1970er
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Woher eigentlich wissen Menschen, was sie fotografieren sollen, welche Bilder sie auswählen und wie Fotos in Alben eingeklebt und als individuelle Lebenserzählung gestaltet werden?
Die soziale Praxis des Sammelns von Bildern in Fotoalben folgt sowohl familiären als auch persönlichen Vorbildern und Vorlieben. Trotzdem weist ein großer Teil der mir bekannten Alben eine relativ hohe Ähnlichkeit in Struktur, Gestaltung und Inhalt auf. Es gibt also traditionelle Konventionen, die der Gestaltung eines Albums häufig zugrunde gelegt werden. Aber es gibt auch individuelle Eigenheiten innerhalb eines Albums, den Versuch, das Album zu einer geschlossenen Erzählung, häufig mit einem konkreten Anfang und einem Ende, zusammenzufügen. Diese „Handschrift“ des/der Albenautors*in bleibt auch über historische Zäsuren hinweg wie 1945 erstaunlich gleichförmig: nicht selten sitzen die gleichen Personen nur minimal verändert an der heimischen Kaffeetafel. Häufig sind die Motivationen und der Zeitpunkt ein Fotoalbum rückblickend zu erstellen der bilanzierende Abschluss einer Lebenszeit oder der Beginn einer neuen Phase, deren Bedeutung für das eigene Leben als hoch eingeschätzt wird, etwa die Militärzeit, die Hochzeit oder die eigene Familiengründung.
Im Geist der fotografischen Amateurbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehen einige private Fotograf*innen über die Produktion privater Erinnerung und persönliche Bilanzierung der sinngebenden Lebensleistung hinaus und machen das Fotografieren selbst zu ihrem leidenschaftlich ausgeübten Hobby. Diese engagierten Fotoamateur*innen setzen sich gezielt von vermeintlich unambitionierten Knipser*innen ab. Ihre Fotos haben einen halböffentlichen Charakter und erreichen ein größeres Publikum als die Familie und engste Freund*innen. Die fotografierenden Amateur*innen bemühen sich um Austausch untereinander und um Anerkennung von ästhetischer Gestaltung und technischer Beherrschung der Kamera und des fotografischen Prozesses. Einige organisieren sich in fotografischen Vereinen und Zirkeln und lesen spezielle Zeitschriften, Fach- und Ratgeberliteratur und streben nach der Optimierung ihrer Bilder.
In beiden deutschen Teilstaaten gehörten die Rentenversicherungen zu den ersten Nutzern von Computern. Bereits seit Mitte der 1950er Jahre berechneten diese die Altersruhegelder im Westen, zehn Jahre später auch in der DDR. Die digitale Datenverarbeitung versprach große Rationalisierungs- und Beschleunigungseffekte. Gleichwohl führten die verschiedenen Staats- und Versicherungsformen zu einer unterschiedlichen Nutzung von Computern.
Die Studie von Thomas Kasper zeigt, unter welchen Bedingungen sich die elektronische Datenverarbeitung in der Sozialverwaltung durchsetzen konnte. Sie verdeutlicht, welchen bisher unbekannten Einfluss sie auf sozialpolitische Entscheidungen sowie auf die Arbeitsverhältnisse und den Datenschutz in beiden deutschen Teilstaaten hatte. Nach der Wiedervereinigung ließ nur die gemeinsame Nutzung der vorhandenen digitalen Strukturen die Zusammenführung beider Sozialsysteme gelingen.
Zwei Pressefotografien zeigen Menschen unterschiedlicher Migrantengruppen: eine türkische „Gastarbeiterfamilie“ und sogenannte Aussiedlerkinder. Beide Bilder stehen in einem engeren inneren Zusammenhang, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Im Juli 1973, vier Monate vor Verkündung des „Anwerbestopps“ von Arbeitskräften aus Südeuropa, titelt „Der Spiegel“: „Gettos in Deutschland. Eine Million Türken“. Auf dem Cover des Nachrichtenmagazins ist eine achtköpfige, vermutlich türkische Familie abgebildet: fünf Kinder, Mutter, Vater und ein weiterer männlicher Verwandter oder Freund der Familie. Das zweite Bild zeigt ein modernes Sprachlabor im Durchgangswohnheim Unna-Massen im Jahr 1971: An Arbeitsplätzen, die mit Trennwänden voneinander abgeschirmt sind, sitzen „Aussiedlerkinder“ und erhalten über Kopfhörer Deutschunterricht.
Vernetzte Bankenwelt. Computerisierung in der Kreditwirtschaft der Bundesrepublik und der DDR
(2018)
Von Feinden zu Freunden? Eine Geschichte der US-Militärpräsenz in West-Berlin und der transatlantischen Beziehungen.
In den Nachkriegsjahren entstand eine Meistererzählung, die noch heute die Geschichte der Beziehungen zwischen West-Berlin und den USA prägt: Die sowjetische Blockade 1948/49 habe die USA zur wichtigsten »Schutzmacht« des bedrohten »Vorpostens der Freiheit« inmitten der DDR werden lassen. Aus den einstigen Feinden seien damals Freunde geworden, die erst abzogen, als ihre Mission 1989 /90 erfüllt war. Dieser linearen Erfolgsgeschichte stehen Bilder von Protesten gegen den Vietnamkrieg oder im Umfeld der Besuche des US-Präsidenten Ronald Reagan diametral entgegen.
Stefanie Eisenhuth fügt diese widersprüchlichen Elemente zu einer neuen Erzählung zusammen, die sowohl die Höhe- als auch die Tiefpunkte des transatlantischen Verhältnisses erörtert. Sie fragt nach der Wahrnehmung und Deutung der US-Militärpräsenz sowie nach den Bedingungen des deutsch-amerikanischen Zusammenlebens in einer Stadt, die eine räumliche Abgrenzung nur bedingt erlaubte und zudem von enormer symbolischer Bedeutung war. Sie analysiert Begegnungen auf offizieller und informeller Ebene, individuelle und inszenierte Freundschaftsbekundungen, organisierte Proteste und Konflikte in West- sowie in Ost-Berlin zwischen 1945 und 1994.
Wahrnehmungen, Gebrauchsweisen und sozioökonomische Folgen der Computernutzung bis zum Aufkommen des PCs.
Die Verbreitung des Computers zählt zu den wichtigsten Veränderungen der jüngeren Zeitgeschichte. Bereits seit Mitte der 1950er Jahre setzten zunächst große Unternehmen und Behörden, dann auch das Militär und Sicherheitsdienste zunehmend Computer ein. Die Zeitgenossen diskutierten intensiv die Auswirkungen der Computernutzung und bewerteten sie als einen tiefgreifenden Umbruch. Dennoch hat sich die Zeitgeschichtsforschung bislang kaum mit dem Beginn des digitalen Zeitalters beschäftigt.
Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes untersuchen die Verbindungen zwischen technischem und gesellschaftlichem Wandel als einen evolutionären Prozess, der selten gradlinig verlief. Klassische Themen der Zeitgeschichtsforschung, wie die Geschichte der Inneren Sicherheit, des Wohlfahrtsstaats und des Bankenwesens, der Arbeitswelt, der Verwaltung, aber auch von Protest- und Subkulturen werden auf diese Weise neu betrachtet. Dabei wird aufgezeigt, inwieweit Computer die Kontroll-, Betriebs- und Machtgefüge veränderten. Die Bundesrepublik steht im Vordergrund, jedoch mit vielfältigen Seitenblicken auf grenzübergreifende Verflechtungen.