Holocaust
Refine
Year of publication
Document Type
- Journal Article (33)
- Online Publication (20)
- Part of a Book (4)
- Book (2)
- Preprint (1)
Has Fulltext
- yes (60) (remove)
Is part of the Bibliography
- no (60) (remove)
Keywords
- Arbeiter (1)
- Begriffe (1)
- Debatten (1)
- Deutschland (1)
- Drittes Reich (1)
- Ebsdorfergrund-Rauischholzhausen (1)
- Forschungsfelder (1)
- Geschichte 1933-1942 (1)
- Geschichte 1933-1945 (1)
- Industriearbeit (1)
What have been the contributions of social memory studies to the discourse of German history, particularly about the Nazi past? This essay seeks to distinguish between the memory boom in politics and culture and the more durable insights of social theory and historiography about memory, including insights about this memory boom itself. In particular, it explores mythologies of ‘turning points’ in the discourse of memory, arguing that the attribution of such turning points is often overstated. To be sure, 1989 did mark significant ruptures. But comparing present debates to the Historikerstreit (historians’ dispute) of the mid-1980s, and the Historikerstreit to earlier debates shows that as much has stayed the same as has changed. We remember not just the Nazi past, but the previous ways in which we have remembered the Nazi past, and our mnemonic practices are as much comments on earlier practices as on the event itself.
Rereading a book is always an uncanny experience in multiple temporalities. If the linguistic turn has taught us anything, it is that the context of reading shapes the meaning of the text that is read. The historicist impulse to reconstruct the original context on the basis of the text itself is at best an asymptotic, at worst a quixotic, pursuit. Yet texts remain, some more so than others. Those texts which continue to be read and reread long after their original context has passed we call ‘classics’. This is a term most frequently applied to literature, of course, but also to philosophy and other scholarly works animated by a generalising impulse. It pertains to works, in other words, which lay claim to a significance transcending their original context. It is rarely applied to works whose principle value is empirical or narrowly scholarly. These are presumed to be only temporarily useful interventions into an ongoing scholarly debate, in which later works draw on and ‘supersede’ the insights of earlier ones, rendering their predecessors superfluous. (Rather the reverse of Jove and his children.) Consequently, relatively few works of historical scholarship are considered classics in the full sense. History’s emphasis on the particular, its frequent skepticism of theoretical generalisations, and its embrace of archival empiricism have all tended to preclude the emergence of a broad canon of ‘historical classics’. There have, however, been exceptions to this rule.
Mitten in der Stadt, direkt neben dem Viktualienmarkt, eröffnete im Frühjahr 2007 das Jüdische Museum München. Integriert in ein Ensemble aus der neuen Hauptsynagoge, dem jüdischen Gemeindezentrum und dem Stadtmuseum, soll es nicht nur ein Ort von Geschichte und Erinnerung sein, sondern ein Ort der Gegenwart, Kommunikationsraum und Haus der Begegnung. Jüdisches Leben in den verschiedensten Facetten in Vergangenheit und Gegenwart zu zeigen - das ist Konzept und Ziel des neuen Museums.
This article explores the connection between genocide, language and language consciousness by tracing the strange biography of one Yiddish neologism: shabreven. During the Holocaust, the word came to mean both ›looting‹ and ›taking ownerless property‹. It stoked moral and etymological debate among Yiddish speakers in the Warsaw ghetto, while also occupying a prominent position in postwar Polish and Zionist discourses. The term shifted between different semantic, ethical and cultural fields, navigating a delicate balance between various meanings and norms. The discussions around this term help to shed light on key questions: What were the motivations for the study of Holocaust Yiddish neologisms? How did this early postwar Yiddish philological discourse differ from its parallel in German? Shabreven became both a symbol of the genocidal collapse of language and a tool for regaining victim agency in speech.
Die TV-Serie »Holocaust« hat die deutsche Erinnerungskultur maßgeblich geprägt. Dabei war die Serie umstritten, unter anderem wegen ihres fiktionalen Charakters und wegen teilweise ahistorischer Stellen. »Wenn die nicht mal das richtig machen, dann stimmt auch alles andere nicht«, lautete ein Vorwurf an die amerikanischen Serienmacher. Das deutsche Fernsehen antwortete auf »Holocaust« mit Projekten, die eine besondere Form von Authentizität für sich reklamierten: Verfilmungen nach einer wahren Begebenheit, für deren Authentizität Zeitzeug*innen bürgten. Die TV-Serie »Ein Stück Himmel« war die größte Antwort auf »Holocaust« Anfang der 1980er Jahre. Sie erzählt das Überleben des jüdischen Mädchens Janina David. Der Aufsatz schildert, inwiefern Adaptionen zulasten von Authentizität gehen. Das TV-Team stand vor großen Herausforderungen, eine ansprechende Form von seriellem Erzählen mit Authentizität in Einklang zu bringen. Entsprechend gab es am Set heftige Kontroversen. Deutlich wird: Authentizität ist ein skalierbarer Wertbegriff. Er basiert auf verschiedenen Zuschreibungen, mit denen Akteur*innen ihre unterschiedlichen Interessen zur Realisierung oder Vermarktung der Serie argumentativ aufladen.
Im Jahr 1996 erklärte der damalige Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum nationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. Damit soll an den millionenfachen Mord, an Entrechtung, Verfolgung und Demütigung unter nationalsozialistischer Herrschaft erinnert werden. Das Datum bezieht sich auf die Befreiung der Überlebenden des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Soldaten der Roten Armee.
Aus diesem Anlass veranstaltet der Deutsche Bundestag jährlich eine Gedenkstunde. Die Gastrednerin in diesem Jahr ist Anita Lasker-Wallfisch, sie ist eine der letzten bekannten Überlebenden des Mädchenorchesters von Auschwitz und wird ihre Rede vor dem Bundestag am 31. Januar 2018 halten.
Als Erinnerung an den Gedenktag hat sich die Redaktion von Zeitgeschichte-online für die Veröffentlichung der Rede Marcel Reich-Ranickis vor dem deutschen Bundestag aus dem Jahre 2012 entschieden. Darin schildert er seine Erlebnisse im Warschauer Ghetto und den Beginn der Deportationen der jüdischen BewohnerInnen des Ghettos in das Vernichtungslager Treblinka.
Kollaboration
(2020)
Die Kollaboration mit dem NS-Regime fand in allen besetzten, verbündeten und neutralen Ländern statt. Sie war ein transnationales Phänomen, das zur Ermordung der europäischen Juden maßgeblich beitrug bzw. sie überhaupt in diesem Ausmaß ermöglichte. Die Erforschung der Kollaboration stellt daher eine zentrale Aufgabe der Geschichtswissenschaft dar, die bis heute nur ansatzweise realisiert wurde. In diesem Beitrag werden Methoden und Fragestellungen der Kollaborationsforschung präsentiert, die keine Unterdisziplin oder ein Sonderforschungsbereich der Besatzungsgeschichte ist, sondern ein eigenständiges Forschungsfeld. Die Kollaborationsforschung legt die agency der nichtdeutschen Akteure offen und zeigt, wie sie die Geschichte der Besatzung, des Holocaust und des Zweiten Weltkriegs aktiv mitgestalteten.
Die Kollaboration mit dem NS-Regime fand in allen besetzten, verbündeten und neutralen Ländern statt. Sie war ein transnationales Phänomen, das zur Ermordung der europäischen Juden maßgeblich beitrug bzw. sie überhaupt in diesem Ausmaß ermöglichte. Die Erforschung der Kollaboration stellt daher eine zentrale Aufgabe der Geschichtswissenschaft dar, die bis heute nur ansatzweise realisiert wurde. In diesem Beitrag werden Methoden und Fragestellungen der Kollaborationsforschung präsentiert, die keine Unterdisziplin oder ein Sonderforschungsbereich der Besatzungsgeschichte ist, sondern ein eigenständiges Forschungsfeld. Die Kollaborationsforschung legt die agency der nichtdeutschen Akteure offen und zeigt, wie sie die Geschichte der Besatzung, des Holocaust und des Zweiten Weltkriegs aktiv mitgestalteten.
In der gegenwärtigen Krise europäischer Integration richtet sich der kritische Blick der Historiker auch auf problematische Ursprünge „Europas“ im 20. Jahrhundert, und hier besonders auf die NS-Zeit. Die zeitweilige deutsche Hegemonie über den Kontinent während des Zweiten Weltkriegs, die mit millionenfachen Massenmorden verbunden war, wurde in Teilen der Literatur als Ausdruck antieuropäischer Ideologie und Praxis bezeichnet, die Anwendung des Integrationsbegriffs auf die nationalsozialistische Herrschaftsausübung dagegen scharf kritisiert, ja sogar als „Pseudowissenschaft“ abgetan. Im Kontext des vorliegenden Themenhefts und im Licht neuerer Forschungen soll hier noch einmal gefragt werden, ob und wie sich die Zeit des Nationalsozialismus und besonders des Zweiten Weltkriegs als Teil europäischer Integrationsgeschichte interpretieren lässt.
Der Aufsatz präsentiert die multimediale Geschichte des Romans, Hörspiels und Fernsehfilms »Am grünen Strand der Spree«, die zwischen 1955 und 1960 in Westdeutschland publiziert wurden. Darin schildern der Autor Hans Scholz bzw. die Regisseure Gert Westphal und Fritz Umgelter unter anderem die Massenerschießung von Juden in der sowjetischen Stadt Orscha im Herbst 1941. Der Romanautor beteuerte, die Beschreibung basiere auf seinen eigenen Kriegserinnerungen, und nahm für sich die Position eines Augenzeugen in Anspruch. Zugleich passte er das Bild des Verbrechens an die mutmaßlichen Erwartungen seiner Leser*innen an. Ähnlich agierten die Regisseure des Hörspiels und Fernsehfilms. Jede Version entfernte sich von den Ereignissen, die während des Ostfeldzugs tatsächlich stattfanden, und ähnelte zunehmend den Erzeugnissen der bundesdeutschen Erinnerungskultur, die Leid und Heldentum deutscher Soldaten in den Vordergrund stellte. Nichtsdestotrotz hielten die Rezipient*innen – darunter zahlreiche Kriegsveteranen – die Szene aus Orscha für besonders »authentisch«. Anhand von Aussagen in zeitgenössischen Besprechungen, Briefen und Interviews wird die Vorstellung von angeblich »authentischen Kriegsbildern« in der Bundesrepublik diskutiert.
„Unschuldige Menschen sollten nicht wegen der Nazi-Verbrecher ihr Leben geben müssen.“ Mit diesen knappen Worten begründet die Köchin Martha Wiroth aus der hessischen Wetterau ihre Hilfe für jüdische Nachbarn, denen sie Lebensmittel zusteckte oder sogar Zuflucht gewährte. Sie erzählte dies dem Politologen Manfred Wolfson, der in den 1960er-Jahren als Erster systematisch die Beweggründe von Deutschen untersuchte, die in der Zeit des Nationalsozialismus den Mut hatten, verfolgten Jüdinnen und Juden zu helfen. Wolfson, selbst Jude, war 1939 gemeinsam mit seinem Bruder dank der Hilfe einer jüdischen Hilfsorganisation aus Deutschland entkommen und in die USA geflohen. Nach dem Krieg führte er als „Chief Research Analyst“ unter anderem während der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse Recherchen über das Herrschaftssystem der Nationalsozialisten durch. Später richtete sich sein wissenschaftliches Interesse nicht nur auf Täter und Mitläufer, sondern auch auf jene, die jüdischen Nachbarn halfen und sie vor dem Zugriff der Nazis schützten, um so die drohende Deportation in die Vernichtungslager zu verhindern. Im Rahmen eines Forschungsprojektes führte Wolfson, der sich in engem Austausch mit Max Horkheimer und Theodor W. Adorno vom Frankfurter Institut für Sozialforschung befand, zwischen 1965 und 1967 Gespräche mit 70 Retterinnen und Rettern. Aufgrund unzureichender Forschungsbedingungen war es Wolfson leider nicht möglich, diese Studie und einen zusätzlich geplanten pädagogischen Teil zu vollenden.
Awkward Object of Genocide: Vernacular Art and the Holocaust in and beyond Polish Ethnographic Museums was a initiative carried out at the Research Center for Memory Cultures at the Faculty of Polish Studies, Jagiellonian University, Kraków, by a group of four scholar-curators. The original aim of the project was to explore public and private Polish ethnographic collections in search of art objects referring to, representing, or commenting on the Holocaust. In our project we propose that this unique genre of the visual document, which has received little attention in studies regarding the Holocaust so far, could offer new insights, as well as forge new arguments, different from those commonly employed in attempts to understand the experience and memory of the Holocaust in Polish provinces.
Historische Ausstellungen und Museen haben in der Bundesrepublik seit mehr als drei Jahrzehnten Konjunktur. Seit den 1970er-Jahren häufen sich die Sonderausstellungen zu historischen Themen, und es gibt einen bisher ungebrochenen Museumsboom. Beobachten lässt sich nicht nur eine stetige quantitative Zunahme von und ein wachsendes öffentliches Interesse an historischen Ausstellungen; zugleich bildeten sich auch neue Ausstellungstypen und Präsentationsformen heraus. Schließlich wurden in den 1980er-Jahren die Forderungen nach der Errichtung eines zentralen historischen Museums immer lauter, bis dies zur Gründung von gleich zwei Geschichtsmuseen mit gesamtstaatlichem Anspruch führte (dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn und dem Deutschen Historischen Museum in Berlin). Der Trend scheint ungebrochen. Nach der Eröffnung der neuen Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums (DHM) im Frühjahr 2006, mit der eine fast 20-jährige Planung zum vorläufigen Abschluss kam und mit der erstmals der Versuch einer historischen Überblicksdarstellung von der Römerzeit am Rhein bis zum wiedervereinigten Deutschland unternommen wurde, steht als ein weiteres historisches Großmuseum der Neu- bzw. Umbau eines Militärhistorischen Museums in Dresden an. Dieses wird nicht nur mit den expressiven Bauformen des amerikanischen Architekten Daniel Libeskind auf sich aufmerksam machen, sondern auch mit einem anspruchsvollen inhaltlichen und gestalterischen Konzept.
Die Zeit des Nationalsozialismus, ihre Voraussetzungen und ihre Folgen besitzen noch immer eine große Brisanz. Das gewaltige Medienecho und der große Besucherandrang während der Ausstellung „Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen“ im Deutschen Historischen Museum (DHM) haben das bestätigt. Die Medien vermittelten teilweise den Eindruck, es handele sich dabei um die bundesweit erste Ausstellung über Adolf Hitler. Darum wurde die Ausstellung sehr bald – und nicht nur aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung – als „Hitler-Ausstellung“ bezeichnet. Die inhaltlich etwas irreführende Verkürzung ist ein Indiz der widrigen Faszinationskraft, die vor allem von der Person Hitlers weiterhin ausgeht.
During the Holocaust 5.8 million people were killed; most of the victims did not leave behind any record that could help reconstruct their experience. While survivor history has been well studied in the last decades, how millions of voiceless victims experienced their persecutions has remained a terra incognita. Generally, while perpetrator history is well-documented, the voiceless victims’ perspective has resisted any form of documentation; their emotional and mental experiences conveyed through novels and memoirs have remained fragmented and they have often been dismissed as subjective and unreliable. Today Digital History and Digital Humanities offer new forms of inquiry and representations; they can unlock the emotional, mental, and physical realities which voiceless victims of the Holocaust or other genocides were forced to live in.
Jenseits der Binaritäten von zwei Geschlechtern, zwei Gendern und zwei möglichen Strukturen des Begehrens versteht dieser Beitrag Queerness als ein Netz, in dem alle Aspekte des Begehrens und der Sexualität, einschließlich der Hegemonie der Heteronormativität, miteinander in Beziehung stehen und fließend ineinander verwoben sind. Ich verwende ‚Queer‘ hier als ein analytisches Konzept, um auf nicht-heteronormative Strukturen des Begehrens und der Sexualität zu verweisen, ohne mich auf die Kategorien der Vergangenheit festzulegen. Mit anderen Worten: Ich versuche, der Fluidität, die queere Theorien betonen, treu zu bleiben. Queer wird hier nicht nur gedacht als ein Oberbegriff für alle Formen gleichgeschlechtlichen Begehrens und geschlechtlicher Nonkonformität. Vielmehr verwende ich queer um Identitätszwängen zu entrinnen, und so in den Archiven auch Stimmen zu finden, die sich nicht unter den je zeitgenössischen Begriffen subsumieren lassen.
Im Frühjahr 2007 veröffentlichte der „Spiegel“ eine Hommage an das „neue Berlin“. Die Titelstory über die „Wiederkehr einer Metropole“ – „Aufgebaut von den Preußen, geschändet von den Nazis, zerstört von den alliierten Bombern, meldet sich Berlin auf der Weltbühne zurück“ – nimmt ihren Ausgangspunkt am „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“. Zitiert wird aus der Besucherordnung, die ein Begehen im Schritttempo vorschreibt, die Lärmen, lautes Rufen und Rauchen verbietet und somit „eigentlich genau regelt, in welcher Gefühlslage hier in den Abgrund der deutschen Geschichte geschaut werden soll“. Doch die Jugendlichen, „die seit den ersten Frühlingstagen […] wieder das Denkmal bevölkern, denken nicht daran, hier nur Trauerarbeit zu leisten. Eine siebte Klasse aus Fürth, soeben noch ergriffen von den Dokumenten im Souterrain des Denkmals, spielte vergangenen Donnerstag inmitten des Stelenfeldes Fangen. Als sich zwei Schüler plötzlich in die Arme fielen, kreischten sie.“ Diese Szene wird zum Symbol für die neue „Leichtigkeit“, die Berlin im Umgang mit seiner traumatischen Vergangenheit erlangt habe: „Vielleicht gibt es ja im Leben jeder Stadt so etwas wie eine Relativitätstheorie. Jedes Ereignis, auch das finsterste, verblasst demnach mit der Zeit. […] Das neue Berlin ist mehr als nur ein Ort des Gedenkens und Trauerns – fröhlich, frech und manchmal mit dreister Leichtigkeit findet die Preußen-Hauptstadt zu einer neuen Identität.“
Walther Hofers Dokumentation über den Nationalsozialismus, erstmals im August 1957 erschienen, war bis zum Jahresende 1957 bereits mit 100.000 Exemplaren verkauft. Mit einer Gesamtauflage von über einer Million Exemplaren zählt sie bis heute zweifellos zu den Klassikern dieser Gattung. Der aus der Schweiz stammende Herausgeber lehrte damals an der Freien Universität Berlin; 1952 hatte er sich bei Hans Herzfeld mit einer diplomatiegeschichtlichen Studie über die „Entfesselung des Zweiten Weltkrieges“ habilitiert. Auf schmaler Quellengrundlage inmitten der Ruinen einer geteilten Hauptstadt verfasst, war diese Publikation, die 1954 als erster Band in der Schriftenreihe des Münchner Instituts für Zeitgeschichte erschien, ein mutiges Unterfangen, das den Ruf Hofers als eines NS-Experten begründete. 1960 wechselte er an die Universität Bern, wo er bis zu seiner Emeritierung 1988 den Lehrstuhl für Neuere Geschichte innehatte und sich als langjähriger Nationalrat der konservativen Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (später: SVP) auch aktiv in der Politik betätigte.
The Language of Eichmann in Jerusalem. Nazi German and Other Forms of German in the 1961 Trial
(2024)
The Eichmann trial granted the German language a degree of audibility unprecedented in the short history of the State of Israel, with the defendant, the judges, prosecutors, and witnesses frequently resorting to speaking in German. Drawing on archival materials, protocols, footage, and press reports, this article shows how the Eichmann trial brought to the surface several historical tensions around the postwar status of the German language. The various forms of German heard in the courtroom challenged notions of German as a Nazi language and contributed to a gradual mitigation of its status as a tainted language. The article concludes by reassessing Hannah Arendt’s 1963 Eichmann in Jerusalem and specifically her postulate that Eichmann’s language faithfully reflected his mindset. It is argued that Arendt’s understanding of Eichmann’s language echoed prewar ideas on German’s distinctive power.
Eine empirisch fundierte Gesamtbewertung des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses im Kontext des deutschen und europäischen Umgangs mit dem Holocaust steht noch aus. Zweierlei lässt sich jedoch mit einiger Bestimmtheit sagen: Weder handelte es sich bei diesem Strafverfahren um den Wende- oder Höhepunkt einer geläuterten westdeutschen Erinnerungskultur, noch war es in irgendeiner Weise repräsentativ für die NS-Prozesse und Ermittlungen, welche seit Ende der 1950er-Jahre mit vermehrter Intensität betrieben wurden. Exzeptionell war dieses Gerichtsverfahren schon insofern, als es ein einzigartiges Großprojekt in angewandter Oral History darstellte, das weit über die Grenzen der Bundesrepublik hinausstrahlte. Eine vergleichbar hohe Zahl von Opferzeugen (insgesamt 211) aus verschiedenen Ländern und politischen Systemen dürfte es wohl in keinem anderen NS-Verfahren gegeben haben, und allein dieser Sachverhalt garantierte dem Prozess eine weltweite Medienöffentlichkeit. Der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der entscheidend am Zustandekommen des Prozesses beteiligt war, verband mit den Ermittlungen gegen die Täter von Auschwitz im Wesentlichen zwei Ziele: Zum Ersten ging es ihm darum, die Deutschen zu einer kritischeren Beschäftigung mit ihrer eigenen Geschichte anzuhalten. Zum Zweiten wollte er den Überlebenden Gelegenheit geben, ihre Erlebnisse nach Jahrzehnten des Schweigens öffentlich zu erzählen. Das eine war unmittelbar mit dem anderen verbunden, waren in Politik, Rechtsprechung, Wissenschaft und Medien doch bis dahin Vergangenheitsdiskurse vorherrschend gewesen, die vor allem aus der Perspektive der Täter argumentierten und deren Sichtweisen teils bewusst, teils unbewusst reproduzierten.