Politik
Refine
Year of publication
- 2009 (32) (remove)
Document Type
- Journal Article (28)
- Book (2)
- Part of a Book (2)
Keywords
- Deutsche Frage (1)
- Deutschland (1)
- Geschichte 1880-1914 (1)
- Geschichte 1941-1945 (1)
- Großbritannien (1)
- Journalismus (1)
- Politik (1)
- Skandal (1)
- Sowjetunion (1)
- Westmächte (1)
Das Ende des Kalten Krieges oder wie man alt wird. Man wird unwillkürlich zum Historiker der Zeit, deren Zeitgenosse man gewesen ist. Eine Epoche ist zu Ende gegangen, und wenn man diese beschreibt, beschreibt man zugleich auch ein Stück des eigenen Lebens, und umgekehrt: Das individuelle Leben fällt mit der historischen Zeit zusammen. Das hat nichts mit Selbstliebe oder Selbstüberschätzung zu tun. Man merkt es, wenn man mit jungen Leuten zusammen ist, mit denen man über Ereignisse spricht, die vor ihrer Geburt liegen, die man selbst aber miterlebt hat. Man berichtet aus der eigenen Zeit, die ihre Vorzeit ist. Es ist lohnend, sich dieser Zeit genau zu erinnern. Die subjektive Erinnerung bewahrt Details, Nuancen, Valeurs, die im Betrieb der Geschichtsforschung entweder gar nicht vorkommen oder später, wenn man deren Fehlen bemerkt, mühsam rekonstruiert werden müssen.
Deutschlands Einheit treibt rund 20 Jahre nach ihrer Sturzgeburt seltsame Blüten. Lobeshymnen und Jubelfeiern wechseln sich immer noch mit deprimierenden Bilanzen ab. Blühende Landschaften gibt es, und zwar gar nicht so wenige, aber flächendeckend sind sie nicht geworden. Umso heftiger ist der Groll bei den tatsächlichen und vermeintlichen Verlierern. Er grummelt unter der Oberfläche, wagt sich aber kaum an die Öffentlichkeit. Die im Dunkeln sieht man nicht. Die Linkspartei profitiert davon. Regelmäßig erhobene Umfragen differieren zwar erheblich, bringen aber nur in seltenen Fällen wirklich erfreuliche Ergebnisse. Der Journalist Michael Jürgs, ein kontinuierlicher Beobachter der Entwicklung mit spitzer Feder, kommt dennoch in seiner Bilanz der Einheit von 2008 zu dem launigen Ergebnis: „Da es inzwischen sogar in Oberammergau keine Sensation mehr ist, wenn ein Kellner sächselt, lässt sich vermuten, dass die Einheit beim Volk angekommen ist.“ Die Geschichte der Einheit ist zwar mittlerweile vielfach und ausführlich dargestellt worden; ob sich die damit verbundenen Probleme tatsächlich auf so unspektakuläre Weise erledigt haben, wie Jürgs suggeriert, ist jedoch fraglich.
Die Teilung Europas und ihre Überwindung. Überlegungen zu einem Ausstellungskonzept für Berlin
(2009)
Die von Winston Churchill in seiner Fulton-Rede über den „Eisernen Vorhang“ im März 1946 konstatierte Teilung Europas war eine zentrale, wenn nicht sogar die wichtigste Entwicklung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie zerriss nicht nur die Stadt Berlin, sondern auch Deutschland und den gesamten europäischen Kontinent, indem sie eine physische Barriere zwischen dem Osten und dem Westen errichtete, die zumindest nach dem Mauerbau immer schwerer zu überwinden wurde. Im Kalten Krieg gruppierten sich die europäischen Länder in ideologische Lager und bildeten zwei militärische Bündnissysteme, die sich feindlich gegenüberstanden. Während sich der Westen im Rahmen der EG auch ökonomisch allmählich integrierte, gelang dieser Prozess im Osten mit dem COMECON nur teilweise. Wegen der manifesten Krisen von 1948/49 und 1958-1961 sowie dem Bau der Mauer wurde die frühere deutsche Hauptstadt Berlin zum Symbol dieser Auseinandersetzung der Blöcke. Da sich der Konflikt aufgrund des Viermächtestatus hier verdichtete, wäre Berlin auch der geeignete Ort, um die gegenseitige Bedrohung in einem Museum anschaulich zu machen. Die Überwindung der Folgen der Teilung Europas bleibt eine wichtige Aufgabe der gegenwärtigen Politik; deshalb müsste eine solche Einrichtung nicht nur die vergangenen Spannungen musealisieren, sondern sollte auch das Potenzial der Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Zukunft verdeutlichen.
Waren die Publikationen des Historikers und Auschwitz-Überlebenden Joseph Wulf umstritten, so war es auch seine Initiative für die Errichtung eines „Internationalen Dokumentationszentrums zur Erforschung des Nationalsozialismus und seiner Folgeerscheinungen“ in West-Berlin. Insbesondere der vorgesehene Standort im Haus der Wannsee-Konferenz von 1942 wurde 1966/67 über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus kontrovers diskutiert. Ein symptomatischer Teil dieses Streits war der erbitterte Briefwechsel zwischen Wulf und dem Berliner Propst Heinrich Grüber. Beide waren Verfolgte und Gegner des Nationalsozialismus gewesen, vertraten 1966/67 aber konträre Positionen; Grüber setzte sich dafür ein, die Wannsee-Villa weiterhin als Schullandheim zu nutzen. Der Aufsatz beschreibt den persönlichen Konflikt und interpretiert ihn vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen und politischen Umgangs mit dem Nationalsozialismus Mitte der 1960er-Jahre. Die Haltung zu historischen Orten wie dem Haus der Wannsee-Konferenz war damals eine grundsätzlich andere als heute.
Die Rote Armee Fraktion im Original-Ton. Die Tonbandmitschnitte vom Stuttgarter Stammheim-Prozess
(2009)
Unter der Überschrift „Stimmen aus Stammheim“ berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am 1. August 2007 von zuvor noch nicht veröffentlichten Originaltönen, die während des Strafprozesses gegen die RAF-Gründungsmitglieder - Ulrike Meinhof, Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe - in Stuttgart-Stammheim aufgenommen worden waren. Eindeutig habe es „Signale“ gegeben, „die damals niemand verstand“. Am gleichen Tag konstatierte die „Frankfurter Rundschau“: „Nur Hass und Verbitterung. Neue Tonbandmitschnitte erhellen das vergiftete Klima im Prozess gegen die RAF-Gründer“. Andere Schlagzeilen lauteten: „Ulrike Meinhofs letzte Worte“, „Im Keller vergessen“, „Stimmen aus dem Grab“ oder „Mythische Stimmen aus dem Jenseits“. In der „ZEIT“ wurde kritisch angemerkt, die Konkurrenz vom „Spiegel“ mache „viel Aufhebens um die Stammheimer Tonband-Mitschnitte, die ein findiger Journalist in den Katakomben der Justiz aufgestöbert hat“.
Als das Institut für Zeitgeschichte 2005 ankündigte, dass es in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv und dem Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Freiburg eine ambitionierte 16-bändige Quellenedition zur Geschichte des Holocaust starten werde, mögen manche Fachkollegen und interessierte Laien verwundert gewesen sein. Wie zeitgemäß kann ein solches Vorhaben noch sein – angesichts rasanter technischer Veränderungen und damit verbundener Möglichkeiten der Speicherung und Verbreitung von in den Archiven ‚eingelesenen‘ Akten? Demgegenüber lässt sich die Ansicht vertreten, dass die professionelle Durchführung eines derartigen Projekts längst überfällig war. Wie der Mitherausgeber Dieter Pohl treffend argumentiert hat, ist es trotz mancher Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte und ungeachtet aller Widrigkeiten zu einem Paradigmenwechsel gekommen – vor allem in der systematischen Erfassung des erhaltenen Materials durch die internationale Vernetzung verschiedener Forschungsgemeinschaften.
Der „Kalte Krieg“, so er sich denn als sinnvoller Epochenbegriff durchsetzt, sollte vorerst nicht insgesamt musealisiert werden. Eine Darstellung der Teilung Berlins, Deutschlands und Europas, aber auch der wechselnden und fortdauernden Verflechtungen würde einen bescheideneren und angemesseneren Rahmen bilden. Eine Ausstellung könnte dabei ein Kern sein, sollte jedoch vor allem eines leisten: eine vielfältige Erinnerungslandschaft in Berlin, in Deutschland, in Europa erschließen und neugierig auf sie machen.
Der Aufsatz skizziert die Geschichte und die Veränderungen eines der bedeutendsten Porträts der Zeitgeschichte: des Mao-Porträts auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen-Platz) in Peking. Er spannt den Bogen von 1949 bis in die Gegenwart und untersucht dabei die unterschiedlichen Funktionen und Gebrauchsweisen des Bildes als Herrschaftssymbol, als Ikone der studentischen Protestbewegungen des Westens und der Pop Art um 1968, als kollektivem Protestobjekt im Frühjahr 1989, als Motiv der chinesischen Gegenwartskunst sowie als Bestandteil des Alltagskults. Ein besonderer Akzent wird dabei auf die immanenten Wirkungspotenziale des Bildes und den Ort seiner Präsentation gelegt. In allgemeinerer Perspektive versteht sich der Aufsatz als Plädoyer für eine Visual History von Herrscherbildern der Zeitgeschichte.
Vergangenheit mutet mitunter höchst gegenwärtig an. Der Blick in angestaubte, schon lange abgelegte Polizeiakten und Gerichtsprotokolle kann über das unmittelbar historische Interesse hinaus lehrreich sein, nämlich zeigen, wie scheinbar zeitlos der Umgang mit politischen Gegnern der jeweiligen Obrigkeit, nicht zu letzt mit vermeintlichen linken "Schreibtischtätern" ist. Auch darüber will die folgende biographische Studie berichten. Im Jahre 1851, wenige Tage vor Herbstbeginn, kam es in Berlin zu einem aufsehenerregenden Prozeß, in dem die Staatsanwaltschaft eine Anklage verlas, die in ihrer Wortwahl merkwürdig ,modern', geradezu aktuell anmutet: Der von mehrwöchiger Untersuchungshaft auch körperlich angeschlagene
Angeklagte habe (so das Resümee der Anklageschrift) nicht nur nicht den "Terrorismus" gegeißelt, wie es sich für jeden braven preußischen Staatsbürger gezieme, oder sich wenigstens distanziert, nein, er habe sich "unumwunden dahin artikulirt'', dass, solange die Linksterroristen "vor nichts zurückbebte[n] und unerschrocken den Vernichtungskrieg gegen alle Feinde der Demokratie" geführt hätten, sie richtig gehandelt, nämlich "die Herrschaft der Demokratie" gegen die alten Mächte gesichert hätten. Der Angeklagte habe die demokratischen Terroristen dann links zu überholen versucht, nämlich diese wegen ihres schließlich doch zögerlichen Handelns, dass sie den "Terrorismus nicht bis zur äußersten Consequenz zu verfolgen die Kraft besessen" hätten, sogar noch gescholten. Nicht genug damit, habe der Angeklagte zur "Nacheiferung" des Terrorismus in deutschen und preußischen Landen aufgefordert, zur "Ueberschreitung der als Schwäche bezeichneten Grenzen, an denen Jene [die ,Terroristen'-R.H.] endlich doch inne gehalten" hätten. Durch eine breite und farbige Schilderung historischer Ereignisse habe der Angeklagte beim preußischen Volk
"Beifall für die terroristische Herrschaft" radikaler "Revolutionsmänner" hervorrufen wollen - allein das sei hochgradig verdammenswert. Dieser erste Blick in eine staatsanwaldiche Anklageschrift wenige Jahre nach der Revolution von 1848 zeigt, daß die Begriffe Terror, Terrorismus und Terroristen keine Erfindungen moderner, spätbürgerlicher Staaten und Öffentlichkeiten sind. Nicht erst seit der Wende ins 21. Jahrhundert war die Obrigkeit mit entsprechenden Verdächtigungen schnell bei der Hand, wenn es darum ging, kritische Stimmen gegen die Allgewalt eines gegenwärtigen Staates mundtot zu machen. Diese Politik und mit ihr der Terrorismusverdacht besitzen eine lange Vorgeschichte.
Der Aufsatz untersucht die Rolle und die Grenzen der Stimmungsberichte des Ministeriums für Staatssicherheit an die SED-Führung als „Öffentlichkeitsersatz“ in der staatssozialistischen Diktatur. Im Zentrum stehen dabei die 1960er- und 1970er-Jahre als relativ stabile Jahrzehnte des DDR-Systems. Trotz aller ideologisch bedingten Verzerrungen zeigen die Berichte eine subkutane Orientierung am westdeutschen System und relativ leicht mobilisierbare Hoffnungen auf eine Abkehr von Grenzregime und Reiseverboten. Gleichwohl erschöpften sich die Werthaltungen nicht in einer Selbstwahrnehmung als „verhinderte“ Bundesbürger. Der Diskurs über Versorgungsprobleme und die materielle Lage enthielt neben dem Westvergleich auch Bezugnahmen auf den offiziellen Egalitarismus und ein sehr genaues Bewusstsein für dessen Grenzen in der DDR-Gesellschaft; Kaderprivilegien und ungleich verteiltes Westgeld sorgten vielfach für Unmut. Die Staats- und Parteiführung nahm die MfS-Berichte letztlich nur selektiv wahr – langfristig zu ihrem eigenen Schaden.
Für den „Kalten Krieg“ gibt es eine Vielzahl von Definitionen und historiographischen Zugängen. In der Regel ist die Epoche zwischen 1947 und 1989/91 gemeint, wobei die Zeit ab 1917 als Vorspann oder auch die Transformationsphase nach 1991 mitunter in die Betrachtung einbezogen werden. Der Kalte Krieg wird häufig als ein „Weltanschauungskrieg“ charakterisiert, der durch die Bipolarität der Supermächte und ihrer jeweiligen politischen Allianzen, die atomare Aufrüstung und den stets angedrohten, aber in Europa nie offen ausgetragenen militärischen Konflikt gekennzeichnet war, während gleichzeitig Stellvertreterkriege in der so genannten Dritten Welt entfacht wurden. Die Zeit des Kalten Krieges bzw. des Ost-West-Konflikts und der Teilung Europas ist inzwischen gut erforscht, wegen des wachsenden Zeitabstands in der breiteren Öffentlichkeit aber nicht mehr allgemein präsent. Deshalb hat eine international zusammengesetzte Gruppe von Politikern und Wissenschaftlern im Juni 2008 den Aufruf zur Gründung eines „Museums des Kalten Krieges - Teilung und Befreiung Europas“ formuliert, das am ehemaligen Grenzübergang Checkpoint Charlie eingerichtet werden soll. Auch unabhängig von der Frage, ob dieser Plan letztlich Erfolg haben wird, ist eine Debatte lohnend, wie sich die Epoche des Kalten Krieges museal präsentieren und verständlich machen lässt.
Mit den Rechtsänderungen von 1977 - einem neuen Strafvollzugsgesetz und dem 2. Strafrechtsänderungsgesetz (StÄG) - reagierte die DDR Erich Honeckers auf die gewandelten außenpolitischen Bedingungen seit Mitte der siebziger Jahre. Nach Unterzeichnung des Grundlagenvertrags mit der Bundesrepublik 1972, der Aufnahme der DDR in die UNO 1973 und der KSZE-Konferenz von Helsinki 1975 erwiesen sich überkommene Gesetzesformulierungen, in denen der westliche oder der bundesdeutsche Imperialismus angeprangert worden war, auf internationalem Parkett als ebenso störend wie extrem repressive Vorschriften im Strafvollzugsrecht.
Träume und Realitäten. Timothy Garton Ashs Reportagen über die „Refolution“ in Ostmitteleuropa
(2009)
Das Buch galt uns bei seinem Erscheinen als Geheimtipp – ein Werk nicht nur der genauen Analyse, sondern einer beeindruckenden Deutung. Für eine Interpretation des verwirrenden Geschehens, das wir erlebten, benötigten wir so etwas ganz dringend. Ich habe das Buch allerdings erst 1992 gründlich gelesen, zumindest steht in meiner Bibliothek die in jenem Jahr erschienene Taschenbuchausgabe. Die Seitenangaben im vorliegenden Text beziehen sich alle auf diese Ausgabe.
Als Francis Fukuyamas Essay „The End of History?“ im Sommer 1989 in der Zeitschrift „The National Interest“ erschien, brach ein Sturm der Empörung los. Die Vorstellung von einem „Ende der Geschichte“ hatte zwar gerade Konjunktur; so kamen in der Bundesrepublik 1989 gleich zwei Bücher heraus, die dieses Thema kritisch beleuchteten. Meist gründete das Interesse an einem „Ende der Geschichte“ allerdings auf einer postmodernen Position. Vilém Flusser oder Jean Baudrillard etwa behandelten unter diesem Schlagwort den Verlust von Sinn- und Wirklichkeitsbezügen in der multimedialen Kommunikationsgesellschaft. Fukuyama hingegen knüpfte an eine andere Tradition mit politisch konservativem Hintergrund an, wie sie beispielsweise von Arnold Gehlen, Ernst Jünger und Hendrik de Man vertreten worden war. Vor allem berief er sich auf den russisch-französischen Philosophen Alexandre Kojève, der Hegels „Phänomenologie des Geistes“ als Setzung eines Endpunkts der Geschichte gedeutet und später die amerikanische Lebensart als die Lebensform des Menschen nach dem Ende der Geschichte bezeichnet hatte.
Visuelle Quellen finden seit einiger Zeit zunehmend das Interesse der Geschichtswissenschaft. Die von Bernhard Jussen, Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main, herausgegebene DVD widmet sich einer Quellengattung, die geradezu der Prototyp des modernen Massenbilds war: den farbigen Reklame-Sammelbildern, die Lebensmitteln, Zigaretten, Waschmitteln oder Schuhcreme beilagen und in Alben gesammelt wurden. Eine Ahnung ihrer enormen Bedeutung für die deutsche Alltagskultur besonders in den 1930er-Jahren vermittelt heute noch die Zahl der erhaltenen Exemplare, die auf den einschlägigen Internetseiten, in Antiquariaten oder auf jedem beliebigen Flohmarkt angeboten werden. Dass dieser Fundus kaum systematisch erforscht ist, liegt nicht zuletzt daran, dass die Bilder und Alben zwar für Sammlerzwecke katalogisiert, ihre Zahl und ihre Herausgeber bekannt sind, ein Überblick zu den Motiven bisher aber nicht möglich war. Analysen von Bedeutung oder Konjunkturen bestimmter Themen scheiterten an der mangelnden Handhabbarkeit des Materials. Die Editionen der Reihe „Atlas des Historischen Bildwissens“, Ergebnisse des Projekts „Kollektives Bildwissen und historische Imagination in der Moderne“ an der Universität Bielefeld, tragen dazu bei, diese Lücke zu schließen. Die 2002 erschienene erste DVD enthält die vollständigen Serien der verbreiteten „Liebig’s Sammelbilder“; die nun vorliegende zweite DVD umfasst 22.000 Sammelbilder verschiedener Hersteller mit historischen Motiven. Gefördert wurde das Projekt von der Fritz Thyssen Stiftung.
What is the link between consumer society, fear of a nuclear war, design, modernity and utopia? According to the curators David Crowley and Jane Pavitt, the answer can be summarized in one concept: the Cold War. ‘Cold War Modern’ is an exhibit intending to show how the two postwar superpowers, the US and the USSR, engaged in aggressive contests in art, architecture and design in order to ‘demonstrate a superior vision of modernity’.
Northeim is a town on the Leine River situated in the hilly region of Lower Saxony between Hildesheim and Göttingen; to historians it is known as the location of William Sheridan Allen’s path-breaking study of the Nazi Machtergreifung. The book was based on a 1962 dissertation at the University of Minnesota, and Allen first published it while at the University of Missouri in Columbia in 1965. Within two years, it appeared in England and was translated into German and French. Allen had settled at the State University of New York in Buffalo by the time I read the second, revised edition (New York 1984), which I used to write this review. In the forty years since its publication, Allen’s readable history became a standard for undergraduates in North America; and his microhistory of the Machtergreifung has been replicated in most German localities. A number of American scholars in particular have followed in Allen’s footsteps: Peter Fritzsche, David Imhoof, Rudy Koshar, and others, including myself. Part of the reason for the interest of American doctoral students in German Mittelstädte is, of course, pragmatic. When one has limited time and money for a research trip abroad, it seems reasonable to select for study an ‘überschaubare’ provincial town. The peculiarities of American culture is surely another reason that historians from the United States look for the German equivalent of ‘middle America’ in what Mack Walker called ‘German home towns’.1 But in the end, German historians from many countries, including Germany, have adopted Allen’s method because close investigations of events ‘on the ground’ offer a necessary balance to modern German histories ‘writ large’.
Sehnsucht nach einem stillen Land. Wie zwei Reporter der „ZEIT“ im Jahr 1979 die DDR darstellten.
(2009)
Die heutige Lektüre des Buches irritiert, so eigenartig und doch auch vertraut wirkt das vor 30 Jahren entworfene DDR-Bild. Die Texte und Fotos wurden zwischen Herbst 1978 und Sommer 1979 zunächst als einzelne Reportagen im „ZEIT“-Magazin veröffentlicht. Die Journalistin Marlies Menge und der Fotograf Rudi Meisel waren seit 1977/78 die ersten akkreditierten „ZEIT“-Korrespondenten in der DDR - und blieben es bis 1990. Der Hanser-Verlag brachte sieben dieser Beiträge als großformatigen Bildband heraus. Meisel erhielt dafür 1979 den Kodak-Fotobuchpreis.
Die Frage nach den sozialen Effekten des Massenkonsums spielte für Marktforschung, Marketing, Werbung, Konsumkritik, Verbraucherschutz und Verbraucherpolitik in der Bundesrepublik eine entscheidende Rolle. Der Aufsatz nimmt die 1960er- und 1970er-Jahre in den Blick: Die zuvor populäre These, der Massenkonsum habe nach dem Zweiten Weltkrieg die sozialen Hierarchien eingeebnet, verlor nun an Bedeutung. Stattdessen entwickelten Marktforscher, Werbefachleute und Verbraucherschützer das Modell einer Gesellschaft, die sich durch die symbolische Dimension von Konsumgütern erneut ausdifferenziere. Im vorliegenden Beitrag werden die Theoreme der sozialen Nivellierung bzw. Differenzierung als zeitgebundene Deutungsmuster herausgearbeitet sowie mit der Praxis der zeitgenössischen Marktforschung, des Marketings und des Verbraucherschutzes in Beziehung gesetzt. Den Höhepunkt der Auseinandersetzung um Konsum und Gesellschaft markierten die 1970er-Jahre, als massive Konsumkritik die Werbung in eine Krise führte, während der Verbraucherschutz seinen Durchbruch erlebte.
Als im Frühjahr 1998 die Ergebnisse des zweiten Wettbewerbs zum Denkmal für die ermordeten Juden Europas diskutiert wurden und man diese breite öffentliche Debatte sogar als das eigentliche Denkmal für die Opfer des Holocaust bezeichnete, betrat eine „Initiative Denkmal Deutsche Einheit“ die erinnerungspolitische Bühne. In ihrem öffentlichen Aufruf forderte sie die Schaffung eines „Freiheits- und Einheitsdenkmals“, dem die Losung „Wir sind das Volk! Wir sind ein Volk!“ zugrundeliegen sollte. Das Denkmal sollte die friedliche Revolution in der DDR von 1989 würdigen und einen Ausdruck der Freude über die errungene nationale Einheit im Stadtbild der deutschen Hauptstadt darstellen. Der Kontrast zum jüngeren erinnerungspolitischen Diskurs in der Bundesrepublik Deutschland war markant: Dem Tiefpunkt deutscher Geschichte im Völkermord an den europäischen Juden wurde ein Höhepunkt des Freiheitswillens der Deutschen und des Ringens um ihre nationale Einheit gegenübergestellt.