1945-
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Anders als die Monographie und der Aufsatz, die Edition und die Enzyklopädie sowie (vor allem seit den 1970er-Jahren) der Sammelband hat das Interview zumindest in der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft keine eigene Tradition als historiographische Form. Zwar sind Historiker in der Presse, im Radio und im Fernsehen auch in früheren Jahrzehnten schon als »Experten« befragt worden, doch wäre es den älteren Ordinarien wohl ganz abwegig erschienen, sich im Gespräch mit jüngeren Kolleginnen und Kollegen über Fachliches und Persönliches zu äußern und diese Gespräche dann zu publizieren. Erst seit Ende der 1990er-Jahre hat das Interview von und mit Historikerinnen und Historikern eine gewisse Popularität gewonnen. Damit ist hier weniger die Darstellung von (Geschichts-)Wissenschaft in der Öffentlichkeit gemeint, sondern das mit fachwissenschaftlichem Interesse geführte Interview.
Workers always have something to complain about - even in the ,workers’ and peasants’ states’ of state socialism. Many of the causes of worker discontent across eastern European states in the period from the late 1940s to 1990 were similar, although varying in level and intensity at different times in different areas. What differed were the ,hard‘ and ,soft‘ institutional strategies for dealing with worker discontent; the varying resources, alliances and interests of workers; and the varying forms of protest, in the light of particular historical conditions and distinctive heritages of experience and culture. A comparative approach, paying attention both to changes within the working classes and to wider social changes across time, can yield some potentially very fruitful hypotheses about patterns of worker protest in eastern European communist states.
Die Arbeiter im Staatssozialismus als Gegenstand der zeithistorischen Forschung sind in Bulgarien nach 1989 noch nicht entdeckt worden. Aus zwei Perspektiven tasten sich bulgarische Wissenschaftler jedoch langsam an das Thema heran - somit lassen sich aus deren Publikationen in den letzten Jahren schon einige interessante Fragen und Hypothesen ableiten. In politologischen Untersuchungen zur bulgarischen Transformation nach 1989 erscheinen die Arbeiter als eine eher konforme Bevölkerungsschicht, die definitiv nicht zu den Akteuren der Wende gehörte. Unter den vielen Ursachen und Voraussetzungen für den Systemwechsel vor 15 Jahren spielte die Unzufriedenheit der Arbeiterschaft eine sehr geringe Rolle. Offene Proteste der Arbeitnehmer oder gar Arbeitsniederlegungen blieben bis in die späten achtziger Jahre eine Ausnahme.
Anhand von Kemritualen der DDR, erweitert und ergänzt um Beispiele aus der Sowjetunion, den Volksrepubliken Polen und Ungarn, aus der Tschechoslowakei und aus Albanien sollen hier strukturelle Elemente einer politischen , Rhetorik des Performativen‘ im Sozialismus der fünfziger, sechziger und siebziger Jahre bilanzierend herausgearbeitet werden. Sodann wird eine methodologische Faustskizze die kommunikationstheoretischen und kulturgeschichtlichen Implikationen einer Ritualforschung zwischen ,Botschaft' und ,Bedeutung' umreißen, um schließlich eine erste Annäherung an die Aneignungsgeschichte sozialistischer Rituale zu wagen - nicht zuletzt auch unter generationengeschichtlicher Perspektive.
Die Strukturen wie die Ressourcenkonstellationen in der Wissenschaftslandschaft 1930 bis 1945 sind wesentlich durch vier Aspekte charakterisiert: (1.) durch den Primat der Kriegsrelevanz, (2.) durch eine institutionelle, vorgeblich polykratische Zersplitterung, der reichsdeutschen Wissenschaftslandschaft - die ihrerseits den Hintergrund für das von der älteren Historiographie aufgestellte Diktum der vermeintlichen Ineffizienz der Forschung während des "Dritten Reiches" abgab - , (3.) durch eine doppelte Ressourcenverschiebung innerhalb des Gesamtkomplexes der Wissenschaften und (4.) durch die Expansion der reichsdeutschen Wissenschaften auf dem Rücken der Wehrmacht ab 1938.
»If you can’t beat ’em, join ’em«. Computerschach und der Wandel der Mensch-Maschinen-Verhältnisse
(2018)
Als „Elite der Eliten“ sind die Hochschullehrer einmal bezeichnet worden - natürlich von einem Hochschullehrer - und wie so oft, wenn Professoren über den eigenen Beruf nachdenken, mischen sich auch in dieser prätentiösen Formulierung Selbstverständnis und Selbstbeschreibung. Die Geschichte der modernen Hochschullehrerschaft ist immer auch eine Geschichte ihrer Selbstinszenierung gewesen, in Deutschland wahrscheinlich mehr als anderswo, angefangen vom Humboldtschen Gründungsmythos bis zu immer neuen Reflexionen über die „Idee der Universität“. Normatives und Deskriptives sind da oft schwer zu trennen. Der Elitestatus der Hochschullehrer war und ist gewissermaßen doppelt begründet: Auf der einen Seite strukturell und funktional. Als Universitätslehrer vermittelten sie dem Nachwuchs der akademischen Berufe das fachliche Leistungswissen, als hervorragende Vertreter des Bildungsbürgertums hatten sie an der Definition und Weitergabe eines fachübergreifenden, die bürgerlichen Schichten integrierenden „Bildungswissens“ Anteil und als Angehörige der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft galten sie als Prototyp des innovativen Forschers. Sie repräsentierten den Typus einer meritokratischen Leistungselite - wenn auch ihr Charakter als sozial exklusive Herkunftselite und vom Amtsprestige getragene Positionselite noch lange Zeit die offene Leistungskonkurrenz verzerrten. Auf der anderen Seite gründete sich der Elitestatus der Professoren immer auch auf ihren Anspmch auf Kompetenzkompetenz, auf Definitionsautonomie über den eigenen Status. Diese Identitätskonstruktionen knüpften an ihre funktionale Stellung an, gingen aber über sie hinaus. Sie meldeten Ansprüche an, leisteten Sinnzuschreibungen, grenzten Zuständigkeitsräume ab. Ob man die Einheit der Wissenschaften oder disziplinäre Spezialisiemng betonte, welche Autonomieforderungen man an Staat und Gesellschaft richtete und welche eigenen Sinnstiftungsansprüche man umgekehrt gegenüber der Gesellschaft erhob, ob man Forschung, Lehre oder allgemeine Bildung ins Zentrum des Berufsverständnisses rückte, ob man sich als Bewohner des Elfenbeinturmes, als Bürger oder als homo politicus verstand - all dies war Gegenstand eines andauernden Selbstverständigungsdiskurses.
Der Beitrag untersucht, inwiefern dem Comic aufgrund seiner medienspezifischen Merkmale das Potenzial für eine authentische Darstellung der Vergangenheit zugeschrieben bzw. abgesprochen wurde. Im Mittelpunkt der Analyse stehen in Deutschland zwischen 1965 und 2015 veröffentlichte Geschichtscomics über den Ersten Weltkrieg. Vor dem Hintergrund einer in der Geschichtsdidaktik entwickelten Typologie von (historischer) Authentizität im Comic werden die dort angewandten Authentisierungs- und Beglaubigungsstrategien untersucht. Besondere Bedeutung kommt dabei der seit den 1970er Jahren anzutreffenden Auffassung zu, der Erwachsenen- bzw. Autor*innencomic sei ein besonders geeignetes Ausdrucksmittel des authentischen Selbst und verfüge gerade über die deutliche Ausstellung der subjektiven Sicht der Verfasser*in auf die Vergangenheit über besondere Authentizität.
At the beginning of the twenty-first century the problem of European frontiers ceased to exist. This is because they are no longer determined by a sense of European identity, but rather by a consensus reached in Brussels. The European borderlands disappeared generations ago and were substituted by peripheries of the capitalist world-economy. It may be said that both concepts are of only academic interest. However, I am not convinced.
Über den Thälmann-Kult nachzudenken oder zu reden, ist eigentlich langweilig. Ein armseliges, dürftiges Thema, das mit wenigen Gedanken auskommt. Der Kult schafft stets etwas Glattes, Unangreifbares. Aus einem lebendigen Menschen mit all seinen Widersprüchen und Brüchen wird eine Legende, ein Mythos. Sein Leben wird aus seinem eigentlichen historischen Zusammenhang gelöst und in einen neuen, den kultischen Zusammenhang gestellt, in dem er funktionieren soll. Denn Kult, Mythos hat immer etwas mit einer Wirkungsabsicht zu tun, ganz gleich ob, er von oben verordnet oder von unten getragen wird.
Die TV-Serie »Holocaust« hat die deutsche Erinnerungskultur maßgeblich geprägt. Dabei war die Serie umstritten, unter anderem wegen ihres fiktionalen Charakters und wegen teilweise ahistorischer Stellen. »Wenn die nicht mal das richtig machen, dann stimmt auch alles andere nicht«, lautete ein Vorwurf an die amerikanischen Serienmacher. Das deutsche Fernsehen antwortete auf »Holocaust« mit Projekten, die eine besondere Form von Authentizität für sich reklamierten: Verfilmungen nach einer wahren Begebenheit, für deren Authentizität Zeitzeug*innen bürgten. Die TV-Serie »Ein Stück Himmel« war die größte Antwort auf »Holocaust« Anfang der 1980er Jahre. Sie erzählt das Überleben des jüdischen Mädchens Janina David. Der Aufsatz schildert, inwiefern Adaptionen zulasten von Authentizität gehen. Das TV-Team stand vor großen Herausforderungen, eine ansprechende Form von seriellem Erzählen mit Authentizität in Einklang zu bringen. Entsprechend gab es am Set heftige Kontroversen. Deutlich wird: Authentizität ist ein skalierbarer Wertbegriff. Er basiert auf verschiedenen Zuschreibungen, mit denen Akteur*innen ihre unterschiedlichen Interessen zur Realisierung oder Vermarktung der Serie argumentativ aufladen.
Der grassierenden Fremdenfeindlichkeit auf dem Territorium der ehemaligen DDR liegt ein vielfältiges Ursachengeflecht zu Grunde. Ausgehend von den historischen Ursachen, die Behrends, Kuck und Poutrus anführen, soll hier näher auf ihre These von der „geschlossenen Gemeinschaft“ eingegangen werden. Die Autoren konstatieren
ein Legitimationsdefizit der SED, das zu „einer beharrlichen Distanz vieler Menschen zum sozialistischen Staat“ geführt habe. Damit folgen sie jener Richtung in der Diktaturenforschung, welche die DDR-Gesellschaft nicht in den Dichotomien von Anpassung und Widerstand zu erklären versucht, sondern vielmehr die Bevölkerung in ein komplexes Beziehungsverhältnis zu den politischen Institutionen setzt. Ein solcher methodischer Zugriff erkennt zum einen die Ungleichgewichtigkeit der Machtverteilung an und vermeidet zum anderen die a priori moralischen Implikationen jener Geschichtsschreibung, die dem Opfer-Täter-Denken verhaftet ist und dadurch oft dem Erklärungsschema der „Verführung der Massen“ folgt.
Der Aufsatz präsentiert die multimediale Geschichte des Romans, Hörspiels und Fernsehfilms »Am grünen Strand der Spree«, die zwischen 1955 und 1960 in Westdeutschland publiziert wurden. Darin schildern der Autor Hans Scholz bzw. die Regisseure Gert Westphal und Fritz Umgelter unter anderem die Massenerschießung von Juden in der sowjetischen Stadt Orscha im Herbst 1941. Der Romanautor beteuerte, die Beschreibung basiere auf seinen eigenen Kriegserinnerungen, und nahm für sich die Position eines Augenzeugen in Anspruch. Zugleich passte er das Bild des Verbrechens an die mutmaßlichen Erwartungen seiner Leser*innen an. Ähnlich agierten die Regisseure des Hörspiels und Fernsehfilms. Jede Version entfernte sich von den Ereignissen, die während des Ostfeldzugs tatsächlich stattfanden, und ähnelte zunehmend den Erzeugnissen der bundesdeutschen Erinnerungskultur, die Leid und Heldentum deutscher Soldaten in den Vordergrund stellte. Nichtsdestotrotz hielten die Rezipient*innen – darunter zahlreiche Kriegsveteranen – die Szene aus Orscha für besonders »authentisch«. Anhand von Aussagen in zeitgenössischen Besprechungen, Briefen und Interviews wird die Vorstellung von angeblich »authentischen Kriegsbildern« in der Bundesrepublik diskutiert.