Deutschland
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Ziel des vorliegenden Aufsatzes ist es nachzuweisen, daß der in der historischen Forschung im allgemeinen unkritisch übernommene Eindruck, das NS-Regime habe die Lebenshaltungskosten auf niedrigem Niveau weitgehend stabilisieren können und den Arbeitern - womöglich als Konzession für politisches 'Stillhalten' - ein hohes durchschnittliches Realeinkommen zugestanden, die tatsächliche Entwicklung grob verzerrt. ...
In der neueren Forschung zur Geschichte des "Dritten Reichs" hat sich inzwischen die Ansicht durchgesetzt, daß die Industriearbeiterschaft zwar überwiegend in Distanz zum NS-Regime blieb, jedoch keineswegs rebellisch, sondern eher resigniert bis apathisch auf die tiefgreifenden Veränderungen nach 1933 reagierte. Die Frage, warum dies so war, ist bisher nicht schlüssig beantwortet worden. (...)
"In dem hiesigen Arbeitshause hat sich in Folge der mißverstandenen politischen Freiheit in neuerer Zeit unter den Häuslingen ein Geist der Ungebundenheit und Widersetzlichkeit gezeigt, der" - so stellt der Prediger des Berliner Arbeitshauses Andrae im September 1848 fest - "die traurigsten Folgen befürchten" lasse.
"Volksgemeinschaft statt Klassenkampf" - so und ähnlich suchten die Nationalsozialisten ihre Vorstellungen von einer neuen Arbeits- und Sozialordnung zu umreißen. Zwar wurden - aller NS-Propaganda zum Trotz - die sozialen Gegensätze zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern während des 'Dritten Reiches' keineswegs aufgehoben; indessen gelang es dem NS-Regime erfolgreich, die deutsche Arbeiterschaft so weit zu 'bändigen', daß von dieser keine, den rüstungskonjunkturellen Aufschwung ab 1934 gefährdende oder gar das NS-System destabilisrende 'Unruhe' ausging. Warum dies gelang, welche politischen, rechtlichen, ideologischen und wirtschaftlichen Faktoren dafür verantwortlich waren, soll im Folgenden in groben Zügen - vornehmlich am Beispiel der Eisen und Stahl erzeugenden sowie metallverarbeitenden Industrie des Ruhrreviers - skizziert werden.
Das NS-Regime und seine Repräsentanten erwiesen sich im Hinblick auf die industrielle Frauenerwerbstätigkeit als „Modernisierer wider Willen". Der vielbenutzte und meist wenig aussagekräftige Terminus „Modernisierung" wird dabei im folgenden auf die einfache Formel reduziert: Entwicklung der vorgefundenen Wirtschafts- und Gesellschaftsverhältnisse hin zur entfalteten kapitalistischen Industriegesellschaft, wie wir sie heute z. B. in der Bundesrepublik Deutschland vorfinden. Das „Dritte Reich" wird in diesem Zusammenhang als eine Art „Übergangsgesellschaft" verstanden, in der in der Weimarer Republik in Ansätzen zwar vorhandene, jedoch noch nicht voll entfaltete Formen entwickelter industriekapitalistischer Produktion und Rollenzuweisungen in innerbetrieblicher und überbetrieblicher Hinsicht entfesselt sowie vor- bzw. frühkapitalistische Mentalitäten aufgebrochen und durch uns heute geläufige „moderne" Wertorientierungen ersetzt wurden.
Der in der neueren historischen Forschung gern benutzte Terminus "Modernisierung" mag insofern von Nutzen sein, als sich mit seiner Hilfe recht gut der Frage nachgehen läßt, inwieweit Kontinuitäten vom "Dritten Reich" zur Bundesrepublik bestanden und in welcher Hinsicht während der Zeit der NS-Herrschaft Entwicklungen angebahnt wurden, die erst nach 1945 zum Durchbruch kamen. Falsch wäre es allerdings, den Blick ausschließlich auf die Zeit ab 1933 zu verengen: Alle entscheidenden Elemente dessen, was für die Zeit des "Dritten Reiches" als "Modernisierung" der Industriearbeit bezeichnet werden kann, hatte sich bereits in der Weimarer Republik, seit Beginn der "goldenen zwanziger Jahre" (ab 1924/25) herausgebildet.
Die Geschichte setzt ihre Symbole: „IKW 69“ heißt eines davon und bezeichnet die wohl jüngste Investitionsruine im Lausitzer Braunkohlenrevier, ein Industriekraftwerk in Lauchhammer, das acht der umliegenden Brikettfabriken mit Dampf versorgen sollte. Mitte 1991 wurde der nach drei Jahren fast fertige Bau eingestellt, denn dieser Dampf fand keine Abnehmer mehr: Nach rund einem Jahrhundert endete hier die Brikettproduktion, nicht zuletzt, weil einer ihrer Großkunden, die Kokerei Lauchhammer, die Tore geschlossen hat. Auf andere Art symbolhaft erscheint auch der Wandel der regionaltypischen Textilindustrie, wo sich hinter den bröckelnden Fassaden alter Fabrikarchitektur seit 1990 zunehmend Stille ausbreitete.
Berlin, die "geist- und staubreiche Hauptstadt Preußens", sei, so hat der Schriftsteller Heinrich Bettziech unter seinem Pseudonym "Beta" in einer vor dem Ausbruch der Revolution veröffentlichten Schrift behauptet, moderne Weltstadt und zugleich "ungezogenes Lieblingskind der neueren und neuesten deutschen Cultur und Civilisation".
Bevor ich auf die Rolle und das Selbstverständnis der politisch aktiven Berliner Juden und die Frage eingehe, welche Stellung die nichtjüdische Bevölkerung ihren jüdischen Mitbürgern und der >Judenfrage< gegenüber einnahm, sollen die sozialökonomische Stellung der Berliner Juden während der vierziger Jahre sowie die politisch-rechtlichen Restriktionen skizziert werden, unter denen preußische Juden während des Vormärz zu leiden hatten. Danach läßt sich leichter nachvollziehen, warum den Juden in der preußischen Hauptstadt und andernorts nach den europäischen Februar- und Märzrevolutionen gleichsam eine Zentnerlast von der Seele fiel.
Gegenstand dieses Beitrages ist der betriebliche Alltag einer mittelständischen Tuchfabrik in Guben und der dort unter den Bedingungen der NS-Kriegswirtschaft und des Zweiten Weltkrieges Beschäftigten. Versucht wird eine Rekonstruktion alltäglicher Situationen von deutschen Arbeiterinnen und Arbeitern, ab 1943 auch von ausländischen Arbeitskräften, aber auch des Unternehmens selbst. Die Untersuchung fußt fast ausschließlich auf Quellenmaterial des Betriebsarchives der Firma C. Lehmann’s Wwe. & Sohn, Tuchfabrik Guben. Neue Perspektiven für die Sicht von Lebenssituationen im Dritten Reich haben sich zwar aus diesem Aktenmaterial nicht ergeben, doch fügen sich einige Facetten ein in das Gesamtbild vom Leben unter der nationalsozialistischen Diktatur.
Heute stellt sich in neuer Weise die generelle Frage: Wie geht die Gesellschaft des vereinigten Deutschland mit „ihren“ verschiedenen „Vergangenheiten“ um: mit der Geschichte der NS-Zeit und deren Vorgeschichte, mit der Geschichte der DDR und ihren historischen Kontexten und mit der Geschichte der (alten) Bundesrepublik? Wir haben es mithin mit einer mindestens doppelten, vielleicht sogar dreifachen Zeitgeschichte zu tun. Das Dritte Reich und die DDR, die anders als die Bundesrepublik „Vergangenheit“ sind, stellen dabei Problemkomplexe der Gegenwart dar, die keineswegs nur die zeitgeschichtliche Forschung betreffen, sondern Kernfragen der politischen Kultur, der Identität, des vereinigten Deutschland bilden und mit einer Reihe von politisch-gesellschaftlich-kulturellen Problemen verwoben sind.
Die gegenwärtige Debatte um deutsche Vergangenheiten ist zweifellos von einem großen Spektrum unterschiedlicher Meinungen geprägt, die sämtlich auch öffentlich artikuliert und durch Publikationen verbreitet werden. Ihr bisheriger Verlauf zeigt jedoch in vieler Hinsicht auch, daß die Deutschen in West und Ost noch sehr weit von der Normalität eines Geschichtsdiskurses entfernt sind, der nicht nur äußerlich nach den Regeln demokratischer Pluralität abläuft, sondern der auch inhaltlich eine Vielfalt von historischen Erinnerungsformen einschließt, statt Unbequemes jeweils auszugrenzen. Für mich als einen aus dem Wissenschaftsbetrieb der DDR kommenden Historiker hat diese Frage besondere Bedeutung, und zwar sowohl aus den Erfahrungen einer unter dem Ideologie- und Politikmonopol einer einzigen Partei stehenden offiziösen Geschichtsorientierung als auch in Sorge über die Folgen pauschaler historischer Abrechnung mit der DDR, ihrer Geschichte und aller damit verbundenen Ansätze historischen Denkens.
Da eine Arbeiterklasse als relativ homogene, soziale Großgruppe 1848 noch nicht existiert hat, drängen sich als erstes folgende Fragen auf: Was heißt eigentlich 'soziale Unterschichten'? Wie setzten sie sich zusammen? Welches Bewußtsein, welche Verhaltensmuster herrschten in den unteren Sozialschichten?
Mit Blick auf den Charakter und den Verlauf der Revolution
wäre dann genauer zu untersuchen: Welche Veränderungen lassen sich 1848 hinsichtlich Bewußtsein und Verhaltensdispositionen beobachten? Was läßt sich über das Organisationsverhalten insbesondere der Gesellen und Fabrikarbeiter sagen? Abschließend sollen dann einige Thesen zum Verhältnis von Bürgertum und städtischen Unterschichten formuliert werden. Im folgenden geht es ausschließlich um Großstädte, genauer: um die drei großen Metropolen Mitteleuropas, die zugleich für den Verlauf der europäischen Revolution 1848 am wichtigsten waren - um Berlin, um
Paris sowie um Wien.
Die Revolution von 1848/49 ist die einzige geblieben, die gesamteuropäische Dimensionen besaß. Sie erfaßte die Schweiz, Frankreich, alle deutschen Staalen, das dreigeteilte Polen (hiervor allem das preußiscl1e Großherzogtum Posen), sämtliche Landesteile der Habsburgermonarchie, neben dem heutigen Österreich mit dem Zentrum Wien vor allem 'Böhmen und Mähren' (heute Tschechien und Slowakei) sowie die ungarische Reichshälfte, die neben eiern heutigen Ungarn außerdem u. a. Slowenien, Kroatien, Serbien und Transsylvanien (das heutige Rumänien) einschloß. Von der Revolution erfaßt wurde außerdem das 'Königreich' Lombardo-Venetien, das damals gleichlalls zum österreichischen Vielvölkerstaat gehörte, Piemont-Sardinien, die (Groß-)Herzogtümer Parma, Modena und Toskana, der Kirchenstaat und nicht zuletzt das sozialökonomisch besonders rückständige Königreich der beiden Sizilien mit der Hauptstadt Neapel. Weitgehend unberührt von revolutionären Erschütterungen blieben lediglich die beiden konstitutionell-parlamentarischen Monarchien in Belgien und Groß Britannien (damals die 'fortgeschrittensten' politischen Systeme) und das zaristische Rußland, in den Augen der Zeitgenossen der „Hort der Reaktion'. In den Niederlanden und den skandinavischen Staaten kam es mehr zu Reformschüben denn zu 'echten' Revolutionen, in dem seit 1830 selbständigen Griechenland , in Irland und in Spanien nur zu kleineren, lokalen Aufständen.
Vor allem drei Faktoren bestimmten während des "Dritten Reiches" die Struktur der Frauenarbeit: erstens die geschlechtsspezifische, biologistisch begründete Diskriminierung, zweitens der klassenbezogene Aspekt sowie drittens der Rassismus. Zweifelsohne waren alle drei Faktoren für das Verhalten des NS-Regimes gegenüber Frauen und für die Wandlungen der Struktur lohnabhängiger, idustrieller Frauenarbeit während des "Dritten Reiches" relevant. Entscheidend ist jedoch die Frage nach der Gewichtung der drei Faktoren: ...
'Rationalisierung' war als - meist höchst unbestimmtes - Schlagwort zwar keineswegs auf den industriellen Betrieb beschränkt, sondern fungierte besonders in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre als eine Art Zauberformel, die auch politisch-gesellschaftliche Probleme zu lösen vorgab. Materieller Kern (oder zumindest Ausgangspunkt) der Rationalisierungsdebatten der zwanziger und dreißiger Jahre waren jedoch zumeist spezifische Aspekte der innerbetrieblichen 'Modernisierung', namentlich die verschiedenen Formen und die spezifischen deutschen Probleme der Fließfertigung sowie - damit unmittelbar verknüpft - die (gleichfalls) aus den USA importierten 'wissenschaftlichen' Arbeits- und Zeitstudien, außerdem die verschiedenen Arbeitsbewertungssysteme. 'Fordismus' und 'Taylorismus' zielten in ihren verschiedenen Varianten nicht nur auf fertigungstechnische und arbeitsorganisatorische Veränderungen. Ihnen parallel lief eine neue Personalpolitik, spezifische Ausformungen der betrieblichen Sozialpolitik und (weitere) 'moderne Sozialtechniken'. Diese drei Problemkreise - fertigungstechnische, arbeitsorganisatorische und soziale 'Rationalisierung' - stehen deshalb nicht zufällig im Zentrum neuerer Untersuchungen.
'Rationalisierung' war als - meist höchst unbestimmtes - Schlagwort zwar keineswegs auf den industriellen Betrieb beschränkt, sondern fungierte besonders in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre als eine Art Zauberformel, die auch politisch-gesellschaftliche Probleme zu lösen vorgab. Materieller Kern (oder zumindest Ausgangspunkt) der Rationalisierungsdebatten der zwanziger und dreißiger Jahre waren jedoch zumeist spezifische Aspekte der innerbetrieblichen 'Modernisierung', namentlich die verschiedenen Formen und die spezifischen deutschen Probleme der Fließfertigung sowie - damit unmittelbar verknüpft - die (gleichfalls) aus den USA importierten 'wissenschaftlichen' Arbeits- und Zeitstudien, außerdem die verschiedenen Arbeitsbewertungssysteme. 'Fordismus' und 'Taylorismus' zielten in ihren verschiedenen Varianten nicht nur auf fertigungstechnische und arbeitsorganisatorische Veränderungen. Ihnen parallel lief eine neue Personalpolitik, spezifische Ausformungen der betrieblichen Sozialpolitik und (weitere) 'moderne Sozialtechniken'. Diese drei Problemkreise - fertigungstechnische, arbeitsorganisatorische und soziale 'Rationalisierung' - stehen deshalb nicht zufällig im Zentrum neuerer Untersuchungen.
Die großstädtische Revolution von 1848 war ein paradoxes Phänomen: Es bildeten sich Ansätze von Klassenbewußtsein und
Klassenorganisationen heraus, ohne daß eine gemeinsame Klassenlage existierte, bevor moderne Klassen überhaupt entstanden waren. 1 Besonders sichtbar war dieses Paradoxon bei Arbeitern und Gesellen; abgeschwächt war es jedoch auch auf »Arbeitgeberseite«, bei »großen« Kaufleuten und den frühen industriellen
Unternehmern zu beobachten. Für das Gros der Meister wiederum galt das Gegenteil: Sie idealisierten die »gute alte Zeit«, klammerten sich an die vormals korporativen Zwangsorganisationen,
die Zünfte bzw. Innungen, und konservierten ein ausgeprägt ständisches Statusdenken.
Die „Umwälzungen“ des Jahres 1848 waren nicht nur der "Anstrengung", sondern auch "dem Erfolge nach eine wirkliche Revolution". Obgleich nicht alle Zeitgenossen diese Ansicht Robert Springers teilten und manche Konservative und Liberale schon frühzeitig den revolutionären Charakter der Märzereignisse leugneten, sie zum bloßen "Ministerwechsel" zu degradieren suchten - daß im März 1848 Berlin nicht nur äußerlich zum revolutionären Schlachtfeld mit Hunderten von Toten und zahllosen Barrikaden wurde, sondern in ganz Preußen ein fundamentaler politischer Umbruch stattfand, läßt sich kaum bestreiten: Für acht Monate wurde dem Monarchen ein Parlament zur Seite gestellt, das mit diesem eine Verfassung "vereinbaren" sollte und überdies nicht unwesentlich die Politik des preußischen Staates mitbestimmte. (Aus der Einleitung)