20. Jahrhundert
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Ein stärkerer Dialog, ja eine Zusammenarbeit zwischen der europäischen und der außereuropäischen Zeitgeschichte ist dringend notwendig. Hierfür ist die Geschichte der einzelnen Weltregionen im 20. Jahrhunderts zu verwoben und geprägt von globalen Krisen, weltweiten kulturellen Strömungen und sozioökonomischen Strukturen. Allerdings sehe ich die Notwendigkeit einer solchen Kooperation weniger darin begründet, dass - wie es der Einleitungstext in Anknüpfung an Fernand Braudel formuliert - Europa beständig über seine Grenzen hinausgegriffen“ habe. Dies klingt, als ob sich Europa vor allem deswegen mit dem Rest der Welt beschäftigen müsse, da es diesen nachhaltig geprägt habe. Die Sichtweise, dass Europa vornehmlich als Kolonialmacht und modernisierende Schockwelle mit anderen Erdteilen in Berührung kam, sollte neu überdacht werden.
Weltgeschichte ist zu einer neuen Herausforderung für Historiker geworden. Neue Handbücher zur Weltgeschichte werden veröffentlicht. Artikel über die Zukunftschancen und die Schwierigkeiten beim Schreiben einer Weltgeschichte werden zahlreicher. Konferenzen über Weltgeschichte werden häufiger organisiert. Verleger eröffnen in ihren Katalogen Rubriken zur Weltgeschichte. Seminare über Weltgeschichte sind voll. In manchen Ländern soll Weltgeschichte sogar in die Schulbücher aufgenommen werden.
Infrastrukturen
(2020)
Als „Infrastrukturen“ werden seit Mitte des 20. Jahrhunderts Einrichtungen der Versorgung und Entsorgung, der Kommunikation und des Verkehrs bezeichnet, in einem erweiterten Sinne auch solche, die unsere Gesellschaft ökonomisch, sozial, kulturell oder medial miteinander vernetzen. Dirk van Laak rekapituliert die Konjunktur des Begriffs, geht auf die jüngere Geschichte ein und skizziert abschließend ausgewählte Felder, in denen Infrastrukturen momentan erforscht oder weiter analysiert werden könnten.
Die Website dokumentiert ein überaus ambitioniertes und in dieser Form konkurrenzloses Projekt gleichen Namens, das von sechs Museen bzw. Forschungseinrichtungen aus ebenso vielen Ländern betrieben wird. Es verzeichnet Erinnerungsorte in Europa, die die Geschichte des Ersten und Zweiten Weltkrieges sowie des Spanischen Bürgerkrieges zum Gegenstand haben bzw. von diesen historischen Ereignissen selbst nachhaltig beeinflusst und geprägt wurden. Das Projekt wurde laut Auskunft eines deutschen Mitarbeiters in nur einem Jahr auf die Beine gestellt - diese Information findet sich jedoch nicht in dem überaus knappen Einführungstext. Daraus ergibt sich bereits ein zentraler Kritikpunkt: Wenn der Besucher der Website etwas mehr Informationen zum Projekt und zur Zielgruppe erhielte, ließen sich etliche Fragen und Unzufriedenheiten vermeiden. Eine Website sollte ohne zusätzliche Informationen verständlich und nutzbar sein.
Laughing at the Dictator. Franco and Franco’s Spain in the Spanish Blockbuster „Mortadelo y Filemón“
(2004)
The Spanish motion picture “La Gran Aventura de Mortadelo y Filemón” (2003) is not a historical film, no matter what definition of ‘historical film’ one might use. Instead, “Mortadelo y Filemón” (M&F) is the cinematic adaptation of the most successful Spanish comic book series ever published2 its significance to Spanish popular culture reflected by the spectacular box office records achieved by its cinematic counterpart. Moreover, and in contrast to the things we usually understand as ‘historical film’ - as well to the conventions of cinematic realism -, M&F is a cartoon-like histrionic comedy like no other; characters get smashed to the ground by a falling piano, only to later be “inflated” back to life, much in the style of the Warner Brothers’ „Loony Toons.“
Nach einer langen Unterbrechung kehrte die „Geschichte Europas“ im Zweiten Weltkrieg mit Macht auf die Agenda der internationalen Geschichtsschreibung zurück. Erste Anzeichen hierfür hatte es bereits in der krisenhaften Zuspitzung der 1930er-Jahre gegeben. Nicht aber die Historiographie, sondern die Propaganda im weitesten Sinne bestimmte zunächst die Richtung. Als deutungsmächtig erwies sich in Großbritannien insbesondere die Stimme Robert Vansittarts, des ehemaligen beamteten Unterstaatssekretärs im britischen Außenministerium, der seit 1940 über den britischen Rundfunk ein düsteres Gesamtbild der deutschen Vergangenheit zeichnete. In sechs Radiosendungen mit dem Titel „Black Record“ listete er eine Geschichte der deutschen Aggressionen seit den Tagen des Tacitus auf.
Der Mainzer Europa-Kongress im März 1955 war ein publizistisch stark beachtetes Ereignis, zudem dasjenige, mit dem das knapp fünf Jahre zuvor ins Leben getretene Institut für Europäische Geschichte erstmals bewusst den Lichtkegel der Öffentlichkeit suchte. Die Tagung wurde von mehr als 300 Wissenschaftlern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus 16 Staaten besucht, sprengte die räumlichen Kapazitäten des Instituts bei weitem und musste deswegen an den prominentesten Platz der Rheinstadt verlagert werden, nämlich in das Kurfürstliche Schloss. Schon im Folgejahr, 1956, konnte der Direktor der ausrichtenden Institutsabteilung, Martin Göhring, die gedruckte Dokumentation dieses Kongresses vorlegen. Sie trug denselben Titel wie die Tagung selbst: „Europa - Erbe und Aufgabe“.
»So darf es nicht weitergehen«, forderten im September 2019 hunderte deutsche Ärzte und Verbände des Gesundheitssektors. Sie formulierten eine flammende Anklage gegen »das Diktat der Ökonomie« und gegen eine »Enthumanisierung der Medizin« in Krankenhäusern und Arztpraxen. Dieser »Ärzte-Appell« ist ein aktueller Beitrag zu einer langjährigen intensiven Debatte um das Verhältnis von Gesundheit und Ökonomie. In der Öffentlichkeit stehen die »Folgen der Ökonomisierung des Gesundheitswesens« meist als Menetekel für eine »Medizin ohne Empathie« und für die Verschärfung sozialer Ungleichheiten am Krankenbett: Kinder, aber auch Migranten, Alte und Arme seien die Leidtragenden, wenn es »an Geld, Ärzten und Pflegern« fehle. Die Binnenperspektive eröffnet nicht minder alarmierende Einblicke. In einer Studie wurden 2018 zahlreiche Geschäftsführer und Ärzte an Kliniken zu betriebswirtschaftlichen Einflüssen auf ihre Arbeit befragt. Sie zeichneten ein bedrückendes Bild, das die Autoren der Studie wie folgt zusammenfassten: »Die Krankenhausmedizin nimmt fabrikmäßige Züge an, die medizinische Arbeit wird für das ärztliche und pflegerische Personal tendenziell als fremdbestimmt erlebt. [...] Insofern verändert die Ökonomisierung auch mittelbar den Charakter der Medizin.«
In den 1970er- und 1980er-Jahren galt die militärgeschichtliche Forschung in der Bundesrepublik als sehr konservativ. Viele sich als progressiv verstehende Geschichtswissenschaftler und -lehrer betrachteten eine zu intensive Beschäftigung mit Militär und Krieg als politisch verfehlt, pädagogisch gefährlich und wissenschaftlich anachronistisch. Zwar wurde „Militarismus“ als historisches und soziologisches Phänomen erforscht sowie „historische Friedensforschung“ zum Postulat der Geschichtsdidaktik gemacht, doch entfernte man sich in „pazifistischem Affekt“ (Jan Philipp Reemtsma) von der konkreteren Realität des Gewalthandelns und der militärischen Vergesellschaftung. Dies war einerseits verständlich und aus heutiger Sicht dringend geboten, um die preußisch-deutschen Traditionen einer Glorifizierung des Militärs und einer anwendungsorientierten Operationsgeschichtsschreibung zu überwinden. Andererseits wurden durch die dezidierte Abkehr vom Militärischen viele Gegenstandsbereiche ausgegrenzt, die zum Verständnis der deutschen und internationalen Geschichte besonders des 19./20. Jahrhunderts essenziell sind.
The blossoming of military history in Germany offers the chance to set new agendas beyond conventional narratives. The notion of a distinct authoritarian Prusso-German militarism, set against political modernity and civil society, has long served as the master narrative of modern German military history. But this narrative no longer holds any promise. It fails to situate the German experience within a common European and transatlantic military political realm and war culture; it ignores the centrality of technocratic reasoning and industrialized warfare for any understanding of the German military; it offers too overblown and simplistic a portrayal of societal militarization; and it downplays militarist multiplicities and the transformations of the early 20th century. This narrative has the additional disadvantage of cutting off the history of the military and war after 1945 from what came previously.