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Seit einigen Jahren steht die Geschichte der nationalsozialistischen Zeit weniger stark im Mittelpunkt der historischen Forschung, wåhrend der Geschichte der Bundesrepublik und der DDR zunehmende Aufmerksamkeit gewidmet wird, ja als Reaktion auf die Wiedervereinigung geradezu ein Ûbergewicht der DDR-Forschung zu verzeichnen ist. Dabei scheint die historische Perspektive des Diktaturvergleichs den Blick auf das Alltagsleben und die soziale Lage der Bevölkerung der DDR eher unterbelichtet zu haben, obwohl vor allem Lutz Niethammer und seine Mitstreiter mit der Entfaltung der Oral History wesentlich dazu beigetragen haben, diese Lücke im bislang stark von Westdeutschland her geprägten Bild der DDR auszufüllen.
Der Sachverhalt, der diesen Ausführungen1 zugrunde liegt, erscheint auf so unspektakuläre Weise evident, wie es der Ablauf von Zeit nun einmal ist, und im Grunde könnte man ihn in dem Satz zusammenfassen: Die Zeitgenossen der NS-Zeit sterben aus. Natürlich trifft dieser Satz nicht erst heute zu, ein halbes Jahrhundert nach dem Ende des »Dritten Reiches«, doch er gewinnt nun forciert an Bedeutung. Eindringlich zeigte das im Herbst 1995 eine großangelegte Historikerkonferenz in Weimar, die den Forschungsstand zur Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager zu bilanzieren suchte: Zur Eröffnung wollte dort Hermann Langbein über das Verhältnis zwischen Zeitzeugen, und Zeithistorikern sprechen - eine Beziehung, die er selbst jahrzehntelang wohl insgesamt als fruchtbar, nicht selten allerdings auch als spannungsvoll erlebt hatte. Der Plan blieb leider unausgeführt, denn wenige Wochen vor dem Treffen starb Langbein 83jährig in Wien.
Grenzpfähle der Tabuzone. Vom schwierigen Umgang mit Krieg, Gewalt und toten Körpern im Museum
(2010)
Zum Krieg gehört der Tod: Für den Historiker Michael Geyer sind „die willentliche, kalkulierte, menschliche Planung des Massen-Todes, sein öffentlicher Gebrauch im Gefecht und die Erfahrung der Überlebenden mit dem Massentod“ Grundlage des kriegerischen Handelns. Diese Praxis zu rekonstruieren sei Aufgabe der Kriegsgeschichte. Nicht das Gefecht allein, sondern das Töten im Gefecht gehöre ins Zentrum der Analyse, denn „Kriegsgeschichte ist Geschichte organisierter Tötungsgewalt.“ Mit Blick auf Carl von Clausewitz’ Beschreibung der Atmosphäre des Krieges zwischen Gefahr, körperlicher Anstrengung, Ungewissheit und Zufall formulierte Geyer: „Kein Zweifel, Krieg als physische Gewalt spielt sich in Form widerstrebender Gemütsbewegungen in den Köpfen und Leibern der Soldaten ab. Die Arbeit am Tode ist, als Arbeit am Leib, eine Arbeit in Metaphern. Sie kommt zu keinem Ende, da das Zerbrechen der Körper sich der Darstellung entzieht.“
Als sich im Herbst 1989 Oppositionelle in Gruppen zusammenschlossen, um eine Reform der verkrusteten Herrschaftsstrukturen der DDR im Sinne einer zivilgesellschaftlichen Perspektive zu erzwingen, ging es vor allem um die Zukunft. Heute, gut 20 Jahre danach, geht es um die Vergangenheit – ein gravierender Paradigmenwechsel in der öffentlichen Debatte, der die Frage nach dem Sinn und der Bedeutung einer »Historisierung« politischer Kommunikation provoziert.
„Eine Militärgeschichte von unten" ist der Untertitel eines Sammelbandes zum „Krieg der kleinen Leute", den der Freiburger Militärhistoriker Wolfram Wette 1992 herausgegeben hat. Beide Titel des Buches, mittlerweile in der zweiten Auflage erschienen, klingen griffig-programma1isch; und so sind sie uuch gemeint. Die Militärgeschichte - das ist ihre Botschaft - wurde hisher immer nur in der Perspekive von oben betrieben; sie beschränkte sich auf die Analyse von Schlachten, die Taten einzelner Heerfuhrer und eine mehr oder weniger vom Objekt faszinierte Darstellung der eingesetzten Waffen.