20. Jahrhundert
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Noch stärker als die Folgen des Ersten Weltkriegs wurde die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg durch dessen Visualisierung in der Fotografie und im Film geprägt: durch die NS-Kriegspropaganda ebenso wie durch private Fotografien des Kriegsgeschehens oder auch durch Dokumentationen von Kriegsverbrechen. Während zum Kriegsende hin die NS-Propaganda mit Bildern und Filmen den „Durchhaltewillen“ steigern sollte, dokumentierten die alliierten Medien die nun zu Tage tretenden Massenverbrechen der Nationalsozialisten. Daneben findet sich auf deutscher Seite in den letzten Kriegswochen eine Fotografie der „Katastrophe des Krieges“, die nun auf deutschem Boden stattfand. Parallel entstanden so zwei Bilderwelten, die sich in den ersten Nachkriegsjahrzehnten wenig berührten, jedoch Strategien unterschiedlicher Erinnerungsdiskurse zum Ausdruck brachten.
For centuries, nostalgia denoted homesickness, but current dictionary definitions indicate that these two concepts have parted ways and acquired discrete meanings. However, it is one thing to demonstrate that contemporary definitions of nostalgia and homesickness are distinct; it is another to show that the way people think about nostalgia and its characteristics corresponds to this lexicographic knowledge. In 2012, Erica G. Hepper and colleagues therefore asked laypeople to identify which features they considered most characteristic of the construct ›nostalgia‹ and found that respondents conceptualised nostalgia as a predominantly positive, social, and past-oriented emotion. In nostalgic reverie, one brings to mind a fond and personally meaningful event, often involving one’s childhood. The person tends to see the event through rose-coloured glasses and may even long to return to the past. As a result, he or she feels sentimental, typically happy but with a hint of sadness.
Orientalismus
(2021)
Westliche Repräsentationen des „Orients“ gehören zu den zentralen Gegenständen geistes- und kulturwissenschaftlicher Forschung der letzten Jahrzehnte, was insbesondere auf Edward Saids kontrovers diskutierte Studie „Orientalism“ zurückzuführen ist. Felix Wiedemann widmet sich in seinem Docupedia-Beitrag der Said’schen Orientalismus-Theorie, ihrer Rezeption, Kritik und Weiterführung. Im zweiten Teil des Beitrags werden exemplarische Problemfelder der neueren Orientalismusforschung – der deutsche Orientalismus, die Rolle der Altertumswissenschaften, der jüdische Orientalismus, der Zusammenhang von Orientalismus, Rassismus und Antisemitismus – skizziert.
Juristische Zeitgeschichte
(2021)
Die „Juristische Zeitgeschichte“ bezeichnet den jüngsten Zeitabschnitt im Bereich der Rechtsgeschichte, also die der gegenwärtigen Rechtsepoche. Welchen Zeitraum diese Epoche einnimmt, erörtert Thomas Vormbaum in seinem Artikel und geht auf die Kritik an der herkömmlichen Rechtsgeschichte ein, die sich überwiegend auf Dogmen- und Theoriegeschichte stützt. Unter Berücksichtigung der Geschichts- sowie Rechtswissenschaft beschreibt er aufkommende Methodenfragen des Forschungsfelds.
The article traces the collective term “living history” in its various definitions, forms and manifestations, offering an overview of this widespread phenomenon. It will consider developments in the United States and Europe, as well as taking a look at historical precursors of present-day forms. Whereas living history in the Anglo-American world has long been a well-established part of the educational and cultural work of museums, in Germany there is still a great deal of skepticism towards this form of historical representation. Finally, it asks how the fields of history and cultural studies might best engage with living history and which theoretical approaches exist for investigating and analyzing living history.
Beyond Nostalgia and the Prison of English. Positioning Japan in a Global History of Emotions
(2021)
This article interrogates the history of emotions at a pivotal moment in its growth as a discipline. It does so by bringing into conversation the ways in which scholars in Japan have approached ›nostalgia‹ (and emotions more broadly) as an object of study with concepts, theories, and methods prioritised by a predominantly Eurocentric field. It argues that Anglocentric notions of nostalgia as conceptual frameworks often neglect the particularisms that underlie the way that the Japanese language communicates and operationalizes cultural norms and codes of feeling. It also examines the aisthetic work of musicologist Tsugami Eisuke to help understand historical and psychological distinctions between ›nostalgia‹ and Japanese ideas of temporal ›longing‹, working towards a global history of emotions that meaningfully embraces multilateral and multi-lingual interaction. This article thus argues for a more nuanced way of discussing nostalgia cross-culturally, transcending dominant approaches in the field which are often grounded in a specifically Euro-Western experience but claim universal reach.
Frauenbewegungen in ihren „langen Wellen“ (Ute Gerhard) weisen historische ‚Interferenzen‘ auf, die sich insbesondere an Konflikten, Brüchen ebenso wie Solidaritäten und Bündnissen zeigen. Diese Phänomene lassen sich in Frauenbewegungskontexten über große Zeiträume hinweg nachweisen.
In der Frauenbewegung des Kaiserreichs spielte der Konflikt zwischen bürgerlichen und proletarischen Frauen eine besondere Rolle, denn er führte hier zu einer selbstständigen Organisation und gezielten Mobilisierung von Arbeiterinnen jenseits der bürgerlichen Frauenvereine. Diese Konstellation erzeugte in der Geschichtsschreibung der Frauenbewegung, die mit den Aktivistinnen der ersten Welle einsetzte, von Beginn an Streitigkeiten darüber, wer zur Frauenbewegung zählte oder besser: wer nicht dazu gehören sollte.
In der Historiographie der Frauenbewegung, die anfangs von Aktivistinnen betrieben wurde, die sich selbst zum Forschungsgegenstand machten und damit ein politisches Programm verfolgten, dominierte lange die Betonung der Differenz. Die jüngere Forschung hat zwar den Blick geweitet, um der Heterogenität der Frauenbewegung im Kaiserreich Rechnung zu tragen, aber schreibt paradoxerweise die Marginalisierung der proletarischen Frauenbewegung tendenziell fort, indem sie sowohl ältere Narrative aus der Forschung übernimmt als auch implizit gegen die Renaissance der „Klassenfrage“ in der zweiten Rezeptionswelle der 1970er Jahre gerichtet ist.
Eine (schlaglichtartige) Rekonstruktion der Rezeptionsgeschichte erscheint lohnenswert, da dadurch Schieflagen und deren Ursachen offengelegt werden können. Wir vertreten in diesem Beitrag die These, dass sich das zeitgenössische Schicksal des doppelten Paria-Daseins der organisierten Proletarierin im Kaiserreich auf traurige Art und Weise in der gegenwärtigen Forschung wiederholt: Einerseits wird ihre Geschichte politisch marginalisiert, weil sie eine Frau ist, und andererseits, weil ihr als Sozialdemokratin/Sozialistin bis heute die eigene Autonomie abgesprochen wird.
Unser Beitrag versteht sich als Aufschlag einer möglichen Debatte und möchte dazu anregen, die proletarische Frauenbewegung als wichtige Referenzfigur der deutschen Frauenbewegungsgeschichte (wieder) wahrzunehmen, um der Heterogenität der Frauenbewegung(en) des Deutschen Kaiserreichs in einem intersektionalen Sinne gerecht zu werden.
Es mutet paradox an: Nach 1947, dem Jahr, in dem der Alliierte Kontrollrat den preußischen Staat für aufgelöst erklärt hatte, setzte in den deutschen Geschichtswissenschaften, der Publizistik und in der Politik eine Diskussion ein, wann Preußen zu bestehen aufgehört habe.[1] Das so nahe liegende Jahr 1947 vermochte als Schlusspunkt indes wenig zu überzeugen. Diskutiert wurden andere Epochenjahre als Zäsur zwischen Bestehen und Nicht-Bestehen: Hatte Preußen nicht bereits 1945 mit dem Zusammenbruch jeglicher staatlichen Ordnung zu existieren aufgehört? Oder schon 1933/34 mit der Gleichschaltung, die den Ländern ihre Eigenständigkeit beraubte? Oder doch am 20. Juli 1932, als mit dem „Preußenschlag“ die demokratisch gewählte Regierung Otto Brauns abgesetzt und die Staatsgewalt auf den Reichskanzler übertragen wurde? War nicht die Monarchie seit jeher ein integraler Bestandteil preußischer Geschichte gewesen, sodass ihr Ende in den kalten Herbsttagen des Jahres 1918 zu verorten ist, als Wilhelm II. als Kaiser und König abdankte und in das niederländische Exil flüchtete?
Historische Authentizität im Spielfilm. Ein Zusammenspiel von Ähnlichkeits- und Differenzerfahrung
(2021)
Der Beitrag beschäftigt sich mit Diskursen, Konzepten und Konventionen von »historischer Authentizität« in populären fiktionalen Spielfilmen, insbesondere, aber nicht ausschließlich im deutschsprachigen Kontext. Der erste Teil widmet sich einer typisch deutschen Tradition der Verknüpfung von filmischer Geschichtsdarstellung und Realismus, die als notwendige Grundlage für die Forderung nach Authentizität in fiktionalen Ausdrücken begründet wird. Der zweite Teil erläutert ein theoretisches Modell, das die Herstellung des Realismus-Eindrucks als Zusammenspiel von ästhetischer Ähnlichkeits- und Differenzerfahrung begreift. Wie sich dies für die Analyse von historisch situierten Spielfilmen anwenden lässt, erläutert der dritte Teil des Beitrags, der zugleich eine Systematisierung von ästhetischen Strategien der Authentifizierung vorschlägt. Zum Abschluss, im vierten Schritt, wird ein Ausblick auf mögliche Bezugspunkte für eine verstärkt kritische Auseinandersetzung mit dem Thema »historische Authentizität im Spielfilm« gegeben.
„Wie sich die Spannungen lösen lassen, hängt letztlich von uns selbst ab“, schreibt der Rechts- und Politikwissenschaftler Ernst Fraenkel in seinem Buch Der Doppelstaat, das 1941 im US-Exil erschien. Das Buch war eine der ersten Analysen des nationalsozialistischen Regimes und ist das bekannteste Werk Fraenkels. Hier soll es aber nicht um den Doppelstaat selbst gehen, dem ein anderer Beitrag in diesem Schwerpunkt gewidmet ist, und auch nicht um die Spannungen, die Fraenkel anspricht. Vielmehr liegt das Augenmerk auf der Handlungsfähigkeit der Menschen, die er ausmacht. Wer ist das „uns“, das er anspricht; ja, warum spricht er überhaupt „uns“ inmitten einer wissenschaftlichen Analyse an?
Die Antwort, die ich auf diese Ausgangsfrage geben möchte, versucht einen methodisch ideengeschichtlichen Ansatz der Politikwissenschaft für die Zeitgeschichte fruchtbar zu machen.
Eine Mutter mit Kind. Den Blick gesenkt, hat sie ihre Aufmerksamkeit in diesem Moment ganz auf den kleinen Sohn gerichtet. Fest hält sie ihn im Arm, so als befürchte sie, dass ihr jemand ihr Ein und Alles nehmen könnte. Um sie herum verschwimmt die Welt in Dunkelheit. Es ist eine Szene voller Trauer und Hoffnung zugleich, ein würdevoller Augenblick, der in seiner Intimität fast spirituell anmutet – und das überlebensgroß. Festgehalten hat ihn der haitianisch-spanische Street-Art-Künstler Axel Void (bürgerlich: Alejandro Hugo Dorda Mevs) auf 9 mal 9 Metern Fläche einer Gebäudefassade direkt am River Irwell, der Stadtgrenze zwischen Manchester und Salford in Englands Nordwesten. Sein Werk, sagt der Künstler, sei den einfachen Leuten gewidmet, „those with nothing who gave their everything”. Gemeint seien all jene, denen (staatliches) Unrecht widerfuhr: Mutter und Kind stünden als Symbol für die Zehntausenden, „who came to St Peter’s Field that day”. Worauf sich Void dabei konkret bezieht, wird anhand eines Wortes klar, das er quer über sein Bild geschrieben hat: Peterloo.
Neuzeitliche Kunstwörter entbehren häufig der Anschaulichkeit und semantischen Eindeutigkeit. Was genau unter gegenwartsbezogenen Kreuz- und Kofferwörtern wie »Bionik«, »Glokalisierung« oder »Stagflation« zu verstehen ist, bleibt im allgemeinen Sprachgebrauch diffus, und nicht anders ergeht es fachsprachlichen Neologismen wie »Demokratur« oder »autolitär« in der Zeitgeschichte. Diese Feststellung gilt in noch höherem Maße für Wortschöpfungen an der Schwelle zur Moderne, die erst nach Auswanderung aus ihrem Fachkontext sprachliche Popularität gewannen, während ihre Ursprungsverwendung sich wieder verlor: Mit Monomanie, Neurasthenie und auch Nostalgie werden in der Medizin pathologische Phänomene im Grenzbereich von Gesundheit und Krankheit bezeichnet, die erst durch die Sprachschöpfung als Krankheit konstituiert wurden und heute als »vergängliche Krankheitskonzepte« gelten, stattdessen aber zeitweilig oder dauerhaft Eingang in die Alltagssprache fanden.
Zum 70. Jahrestag des Warschauer Aufstands ließ die Landeszentrale für politische Bildung in Hamburg in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsbereich Public History der Universität Hamburg, dem Museum des Warschauer Aufstands in Warschau sowie dem Verlag Leica Fotografie International eine historisch-fotografische Ausstellung unter dem Titel „Auf beiden Seiten der Barrikade. Fotografie und Kriegsberichterstattung im Warschauer Aufstand 1944“ erarbeiten. Die Ausstellung wurde am 1. Oktober 2014 im Mahnmal St. Nikolai in Hamburg eröffnet und ist seitdem an mehreren Orten in Deutschland präsentiert worden.
Ausgangspunkt für dieses Projekt war die Entdeckung, dass neben deutschen Fotografen, die den Aufstand dokumentiert haben – Mitglieder der Propagandakompanien (PK) der Wehrmacht und SS, die seit den 1930er Jahren standardmäßig mit Leica-Kameras ausgestattet wurden –, auch die Mehrzahl der Fotograf*innen unter den polnischen Kriegsberichterstatter*innen (PSW – Prasowi Sprawozdawcy Wojenni) mit einer Leica in Warschau fotografierte.
Herrschaft und Macht
(2021)
In ihrem Artikel geben Andrea Maurer und Christoph Lau einen Überblick über die Begriffe „Herrschaft“ und „Macht“, wobei sie zunächst wichtige Charakteristika von Herrschaft in Abgrenzung zu Macht und anderen Formen der Über- und Unterordnung (Gewalt) erläutern. Daran anschließend werden Forschungsperspektiven und -desiderata besprochen und die Potenziale einer wissenschaftlich fundierten Herrschaftsdiskussion ausgewiesen.
Infrastructures
(2021)
Since the middle of the 20th century, the term “infrastructure” has been used to describe facilities for supply and disposal, communication and transport, and in a broader sense also those that interconnect our society economically, socially, culturally or medially. Dirk van Laak recapitulates the current status of the term, looks at its recent history and concludes by outlining selected fields in which infrastructures are currently being researched or could be further analysed.
Keine andere Periode der russischen Geschichte zog derartig grundlegende Veränderungen in Europa und der Welt nach sich wie die Zeit der Perestroika in den Jahren 1985-1991. Trotz der Bedeutung der Reformjahre unter Führung des letzten Generalsekretärs der KPdSU Michail Gorbatschows steht die historische Erforschung dieser Periode in vielen Bereichen noch am Anfang. Corinna Kuhr-Korolev fasst das bestehende Wissen zusammen und plädiert für unterschiedliche historische Zugriffe und Blickweisen, um die Vielschichtigkeit der dynamischen Prozesse in dieser Periode auf der Grundlage bisher noch kaum erschlossener Quellenbestände besser zu verstehen.
In dem Projekt „Visual Histories“ werden unter dem Motto „Alte Bilder, neuer Blick“ die Geschichten und die Geschichte hinter den Bildern in unterschiedlichen Reiseberichten ergründet. In Form eines Podcasts werden Untersuchungen von Reiseberichten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts präsentiert. Im Vordergrund stehen dabei nicht nur die Reiseberichte von neun verschiedenen Autor*innen, sondern auch vier Weltregionen, die China, Japan und Korea, Afrika sowie Australien und Neuseeland umfassen.
As the biggest commercial city in Tanzania today, Dar es Salaam features a number of German colonial memory sites which range from buildings, statues to open spaces. Formerly existing as a small caravan town exclusively owned by the Arab Sultan of Zanzibar, Dar es Salaam was further developed by the Germans who used it as their capital (Hauptstadt) beginning in the late 19th century. After the WWI, the city continued to serve as the capital in British mandate period until it was inherited by the independent government of Tanzania in 1961.