Politik
Refine
Year of publication
Document Type
- Journal Article (389)
- Part of a Book (59)
- Online Publication (54)
- Book (15)
- Preprint (1)
Language
- German (518) (remove)
Keywords
- Forschungsfelder (3)
- Geschichte (3)
- Christlich-Demokratische Union Deutschlands (2)
- Deutschland (2)
- Deutschland (DDR) (2)
- Klassiker (2)
- Revolution <1848> (2)
- Amerikaner (1)
- Arbeitnehmerinteresse (1)
- Begriffe (1)
Im Frühjahr 2020 tauchten die Begriffe »Postkolonialismus«, »postkoloniale Theorie« und verwandte Kategorien mit ungewohnter Dichte in den deutschen Feuilletons auf, waren Gegenstand von Streitgesprächen im Radio und aufgeregten Twitter-Kommentaren. Zentraler Anlass für die ambivalente Hausse des Postkolonialismus war die Erklärung des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, der Kameruner Historiker Achille Mbembe sei wegen antisemitischer Positionen als Eröffnungsredner der Ruhrtriennale »nicht geeignet«. Daraus entwickelte sich eine heftige und durchaus verwirrende Debatte, in der Klein und gleichgesinnte Mbembe-Kritiker*innen des Rassismus und McCarthyismus gescholten wurden, während andere anhand weniger Passagen aus Mbembes umfangreichem Werk nicht nur darauf insistierten, er sei Antisemit und »Israel-Hasser«, sondern zugleich die »postkoloniale Theorie« anprangerten, als deren wichtiger Vertreter Mbembe gilt. Irritierend daran war nicht allein der Gestus, mit dem beispielsweise so mancher Journalist auftrat, als sei er der erste, der Kritik am Postkolonialismus oder an Mbembe übe. Insgesamt fiel zudem auf, wie sehr die Debatte auf einer bestenfalls oberflächlichen Lektüre relevanter Texte basierte. Dies galt zum Teil auch für jene, die etwa die Antisemitismusvorwürfe gegen Mbembe vehement ablehnten. Die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann, die in der Öffentlichkeit rasch zu einer der führenden Verteidiger*innen Mbembes aufstieg, gestand zunächst freimütig ein, sie könne seiner Theorie eigentlich gar nicht so richtig folgen.
Seit den frühen 1970er-Jahren entstanden in vielen westeuropäischen Ländern »Dritte-Welt-Läden«. Sie waren bis in die späten 1980er-Jahre die wichtigste Verkaufsform des »Alternativen Handels«. Der Aufsatz interpretiert diese Läden als konsumkritische Konsumorte, in denen zeitgenössische Utopien eines gerechten, postkolonialen Welthandels symbolisch realisiert werden sollten. Der Aufsatz ordnet den »Alternativen Handel« zunächst in die ideengeschichtlichen Kontexte der 1960er- und 1970er-Jahre ein; anschließend wird die konkrete Verkaufspraxis, Inszenierung und Gestaltung der Läden analysiert. Mit Hilfe von Beispielen aus der Bundesrepublik Deutschland und aus Großbritannien werden zudem die Unterschiede in der Verwirklichung des Handelsmodells herausgearbeitet. Der »Alternative Handel« steht für ein neues Verhältnis von Konsum, Moral und politischem Protest in der Zeit »nach dem Boom«. Allerdings führt von den »Dritte-Welt-Läden« der 1970er- und 1980er-Jahre keine gerade Linie zu den heutigen Milliardenumsätzen mit »Fairtrade«-Produkten. Diese Marktexpansion ist eher eine Geschichte der Diskontinuität.
Das Ende der britischen Kolonialherrschaft in Indien 1947 zerteilte das Land nicht nur, sondern verursachte auch (jahrzehntelange) Migrationsbewegungen. In den Ostteil des neu gegründeten Pakistans migrierten urdusprachige Muslime, die der banglasprachigen Mehrheitsgesellschaft trotz gemeinsamer Religionszugehörigkeit überwiegend fremd gegenüberstanden. Als die Spannungen zwischen den ungleichen pakistanischen Landesteilen im Kampf um die Unabhängigkeit Ostpakistans eskalierten und daraus 1971 der neue Staat Bangladesch entstand, galten die Urdusprachigen als »Volksverräter« und verloren ihre Staatsbürgerschaft. Zum Teil bis heute leben sie mit ihren Nachkommen in mehr als 100 Flüchtlingscamps innerhalb des Landes. Der seit über 40 Jahren andauernde Wartezustand dieser Gruppe führt zu unterschiedlichen Strategien und Konflikten. Geschlecht, Bildung und besonders das Alter entscheiden über das Selbstverständnis der Campbewohner: Während sich die ältere Generation weiterhin für eine Repatriierung nach Pakistan einsetzt, fordern die Jüngeren verstärkt die bangladeschische Staatsbürgerschaft, die 2008 vom Obersten Gerichtshof des Landes formal anerkannt wurde. Dazwischen steht eine große Zahl Unentschlossener, die sich mit den Camps arrangiert hat. Der Aufsatz zeigt, dass weder Staatsangehörigkeit noch Staatenlosigkeit festgefügte Identitäten sind; Flüchtlingscamps sind zugleich Orte des Transits, der Vergemeinschaftung und der Stigmatisierung. Der praxeologische Ansatz des Diasporakonzepts bietet Zugang zu der perpetuierten migrantischen Situation der Urdusprachigen.
Im Gegensatz zu Teilen Asiens, wo die Unabhängigkeitskämpfe etwa in Indochina und Malaya durch langjährige militärische Auseinandersetzungen gekennzeichnet waren, kam es auf dem afrikanischen Kontinent nur in Algerien zu einem vergleichbar blutigen Dekolonisationskrieg. Das heißt freilich nicht, dass das Ende der europäischen Empires im Rest von Afrika ein friedlicher Prozess gewesen wäre. In der britischen Siedlerkolonie Kenia etwa mussten im Zuge des so genannten Mau-Mau-Aufstandes Tausende von Menschen ihr Leben lassen. Mehr als 1.000 Afrikaner wurden auf der Grundlage von hastig verabschiedeten Antiterrorgesetzen gehenkt, weit mehr als in jedem anderen kolonialen Konflikt einschließlich Algeriens.1 Doch es war vor allem der Algerienkrieg, welcher sich im Bewusstsein der Zeitgenossen mit spätkolonialer Gewalt und Gegengewalt verknüpfte.2 Und wie kaum ein zweiter Autor hat der intensiv am algerischen Unabhängigkeitskampf beteiligte Frantz Fanon damalige Debatten über den Prozess der Dekolonisation, über die Berechtigung antikolonialer Gewalt sowie über die Zukunft der „Dritten Welt“ geprägt.
Der Beitrag fragt nach den Anfängen und den Triebkräften der Ökonomisierung von Altenpflege in England und in der Bundesrepublik Deutschland. Schon vor den marktschaffenden Reformen der 1990er-Jahre stieg der Anteil der privatwirtschaftlichen Altenpflege deutlich an, wobei häufig Kleinunternehmen und Soloselbstständige dieses Segment der Sozialwirtschaft trugen. Der National Health Service and Community Care Act in England (ab 1990) und die Pflegeversicherung in Deutschland (ab 1995) beschleunigten die Ökonomisierung der Altenpflege auf spezifische Weise: In beiden Ländern entstanden Großunternehmen, die den Kommunalverwaltungen und Pflegekassen als mächtige Verhandlungspartner gegenübertraten. Privatisierung und Bürokratisierung griffen ineinander. Für Deutschland lässt sich zudem feststellen, dass der Bezug von Geldleistungen die Vorstellung von Pflege als bezahltem Wirtschaftsgut verbreitete. Wie weit die Vermarktlichung im deutschen Fall ging, wird indes erst deutlich, wenn man die Schattenwirtschaft der prekär und teils illegal Beschäftigten einbezieht. Der zeithistorische Blick legt offen, wie tief Strukturen der Ausbeutung in die Pflege eingeschrieben sind.
Im September 1976 veröffentlichte Heinrich Böll, Literaturnobelpreisträger und einer der meistbeachteten Schriftsteller der Bundesrepublik, die Besprechung eines gerade veröffentlichten Buches, dessen Autor zwar in der DDR lebte, seinen Text jedoch beim kleinen Werner Gebühr Verlag in Stuttgart zum Druck gegeben hatte. Faszination und Anziehung versprach der schmale Band schon wegen seiner Entstehung »im Grenzstreifen zwischen DDR und Bundesrepublik« (so Böll); deshalb wurde er unter einem Pseudonym – Carl-Jacob Danziger – veröffentlicht. Größer noch war das Interesse aber, weil es sich bei dem Buch mit dem ironisch distanzierten und in Anführungszeichen gesetzten Titel »Die Partei hat immer recht« um den autobiographischen Roman eines Schriftstellers handelte, der sich zuerst voll und ganz dem sozialistischen Selbstverständnis der DDR verschrieben, mit seinem Buch nun jedoch die Geschichte seiner Enttäuschungen vorgelegt hatte. »Danzigers schlimmste Sünde aber ist, daß er sich für Realismus und nicht für sozialistischen Realismus entscheidet«, fasste Böll die von Danziger niedergelegte Konfrontation seiner einstigen sozialistischen Utopie mit der Realität des DDR-Sozialismus zusammen. Hier lag die Geschichte einer Entfremdung und Abwendung vor. Auch deshalb wurde Danzigers Roman in der Bundesrepublik schnell große Aufmerksamkeit zuteil; Journalisten würdigten ihn als Ausdruck von »zivilem Ungehorsam«, »Auswurf des Gewissens« und einer persönlichen Abrechnung mit der Partei.
Propaganda gilt als politisches Kommunikationsmittel, um die Meinungen und Verhaltensweisen von Zielgruppen auf ein bestimmtes Ziel hin gerichtet zu beeinflussen. Wird in Deutschland der Propagandabegriff vor allem in den Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus gestellt, fand er in der Vergangenheit genauso Einsatz im religiösen Umfeld, in der französischen Revolution wie auch in der Werbebranche. Thymian Bussemer verweist auf die verschiedenen Arten der Propaganda seit dem 17. Jahrhundert und liefert einen Überblick über die Stationen der Propagandaforschung von historischen Überblicksarbeiten zu einer gesellschaftsgeschichtlichen Betrachtung.
Im Bereich der Transformationsforschung wird bisweilen den Geschichtswissenschaften noch keine eigenständige Rolle zugedacht. So werden etwa in der Einleitung eines Handbuchs zur Transformationsforschung zwar „welthistorische“ Beispiele von gesellschaftlichen und politischen Transformationen zur, wie es heißt, „Horizonterweiterung“ dargestellt. Allerdings wird die Historiografie dort nicht zu dem breiten, von Politik- sowie Kultur- über Rechts- bis hin zu Sozial- und Wirtschaftswissenschaften reichenden Feld der mit Transformationsforschung befassten Disziplinen gezählt. Und gerade die quantifizierende Darstellung von gesellschaftlichem Wandel, also dessen eher zahlenmäßige und datenbasierte Beschreibung, wird immer noch vornehmlich als Domäne der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften betrachtet.
Im Juni 2020 nahm Emery Mwazulu Diyabanza einen aus dem Tschad stammenden hölzernen Grabpfosten aus dem 19. Jahrhundert und versuchte hiermit das Museum zu verlassen. Er rechtfertigte seine Tat, dass er gestohlenes Eigentum zurückfordere. Im Oktober verurteilte ein Gericht ihn wegen Diebstahl zu einer Geldstrafe. Der aus dem Kongo stammende Diyabanza dokumentierte die Aktion auf youtube und leistete hiermit einen Beitrag für die aktuelle Debatte um Restitution von Objekten, die in kolonialen Kontexten erworben wurden.
„Wem gehört Kulturgut?“ – Diese Frage wird in den letzten Jahren verstärkt diskutiert. Die Aufmerksamkeit für koloniale Sammlungen wird dabei durch Forderungen aus den sogenannten Herkunftsländern oder Interventionen wie dem Sarr/Savoy-Bericht bestärkt. Sie trifft auf eine Diskussion um Deutschlands koloniale Vergangenheit, die sich derzeit vor allem an Forderungen der Herero und Nama, an Straßennamen, am Humboldt Forum oder an Diskussionen um Rassismus festmacht.
In der aktuellen Debatte wird dabei oft übersehen, dass bereits vor einigen Jahrzehnten intensive Debatten um postkoloniale Restitution geführt wurden. Ziel dieses Beitrages ist es, diese Fragen an einem historischen Beispiel zu untersuchen und verschiedene Perspektiven auf die Frage, wem Kulturgut gehört, aufzuzeigen.
Der Axel-Springer-Verlag gilt als ein transatlantisch orientiertes Unternehmen, was seit 2001 sogar in den Unternehmensgrundsätzen verankert ist. Dies war jedoch nicht immer so. Der Beitrag beleuchtet anhand von Medienquellen sowie deutschen und amerikanischen Archivalien eine in der Forschung bisher kaum beachtete Skepsis des Verlegers und seiner Zeitungen gegenüber den USA. Springer schreckte in den 1950er- und 1960er-Jahren vor mitunter scharfer Amerikakritik nicht zurück; er wurde von der amerikanischen Administration intern als Gegner der USA eingestuft. Erst durch die Auseinandersetzung mit der „68er“-Bewegung und der Neuen Ostpolitik gewannen Verleger und Verlag ihr bis heute charakteristisches Profil. Von nun an wurde jede antiamerikanische Tendenz deutlich kritisiert und eine „Kontinuität unseres Kurses“ konstruiert (so Springer 1973). Diese Entwicklung steht paradigmatisch für die Geschichte des deutschen Konservatismus, der im Verhältnis zu den USA eine historische Kehrtwende zum Atlantizismus vollzog.
Das Revolütionsiahr 1848 markiert den Aufbruch in die Moderne. Nicht zuletzt Berlin wurde zum Schauplatz einer fundamentaldemokratischen Bewegung bis dahin unbekannten Ausmaßes, in Dimensionen, wie sie - so muss man leider ergänzen - in den folgenden eineinhalb Jahrhunderten in den an traditionsbildenden demokratischen Ereignissen armen deutschen Staaten eine seltene Ausnahme geblieben sind.
Im Folgenden werden zunächst die entscheidenden Ereignisse des 18. März 1848, der für Berlin die Schwelle in die Epoche der demokratischen Moderne markiert, ins Gedächtnis gerufen. Im systematischen Teil des Vortrags wird dann erstens die europäische Dimension der Umwälzungen Mitte des 19. Jahrhunderts zur Sprache kommen. Anschließend werden zweitens die verschiedenen Ebenen und Akteure der Revolution, drittens die Bedeutung Berlins im europäischen und deutschen Kontext 1848 thematisiert, viertens einige Schlaglichter auf die Folgewirkungen der Revolution geworfen und abschließend fünftens die Frage diskutiert, warum die Berliner Revolution und der 18. März auch und gerade gegenwärtig erinnerungspolitisch so wichtig sind.
Auch in Berlin schlug die Pariser Februarrevolution wie »ein Blitz aus heiterem Himmel« ein und weckte Hoffnungen auf fundamentale politische Reformen. Wie in anderen deutschen Städten fanden sich in Berlin in der zweiten Märzwoche zunächst Hunderte, bald schon Zehntausende von Menschen zu politischen Versammlungen in dem der Stadt vorgelagerten Tiergarten zusammen. Anfangs zaghaft, nach kurzer Zelt dann entschiedener begannen sie, »Volksforderungen« aufzustellen, wie sie anderswo gleichfalls kursierten: nach Aufhebung des Versammlungsund Vereinigungsverbots sowie der Zensur; Gesellen und Arbeiter verlangten darüber hinaus nach französischem Vorbild bereits die Schaffung eines »Arbeiterministeriums«. Für Preußen und seine Hauptstadt waren diese politischen Bewegungen unmittelbar'vor der Revolution allerdings ein größerer Bruch mit der Vergangenheit als im Südwesten Deutschlands. Denn im Unterschied zu Baden, Württemberg und anderen Staaten, die schon lange eine Verfassung sowie ein recht kräftig entwickeltes politisches Vereinswesen besaßen, mußte »das Volk« in Berlin und Preußen 1848 gleichsam »bei Null« anfangen und »Politik« überhaupt erst lernen.
Der Vorsorgegedanke gehört, im Gesundheitswesen und darüber hinaus, zu den grundlegenden Kulturtechniken der Moderne. Die neuere Medizinsoziologie hat die Entwicklung der Gesundheitsprävention als Teil eines institutionellen Umbruchs von einem Gesundheitswesen alten Typs (Old Public Health) zu einem System neuen Typs (New Public Health) interpretiert. Demzufolge ging die Gesundheitspolitik alten Stils primär von staatlichen Einrichtungen aus und versuchte spezifische Krankheiten bei entsprechenden Risikogruppen zu bekämpfen. Dagegen betonen Ansätze des New Public Health das Leitbild einer umfassenden, auf die Gesamtbevölkerung zielenden Gesundheitsförderung, machen aber zugleich das Individuum verstärkt für die Vorsorge verantwortlich. Mit dem neuen Präventionsregime verbinden sich gleichwohl erhöhte normative Ansprüche und ausgeweitete staatliche Regulierungen. Sie manifestieren sich etwa in Tabaksteuern und Rauchverboten oder in Forderungen nach neuen Impfzwängen (Gebärmutterhalskrebs), obligatorischen Vorsorgeuntersuchungen (Brustkrebs) oder fiskalischen Auflagen wie den in Dänemark oder Ungarn eingeführten Zucker- und Fettsteuern.
Verlagstext Böhlau, siehe: http://www.boehlau-verlag.com/978-3-412-21014-4.html: Ruth Fischer (1895–1961) war 1924/25 weltweit die erste Frau an der Spitze einer Massenpartei: der Kommunistischen Partei Deutschlands. Wie niemand sonst stand sie für die Angleichung der KPD an das autoritäre sowjetische Parteimodell. Später wurde sie – von Hitler und Stalin verfolgt – zur leidenschaftlichen Antikommunistin, die in den USA sogar gegen ihre Brüder Gerhart und Hanns Eisler sowie gegen Bertolt Brecht aussagte. Zuletzt suchte sie wieder Anschluss an eine undogmatische Linke.
Ruth Fischers bewegtes Leben wird in dieser Biographie auf der Grundlage bisher unerschlossener Archivquellen, darunter FBI-Akten, erstmals ausführlich dargestellt. Das Buch zeigt exemplarisch, wie Kommunismus und Antikommunismus sich im Kalten Krieg in einer Person verschränken konnten.
Seit 2002 sammelt das von Justinian Jampol gegründete Wende-Museum in Los Angeles Artefakte und Dokumente aus dem Kalten Krieg. Der Schwerpunkt der nichtkommerziellen Sammlung, die mittlerweile über 100.000 Gegenstände enthält, liegt auf Objekten aus den Staaten des Warschauer Pakts, vor allem aus der DDR und der Sowjetunion, aber auch aus den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik. Zahlreiche Gegenstände geben Aufschluss über verschiedene Zivilschutzmaßnahmen, darunter drei vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) der DDR zusammengestellte Erste-Hilfe-Taschen.
Von den Toten der Berliner Mauer nimmt Peter Fechter (1944-1962) im kollektiven Gedächtnis einen herausgehobenen Rang ein. Schon unmittelbar nach seiner gescheiterten Flucht wurde in der Berliner Zimmerstraße nahe dem ehemaligen Checkpoint Charlie ein Denkmal in der Form eines Holzkreuzes errichtet, das man am 13. August 1999 durch eine Stahlstele ersetzte. Jährlich legten und legen Delegationen Kränze am Denkmal nieder. Fernsehdokumentationen informierten 1997 aus Anlass des Prozesses gegen die Mauerschützen. In der öffentlichen Wahrnehmung gilt Peter Fechter deswegen für viele als der erste Tote an der Berliner Mauer überhaupt.
Welche oder wessen Geschichte jüngeren Generationen vermittelt werden soll, ist eine kontroverse Frage. Insbesondere Geschichtsschulbücher sind dabei als ein zentrales Medium der Herausbildung verschiedener regionaler, nationaler und transversaler Identifikationsmöglichkeiten zu begreifen. In ihrem Beitrag skizzieren Felicitas Macgilchrist und Marcus Otto die Potenziale von Geschichtsschulbüchern als zeitgeschichtliche Quellen und diskutieren aktuelle Forschungsfragen und -desiderate hinsichtlich der Untersuchung von Prozessen der Produktion, Verbreitung und Rezeption von Geschichtsschulbüchern.
Waren die Publikationen des Historikers und Auschwitz-Überlebenden Joseph Wulf umstritten, so war es auch seine Initiative für die Errichtung eines „Internationalen Dokumentationszentrums zur Erforschung des Nationalsozialismus und seiner Folgeerscheinungen“ in West-Berlin. Insbesondere der vorgesehene Standort im Haus der Wannsee-Konferenz von 1942 wurde 1966/67 über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus kontrovers diskutiert. Ein symptomatischer Teil dieses Streits war der erbitterte Briefwechsel zwischen Wulf und dem Berliner Propst Heinrich Grüber. Beide waren Verfolgte und Gegner des Nationalsozialismus gewesen, vertraten 1966/67 aber konträre Positionen; Grüber setzte sich dafür ein, die Wannsee-Villa weiterhin als Schullandheim zu nutzen. Der Aufsatz beschreibt den persönlichen Konflikt und interpretiert ihn vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen und politischen Umgangs mit dem Nationalsozialismus Mitte der 1960er-Jahre. Die Haltung zu historischen Orten wie dem Haus der Wannsee-Konferenz war damals eine grundsätzlich andere als heute.
Bei seiner Erstveröffentlichung stieß Michele Wallaces Buch »Black Macho and the Myth of the Superwoman« auf ein geteiltes Echo. Während Vertreterinnen der Frauenbewegung den Text als Markstein der (afroamerikanischen) feministischen Literatur feierten, als der er auch heute noch betrachtet wird, schallte der Autorin aus anderen Teilen der Öffentlichkeit vor allem Kritik entgegen. In »Black Macho« setzte sich Wallace provokant mit dem geschlechterpolitischen Erbe der Bürgerrechtsbewegung auseinander. Vor allem die Black-Power-Bewegung habe ein Ideal schwarzer Hypermaskulinität hervorgebracht, das afroamerikanische Männer in ihren Entwicklungspotentialen beschränke und schwarze Frauen dauerhaft in traditionellen Rollen an den Rändern einer patriarchalischen Gesellschaftsordnung gefangen halte. Wallace interessierte sich besonders für die intersektionalen Verflechtungen von Race, Class und Gender, die afroamerikanische Frauen und Männer auf unterschiedliche Art und Weise marginalisierten. Ihr Buch war zugleich eine Abrechnung mit der US-amerikanischen Gesellschaft, in deren Selbstverständnis, so Wallace, Rassismus und Sexismus seit der Kolonialzeit fest verankert waren und die People of Color seit Jahrhunderten strukturell benachteiligte.
Der Aufsatz entwirft eine Zeitgeschichte der Vorsorge, die sich für den hygienepolitischen Übergang von Praktiken der Intervention und Krisenbewältigung zu Praktiken der Prävention interessiert. Am Beispiel der Pestvorsorge in der Sowjetunion wird erstens ein Prozess der Institutionalisierung, Professionalisierung und Verwissenschaftlichung dargestellt. Zweitens werden die Eigenheiten des sowjetischen Falls herausgearbeitet. Die dortige Pestbekämpfung war bis in die 1930er-Jahre von Interventionen geprägt, die aus einem Repertoire repressiver, im Kontext der Zwangskollektivierung etablierter Maßnahmen schöpften. Der Umgang mit der Pest war nicht mit Aufklärung verknüpft, sondern mit Geheimhaltung. Die Einrichtung eines Netzwerks wissenschaftlicher Forschungsstätten führte zu einem Wandel im Umgang mit der Seuche. Dies war eingebettet in parallele Diskurse über administrative Grenzen und geographisches Wissen. Der Aufsatz stützt sich auf Quellen aus Staats- und Partei-Archiven in der Russischen Föderation und der Republik Aserbaidschan.