Alltag
Refine
Year of publication
- 2010 (15) (remove)
Document Type
- Journal Article (15) (remove)
Has Fulltext
- yes (15)
Der Wohnungs- und Städtebau der Zwischenkriegszeit bildet ein Paradebeispiel für die Intentionen und Grenzen der frühen Rationalisierungsdiskurse als einem Kernelement des Fordismus. Der Erste Weltkrieg verhalf der Bewegung sowohl in Deutschland wie in Frankreich zum Durchbruch. Während in Frankreich die private Schwerindustrie trotz staatlicher Rahmensetzungen den Takt angab, wurden in Deutschland die ersten Pilotprojekte der Rationalisierung nach 1918 von sozialistischen „Bauhütten“ und den Kommunen realisiert. Die aus Amerika kommenden Konzepte von Ford, Taylor und Gilbreth wirkten als Katalysatoren auf die in Europa entwickelten Ideen. In der Weltwirtschaftskrise zeigte sich, dass die Rationalisierung im Bauwesen die steigenden Zinsbelastungen am Kapitalmarkt nicht ausgleichen konnte. Der Aufsatz vertritt die These, dass ungeachtet nationaler Varianten in Europa insgesamt die „endogenen“ Konzepte und Triebkräfte (wie Erster Weltkrieg, Wohnungsreform und Sozialpolitik) eine deutlich wichtigere Rolle spielten, als es das Schlagwort vom „Fordismus“ anzeigt.
Wie verändern sich die Objekte der Geschichtsschreibung, also die Gegenwart und die jüngere Vergangenheit, durch die Medien? Wie verändert sich die Geschichtsschreibung selbst durch die Medien? Was bedeutet die in Forschung und Öffentlichkeit verbreitete Rede von der ‚Mediengesellschaft‘ aus historischer Perspektive eigentlich genau? Der Aufsatz unterscheidet zunächst einige Prozesse der ‚Medialisierung‘, geht damit verbundenen Strukturverschiebungen nach und betrachtet insbesondere Veränderungen von Öffentlichkeiten. Dabei wird dafür plädiert, die Ambivalenz der Entwicklungen anzuerkennen und nicht vorschnell Paradigmenwechsel zu behaupten. Zudem werden einige Leitlinien formuliert, was eine Medialisierung der Zeitgeschichtsschreibung bedeuten könnte. Hier gilt es, neue Wege zu beschreiten und neue Ziele zu setzen, die der Ära der Audiovisualität gerecht werden.
Von Amerika nach Japan – und zurück. Die historischen Wurzeln und Transformationen des Toyotismus
(2010)
Dieser Artikel zeichnet aus wirtschaftshistorischer Perspektive nach, unter welchen Bedingungen sich das Produktionsmodell des Toyotismus in Japan herausgebildet hat. Gezeigt wird, dass der Toyotismus ursprünglich aus einer Hybridisierung des Ford-Systems hervorgegangen ist: Er beruht auf einer Mischung aus japanischen Innovationen, fordistischen bzw. tayloristischen Elementen und heterodoxen Managementlehren aus den USA. Es wird erklärt, was sich hinter den toyotistischen Managementkonzepten kanban, Just-in-time, kaizen etc. verbirgt und wie diese bei Toyota seit den 1950er-Jahren zur Anwendung gelangten. Für die Zeit ab 1980 wird analysiert, wie sich der frühere Wissenstransfer umkehrte: Nun waren es Amerikaner, die von Japan zu lernen versuchten und dortige Konzepte unter dem Schlagwort „Lean Production“ übernahmen. Ob der Toyotismus damit ein internationales Referenzmodell der Produktions- und Arbeitsorganisation darstellt, ist allerdings noch offen.
Der Beitrag untersucht Motive und Voraussetzungen des Engagements west- bzw. gesamtdeutscher zivilgesellschaftlicher Initiativen in Belarus nach der Katastrophe von Tschernobyl. Gefragt wird, welche Wahrnehmungen und Maßstäbe von Sicherheit und Verunsicherung die Akteure leiteten. Die Fundamente des Engagements lagen in den Neuen Sozialen Bewegungen der 1970er- und 1980er-Jahre – vor allem in der Anti-AKW- und der Friedensbewegung. Die zunehmende Sensibilisierung für ökologische Schäden, das sinkende Vertrauen in die schützende Rolle des Staates und wachsende Zweifel an der Autorität von „Experten“ verbanden sich mit einem Wandel in der Kommunikation von Emotionen. Angst und Verunsicherung wurden in der Spätphase des Kalten Krieges zum Mobilisierungspotenzial für ein zivilgesellschaftliches Handeln, das zum Teil bis heute andauert und vielfältige Kontakte zwischen Deutschland und Belarus etabliert hat.
Die sozialistischen Vordenker Marx, Engels und Lenin begründeten die „sozialen Ursachen“ der Kriminalität mit dem herrschenden kapitalistischen Gesellschaftssystem, dessen „ökonomische Basis die Wurzel allen Übels“ sei. Das Verbrechen sei keine dem Menschen angeborene Eigenschaft, sondern „historisch entstanden und wird mit dem Sozialismus/Kommunismus allmählich überwunden“. Entsprechend teilte auch die DDR-Führung die Sicht, dass „mit der Liquidierung der Ausbeuterordnung in der DDR die wesentlichen Wurzeln der Kriminalität verschwunden [sind]. Das ermöglicht [es] erstmalig in der deutschen Geschichte, die Vorbeugung der Verbrechen zur Aufgabe der gesamten Gesellschaft zu machen.“
Betrachtet man die Moderne als Projekt der Kontingenzbewältigung, so ist „Sicherheit“ eines ihrer wichtigsten Kernelemente, zielte das Projekt der Moderne doch unter anderem darauf, durch soziale Sicherungssysteme Lebensrisiken zu reduzieren. Wissenschaftliche und technische Fortschritte spielten dabei eine wesentliche Rolle, da entsprechende Hoffnungen von einem weit verbreiteten Optimismus getragen wurden. Je stärker sich jedoch die Erfahrung verdichtete, dass dieser Fortschritt vielfältige Gefahren erst schuf, umso mehr erschien die Moderne als eine Epoche, die im Dienst des Fortschritts auch neue Risiken wie Reaktorunfälle, Börsencrashs oder Arbeitslosigkeit generiert.
Seit 2002 sammelt das von Justinian Jampol gegründete Wende-Museum in Los Angeles Artefakte und Dokumente aus dem Kalten Krieg. Der Schwerpunkt der nichtkommerziellen Sammlung, die mittlerweile über 100.000 Gegenstände enthält, liegt auf Objekten aus den Staaten des Warschauer Pakts, vor allem aus der DDR und der Sowjetunion, aber auch aus den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik. Zahlreiche Gegenstände geben Aufschluss über verschiedene Zivilschutzmaßnahmen, darunter drei vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) der DDR zusammengestellte Erste-Hilfe-Taschen.
„Lach über alles und vergiss es.“ Dieses Motto stellte der Holländer Aart M. an den Beginn eines Fotoalbums, das seine bildlichen Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg und den Einsatz als Zwangsarbeiter in Berlin festhält. Es zeigt die Widersprüchlichkeit privater Fotoalben: Werden die Bilder aufbewahrt, um zu erinnern oder zu vergessen? Hilft ein solches Album dem Besitzer dabei, über die Erfahrungen der Zwangsarbeit zu lachen? Und wie kann die Geschichtswissenschaft die oft so ‚fröhlich‘ wirkenden Fotoalben als historische Quellen interpretieren?
Different factors have been proposed to explain the longevity of the communist system in Romania: social control by the secret police, external pressures, or foreign control. However, the most common explanation is that of the Romanian people’s ‘passivity’. Many commentators distinguish between two groups in Romanian society, victims and collaborators, and hold the entire Romanian nation responsible for communism since it did not oppose the system and its authorities. Over the last few years, Romanian sociologists have begun to study communist society more systematically. They have developed new interpretations of the causes of the longevity of the system in terms of the transformation of social identity under communism and general fear. This article advances a complementary explanation, focusing on the perception of social security, and draws on a series of interviews conducted in the summer of 2009 in Romania and a number of public surveys conducted between 1999 and 2009.
Die moderne Versicherungswirtschaft entstand als Reaktion auf die vielfältigen neuen Risiken, die sich mit der Industrialisierung entwickelten. Die verstärkte Risikoabsicherung war verbunden mit einem Denken in Wahrscheinlichkeiten und deren rechnerischer Bestimmung. Ende des 19. Jahrhunderts war die Versicherungsindustrie bereits voll entwickelt, und der Staat erklärte das Versicherungsprinzip zur Leittechnik der Risikovorsorge. Heute stößt die Versicherungswirtschaft aufgrund der global wirksamen ökologischen, ökonomischen und terroristischen Risiken jedoch an ihre finanziellen Grenzen; sie kann mit der raschen Expansion der Risiken kaum noch Schritt halten. Der Aufsatz skizziert die Anfänge von Versicherungen sowie die Durchsetzung des Versicherungsprinzips vor allem im Laufe des 19. Jahrhunderts. Er gibt einige Hinweise zur weiteren Entwicklung von Versicherungen im 20. Jahrhundert und lenkt den Blick schließlich auf die neuartigen Probleme, denen sich Versicherungen in der „Weltrisikogesellschaft“ des beginnenden 21. Jahrhunderts ausgesetzt sehen.