme stellt der National Socialist Black Metal (NSBM) dar, ein nicht klar abgrenzbarer, international agierender und offen rechtsextremer Teil der Szene. Hier ist die Szenezugehörigkeit inhärent mit Politik und explizit geschichtsphilosophischen Diskussionen verwoben. In einer Vielzahl an Fanzine-Texten schreiben die Anhänger (größtenteils sind es Männer) nicht nur über Musik, sondern tragen über die Reproduktion rechter Narrative zur Ideologisierung und Stabilisierung der NSBM-Szene bei. Der Untersuchungsgegenstand NSBM ermöglicht einen Blick darauf, wie rechte Geschichtspolitiken in popkulturellen Kontexten Eingang finden, dort tradiert und verbreitet werden. Denn aus dem NSBM bestehen zahlreiche Verbindungen in rechtsterroristische Milieus und die Szene kann auch sonst als Teil der „Neuen Rechten“ verstanden werden.
It would be easy to presume that the Universal Declaration of Human Rights had always been a symbol of opposition and dissent in the German Democratic Republic. Passed by the United Nations General Assembly on December 10, 1948, the UDHR contained a number of provisions that contradicted the political and social order of the GDR as run by the Socialist Unity Party (SED). It demanded an independent judiciary, prohibited arbitrary arrest and invasion of privacy, and guaranteed the right to leave one’s own country. In East Germany, where the judiciary was firmly an ideological organ, the Stasi regularly conducted mass surveillance and arbitrary detention and those seeking to leave the country illegally were shot at the border, this would seem to be a document seen to be inherently hostile to SED rule. Even the social rights contained in the UDHR, in particular the right to strike, were contrary to the legal realities of East Germany where citizens could not demand rights from the state that would obstruct the will of the party.
Yet over the course of East Germany’s existence, the Universal Declaration was more likely to be invoked by the SED than by its domestic opponents. The SED came to view the Universal Declaration and the UN human rights system as a whole as an ally to the Socialist Bloc and the contents of the UDHR reflected in the achievements of socialism within the borders of the GDR. For decades this was not challenged by East Germans on a mass scale, until very suddenly in the late 1980s, human rights and the UDHR became symbols of the democratic opposition. This article will trace the trajectory of the UDHR in East German public discourse from its passage in 1948 and the reaction by the SED in the Soviet Occupied Zone, through the commemorations of the UDHR on its many anniversaries before the ultimate collapse of SED in 1989.
Mit Theatre Europe veröffentlichte das britische Spieleunternehmen Personal Software Service (PSS) 1985 ein Strategiespiel, das innerhalb Europas für Furore sorgte. Die rundenbasierte Konfliktsimulation, in der die SpielerInnen entweder die Rolle der NATO oder die des Warschauer Pakts übernehmen, konfrontierte diese mit dem virtuellen Szenario eines „heißen“ Krieges in Mitteleuropa. Ziel des Spiels war es, die Bundesrepublik 30 Tage lang zu verteidigen (NATO) oder sie in derselben Zeit einzunehmen (Warschauer Pakt). Das Ausspielen des Konflikts im Rahmen des Mediums Spiel war keine gänzlich neue Erfindung: Auch das Computerspiel Reforger ’88: NATO Defense of the Fulda Gap von 1984 oder das Brettspiel Fulda Gap hatten dasselbe Thema zum Inhalt. Beide Titel wurden aber zunächst nur in den USA veröffentlicht. Folgerichtig war Theatre Europe eines der ersten Spiele, das eine öffentliche Debatte zu diesem Thema in Westeuropa auslöste. Im Jahr 1986 startete der Verkauf des Spiels in Frankreich, und auch den deutschen SpielerInnen sollte das Produkt nicht vorenthalten werden. In der Bundesrepublik wurde das Spiel jedoch noch vor Erscheinen von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert, sodass es keinen breiten Vertrieb fand. Erst im Jahr 2011 wurde Theatre Europe wieder vom Index genommen.
Die große Bedeutung des Pflegens und Reparierens in der Automobilkultur der DDR hatte Rahmenbedingungen wie etwa Versorgungs- und geplante Infrastrukturmängel, Eigenarbeit im Sozialismus und spezifische Fahrzeugeigenschaften. Selbermachen wird aber auch als möglicherweise universellere, nicht systemspezifische Form der Automobilnutzung und der Mensch-Technik-Beziehung interpretiert, wobei die Kontexte von Nutzerqualifikationen, Freizeitverhalten, Bildung, skills und deren Prestige eine Rolle spielen. Im Rahmen der automobilgeschichtlichen Periodisierung wird Eigenarbeit als Möglichkeit sloanistischer Modifikation fordistischer Einheitsfahrzeuge durch Nutzer gesehen, wobei technische Kreativität ‚von unten‘ zum Tragen kam.
Koyaanisqatsi is a cult American movie and a reference point for many viewers. A strong critique of modernity, a manifesto against industrialization, as well as an artist’s view of the brutality of humankind against nature, its enthralling rhythm and music, sublime images and powerful message are still striking today, 35 years after its production. And, in many respects, the movie has become a cultural landmark about the use of modern technology and the destruction of the natural landscape.
Die für Mittel- und Osteuropa vielfach proklamierte „Rückkehr der Städte“ (Karl Schlögel) nach 1989 ist nicht nur ein Ergebnis wiedergewonnener kommunal- und verwaltungspolitischer Kompetenzen, sondern lässt sich auch als Folge einer weitgefächerten Aneignung und Reorganisation des Stadtraumes interpretieren. So besitzt der ostdeutsche Umbruch- und Transformationsprozess eine eigene räumlich-physische Dimension. Diese entfaltet jenseits von nationaler Grenzöffnung oder Neubestimmung territorialer Verwaltungseinheiten insbesondere in der Regional- und Lokalgeschichte als Handlungs- und Diskursgegenstand eine substantielle politische wie lebensweltliche Wirkmächtigkeit. Der Wandel umfasste, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, verschiedene Formen, Varianten und Stadien und korrespondierte mit der „eigentümlichen Prozessstruktur“ von Gesellschaftstransformationen und ihren kleineren politisch-gesellschaftlichen Transformationszyklen.
Träume und Realitäten. Timothy Garton Ashs Reportagen über die „Refolution“ in Ostmitteleuropa
(2009)
Das Buch galt uns bei seinem Erscheinen als Geheimtipp – ein Werk nicht nur der genauen Analyse, sondern einer beeindruckenden Deutung. Für eine Interpretation des verwirrenden Geschehens, das wir erlebten, benötigten wir so etwas ganz dringend. Ich habe das Buch allerdings erst 1992 gründlich gelesen, zumindest steht in meiner Bibliothek die in jenem Jahr erschienene Taschenbuchausgabe. Die Seitenangaben im vorliegenden Text beziehen sich alle auf diese Ausgabe.
Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl erschütterte im Mai 2019 die Welt ein zweites Mal. Die Miniserie Chernobyl[1] rief den Reaktorunfall, der sich am 26. April 1986 nahe der ukrainischen Stadt Prypjat ereignete, ins Gedächtnis und fesselte bei Sky und HBO ein Rekordpublikum an die Bildschirme. Im Westen erntete die britisch-amerikanische Produktion reichlich Lob und Preise – in Russland dagegen stieß die Serie auf teils harte Kritik. Politiker*innen und Medien bezeichneten sie als US-Propaganda, forderten ein Verbot und warfen den Filmemacher*innen vor, den sowjetischen Machtapparat zu diffamieren. Am Beispiel der US-britischen Serie Chernobyl und des russischen Kinofilms Tschernobyl 1986 zeigt der Beitrag, wie an den ehemaligen Fronten des Kalten Krieges um die „richtige“ Geschichtsdeutung gekämpft wird.
Bei der derzeitigen Deutung der 1970er-Jahre werden insbesondere die sozioökonomischen und soziokulturellen Veränderungen hervorgehoben, die mit der Ölkrise 1973 einhergingen. Demgegenüber unterstreicht der vorliegende Aufsatz die Umbrüche und Krisenreaktionen Ende der 1970er-Jahre. Insbesondere 1979 verdichteten sich zahlreiche globale Ereignisse, die Paradigmenwechsel bewirkten. Verdeutlicht wird dies für den Bereich der Energie- und Wirtschaftsgeschichte, den Wandel der Politik sowie im Feld der Kultur exemplarisch für die neue öffentliche Bedeutung der Religion und der Geschichte. Die markanten Ereignisse und längerfristigen Trends lassen sich zugleich als Ausdruck und Praxis der Globalisierung fassen: Weit entfernte Ereignisse wie der Atomunfall bei Harrisburg, der Machtwechsel in Nicaragua oder die Revolution im Iran führten auch in der Bundesrepublik zu neuen Wahrnehmungs- und Handlungsmustern. Ein genauerer, transnationaler Blick auf die Jahre um 1979 eröffnet zudem zusätzliche Interpretationshorizonte für Kernfragen der Zeitgeschichte, die sich aus dem Umbruch 1989/90 nur bedingt beantworten lassen.
Um Genaueres über die friedliche Revolution in der DDR zu erfahren, muss man nicht lange in Büchern suchen; für viele Fragen reicht der schnelle Klick ins Internet. Sofort stößt man auf eine Reihe deutschsprachiger Themenportale, die auf hohem Niveau Auskunft geben – sowohl über die Chronologie der Ereignisse vom Herbst 1989 in der DDR als auch über die Faktoren, die zum Umbruch führten. Einige dieser Portale bieten sogar eine große Fülle an Bildern und Dokumenten. Hier zusätzlich fremdsprachige Internetportale zu bemühen ist nicht unbedingt erforderlich.
Der Beitrag untersucht die Genese des Weltkultur- und Naturerbes der UNESCO im breiteren Kontext der Auseinandersetzungen um eine Neujustierung der internationalen Ordnung in den 1960er- und 1970er-Jahren. Die politischen Debatten um die Definition und Auswahl eines „Erbes der Menschheit“ dienen als analytische Sonde, um Veränderungen im Verhältnis von Partikularismus und Universalismus auszuloten. Anhand exemplarischer Konfliktfälle wird gezeigt, dass sich das Kultur- und Naturverständnis zwischen 1950 und 1980 gravierend veränderte, so dass zwei konkurrierende Rationalitäten in das Welterbeprogramm eingingen. Zudem werden die Erwartungen analysiert, die sich an die neue Governance-Institution und ihren weltweiten Anspruch richteten. Aus beiden Aspekten lässt sich die ungleiche regionale Verteilung der Welterbestätten und das bis heute unausgewogene Verhältnis von Kultur- und Naturerbestätten erklären. Der Aufsatz leistet damit auch einen Beitrag zur Historischen Semantik der Begriffe „Kultur“, „Natur“ und „Erbe“ im 20. Jahrhundert.
Obdachlosen Männern wird aufgrund ihrer prekären Lebenssituation häufig eine »marginalisierte Männlichkeit« (Raewyn Connell) zugeschrieben. Welche Männlichkeitsformen diese soziale Gruppe von sich selbst öffentlich präsentierte, ist bisher aber noch unerforscht. Anhand des »Berber-Briefes« – einer von obdachlosen Männern selbst verfassten und vertriebenen Zeitung – und deutschen Straßenmagazinen werden Männlichkeitsentwürfe von Wohnungslosen oder ehemals Wohnungslosen analysiert. Dabei fällt auf: »Berber-Brief«-Autoren der späten 1980er- und frühen 1990er-Jahre präsentierten eine selbstbewusste »Protestmännlichkeit«, Straßenmagazinverkäufer der 2010er-Jahre eher eine von Dankbarkeit und Arbeitsethos geprägte »komplizenhafte Männlichkeit«. Wie lässt sich dieser Wandel erklären? Die verschiedenen Medienformate, deren Professionalisierung und Kommerzialisierung waren dabei wichtig, aber auch die Bereitschaft von Obdachlosen, sich bestimmten Verhaltenserwartungen partiell anzupassen – als Folge einer Sozialpädagogisierung und Individualisierung gesellschaftlicher Problemlagen. Der Aufsatz trägt zu einer Geschlechter- und Zeitgeschichte der Armut bei, die auf die Betroffenen als Akteure fokussiert.
Homeless men are often ascribed a ›marginalized masculinity‹ (Raewyn Connell) due to their precarious existence, yet the forms of masculinity this social group has publicly presented to others have remained unexplored. The article analyses the masculinities of homeless or formerly homeless people on the basis of the ›Berber-Brief‹ – a newspaper written and distributed by homeless men themselves – and German street magazines. It is striking that the ›Berber-Brief‹ authors of the late 1980s and early 1990s projected a self-confident ›protest masculinity‹, while the street magazine sellers of the 2010s tended to display a ›complicit masculinity‹ characterised by gratitude and a strong work ethic. How can this shift be explained? The various media formats and their professionalisation and commercialisation were important here, as was the willingness of homeless people to partially adapt to certain behavioural expectations – as a result of a social pedagogisation and individualisation of social problems. The article contributes to a gender and contemporary history of poverty that focuses on the people affected as actors.
Der demokratische Zentralismus als das prägende Herrschaftsprinzip staatssozialistischer Gesellschaften, das nicht nur in der politischen Sphäre, sondern auch in der Staats- und Wirtschaftsordnung volle Gültigkeit beanspruchte, lässt die Frage nach möglicherweise daneben existierenden kooperativen „Netzwerken“ auf den ersten Blick als nachgeordnet erscheinen. Das Herrschaftsprinzip des demokratischen Zentralismus, das sei kurz in Erinnerung gerufen, stellte die wichtigste Grundlage für die zentralistische Leitung und den einheitlich-hierarchischen Aufbau des gesamten politischen, staatlichen und wirtschaftlichen Institutionengefiiges in den staatssozialistischen Gesellschaften dar. Legitimiert wurde es bekanntlich mit dem ideologischen Postulat, die sozialistische Gesellschaft bedürfe der einheitlichen und planmäßigen Führung durch die Partei der Arbeiterklasse, die deshalb keine konkurrierenden Macht- und Selbstbestimmungsansprüche neben sich dulden könne. Von der Partei wurde das Prinzip des demokratischen Zentralismus folglich nicht nur im eigenen Organisationsaufbau berücksichtigt, sondern - leicht abgewandelt - auch auf den ihrer Leitung subordinierten Staat sowie die ihm einverleibte Wirtschaft übertragen.