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Zu diesem Heft
(2025)
»Wir wollen leben / nicht verrecken«, lautete eine Parole bei der Großdemonstration vom 23. Januar 1948 in München, die auf dem Cover dieser Ausgabe zu sehen ist. Die außergewöhnliche Dürre des Sommers 1947 führte im anschließenden Winter zu einer Ernährungskrise mit erheblichen sozialen und politischen Folgen, denen Victor Jaeschke in seinem Aufsatz am Beispiel der Bizone nachgeht. Die US-amerikanische und die britische Militärregierung im besetzten Deutschland hatten die Situation zunächst unterschätzt. Der Mangel an Saatgut, Futtermitteln und Dünger, an Wasser für Landwirtschaft, Kraftwerke und Feuerwehren sowie die schlechten Ernten des Jahres 1947 (nicht nur in Deutschland) ließen eine Hungerkatastrophe befürchten, schufen Verteilungskonflikte und gefährdeten die Legitimation der Besatzungsmächte. Durch massive US-amerikanische Lebensmittelimporte vor allem ab Dezember 1947 konnte die Not etwas gelindert werden, aber zum Zeitpunkt der abgebildeten Demonstration war die Lage weiterhin bedrohlich. Jaeschkes Aufsatz trägt nicht nur Neues zur Geschichte der alliierten Besatzungspolitik in Deutschland bei. Er lenkt den Blick auch darauf, dass die Erfahrungen von »Hungerwinter« und »Dürresommer« in der frühen Nachkriegszeit bereits wissenschaftliche Diskussionen über eine mögliche »Klimawende« in Europa auslösten. Wegen der offenkundigen Aktualität dieses Themas plädiert er dafür, Dürren und den politischen Umgang mit ihnen zeithistorisch breiter zu erforschen.
In this issue
(2025)
›We want to live / not to die like dogs‹ was one of the slogans chanted at a large demonstration in Munich on 23 January 1948, which is depicted on the cover of this issue. The exceptional drought of the summer of 1947 led to a food crisis in the following winter with considerable social and political consequences, which Victor Jaeschke examines in his article using the example of the Bizone. The American and British military governments in occupied Germany initially underestimated the situation. The shortage of seeds, animal feed and fertiliser, water for agriculture, power stations and fire brigades, as well as the poor harvests of 1947 (not only in Germany) gave rise to fears of a famine, created distribution conflicts and jeopardised the legitimacy of the occupying powers. Massive US food imports, especially from December 1947 onwards, alleviated the hardship somewhat, but at the time of the demonstration depicted on the cover, the situation remained dire. Jaeschke’s article not only contributes new insights into the history of Allied occupation policy in Germany; it also draws attention to the fact that the experiences of the ›hunger winter‹ and ›drought summer‹ in the early post-war period already triggered scientific discussions about possible ›climate change‹ in Europe. Because of the obvious topicality of this issue, Jaeschke argues for broader research into droughts and how they were dealt with politically in contemporary history.
»Jahrhundertstimmen«. Eine Sammlung von Tondokumenten als Quellen der deutschen Zeitgeschichte
(2025)
Vor knapp 40 Jahren hat Friedrich Kittler die »technische Ausdifferenzierung von Optik, Akustik und Schrift« durch Grammophon, Film und Typewriter um 1880 zur Epochenschwelle erklärt, mit der die Gutenberg-Galaxis der hegemonialen Schriftkultur an ihr Ende gekommen sei. Mit Thomas Lindenberger lässt sich dieses Ende der Gutenberg-Galaxis zugleich als der eigentliche Beginn der Zeitgeschichte verstehen, die dank der optischen und akustischen Zeit-Speicher-Medien epistemologisch auf einer anderen Grundlage stehe als die Geschichtsschreibung früherer Epochen. Nicht zuletzt in dieser Zeitschrift ist die »Herausforderung [der Zeitgeschichte] durch die audiovisuellen Medien« seitdem vielfach diskutiert und zum Ausgangspunkt der Geschichtsforschung gemacht worden. Dabei lässt sich jedoch eine gewisse Schieflage zugunsten der visuellen Medien nicht verkennen. Auch wenn sich die Sound History in den vergangenen Jahren zunehmend als eigenes Forschungsfeld innerhalb der Geschichtswissenschaft etabliert hat, kann man konstatieren, dass der quellenkritische Umgang mit historischen Tondokumenten bisher nicht die gleiche Aufmerksamkeit erhalten hat wie derjenige mit historischen Fotografien oder anderen Bildmedien. Die Publikation einer umfangreichen Sammlung von Tondokumenten in zwei Boxen mit insgesamt sieben MP3-CDs, 842 Tracks und knapp 64 Stunden Gesamtlaufzeit unter dem Titel »Jahrhundertstimmen« gibt nun die Gelegenheit, sich auf eine auditive Spurensuche durch das ganze 20. Jahrhundert zu begeben und vor dem Hintergrund der medienhistorischen Diskussionen der letzten Jahre nach dem Stellenwert von Tondokumenten als Quellen der (deutschen) Zeitgeschichte zu fragen.
Aus meiner erstmaligen Lektüre von Dan Diners Buch »Das Jahrhundert verstehen«, das ich wohl zu Beginn der 2000er-Jahre las, ist mir die einleitende Bemerkung des Autors in Erinnerung geblieben, die Geschichte Europas im 20. Jahrhundert sei besser zu fassen, wenn der Blick von der Potemkinʼschen Treppe in Odessa nach Süden und Westen streife. Der besondere Klang Diners ist mir ebenfalls im Ohr geblieben: viele prägnante Formulierungen, aber manchmal komplizierte Sätze – fast bis zur Unverständlichkeit. Die erneute Lektüre des Buches lässt der Treppe von Odessa ihren Wert als anschauliches Bild, aber die Botschaft tritt nun, nach 25 Jahren mehr an eigener Leseerfahrung und im Wissen um spätere Ereignisse, deutlicher hervor.
Wassili Grossmans Roman »Stalingrad« ist ein besonderes literarisches und historisches Dokument. Dem deutschen Lesepublikum eröffnet das Werk erstmals in einer für die Entstehungszeit erstaunlichen Vielstimmigkeit, Drastik und Breite Zugang zu sowjetischen Erfahrungshorizonten und Sichtweisen auf Stalingrad. Als Kontrastfolie zum Kult um die Schlacht in Putins Russland und zur nationalpatriotischen Instrumentalisierung des »Großen Vaterländischen Krieges« für den Krieg gegen die Ukraine hat der Roman außerdem eine unmittelbare Aktualität. Und nicht zuletzt handelt es sich hier um ein literarisches Zeugnis der jüdischen Geschichte.
Im Zuge der Recherchen zu meiner Dissertation klingelte ich im März 2023 im
8. Wiener Gemeindebezirk an einer unscheinbaren Haustür. Drinnen lagerten, im Keller der Wohnanlage, mehrere Aktenordner und unzählige Bücher: ein kleiner Teil des Erbes des Bibliotheksvereins »Jirásek« und damit des Lebenswerks des Bibliotheksvorsitzenden und Sozialdemokraten Ludwig Kolin. Das Material befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem Übergangszustand zwischen einer projektfinanzierten Lagerung im »Forschungszentrum für historische Minderheiten« (angeschlossen an das Volkskundemuseum Wien) und seiner neuen Heimat im Schulverein »Komenský«. In den darauffolgenden Stunden arbeitete ich mich in dem kalten Keller frierend, aber begeistert durch das Material, das besondere Einblicke in die Lebenswelt tschechoslowakischer Migrant:innen in Wien ermöglicht. Den Bestand und seinen Urheber möchte ich hier vorstellen.
Dieser Beitrag untersucht anhand von drei Plastiken des sowjetischen nonkonformistischen Bildhauers Vadim Sidur (1924–1986), die zwischen 1974 und 1993 in der Bundesrepublik Deutschland und in West-Berlin als Denkmäler aufgestellt wurden, wie Sidurs Werke über den Eisernen Vorhang reisten. Mit Hilfe von Archivmaterial, Egodokumenten und Interviews werden die politischen und kulturellen Bedingungen der Aufstellung analysiert. Die Rezeption von Sidurs Arbeiten durch westdeutsche Atelierbesucher:innen in der UdSSR und an den Aufstellungsorten in der Bundesrepublik zeigt, wie diese Werke im Kontext von Diskussionen zu Nationalsozialismus, Holocaust-Gedenken und Kaltem Krieg interpretiert wurden. Sidurs Plastiken bewegten sich nicht nur physisch über geographische Grenzen hinweg, sondern erfuhren durch diesen Transfer auch einen Bedeutungswandel. Die Analyse eröffnet neue Perspektiven auf transnationale, inoffizielle Kulturbeziehungen während des Kalten Krieges und der frühen 1990er-Jahre. Zudem erinnert der Beitrag an einen in der Ukraine geborenen Künstler, dessen Auseinandersetzung mit Krieg und Gewalt heute neues Interesse findet.
Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland nehmen alle Bundesregierungen für sich in Anspruch, eine auf Frieden ausgerichtete Politik zu verfolgen. In Zeiten des Ost-West-Konflikts unterstützten sie in Afrika, Asien und Lateinamerika häufig aber auch autokratisch oder diktatorisch regierte Staaten mit fragwürdiger Menschenrechtsbilanz – darunter das seit 1962 unabhängige Ruanda. 1994 ließ dort eine verbrecherische Elite Hunderttausende Tutsi ermorden. Die Bundesregierung hatte die am Genozid beteiligte ruandische Armee zwischen 1978 und 1994 durch eine Bundeswehr-Beratergruppe in Kigali unterstützt. Schon zuvor hatte es Ausrüstungs- und Ausbildungshilfen gegeben. Die Auswertung kürzlich offengelegter Ministerialakten zeigt allerdings, dass die Bundesministerien weniger an einer Effizienzsteigerung der ruandischen Streitkräfte oder an einer Demokratisierung interessiert waren. In der Logik des Ost-West-Konflikts versuchten sie mit geringen Ressourcen gute Beziehungen zu pflegen und sich Rückhalt für eigene Positionen zu sichern. Aufgrund außenpolitischer Abwägungen hielt die Bundesregierung auch nach 1990 an der Militärkooperation fest. Von der Eskalation zum Genozid wurde sie überrascht.
Im Sommer und Frühherbst 1970 strahlte das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) 13 Folgen einer Serie aus, die die Arbeit fiktionaler westdeutscher Entwicklungshelferinnen und -helfer in Brasilien darstellte. In entwicklungspolitischen Kreisen stieß die Serie aufgrund ihrer stereotypen Behandlung des Themas auf erhebliche Kritik. Aber auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) suchte sich von der Sendung zu distanzieren, die seine Presse- und Öffentlichkeitsabteilung selbst mit angeregt und finanziell gefördert hatte, um für die Entwicklungshilfe zu werben. Der Aufsatz stellt die Inhalte der Serie dar und untersucht davon ausgehend die Motive hinter der ungewöhnlichen Kooperation. Dabei liegt der Fokus auf den Akteuren im BMZ, die die für sie neuartige Zusammenarbeit mit Fernsehleuten als Kontrollverlust erlebten. Die Analyse der TV-Produktion verdeutlicht zugleich den raschen Wandel in der bundesrepublikanischen Bewertung des Developmentalism. Dieser Wandel lässt sich auf die Entwicklungspraxis selbst zurückführen, aber auch auf globalhistorische Zäsuren der 1970er-Jahre.
Die 1950er-Jahre werden oft als eine Zeit gesellschaftlicher »Restauration« betrachtet, in der Sexualität massiv unterdrückt worden sei. Als ein Beleg dafür wird die fortgesetzte polizeiliche und gerichtliche Verfolgung Homosexueller genannt, für die das »Dritte Reich« erst mit der Strafrechtsreform von 1969 ein Ende gefunden habe. Weniger Beachtung findet, dass sich viele Mediziner und Juristen schon in den frühen 1950er-Jahren für eine Reform des Paragraphen 175 des Strafgesetzbuches starkmachten, der homosexuelle Handlungen unter Männern mit Gefängnis bedrohte. Welche Auswirkungen die Reformdebatte auf die Praxis der Strafverfolgung hatte, wird in diesem Aufsatz anhand von 1.526 Urteilen untersucht, die Frankfurter Gerichte in den Jahren 1946 bis 1965 fällten. Dabei zeigt sich, dass die Gerichte die »einfache« Homosexualität unter Erwachsenen tendenziell immer milder beurteilten, während die »schweren« Fälle sogenannter »Jugendverführung« weiterhin streng verfolgt wurden. Dies spricht dafür, die 1950er- und 1960er-Jahre nicht nur als eine Zeit neuerlicher Repression zu betrachten, sondern auch als eine Phase des Umbruchs und der allmählichen Liberalisierung.
Die Dürre von 1947 war nicht nur eine der extremsten Wetteranomalien der mitteleuropäischen Neuzeit, sondern auch ein von der Forschung bisher unterschätzter Faktor der frühen deutschen Nachkriegsgeschichte. Analysiert werden hier die sozioökonomischen Folgen der Trockenperiode, die im Süden Deutschlands am größten waren, und die politischen Reaktionen darauf – von Besatzungsbehörden, Bizonen-Verwaltung, bayerischer Landesregierung und landwirtschaftlichen Interessengruppen. Massive Ernteausfälle ließen eine humanitäre Krise befürchten, doch entschied sich die US-Regierung vor dem Hintergrund des beginnenden Kalten Krieges im letzten Moment für umfangreiche Hilfslieferungen. Die Dürre trug auch zur Neuorientierung der westalliierten Deutschlandpolitik bei. Damit die Besatzungsmächte nicht erneut für kostspielige Lebensmittellieferungen aufkommen mussten, sollten die Deutschen rasch mehr Verantwortung für ihre Selbstorganisation erhalten. Die politischen Reaktionen auf die Dürre in Westdeutschland werden abschließend mit der damaligen Situation in anderen Regionen und Ländern Europas verglichen. Dabei ergeben sich auch weiterführende zeithistorische Perspektiven auf die Klimaforschung.
Normalität ist kein statisches Konzept. Oft bemerken wir erst im Rückblick, wie unmerklich sich unser Wertekompass verschoben hat. Die Normalität von gestern entspricht selten jener von heute. Wir erleben das gegenwärtig in aller Deutlichkeit in der Ukraine. Der nächtliche Luftalarm ist irgendwann wie das plötzliche Brummen des Kühlschranks – ein Geräusch, das man registriert, aber nicht mehr hinterfragt. Man kann ja nicht jede Nacht runter in den Keller. Ich habe das in der Ukraine selbst erlebt. Wenn man das realisiert, dann ist das der Moment, in dem sich das Unfassbare mit dem Gewöhnlichen verbindet und eine neue, irritierende Normalität bildet. Deshalb ist dieses Buch so wichtig: Es dokumentiert jene alte Normalität, die es in Charkiw, Lwiw, Kyjiw oder Odessa einmal gab – und setzt sie in Beziehung zu der neuen Normalität, die seit 2014 und besonders seit 2022 in der Ukraine Realität geworden ist.
Marktwirtschaft, Wissenschaft und politische Intervention: die staatliche Stützung der bundesdeutschen Industrie nach dem »Wirtschaftswunder«.
Mit dem Abflauen des Nachkriegsbooms in den 1960er Jahren geriet die bundesdeutsche Industrie unter verstärkten Anpassungsdruck. Zunehmende Rufe nach staatlicher Unterstützung resultierten in Subventionen, die zur Dämpfung von Deindustrialisierungskrisen ebenso eingesetzt wurden wie zur Förderung von Branchen, die als besonders zukunftsfähig galten. Die Etablierung eines neuen Politikfelds namens »Strukturpolitik« sollte diese Eingriffe in den wirtschaftlichen Strukturwandel gleichzeitig legitimieren und begrenzen. Forderungen nach einem drastischen Subventionsabbau standen jedoch in den 1970er und 1980er Jahren zunehmende Leistungen an die Industrie gegenüber. Das Feld blieb von Aushandlungsprozessen zwischen Politik und Wirtschaft sowie von einem Spannungsverhältnis zwischen wissenschaftlicher Politikberatung und pragmatischer Praxis geprägt. Ralf Ahrens analysiert die Debatten über Legitimität und Formen industriepolitischer Intervention bis zum Ende der »alten« Bundesrepublik. In Fallstudien zur Stahlindustrie, zum Flugzeugbau und zur Computerindustrie zeigt er, dass die Subventionierung über Regierungswechsel hinweg vor allem von Branchenkonstellationen bestimmt war.
Das Forschungsprojekt des Fotohistorikers Anton Holzer untersucht am Beispiel der illustrierten Presse, wie die größte Minderheit im Europa in Fotografien inszeniert wurde. Das Projekt wird vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF unterstützt und am Institut für europäische Ethnologie der Universität Wien durchgeführt.
As cultural products, images are infused with notions of gender – notions, which are, of course, specific to the times and places in which these images originate. For gender historians, they are fascinating artefacts, but often also frustratingly difficult to interpret. This dossier presents the work of historians who look at gender through visual sources. The contributors engage with a wide variety of visual sources (including book illustrations, posters, photographs, and comics) to explore gender history in a range of places and moments in time. Our aim is to examine how historical actors have used images as they negotiate gender, and how we as historians can incorporate these images into our analyses of gender history. Not surprisingly we have discovered that working with images as historians is complicated – even more complicated than working with more conventional text-based sources – but that it is also fascinating and fun. So, we still want to do it!
Geschichte wird zunehmend als Erlebnis konsumiert. Für den Geschichtstourismus gilt dies in besonderem Maße. Was passiert konkret, wenn lokale Vergangenheit an ein internationales Publikum verkauft wird? Sabine Stach geht dieser Frage anhand eines zentralen touristischen Formats - der Stadtführung - nach. Am Beispiel der immer beliebteren »communism tours« untersucht sie, wie das Erbe des Kalten Kriegs in Warschau, Prag und Bratislava für Tourist:innen gedeutet und als authentisches Erlebnis inszeniert wird. Mit ethnographischem Blick nähert sich die Autorin dem Zusammenspiel von Reisenden, Guides und Stadtraum und zeigt, wie die jüngere Geschichte der verschiedenen Orte durch Interaktionen und performative Elemente »begehbar« wird. Indem die Arbeit Perspektiven der Memory und Heritage Studies mit Ansätzen der Tourismusforschung kombiniert, beleuchtet sie das komplexe Verhältnis zwischen lokalem Wissen, transkulturellen Erinnerungen, touristischen Bedürfnissen und ökonomischen Logiken. Die Kommunismustouren, die den Staatssozialismus teils humorvoll, teils kritisch inszenieren, offenbaren damit viel mehr als oberflächliche Unterhaltung: Sie erhellen die Dynamik, mit der Geschichte im Zeitalter des Massentourismus kommuniziert und konsumiert wird.
Ein Mann im Trikot der deutschen Fußballnationalmannschaft, mit sichtbar eingenässter Jogginghose, den rechten Arm unzweideutig erhoben: Diese ikonische Fotografie ist eines der bekanntesten Bilder des rassistischen Pogroms in Rostock-Lichtenhagen, bei dem im August 1992 hunderte Gewalttäter über mehrere Tage Arbeitsmigrant:innen aus Vietnam und Asylsuchende im sogenannten Sonnenblumenhaus angriffen. Der Literaturwissenschaftler Matthias N. Lorenz verwendet die Aufnahme als Frontmotiv und Ausgangspunkt für seine Analyse der visuellen Erinnerung an die rechte Gewalt der deutschen Transformationszeit. Der schmale Band erscheint in der Reihe „Bildfäden“ des 2021 in Berlin gegründeten Schlaufen Verlags. Das Buch argumentiert zwar essayistisch zugespitzt, aber durchgehend wissenschaftlich und ist mit einem umfangreichen Fußnotenapparat ausgestattet.
For this article, I would like to present the process of my becoming aware of the work of Charlotte Paige Carroll, an African American woman photographer active in Chicago during the 1920s-1940s. This period, notably marked by the Harlem Renaissance – a flourishing of African American art and culture – fostered a modern Black subjectivity known as the “New Negro”. More of an international movement of Black consciousness than a phenomenon that was limited to a particular geography, the Harlem Renaissance promoted a period of cultural growth, economic investment and political agency. It is within this context that Carroll, with her partner J.C. Schlink, owned and operated Electric Studio. Electric Studio’s photographs were published in nationally circulating newspapers and magazines, and aspects of Carroll’s life were chronicled in the Black media of the day, yet despite the significant contributions of Carroll or Electric Studio their extensive efforts do not appear in the chronicle of photography’s history. For numerous reasons this absence is a history in and of itself that necessitates careful consideration in both methodology and approach.
In this essay, I explore the visual representation of that backwardness. For revolutionaries of all stripes, a core value in the revolution was overcoming Russia’s backwardness. In Russian it literally meant “lagging behind” [otstalost], but it had a wide compass to include illiteracy, superstition, drunkenness, syphilis, lack of culture, and lack of political engagement. I ask how early Soviet artists conveyed this backwardness – especially as synonymous not only with ignorance, but also with “darkness” and a lack of revolutionary consciousness. How did they compose posters for the masses in those early years of Soviet power, especially during the extensive civil and national wars of 1917-1921? How and why was gender such an important part of that visual imagery?
My analysis of ambivalent representations of gender and sexuality in children’s book illustrations centers on publications for middle-class German readers between 1776 and 1845 – a somewhat overlooked yet foundational milieu of modern children’s literature. I have found that these images at times invoke hegemonic ideas about gender while at others deviate from those norms – occasionally even within the same text. Materials created explicitly for children and youth offer special insight into ideologies such as those that structure gender and sexuality. This is true both because they can be more heavy-handed in their ideological messages – with a mind toward what is appropriate for the child viewer – but also because they remind us of the limits of didacticism when we consider the young reader’s/viewer’s unpredictable response. Thus, ambiguity is itself a characteristic of the gendered values presented in children’s books. At various historical moments, children’s illustrations upheld expectations of adult visual culture while breaking or sidestepping others.

