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Fotobuch: Ukraine 2004-2024: Wir hatten ein normales Leben. Eine Rezension (2025)
Hoffmann, Hans Hugo
Normalität ist kein statisches Konzept. Oft bemerken wir erst im Rückblick, wie unmerklich sich unser Wertekompass verschoben hat. Die Normalität von gestern entspricht selten jener von heute. Wir erleben das gegenwärtig in aller Deutlichkeit in der Ukraine. Der nächtliche Luftalarm ist irgendwann wie das plötzliche Brummen des Kühlschranks – ein Geräusch, das man registriert, aber nicht mehr hinterfragt. Man kann ja nicht jede Nacht runter in den Keller. Ich habe das in der Ukraine selbst erlebt. Wenn man das realisiert, dann ist das der Moment, in dem sich das Unfassbare mit dem Gewöhnlichen verbindet und eine neue, irritierende Normalität bildet. Deshalb ist dieses Buch so wichtig: Es dokumentiert jene alte Normalität, die es in Charkiw, Lwiw, Kyjiw oder Odessa einmal gab – und setzt sie in Beziehung zu der neuen Normalität, die seit 2014 und besonders seit 2022 in der Ukraine Realität geworden ist.
Original Ostblock. Der Staatssozialismus in touristischen Stadtführungen (2025)
Stach, Sabine
Geschichte wird zunehmend als Erlebnis konsumiert. Für den Geschichtstourismus gilt dies in besonderem Maße. Was passiert konkret, wenn lokale Vergangenheit an ein internationales Publikum verkauft wird? Sabine Stach geht dieser Frage anhand eines zentralen touristischen Formats - der Stadtführung - nach. Am Beispiel der immer beliebteren »communism tours« untersucht sie, wie das Erbe des Kalten Kriegs in Warschau, Prag und Bratislava für Tourist:innen gedeutet und als authentisches Erlebnis inszeniert wird. Mit ethnographischem Blick nähert sich die Autorin dem Zusammenspiel von Reisenden, Guides und Stadtraum und zeigt, wie die jüngere Geschichte der verschiedenen Orte durch Interaktionen und performative Elemente »begehbar« wird. Indem die Arbeit Perspektiven der Memory und Heritage Studies mit Ansätzen der Tourismusforschung kombiniert, beleuchtet sie das komplexe Verhältnis zwischen lokalem Wissen, transkulturellen Erinnerungen, touristischen Bedürfnissen und ökonomischen Logiken. Die Kommunismustouren, die den Staatssozialismus teils humorvoll, teils kritisch inszenieren, offenbaren damit viel mehr als oberflächliche Unterhaltung: Sie erhellen die Dynamik, mit der Geschichte im Zeitalter des Massentourismus kommuniziert und konsumiert wird.
Ausstellung „Bizzare Normality“. Über das Leben im ukrainischen Lwiw zwischen Normalität und Krieg (2025)
Hoffmann, Hans Hugo ; Kuhr-Korolev, Corinna
Die zwischen April 2023 und April 2025 entstandene Fotoserie des Künstlers Hans Hugo Hoffmann untersucht die Ambiguität des Alltags von Künstler:innen und Kreativen in Lwiw in der Ukraine. Derzeit sind die Fotos im Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) ausgestellt. Die ZZF-Mitarbeiterin und Osteuropa-Historikerin Corinna Kuhr-Korolev sprach mit dem Fotografen über seine Motivation, für dieses Projekt in die Ukraine zu fahren, und darüber, was er außer den Fotos von dort für sich mitgenommen hat.
Das Schweigen überwinden. Die Kunstwissenschaftlerin Elena Korowin im Interview über ihr Buch „Krieg geht viral. Visuelle Kultur und Kunst im Ukraine-Krieg“ (2025)
Kuban, Josephine
„Krieg geht viral“ ist wohl auch drei Jahre nach dem russischen Großangriff auf die Ukraine ein passender Untertitel für diesen Krieg. Doch für ihr Buch sammelte die Kunstwissenschaftlerin Elena Korowin bereits in den Jahren 2022/23 visuelle Kultur und Kunst aus dem digitalen Raum und analysierte die ganz unterschiedlichen künstlerischen Reaktionen aus der Ukraine, Russland und Deutschland auf den Krieg – von Fotografien und Tagebüchern bis zu Memes und Street Art. Im Gespräch mit der Public Historian und Visual History-Redakteurin Josephine Kuban blickt die Autorin auf das erste Kriegsjahr und die Entstehung ihres Buches zurück und spricht über die Funktionen und Wirkungen von visuellen Medien im Krieg, aber auch über den Umgang mit solchen Kriegsbildern.
Alles und Nichts. Die Bildstrategien Russlands und der Ukraine im Krieg (2024)
Opitz, Sophie-Charlotte
Mit einem Silberschälchen voll frischer Beeren und einem Tablett mit Petit Four zu jedem Teeservice begrüßte Wladimir Putin im Vorfeld des Muttertages am 25. November 2022 17 russische Soldatenmütter in seiner Residenz in Nowo-Ogarjowo. Dass die eingeladenen Frauen dieser inszenierten Lobpreisung von Kriegshelden und ihren Müttern kremltreue Bürgerinnen waren, überrascht wohl kaum. Der Umstand, dass Putin hieraus keinen Hehl machte, vielleicht schon. Es ist eine radikale Bildstrategie, die Russland nach über einem Jahr Krieg in der Ukraine verfolgt. Denn das russische Volk soll nicht nur die Medienberichterstattung des Kriegsfeindes und seiner Verbündeten infrage stellen. Das Bild per se wird seiner Legitimation beraubt.
Eine rasende Fahrt durch Kyjiw im Morgengrauen. It’s a Date – Ein Film der ukrainischen Regisseurin Nadia Parfan in den Berlinale-Shorts (2024)
Chernii, Kateryna
„It’s a Date” ist der erste Spielfilm der ukrainischen Regisseurin Nadia Parfan, die bereits durch ihre Dokumentarfilme bekannt geworden ist. Der fünfminütige Kurzfilm läuft auf der diesjährigen Berlinale in der Sektion Berlinale Shorts. It's a Date wurde aus der Perspektive eines/einer Autofahrer:in in einer einzigen Einstellung ohne Schnitt gedreht. Der Blick ist durch die Windschutzscheibe auf die Straßen von Kyjiw im Morgengrauen gerichtet, inmitten des Krieges. Wie Nadia Parfan selbst erklärt, wurde sie für diesen Film von Claude Lelouch inspiriert, der in seinem Kurzfilm aus dem Jahr 1976 „C’était un rendez-vous“ eine rasante Autofahrt durch das frühmorgendliche Paris zeigt. Nadia Parfan wollte einen ähnlichen Kurzfilm in Kyjiw drehen, noch vor dem russischen Angriffskrieg, konnte dies aber erst im Sommer 2022 machen.
Die Bildsprache der Besatzer. Plakate und Filme der NS-Propaganda-Kampagne zur Anwerbung von Arbeitskräften in der Ukraine (2024)
Agde, Günter
Ich untersuche in diesem Aufsatz die für die Kampagne der NS-Propaganda zur Anwebung von Arbeitskräften in der Ukraine entwickelte Bildsprache der deutschen Besatzer während des Zweiten Weltkriegs in den besetzten Gebieten und stelle die Kampagne als konzertierte Aktion in Filmen und Plakaten vor. Mein Thema hat eine politische Dimension insofern, als die an der Herstellung der Filme und Plakate Beteiligten aus der einheimischen Bevölkerung als Kollaborateure galten und gelten. Die damaligen sowjetischen Sicherheitsdienste fahndeten nach dem Krieg nach ihnen und verurteilten Kollaborateure nach Überprüfung teilweise zu hohen Strafen.
"Back in the USSR"? Eine visuelle Analyse von Putins Fernsehansprachen zum Russisch-Ukrainischen Krieg (2024)
Pribersky, Andreas
„Die russische Aggression kehrt langsam an ihren Ausgangspunkt zurück“ – in etwa diesen Worten hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner Video-Ansprache am 25. Juni 2023 sowohl die ukrainischen Drohnenangriffe auf russisches Territorium als auch die Rebellion der Söldnertruppe Wagner unter dem Kommando ihres Anführers Jewgeni Prigoschin zusammengefasst. All diese Ereignisse verweisen auf die Rolle des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Um die in diesen Zusammenhängen vermittelten Charakteristika dieser Figur deutlich zu machen, soll im Folgenden das Auftreten des russischen Präsidenten an jenem Ort in den Fokus gerückt werden, von dem aus dieser – wenigstens symbolisch – Krieg und Rebellion zu beherrschen vorgibt: das präsidiale Amtszimmer im Kreml als TV-Studio.
Ukrainische "Nachtwache" (2024)
Pribersky, Andreas
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine, den die russischen Streitkräfte unter der bewusst nebulös gehaltenen Bezeichnung als „militärisch-technische Sonderoperation“ mit ihrer Invasion am 24. Februar 2022 begonnen haben, wird auch in einer globalisierten medialen Öffentlichkeit als sogenannter Kommunikations-Krieg ausgetragen – darüber sind alle Kommentare und Analysen einig. Auf diesem Kriegs-Schauplatz kommt der Darstellung und Deutung der Ereignisse mittels visueller Medien eine zentrale Bedeutung zu: Auch diese Feststellung wird nicht nur weithin geteilt, sie beeinflusst deren Auswahl aufgrund des Referenzrahmens, den sie für die Deutung des Geschehens zur Verfügung stellen. Hier soll ein Motiv herausgehoben werden, dem in allen Analysen ebenfalls eine zentrale Bedeutung zugeschrieben wird: die Repräsentation der beiden Spitzenpolitiker als zentrale Akteure, der ukrainisch Präsident Wolodymyr Selenskyj und sein russischer Gegenüber, Wladimir Putin.
"Bilder des Krieges in der Ukraine" – Themendossier auf Visual History (2024)
Bartlitz, Christine
Mariupol, Irpin, aktuell Butscha – der russische Überfall auf die Ukraine seit dem 24. Februar 2022 führt zu immer neuen grauenvollen Bildern dieses völkerrechtswidrigen Krieges. Mit jedem Ortsnamen werden wir von nun an die verstörenden Fotografien von den Frauen aus der angegriffenen Geburtsklinik in Mariupol, die tote Mutter mit ihren beiden Kindern in Irpin und die ermordeten Zivilist:innen auf den Straßen von Butscha vor Augen haben. Den visuellen Medien kommt bei der Berichterstattung über diesen Krieg, bei der Deutung wie auch bei der Dokumentation von Kriegsverbrechen eine zentrale Rolle zu. Die Macht der Bilder als gestaltende und mobilisierende Kraft im politischen Prozess wie auch als Fakten schaffender „Bildakt“ (Horst Bredekamp) war in Kriegszeiten schon immer groß.
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