20. Jahrhundert
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Mareike Otters setzt sich ausgehend von einer Fotografie, die einen gefangenen und nach Sachsenhausen verschleppten Soldaten der Roten Armee zeigt, mit der 2008 eröffneten Dauerausstellung "Das KZ Sachsenhausen 1936-1945. Ereignisse und Entwicklungen" in der Gedenkstätte und dem Museum Sachsenhausen in Oranienburg auseinander. Warum wird das Foto des Mannes in der Ausstellung gezeigt und welche Art der Präsentation wurde gewählt? Sollte die Geschichte des Objekts, also der Fotografie, und die der individuellen Person mit all ihren Ungewissheiten und Komplexitäten in der Ausstellung sichtbarer gemacht werden? Ist die aktuelle, vereindeutigende Nutzung des Fotos als Illustration eines Opfers des Massenmordes nicht vor dem Hintergrund der bestehenden Unklarheiten problematisch? Auf diese und weitere Fragen geht der Artikel ein.
Würdigung/Entwürdigung
(2022)
In der Geschichte der dokumentarischen Fotografie gibt es ungezählte Aufnahmen, die Opfer von Krieg, Gewalt und Armut zeigen. Oft ist es die erklärte Intention des Fotografen oder der Fotografin, auf Missstände aufmerksam zu machen und den Opfern, also den Abgebildeten, zu ihrem Recht zu verhelfen. Es gibt aber auch Fotograf:innen, denen das Wohlbefinden derer, die sie fotografieren, völlig egal ist. Während also die einen versuchen, die Würde des Menschen mit ihren Fotografien zu schützen oder gar wiederherzustellen, nehmen andere bewusst die Entwürdigung von Menschen in Kauf.
Seit der Gründung der Deutschen Presse Agentur (dpa) 1949 halten die Fotograf:innen von Deutschlands größter Nachrichtenagentur Tag für Tag das Geschehen in der Bundesrepublik fest. Insofern ist das Bildarchiv der dpa in Frankfurt am Main ein wertvolles Zeitzeugnis und eine wichtige Quelle zur pressebildlichen Überlieferung in der Bundesrepublik von 1949 bis heute. 14 Millionen Negative, Dias und Prints der dpa und der in der Nachkriegszeit gegründeten Vorläuferagenturen Dena (Deutsche Nachrichtenagentur), Südena (Süddeutsche Nachrichtenagentur) und Deutscher Pressedienst sind Teil der Pressebild-Geschichte der Bundesrepublik und dokumentieren wichtige historische Ereignisse, bedeutende Persönlichkeiten und gesellschaftliche Entwicklungen im Land.
Von April 2019 bis März 2022 erschloss das durch die German-Israeli Foundation geförderte Forschungsprojekt „Jewish Photography of Crisis: The German Reality in the Eyes of Jewish Photographers, 1928-1938“ jüdische Perspektiven auf das Ende der Weimarer Republik, den Beginn der NS-Diktatur und die zunehmende Ausgrenzung und Verfolgung von Jüd:innen. Zum Abschluss der dreijährigen Arbeit luden OFER ASHKENAZI (Jerusalem) und ANNETTE VOWINCKEL (Potsdam) zu einem Workshop an der Hebrew University of Jerusalem am 10. und 11. April ein.
Das Lebensthema des Religionsphilosophen, Kulturhistorikers und Politikers Ernst Troeltsch (1865-1923) war die „moderne Welt“. In den großen Neuordnungsdiskursen nach 1918 spielte er eine wichtige Rolle in den westeuropäischen, aber auch in den osteuropäischen Kulturtransfers. Gangolf Hübinger und Johannes Bent stellen sein spätes Hauptwerk „Der Historismus und seine Probleme“ vor und betonen die intellektuelle Bedeutung von Troeltsch sowohl für die Demokratiediskurse der ersten deutschen Republik als auch für die Frage nach der Orientierungskraft von „Geschichte“ für die moderne Gesellschaft, insbesondere für die „Europadiskurse“ des 20. Jahrhunderts.
Eliten
(2022)
Neu in einer aktualisierten Version 2.0: Dem Begriff der „Elite“ wohnt eine begriffliche Unschärfe inne, der Morten Reitmayer in seinem Artikel auf den Grund geht. Beginnend bei frühen Elite-Theorien, die die Unterscheidung von Elite und Nicht-Elite als wichtigste gesellschaftliche Trennlinie betrachteten, wendet er sich zentralen Termini zu und grenzt Funktions- und Machteliten voneinander ab. Zentral für Reitmayer sind auch die fruchtbaren kritischen Ansätze von Bourdieu, die für ihn eine potenzielle Bereicherung der Erträge der Eliten-Forschung bereithalten.
Friedrich Klinsky wurde 1925 in Wien geboren und starb dort im Jahr 2002. Als Zehnjähriger begann er sich für Fotografie zu interessieren, war mit einem billigen Apparat unterwegs und entwickelte in der elterlichen Küche die ersten Bilder selbst. Er hatte bei einem Fotografen einer befreundeten Familie zusehen dürfen. Der Besuch der Höheren Graphischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt blieb ihm aus Geldmangel verwehrt. Er begann als 17-Jähriger wahrscheinlich eine Lehre als Fotolaborant in der Gaulichtbildstelle der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV), die er aufgrund einer Lungen-Krankheit bereits nach einem Jahr wieder abbrechen musste. Nach 1945 gelang es ihm, bei diversen Fotoagenturen sowie bei den Tageszeitungen „Bild-Telegraph“, „Express“, „Kurier“ und „Wochenpresse“ seine Arbeit als Fotograf fortzusetzen. Friedrich Klinsky war vierzig Jahre lang von 1946 bis zu seiner Pensionierung 1984 als Pressefotograf in Österreich tätig.
Bewegungsorientierte Themen liegen im Trend. Der Beitrag stellt Mobilitätsgeschichte als heterogenen Querschnittsbereich vor. Dieser erfasst mehrere Forschungsfelder wie die Verkehrs-, Umwelt-, Migrations-, Tourismus- und Globalgeschichte. Im Beitrag werden theoretisch-methodische Überlegungen aus den interdisziplinären Mobility Studies rekapituliert und Schlaglichter auf aktuelle Forschungsthemen, Potenziale und Grenzen der Mobilitätsgeschichte geworfen.
Die Fotografin Vera Lentz (*1950 in Lima) schuf ikonische Bilder des internen bewaffneten Konflikts in Peru von 1980 bis 2000, der von einer hemmungslosen Gewalt geprägt war, die sowohl von der maoistisch-kommunistischen Partei Sendero Luminoso / Leuchtender Pfad, der Guerillaorganisation MRTA, den verschiedenen peruanischen Sicherheitskräften sowie von Paramilitärs verübt wurde. Knapp 70.000 Menschen wurden in Peru getötet. Beide Parteien begingen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und verstießen gegen das humanitäre Völkerrecht. Beide Seiten mordeten vor allem Indigene und Arme. Die Fotografien von Vera Lentz zählen zu den nachhaltig verstörenden Bildern der seit 2003 und noch bis zum Jahr 2026 laufenden Ausstellung „Yuyanapac“, mit der die peruanische Wahrheits- und Versöhnungskommission über den bewaffneten internen Konflikt aufzuklären versucht.
Die Stasi führt ein intensives Nachleben, zumindest auf der Leinwand. Im Kino erfreut sich der ostdeutsche Geheimdienst schon seit vielen Jahren einer anhaltend großen Beliebtheit, vor allem in Filmen über die DDR-Vergangenheit, in denen Stasi-Figuren meist den repressiven Charakter der SED-Diktatur symbolisieren. Doch die Zeiten, in denen Stasioffiziere als simple Bösewichte mit grauen Anzügen und schlechtsitzenden Frisuren in Erscheinung traten, scheinen vorbei zu sein. Die Ambivalenz der Figuren hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, auch positiv besetze Heldenfiguren sind keine Seltenheit mehr. Das Spektrum der Filme reicht dabei von authentischen Annäherungen an widersprüchliche IM-Biografien („Gundermann“, 2018, Regie: Andreas Dresen) über radikal stilisierte Dramen („Nahschuss“, 2021, Regie: Franziska Stünkel) bis hin zu grotesk überzeichneten Satiren („Stasikomödie“, 2022, Regie: Leander Haußmann).
Während die DDR-Geschichte bislang meist im Genre der Komödie oder des Familiendramas erzählt wurde, zeigt sich in neuen filmischen Inszenierungen eine Offenheit für andere Formen. Dabei rückt wieder die Staatssicherheit in den Mittelpunkt. Mit „Kleo“ zeigt Netflix aktuell eine Serie über eine Profikillerin im Dienst des MfS, die mit Anspielungen auf die Popkultur der 1980er und 1990er Jahre gespickt ist. „Kleo“ knüpft dabei an die erfolgreichen Erzählmuster der Serie „Deutschland 83/86/89“ (2015-2020) an, die eine Agenten-Story mit einem ironischen Blick auf das MfS verknüpfte. Doch während die Geschichte von „Deutschland 83/86/89“ noch vor einem realen historischen Hintergrund angesiedelt war, geht „Kleo“ ein ganzes Stück weiter: Die Serienmacher nutzen die DDR-Vergangenheit nur noch als Aufhänger für eine blutig inszenierte und trashig überspitzte Rachegeschichte im Stil amerikanischer B-Movies. Das wirft die Frage auf, was einen an sich eher biederen Geheimdienst wie das MfS anschlussfähig für das Genre-Kino und die zeitgenössische Popkultur macht.