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Geht es um die Kunst des Nationalsozialismus, geht es in der Regel auch um Arno Breker. Hitlers Lieblingsbildhauer ist der wohl bekannteste Vertreter der offiziell anerkannten deutschen Kunst zwischen 1933 und 1945 und auch dank seiner langen Nachkriegskarriere eigentlich immer noch für einen Skandal gut, wie die Schweriner Ausstellung im Jahr 2006 zeigte. Braucht es da wirklich noch eine weitere Publikation, die sich mit diesem Künstler beschäftigt? Nach Lektüre der überarbeiteten und erweiterten Fassung der von Patrick Neuhaus bei Michael Wildt an der Humboldt-Universität Berlin vorgelegten Magisterarbeit muss diese Frage eindeutig bejaht werden. Es handelt sich um eine Spezialuntersuchung zur Breker-Ausstellung im Musée de l’Orangerie im besetzten Paris 1942, die einer der prominentesten Aspekte von Brekers Biografie ist.
Die westdeutsche Geschichtsdidaktik ist seit ihrer Konstituierung eine akademische und daher theorieorientierte Teildisziplin der Geschichtswissenschaft. Ihre Initialzündung lag Anfang der 1970er-Jahre in der Kritik an dem überkommenen Historismus, der Forderung nach einem Perspektivwechsel und nach mehr Theoriebildung. Mit dem durch die Historische Sozialwissenschaft produzierten Wissen konnten neue Ansprüche auf die Orientierung der Lebenspraxis in der Öffentlichkeit erhoben werden. Forciert wurde eine Geschichtsdidaktik, die diesen Anspruch in neue Strategien des Lehrens und Lernens umsetzte. In den 1980er-Jahren wurden die Makroaggregate der Gesellschaftsgeschichte durch die Betonung subjektiv erfahrener Geschichte ergänzt. Doch auch die Geschichtsdidaktiker kritisierten die aufkommende Laienbewegung aufgrund ihrer Theorieferne und unkritischen Identifikationen mit den zu untersuchenden Objekten als „Barfußhistoriker“. Das war ganz im Sinne einer Disziplin, deren Vertreter sich als Historiker verstanden und keineswegs auch nur in die Nähe von Pädagogen geraten wollten. Mit der neuen Geschichtsdidaktik sollte die ältere Geschichtsmethodik überwunden und in enger Anlehnung an Geschichtstheorie und Fachwissenschaft ein theoretisches Instrumentarium zur Reflexion von Vermittlungsprozessen auch außerhalb der Schule geschaffen werden. Karl-Ernst Jeismann und Jörn Rüsen führten zwei geschichtsdidaktische Fundamentalkategorien ein, das „Geschichtsbewusstsein“ und die „Geschichtskultur“, die aus dem Theoriebestand der Geschichtswissenschaft inzwischen nicht mehr wegzudenken sind.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Kim Christian Priemel bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Säkularisierungstheorie
(2013)
Die Säkularisierungstheorie, die sich mit dem Bedeutungsrückgang der Religion in modernen Gesellschaften beschäftigt und lange Zeit die Beschreibungen und Erklärungen für den religiösen Wandel in der Moderne dominierte, scheint in der heutigen Zeit an Gewicht zu verlieren. Detlef Pollack diskutiert in seinem Beitrag dieses Phänomen, wobei er zuerst auf den Inhalt der Säkularisierungstheorie eingeht, bevor er sich mit den verschiedenen Bedeutungen des Säkularisierungsbegriffes befasst. Zum Abschluss skizziert Pollack die kritischen Positionen in Bezug auf die Theorie und nimmt gleichzeitig Stellung dazu.
Ästhetisierung
(2020)
Ist es ethisch vertretbar, Menschen in Not ästhetisch ansprechend zu zeigen? Birgt dies die Gefahr, eine eigentlich erschreckende soziale Realität zu verklären und die Gemüter zu beruhigen, anstatt aufzurütteln und zum Handeln zu motivieren? Oder steckt in einer solchen Darstellungsweise die Chance, Aufmerksamkeit für ein Thema zu schaffen, da sie Marginalisierten ein Gesicht verleiht, mit dessen visuell vermittelter, unantastbarer Würde sich die Betrachterinnen und Betrachter identifizieren können?
Klasse
(2015)
Der Begriff „Klasse” ist eng mit der Entstehung der modernen Soziologie als Disziplin verknüpft und verdeutlicht gleichzeitig die besondere Standortgebundenheit jeder Beschäftigung mit sozialer Ungleichheit. Jenny Pleinen führt in die Verwendung des Klassenbegriffs ein und skizziert seine Bedeutung für die geschichtswissenschaftliche Forschung: von der Begriffsgeschichte, über die Marx‘sche und Weber’sche Definition bis hin zum Gebrauch durch die Bielefelder Sozialgeschichte. Abschließend fragt sie nach dem analytischen Mehrwert einer Operationalisierung des Klassenkonzepts heute.
Medienikonen der Fotografie bzw. des Films – denken wir etwa an den „Falling Soldier“ von 1936 in der Fotografie von Robert Capa, an den Jungen aus dem Warschauer Getto im sogenannten Stroop-Bericht, an das „Napalm-Mädchen“ aus dem Vietnamkrieg in der Fotografie von Nick Út, an den „Kapuzenmann“ in der digitalen Aufnahme eines amerikanischen Soldaten aus dem Foltergefängnis von Abu Ghraib oder an die Filmschleife vom Anflug auf die Twin Towers auf NBC – besitzen aufgrund ihrer spezifischen ikonischen Kraft einen hohen Aufmerksamkeitswert, der sie als visuelle Ankerpunkte aus der alltäglichen Bilderflut herausragen lässt. Über das abgebildete Ereignis hinaus verfügen diese Ikonen über einen symbolischen Mehrwert, der sie zu Stellvertretern historischer Ereignisse macht. Über diese erinnern wir bzw. formen wir kollektiv wie individuell unsere Vorstellung von Geschichte, unser Geschichtsbild. Zum Teil überlagern diese Bilder die eigenen Erinnerungen oder setzen sich gar an ihre Stelle. Bereits die bloße Nennung einer auf dem Bild dargestellten Person (z.B. Kim Phúc) oder eines Ereignisses (z.B. der Kniefall) vermag die visuelle Erinnerung zu aktivieren. Nicht zuletzt können diese Ikonen eigene Realitäten generieren und auf diese Weise selbst Geschichte machen, die dann eigene Geschichten erzählen und kaum mehr korrigierbar sind.
„Video“ oder: Was haben die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) mit Homer zu tun?“ – so lautet der vielleicht etwas rätselhafte und ungewöhnliche Titel meiner heutigen Abschiedsvorlesung.„Video. Zu Ihrer Sicherheit“ – so ist auf Hinweisschildern an und in U-Bahnhöfen in Berlin und auch in den Bahnen selbst zu lesen. Zu sehen ist ein einzelnes stilisiertes Auge, ein Monoculus, das den Betrachter fixiert. Klären möchte ich im Folgenden einige Fragen, die auch etwas mit unserem heutigen Alltag zu tun haben: Was hat „Video“ – zu deutsch: „Ich sehe“ – mit „Sicherheit“ zu tun? Woher stammt der irrwitzige Glaube, dass Sehen bzw. Gesehenwerden Sicherheit erzeugt? Warum ist es ein Einzelauge und kein Augenpaar, das uns fixiert? Wer sieht hier eigentlich bzw. wird gesehen? Es geht um Fragen wie: Wo kommen diese Bildzeichen her? Für welches Bildverständnis stehen sie? In welchen anderen kulturellen Zusammenhängen begegnen wir ihnen? Was bedeuten bzw. was bedeuteten sie?
Visual History (Version 3.0)
(2014)
In Erweiterung der Historischen Bildforschung markiert Visual History ein in jüngster Zeit vor allem innerhalb der Neuesten Geschichte und der Zeitgeschichte sich etablierendes Forschungsfeld, das Bilder in einem weiten Sinne sowohl als Quellen als auch als eigenständige Gegenstände der historiografischen Forschung betrachtet und sich gleichermaßen mit der Visualität von Geschichte wie mit der Historizität des Visuellen befasst.
By expanding historical image research, visual history has in the recent past established itself as a field of research in late modern and contemporary history, which considers images in a wider sense both as sources as well as independent artifacts of historiographical research and likewise looks at the visuality of history and the historicity of the visual. Its exponents advocate understanding images beyond their pictorialness as a medium and as an activity with an independent aesthetic that condition the way of seeing things, shape perceptual patterns, convey interpretations, that organize the aesthetic relationship of historic subjects to their social and political reality and which are able to generate own realities.