Nationalsozialismus
Refine
Year of publication
Document Type
- Journal Article (105)
- Online Publication (79)
- Part of a Book (28)
- Book (4)
Keywords
- Begriffe (8)
- Deutschland (4)
- Forschungsfelder (4)
- Nationalsozialismus (4)
- Drittes Reich (2)
- Vergangenheitsbewältigung (2)
- Arbeiter (1)
- Auftragsforschung (1)
- Bundesbehörde (1)
- Bundesministerium (1)
Radiophone Stimminszenierungen im Nationalsozialismus. Eine medienwissenschaftliche Perspektive
(2011)
Walter Benjamin zufolge hat das mediale Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit von Stimmen und Klängen die Tradierung des Wissens aus ihrem Jahrtausende alten Kreislauf mündlicher Erzählung gelöst, die „Geschichten dem Gedächtnis nachhaltiger anempfiehlt“, als es deren mediale Wiedergabe vermag. Je fesselnder die Erzählsituation von Geschichten ist, „desto größer wird ihre Anwartschaft auf einen Platz im Gedächtnis des Hörenden, desto vollkommener bilden sie sich seiner eigenen Erfahrung an, desto lieber wird er sie schließlich eines näheren oder ferneren Tages weitererzählen. Dieser Assimilationsprozeß“, so fährt Benjamin fort, „bedarf eines Zustandes der Entspannung, der seltener und seltener wird. Wenn der Schlaf der Höhepunkt der körperlichen Entspannung ist, so die Langeweile der geistigen. Die Langeweile ist der Traumvogel, der das Ei der Erfahrung ausbrütet. Das Rascheln im Blätterwalde vertreibt ihn. Seine Nester – die Tätigkeiten, die sich innig mit der Langeweile verbinden – sind in den Städten schon ausgestorben, verfallen auch auf dem Lande. Damit verliert sich die Gabe des Lauschens, und es verschwindet die Gemeinschaft der Lauschenden. Geschichten erzählen, ist ja immer die Kunst, sie weiter zu erzählen, und die verliert sich, wenn die Geschichten nicht mehr behalten werden.“
Kaum einer hat nachdrücklicher, vollmundiger und mit größerem Anspruch gegen die Katastrophe des Zeitalters der Weltkriege angeschrieben als Hans-Ulrich Wehler, der sich - paradoxerweise - bislang aber weitgehend aus der Historiographie dieser deutschen Krisenperiode herausgehalten hat. Der vierte Band seiner „Deutschen Gesellschaftsgeschichte“ ist deshalb Prüfstein für Wehlers vorangegangene Arbeiten über das lange 19. Jahrhundert. Hier muss sich bewähren, was in jenen angelegt ist.
Die Historiographie zur Entwicklung des heutigen Europa wird vom Fluchtpunkt unserer Gegenwart bestimmt, d.h. vom gegenwärtigen Leitbild europäischer Integration: ein demokratisches, rechtsstaatlich geordnetes, auf wirtschaftlichen Freiheiten, wachsendem Wohlstand und freiwilliger Mitgliedschaft beruhendes politisches Gebilde, das von gemeinsamen Werten im Kanon klassischer Freiheitsrechte und der Verpflichtung zum Frieden bestimmt ist. Darin spiegelt sich die Abkehr von der extremen Gewalt, dem scharfen Nationalismus und der freiheitsvernichtenden staatlichen Lenkungspolitik während der ersten Jahrhunderthälfte.
Die beiden wohl prominentesten antiliberalen Europapläne der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – der während des Ersten Weltkriegs von Friedrich Naumann im Rahmen der deutschen Kriegsziel-Diskussion verkündete „Mitteleuropa“-Plan sowie das „Neue Europa“ der Nationalsozialisten – erlangten nicht nur im öffentlichen Diskurs innerhalb Deutschlands Bedeutung. Als Bedrohungswahrnehmungen waren sie auch in den Ländern der Kriegsgegner präsent. Im Rahmen dieses Beitrags wird die diesbezügliche Berichterstattung englischer und amerikanischer Qualitätszeitungen („Times“, „Manchester Guardian“, „New York Times“, „Chicago Tribune“) untersucht. Mittels einer digitalen Volltextrecherche wird dabei methodisch eine Verbindung von medialer Inhaltsanalyse und Diskursanalyse angestrebt. So erlaubt die Arbeit mit Online-Archiven eine massive Ausweitung des bisher im Rahmen medienhistorisch angelegter Untersuchungen üblichen Quellenfundus sowie die Auswertung langer Zeiträume statt der bisher gängigen Stichproben. Nicht zuletzt die Möglichkeit einer verfeinerten Suche mittels Operatoren, Platzhaltern oder Begriffspaaren bietet unter anderem neuartige Einblicke in die diskursiven Kontexte der beiden antiliberalen Europakonzepte zur Zeit der Weltkriege und gestattet quantifizierende Rückschlüsse bezüglich deren Intensität. Wann und in welchen Formen wurden „Mitteleuropa“ und das „Neue Europa“ der Nationalsozialisten von britischen und amerikanischen Journalisten aufgegriffen? Worin wurde die Bedeutung dieser Konzepte gesehen? Die übergreifende These lautet, dass die massive Angst vor den antiliberalen deutschen Europamodellen bei Engländern und Amerikanern der Einsicht den Weg bereitete, dass eine aktive eigene Europapolitik und letztlich die Ausarbeitung eines alternativen liberal-demokratischen Einigungsplans notwendig sei.
Die ab 1939 verwirklichten „Großraum“-Pläne der Nationalsozialisten werden mittlerweile auch in der deutschen Zeitgeschichtsforschung als radikale Ausprägung antiliberaler Europakonzepte anerkannt.1 Diese überhaupt als eigenständige europäische Ideen innerhalb politisch konkurrierender Vorstellungen zu behandeln war noch vor zehn Jahren keineswegs gängige Forschungsmeinung. Wenig Aufmerksamkeit wird jedoch nach wie vor den Konzeptionen anderer faschistischer Regimes und Bewegungen zuteil. Diese gerieten im Zuge des Kriegsverlaufs in ein zunehmend konfliktbeladenes Verhältnis zur deutschen Hegemonialmacht, scheiterten gleichwohl weitgehend an der Realität der nationalsozialistischen Herrschaftspraktiken. So steht eine grundlegende Untersuchung der groß angelegten Neuordnungspläne des faschistischen Italiens noch aus.2 In noch stärkerem Maße trifft dies für jene Faschismen im übrigen Europa zu, welche weder vor 1939/40 noch danach unter der deutschen Besatzung die Position eigenständiger Regimes erreichten. Gerade diese Bewegungen entwickelten aber trotz ihres politisch marginalen Einflusses eine beachtliche konzeptionelle Eigenständigkeit und Vielfalt.
Der Aufsatz analysiert die Kontakte zwischen der Hauptkommission zur Erforschung der deutschen bzw. »hitleristischen« Verbrechen in Polen und der bundesdeutschen Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen. Welche Dynamiken und Problemfelder entwickelte eine solche Kooperation vor dem Hintergrund des Kalten Krieges? Ein Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf dem jeweiligen Verständnis von Recht und den praktischen Herausforderungen. Da zwischen Polen und der Bundesrepublik bis 1970/72 keine direkten diplomatischen Beziehungen bestanden, war schon die Frage heikel, was »Rechtshilfe« bedeuten konnte. Der Dialog bewegte sich zwischen Kooperationswillen und beidseitiger Frustration, die aus konträren gesellschaftspolitischen und juristischen Voraussetzungen resultierte. Die polnische Hauptkommission war bereits 1945 gegründet worden, die Ludwigsburger Zentralstelle erst 1958. Für die justizielle Aufarbeitung der NS-Verbrechen im bilateralen Kontext bedurfte es mühevoller Verhandlungen. Vielfach berührten sie die Ebene der politischen Emotionen; dies zeigte sich etwa im situativ variierenden Gebrauch der deutschen Sprache durch die polnischen Vertreter. Die Intensität der Kommunikation über das Recht war bemerkenswert, auch jenseits der konkreten Ergebnisse für die Strafverfolgung.
Anfang 1933 war die international hochangesehene Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) bereits eine vergleichsweise altehrwürdige wissenschaftliche Einrichtung. Gegründet wurde sie 1911 als Großorganisation der deutschen Spitzenforschung. Aufgrund exzellenter Arbeitsbedingungen in den Instituten der KWG konnten zahllose Spitzenforscher gewonnen werden; Namen wie Max Planck, Otto Hahn, Lise Meitner, Albert Einstein, Adolf Butenandt, Werner Heisenberg und viele andere sagen genug. Institutionell gegliedert war die KWG in fünf große Säulen.
Götz Alys neuestes Buch hat erhebliches Aufsehen erregt; die ersten Auflagen waren rasch vergriffen, Aly selbst ein gern gesehener Gast in bundesdeutschen Talk-Shows. Warum dieser Erfolg? Wenn Alys »Volksstaat« so reißenden Absatz fand, dann liegt dies weniger daran, dass er substantiell Neues präsentiert. Dies ist zwar durchaus der Fall, vor allem in den ausgesprochen lesenswerten Teilen II und III seiner Arbeit. Die Medien haben sich jedoch in erster Linie auf die Statements gestürzt, die Aly mit den Schlagworten »Volksstaat« und »nationaler Sozialismus« bereits im Titel seines
Buches anklingen lässt. Sie lassen sich auf folgende Kernthese zuspitzen: Das NS-Regime habe die sozialen Unterschiede eingeebnet. Es sei mit »Härte gegen die Bourgeoisie« vorgegangen und habe »klassenbewußt innenpolitisch die Lasten zum Vorteil der sozial Schwächeren verteilt«. Die NS-Diktatur müsse folglich als »Gefälligkeitsdiktatur« und »Volksstaat« verstanden werden, als eine Art "Diktatur für das Proletariat". Die Hitler-Diktatur sei mithin
den sozialistischen Systemen zuzurechnen, die NS-Propagandisten hätten Recht gehabt, wenn sie ihre Herrschaft als »nationalen Sozialismus« bezeichneten. Der moderne Sozialstaat schließlich sei die weitgehend bruchlose Fortsetzung der rassistischen »Fürsorgediktatur« der Nazis gewesen. Diese These hat Aly in einigen Zeitungsartikeln weiter zugespitzt. Dort spricht er von einer »sozialstaatlichen« oder »kriegssozialistischen Umverteilungsgemeinschaft«, einem »Regime der sozialen Wärme«, das »mit den Reichen weit weniger zartfühlend umgegangen« sei als mit »den gehätschelten Volksgenossen«.
Nach zwölf Jahren Naziherrschaft war Deutschland, von außen betrachtet, ein in hohem Maße befremdendes Land. Beobachter aus den Reihen der Alliierten maßen das nazistischer Barbarei anheimgefallene, hochindustrialisierte Land fast zwangsläufig mit ethnologischem Blick - so auch der zum Zeitpunkt der Befreiung 28-jährige US-amerikanischen Nachrichtenoffizier Daniel Learner, der Anfang April 1945 eine Informationsreise durch die von den Ame1ikanern bereits besetzten Teile des Ruhrgebiets unternahm. Seine Eindrücke faßte er in einem Bericht zusammen.
In der Forschung zum "Dritten Reich" wird häufig von "Verwaltungskonfusion", Zerrüttung und Zerfall des Staates gesprochen, von Chaos, allgemeinem Wirrwarr, "Desorganisation" oder "irrationalen Organisationsformen", so dass man sich verwundert die Augen reibt und fragt, wie dieser angebliche 'Nicht-Staat' innerhalb kurzer Zeit einen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung induzieren und schließlich fast sechs Jahre lang einen Weltkrieg gegen mindestens ökonomisch weit überlegene Gegner führen konnte. Tatsächlich ist das Diktum von Zerfall des Staates zu kurz gegriffen. Was sich auflöste, war der klassisch-moderne Staat - der Staat mit mindestens im Groben verfassungsrechtlich wie politisch-praktisch abgeklärten, auf Dauer angelegten arbeitsteiligen Kompetenzen zwischen den Institutionen, mit rechtsförmig geregelten, überpersönlichen Verwaltungsgängen, mit eindeutigen und vergleichsweise festgefügten, also nur begrenzt fluiden Hierarchien. Diese Form der Staatlichkeit löste sich auf. Was in Deutschland 1936, 1939 oder 1941 existierte, waren jedoch nicht lediglich staatliche Trümmer. Es bildete sich vielmehr eine neue, ganz eigenartige politische Struktur heraus, eine neue Variante von Staatlichkeit, die nur sehr begrenzt Vorbilder kannte. Um diese neue Staatlichkeit geht es im folgenden.