ohne regionalen Schwerpunkt
Refine
Year of publication
Document Type
- Online Publication (293)
- Journal Article (72)
- Part of a Book (7)
- Book (2)
Has Fulltext
- yes (374) (remove)
Keywords
- Forschungsfelder (57)
- Begriffe (38)
- Methoden (18)
- Grundlagen (17)
- Schnittmengen (6)
- Debatten (5)
- Klassiker (5)
- Prozesse (4)
- Periodisierung (3)
- Authentizität (1)
Im Vorwort zur deutschsprachigen Ausgabe seines Buches »Exit, Voice, and Loyalty« stellte Albert O. Hirschman, US-amerikanischer Ökonom und Entwicklungstheoretiker, seine Konzepte »Abwanderung« (exit) und »Widerspruch« (voice) in einen doppelten historischen Zusammenhang: zum einen mit »dem Schicksal der Juden, die noch nach 1939 in Deutschland waren«, zum anderen mit seiner eigenen Flucht aus Deutschland in die USA, nach der »Machtergreifung« durch die Nationalsozialisten. 1933, im ersten Jahr seines Studiums, verließ der 1915 geborene Hirschman (damals noch: Otto-Albert Hirschmann) Berlin und flüchtete zunächst nach Paris. 1935/36 verbrachte er ein Jahr an der London School of Economics. Nach Paris zurückgekehrt, kämpfte er 1936 für kurze Zeit im Spanischen Bürgerkrieg gegen die Putschisten unter General Francisco Franco und ging dann nach Triest, wo er zwei Jahre später promoviert wurde. Aufgrund der italienischen Rasse-Gesetze reiste Hirschman 1938 wieder nach Frankreich aus. Zunächst Soldat in der französischen Armee, floh er wegen der Invasion der Wehrmacht 1940 nach Marseille, wo er für den US-Journalisten und Fluchthelfer Varian Fry arbeitete. Ende 1941 emigrierte er in die USA, bevor er 1943 als Soldat der amerikanischen Armee wieder nach Europa zurückkehrte. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst als Ökonom im Auftrag der US-Bundesbank wie auch der Weltbank, später als Wissenschaftler an verschiedenen amerikanischen Universitäten. 2012 verstarb er im Alter von 97 Jahren.
Der Begriff »Diversität« hat in den letzten Jahrzehnten eine erstaunliche Verbreitung erfahren. Traditionell bezeichnete das Wort nur einen Zustand der Verschiedenheit; in der Gegenwart erscheint es in vielen Kontexten, um dessen Gegenteil zu erreichen: Das Wort meint Verschiedenheit und zielt auf Gleichheit. Schulen und Universitäten regeln Chancengleichheit im Namen von Diversität, Unternehmen formen eine heterogene Belegschaft mittels eines »Diversitätsmanagements«, und Migrationsbewegungen haben die alte Debatte um den Multikulturalismus wieder belebt. Durch seine vielseitige Anschlussfähigkeit ist Diversität zu einem populären und meist positiv besetzten Begriff geworden, der theoretisch jedoch weithin unterbestimmt blieb. Seine Paradoxie besteht in der Kollektivierung von Individuen zu homogenen Gruppen bei gleichzeitiger Pluralisierung dieser Gruppen zu nebeneinanderstehenden Einheiten – ausdrücklich ohne eine umfassende Universalisierung anzustreben.
The article traces the collective term “living history” in its various definitions, forms and manifestations, offering an overview of this widespread phenomenon. It will consider developments in the United States and Europe, as well as taking a look at historical precursors of present-day forms. Whereas living history in the Anglo-American world has long been a well-established part of the educational and cultural work of museums, in Germany there is still a great deal of skepticism towards this form of historical representation. Finally, it asks how the fields of history and cultural studies might best engage with living history and which theoretical approaches exist for investigating and analyzing living history.
Living History
(2020)
Der Artikel zeichnet den Sammelbegriff Living History in seinen verschiedenen Definitionen, Formen und Ausprägungen nach, um einen Überblick zum breiten Phänomenbestand zu geben. Dabei werden sowohl Entwicklungen in den USA als auch in Europa berücksichtigt sowie historische Vorläufer gegenwärtiger Phänomene thematisiert. Während im angloamerikanischen Raum Living History als Bildungsangebot und Programmbestandteil vollständig in die Museumslandschaft integriert ist, gibt es in Deutschland noch immer Vorbehalte gegen diese Art der Darstellung. Abschließend wird der Frage nachgegangen, wie sich die Geschichts- und Kulturwissenschaften zur Living History verhalten können: Welche theoretischen Zugänge und Ansätze gibt es zur Untersuchung und Analyse von Living History?
Die Diskussionen um das Verhältnis von Geschichte und Öffentlichkeit in Deutschland werden zunehmend mit Bezug auf die englischsprachige Begriffsprägung Public History geführt. Im Kontext einer zunehmenden Praxisorientierung der Geisteswissenschaften, der Kommerzialisierung von Geschichtswissen sowie der vielfältigen Praktiken historischer Sinnbildung durch außeruniversitäre Akteure wird neben dem anzutreffenden Begriff des History Marketing auch immer häufiger der Begriff Angewandte Geschichte verwendet.
During the Holocaust 5.8 million people were killed; most of the victims did not leave behind any record that could help reconstruct their experience. While survivor history has been well studied in the last decades, how millions of voiceless victims experienced their persecutions has remained a terra incognita. Generally, while perpetrator history is well-documented, the voiceless victims’ perspective has resisted any form of documentation; their emotional and mental experiences conveyed through novels and memoirs have remained fragmented and they have often been dismissed as subjective and unreliable. Today Digital History and Digital Humanities offer new forms of inquiry and representations; they can unlock the emotional, mental, and physical realities which voiceless victims of the Holocaust or other genocides were forced to live in.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Frank Trentmann bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Die Besatzung großer Teile Europas in den Jahren des Zweiten Weltkriegs stellte einen tiefgreifenden, häufig krisenhaften Einschnitt in die Normalitätsverhältnisse von 200 Millionen betroffenen Menschen dar. Dennoch hat Besatzung als Erfahrungsgeschichte bisher einen eher geringen Widerhall in der Forschung gefunden, zumal in europäisch-vergleichender Perspektive. Dies ist nicht zuletzt den Begriffen und Konzepten geschuldet, die die Forschung strukturieren. Tatjana Tönsmeyer beleuchtet daher zunächst mit „Widerstand und Kollaboration“ sowie der jüngeren Holocaustforschung zwei einschlägige Interpretationszusammenhänge, bevor sie mit dem Begriff der Besatzungsgesellschaften ein eigenes konzeptionelles Angebot formuliert. Besonderes Augenmerk gilt dabei den Akteur/innen sowie ihren Handlungsoptionen in Interaktion mit den Besatzern.
Betrachtet man die Moderne als Projekt der Kontingenzbewältigung, so ist „Sicherheit“ eines ihrer wichtigsten Kernelemente, zielte das Projekt der Moderne doch unter anderem darauf, durch soziale Sicherungssysteme Lebensrisiken zu reduzieren. Wissenschaftliche und technische Fortschritte spielten dabei eine wesentliche Rolle, da entsprechende Hoffnungen von einem weit verbreiteten Optimismus getragen wurden. Je stärker sich jedoch die Erfahrung verdichtete, dass dieser Fortschritt vielfältige Gefahren erst schuf, umso mehr erschien die Moderne als eine Epoche, die im Dienst des Fortschritts auch neue Risiken wie Reaktorunfälle, Börsencrashs oder Arbeitslosigkeit generiert.
Das Konzept des Begriffs Angewandte Geschichte ist bislang noch nicht eindeutig bestimmt. Auch eine systematische Einordnung in das geisteswissenschaftliche Fächerspektrum ist im Grunde nicht zu erkennen. So dient er vor allem als „Sammelbezeichnung” für Phänomene des historischen Fachs, denen Anders- oder Neuartigkeit zugeschrieben wird. Bestehende Abgrenzungen zwischen den Anwendungsgebieten Angewandter Geschichte sind ebenfalls eher grobschlächtig, genauso wie institutionelle Differenzierungen.
Geschichte der Gefühle
(2010)
Menschen lieben und hassen einander, sie sind wütend, traurig oder fröhlich, sie neiden ihrem Nachbarn das Auto, streben aus Ehrgeiz nach beruflichen Erfolgen oder ermorden einen Nebenbuhler aus Eifersucht. Kurzum: Sie fühlen. Trotz dieser Allgegenwart von Gefühlen in sozialen Praktiken wurde der Mensch als fühlendes Wesen – als „homo emoticus” – von den Sozial-, Kultur- und Geisteswissenschaften des 20. Jahrhunderts lange ausgeblendet. Seit einiger Zeit ist dieses Desinteresse allerdings in sein Gegenteil umgeschlagen, und das Versäumte wird mit großer Verve nachgeholt.
Die Ausstellungsankündigung „Ruth & Lotte Jacobi“, die im Rahmen des EMOP Berlin – European Month of Photography 2020 präsentiert wurde, klingt vielversprechend: „Zum ersten Mal ist das fotografische Werk – bestehend aus Porträts, Stillleben, Reportagen, Lichtbildern und Experimentalaufnahmen – dieser vierten Generation einer jüdischen Fotografenfamilie in einer Ausstellung vereint.“ (Einführungstext) Selten haben Besucher*innen die Möglichkeit, sich Werke von Fotografinnen vergleichend anzusehen. Viel zu häufig werden diese als Einzelgängerinnen und Ausnahmen präsentiert.
Befasst sich die historische Forschung mit Fotografie, so teilen sich die Quellen grob in vier verschiedene Zugangsarten auf: veröffentlichte Bilder in Printmedien, in Ausstellungen, semi-öffentlich-zugängliches Bildmaterial aus Archiven/Sammlungen oder privaten Archiven sowie der immer wichtiger werdende Bereich der Social Media. Mit der digitalen Fotografie und der Nutzung des Internets als Informationspool und für zwischenmenschliche Kommunikation ist Instagram dabei zu einer zentralen Social Media-Plattform zum Teilen visueller Inhalte avanciert. Die Richtlinien für akzeptiertes Material und die Nutzungsbedingungen legt die Betreibergesellschaft selbst fest.
Wir gehen im Folgenden der Frage nach, in welchem Verhältnis die veröffentlichten Bilder auf der zeitgenössischen populären Plattform zur allgemeinen Öffentlichkeit von Ausstellungen und Presse stehen. Welche bildethischen Vorstellungen drücken sich in den Praktiken von Instagram aus? Und inwieweit kann das digitale öffentliche Bildersammeln als Archiv gelten und auf gesellschaftliche zeithistorische Fragen Antworten geben?
Juristische Zeitgeschichte
(2021)
Die „Juristische Zeitgeschichte“ bezeichnet den jüngsten Zeitabschnitt im Bereich der Rechtsgeschichte, also die der gegenwärtigen Rechtsepoche. Welchen Zeitraum diese Epoche einnimmt, erörtert Thomas Vormbaum in seinem Artikel und geht auf die Kritik an der herkömmlichen Rechtsgeschichte ein, die sich überwiegend auf Dogmen- und Theoriegeschichte stützt. Unter Berücksichtigung der Geschichts- sowie Rechtswissenschaft beschreibt er aufkommende Methodenfragen des Forschungsfelds.
Juristische Zeitgeschichte
(2010)
Im Bereich der Rechtsgeschichte beginnt der von Diethelm Klippel kreierte Begriff „Juristische Zeitgeschichte” sich als Bezeichnung für den jüngsten Zeitabschnitt durchzusetzen. Nicht endgültig geklärt ist allerdings die Erstreckung dieses Zeitabschnitts; und umgekehrt herrscht nicht einmal über die Frage, ob der Begriff „Juristische Zeitgeschichte” überhaupt einen Zeitabschnitt bezeichnet, Einigkeit.
Was der französische Kriegsfotograf Patrick Chauvel hier zum Ausdruck bringt, würden viele seiner Kollegen sicher unterschreiben. Wer einmal angefangen hat, Krieg zu fotografieren, kommt davon oft nicht mehr los – so zumindest berichten es viele der in diesem Band vertretenen Fotografinnen und Fotografen. Der von Michael Kamber zusammengestellte Band enthält 21 Gespräche mit 15 Männern und fünf Frauen, die in Kriegen von Vietnam bis Afghanistan fotografierten (Joao Silva ist mit zwei Gesprächen vertreten).
Eingeteilt sind die Gespräche in die Komplexe „Mission“, „Krieg“ und „Narben“.
In den vergangenen Jahren hat eine Entwicklung eingesetzt, in deren Rahmen zahlreiche geisteswissenschaftliche Fächer eine ‚kulturwissenschaftliche Neuausrichtung‘ vorgenommen oder doch zumindest angekündigt haben. Auch an der Geschichtswissenschaft ist diese Entwicklung nicht spurlos vorbeigegangen, wenngleich die Rolle des Vorreiters in dieser Hinsicht eher bei den Literaturwissenschaften liegt, vor allem der Anglistik und Germanistik. Innerhalb der Geschichtswissenschaft gibt es verschiedene Ansätze zur Entwicklung einer ‚neuen Kulturgeschichte‘, die teilweise an ältere Vorbilder anknüpfen, die aber nicht umhinkommen, sich auch mit der aktuellen ‚Verkulturwissenschaftlichung‘ der Geisteswissenschaften auseinanderzusetzen. In diesem Kontext gilt es zu klären, was wir unter Kulturwissenschaft verstehen, was die Kulturwissenschaft als eigenständige akademische Disziplin von den Kulturwissenschaften unterscheidet, die oft als Synonym für die Geisteswissenschaften, d.h. als Sammelbegriff verstanden werden. Zu diskutieren ist in diesem Kontext aber vor allem, in welchem Verhältnis Kultur- und Geschichtswissenschaft, speziell Kulturwissenschaft und Zeitgeschichte, zueinander stehen.
Die Bilder sind spektakulär: Da gibt es eine Aufnahme von Erich Honecker mit Fidel Castro in einem offenen Auto während Castros Staatsbesuch in Berlin, das Bild einer nordvietnamesischen Soldatin, die einen gefangen genommenen amerikanischen GI mit der Waffe vor sich her treibt, und einen Schnappschuss, auf dem zwei ältere Ostberlinerinnen auf der Straße etwas unbeholfen das Tanzbein zu schwingen scheinen (tatsächlich suchen sie etwas in ihren Handtaschen, die sie auf den angehobenen Oberschenkel stellen). Viele Fotografien, die der 1937 geborene Thomas Billhardt als freiberuflicher Fotojournalist machte, waren in der DDR gut bekannt und erlangten zum Teil ikonischen Status. Chronologisch sortiert bietet der vorliegende Band einen guten Überblick über das Werk des heute 76jährig in Kleinmachnow lebenden Fotografen. Seine Reisen – unternommen zum Teil im Auftrag staatlicher Institutionen und zwei Mal auch von der UNICEF initiiert, zum Teil aus eigenem Interesse – führten Billhardt unter anderem nach Kuba, Sibirien, Vietnam, Chile, China, Kambodscha, Italien und in den Libanon. Nachdem er 1961 von einem Aufenthalt in Kuba in die DDR zurückgekehrt war, obwohl er die Gelegenheit hätte nutzen können, im Westen zu bleiben, galt er daheim als so zuverlässig, dass er uneingeschränkte Reisefreiheit genoss und von dieser Freiheit auch regen Gebrauch machte. Obwohl das „Life Magazine“ seine Vietnam-Bilder druckte und einer Karriere im Westen kaum etwas im Weg stand, richtete sich Billhardt in der DDR häuslich ein.
Klaus Nathaus and C. Clayton Childress convincingly argue that cultural and symbolic objects are produced before they are consumed and that therefore cultural historians should take a closer look at the social and economic conditions of cultural production. Instead of taking it for granted that mass reception inversely indicates the existence of a demand already ‘being there’, historians should dig into the production processes influenced (among others) by individual taste, material interest, and arbitrary decisions – or, as Nathaus, Childress and the often cited Richard A. Peterson would call it – contingency. While most of Nathaus and Childress’s examples stem from the field of music, I will in my response apply the cultural production concept to a non-musical field, namely documentary photography in the first half of the twentieth century. Further, I will raise some questions that still seem to be unanswered. Given that the causal relation between production and consumption by and large equals the chicken and egg problem, what sense does it make to shift attention from reception to production – especially when dealing with modifications of objects, commodities, or genres rather than inventions in the sense of ‘there was nothing like this before’? I will suggest to extend the concept beyond the study of ‘classical’ cultural objects – like novels or records – and to include commodities like food, clothes, or cars. Finally, I will raise the question of how to apply the production of culture perspective to socialist economies after 1945, which to my knowledge has not been tried yet.
Pressefotografie
(2014)
Unter den Begriff der Pressefotografie fallen im engeren Sinn all diejenigen Fotografien, die zum Zweck der Verbreitung in Zeitungen und Zeitschriften aufgenommen werden. Im erweiterten Sinn fallen darunter zudem auch solche Fotografien, die in einem anderen Kontext (zum Beispiel Wissenschaft, Wirtschaft oder Kunst) aufgenommen und dann in Zeitungen oder Zeitschriften publiziert wurden. Darüber hinaus bezeichnet der Begriff der Pressefotografie ein Berufsbild, dessen Protagonisten das Ziel verfolgen, die Öffentlichkeit über regelmäßig erscheinende Printmedien mit Bildern zu versorgen. Dieses Berufsfeld entstand im Verlauf des 19. Jahrhunderts und etablierte sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts, mit der Einführung der Autotypie als neuem Standardverfahren zur Reproduktion von Fotografien, als fester Bestandteil der modernen Medienlandschaft. Waren Zeitschriften anfangs mit Hilfe von Holzschnitten illustriert worden – zum Teil auch mit Holzschnitten, die Fotografien reproduzierten –, erlaubte das Verfahren der Autotypie erstmals den seriellen Abdruck von Fotografien.