1930er
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Die Besucher: innen der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen stehen vor Ort vor einer Herausforderung: Am historischen Tatort des Massakers von Gardelegen, bei dem in der Nacht vom 13. auf den 14. April 1945 über 1000 KZ-Häftlinge ermordet wurden, werden sie mit einem Verbrechen konfrontiert, zu dem nur wenige Primärquellen überliefert sind. Die Gedenkstätte möchte den Besucher:innen jedoch eine Annäherung an das Thema und gleichzeitig einen Ansatz bieten, zu verstehen, wie es im April 1945 in einer ländlichen Region kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs noch zu einem der größten Endphaseverbrechen kommen konnte. Dieser Anspruch wird dort zum Problem, wo es nur wenig überliefertes Quellenmaterial gibt, das für geschichtsdidaktische Zwecke geeignet ist. Notwendig wird somit ein anderes Medium, das zusätzlich das didaktische Dilemma der Unzeigbarkeit der historischen Beweisaufnahmen bricht und es vermag, die Betrachter: innen auf andere Weise mit den historischen Tatsachen der Ereignisgeschichte zu konfrontieren: Zeichnungen im Stil einer Graphic Novel.
Im Folgenden wird zunächst der historische Kontext dargestellt und dann exemplarisch auf die Frage eingegangen, wo durch den Einsatz zeichnerischer Elemente neue Perspektiven auf die Geschichte des Massakers von Gardelegen eröffnet werden können.
Das Sammeln und Einkleben von Bildern ist bereits eine langlebige, weltweit ausgeführte Praxis. In den 1920er bis 1940er Jahren befand sich diese mit der Verbreitung von Zigarettensammelbildern auf einem Höhepunkt. Sie zeigten dabei diverse Motive, wie Kunstwerke, Naturbildnisse, Flaggen, aber auch Berühmtheiten aus Film und Sport. In Deutschland dominierte die Zigarettenfirma Reemtsma den Markt und beteiligte sich mit dem hauseigenen Cigaretten-Bilderdienst Altona-Bahrenfeld an dieser Marketingstrategie. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten kooperierte die Firma mit der NS-Regierung und veröffentlichte und vertrieb im Zeitraum 1933 bis 1936 vier Sammelalben, die in Zusammenarbeit mit dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) gestaltet wurden und offensichtliche NS-Propaganda zum Inhalt hatten.
London war in den 1930er und 1940er Jahren eine Metropole des künstlerischen Exils und ein Ort der Zuflucht vor nationalsozialistischer Verfolgung. Exilierte gründeten Galerien, Verlage und Zeitschriften, sie kooperierten mit lokalen Künstler:innen, organisierten Ausstellungen, verbanden sich in Netzwerken.
Das Buch Exil London widmet sich dem vielfältigen Wirken von Emigrant:innen aus Kunst, Fotografie und Architektur in Auseinandersetzung mit ihrer Exilstadt. Wie veränderte sich die Kunstszene durch die Ankunft der Exilierten? Welche kulturellen Infrastrukturen wurden aufgebaut? Wie prägten die Exilerfahrung und die Stadt selbst das Werk der Emigrant:innen? Exil London behandelt neben bekannten urbanen Räumen wie dem Hyde Park auch ungewöhnliche Orte wie den Londoner Zoo, das Krematorium Golders Green, die Finchley Road, das Haus des Architekten Erno Goldfinger als Ausstellungsort, das Wohnhaus des Psychoanalytikers Sigmund Freud oder die Straßenmärkte der Stadt. Kunstwissenschaft, Stadt- und Exilforschung sind im Buch dynamisch aufeinander bezogen und leisten gemeinsam einen Beitrag zu einem neuen Verständnis der Kunstgeschichte der Moderne.
Urban Eyes. Deutschsprachige Fotograf*innen im New Yorker Exil in den 1930er- und 1940er- Jahren
(2024)
Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten etablierte sich New York als Ankunftsstadt für deutschsprachige Fotograf*innen, denen die Flucht aus Europa gelang. Die Fotografie als Medium befand sich zu dieser Zeit in einem Umbruch, unter anderem durch das Bemühen, sie als Kunstform zu etablieren. Die Exilant*innen wiederum brachten unterschiedliche Ausbildungen, Kameratypen und Emigrationsverläufe mit. Manche waren schon professionell tätig gewesen, andere mussten ihre erlernten Berufe aufgeben und erwarben sich autodidaktisch fotografische Kompetenzen. So unterschieden sich auch ihre künstlerischen Strategien im New Yorker Exil. Die Kamera diente als Medium, sich mit der Metropole auseinanderzusetzen, die Emigrationserfahrung zu reflektieren, Netzwerke aufzubauen und schlicht ökonomisch zu überleben. Um die komplexen Zusammenhänge von Fotografie und Exil im Kontext der Metropole New York umfassend zu analysieren, nimmt Helene Roth die kreativen Leistungen und heterogenen Perspektiven, aber auch die Niederlagen und Rückschläge emigrierter Fotograf*innen näher in den Blick. Aus einer transnationalen Sicht betrachtet sie die soziokulturellen, politischen sowie künstlerischen Entwicklungen während der 1930er- und 1940er-Jahre.
Die bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnete Düsseldorfer Dissertationsschrift von Acelya Bakir mit dem Titel „Sehen, Hören, Mitmachen. Die mediale Inszenierung der Moskauer Schauprozesse und die Mobilisierungskampagnen in der Sowjetunion (1936-1938)“, die soeben im Stuttgarter Franz Steiner Verlag erschienen ist, stellt die erste Studie zur Bilder- und Symbolwelt der Moskauer Prozesse in ihrer Gesamtheit überhaupt dar. Sie darf daher sowohl im inhaltlichen wie im methodischen Sinne als Pionierstudie gewertet werden. Erstmals überhaupt werden in ihr die Moskauer Prozesse in ihrer Doppelbödigkeit von staatlicher Repression und integrativer Massenmobilisierung in den Blick genommen.
Vera Marstaller legt mit „Heldengesten. Heimat und Front in nationalsozialistischen Kriegsfotografien (1939-1945)“ einen Grundstein für die Erforschung der Bildwelten der „Volksgemeinschaft.“ Anhand von drei Illustrierten, „Die Wehrmacht“, „Berliner Illustrirte Zeitung“ und „Die junge Dame“ (nach 1940 „Kamerad Frau“), analysiert Marstaller die Darstellung der deutschen Wehrmacht in der Massenpresse. Entstanden ist die Studie im Sonderforschungsbereich 948 „Helden – Heroisierungen – Heroismen“, der zwölf Jahre lang Fragen zur sozialen Verfassung von Held:innengestalten aufwarf und beantwortete. Etwa 20.000 Fotografien schaute sich Marstaller für diese Studie an und wählte einige nach den Logiken des Zeitungslesens und des Sehens in Konstellationen (Aby Warburg) aus, insbesondere in sogenannten Geschlechterräumen. Anschließend wurden diese verschlagwortet nach Inhalt, Motiv, Art, Gestaltung, Medialität, Materialität, Bild-Text-Verhältnis oder crossmedialer Rahmung. So geben sie Aufschluss über einen breiteren Kontext, denn mit mehr Verschlagwortung entstehen größere Konstellationen an Bildern.
Der vorliegende Beitrag zeigt exemplarisch, wie durch die Untersuchung visueller Quellen eine neue Perspektive auf die kultur-, umwelt- und technikgeschichtlichen Dimensionen der Landgewinnung eröffnet werden kann. Anhand ausgewählter Postkarten aus den 1930er Jahren wird dargelegt, dass die Grafiker:innen und Fotograf:innen der lokalen Verlagshäuser die Küstenlandschaft in die zwei klar abgegrenzten Entitäten Meer und Land teilten, die nur durch Deichbau und Landgewinnung voneinander zu trennen waren. Sie zeigten auf den Postkarten aus dem Untersuchungssample stets eine von zwei Perspektiven: erstens den Blick von einem intakten Deich nach Osten auf das ruhige, meist agrarisch genutzte Land; zweitens den Blick nach Westen auf das Meer, das während einer Sturmflut am Deich hinaufsteigt und dem Land gefährlich nahekommt. Die Darstellungen auf den Postkarten konzentrierten sich auf den Deich als Instrument zur Verteidigung des Landes vor den Kräften der Natur, mit dem der Mensch dem Meer neue landwirtschaftliche Flächen abrang. Sie bekräftigten damit das nationalistische Narrativ des „Culturwerke[s] der Landgewinnung“, nach dem „deutsche Ingenieurskunst“ die Marschgesellschaft schützte und dem Staat durch die Erschließung neuer Landwirtschaftsflächen ökonomische Vorteile einbrachte.
Russlands Krieg gegen die Ukraine enthüllte nicht nur den imperialen Großmachtanspruch herrschender Eliten in Russland, sondern auch ein generelles kulturelles Überlegenheitsgefühl gegenüber Ukrainer:innen. Darüber hinaus beklagen immer wieder Stimmen aus Kasachstan, Georgien und Usbekistan den kolonialistischen Habitus einiger geflüchteter Russ:innen. Diese Einstellungen haben ihre Wurzeln im russländischen Imperium, denn die Revolution und Gründung der Sowjetunion brachen nur bedingt mit dem imperialen Erbe des Zarenreiches. Spätestens seit den 1930er Jahren stand, nach einigem nationalpolitischen Hin- und Her, das russische Volk auch in öffentlichen Diskursen an der Spitze der sowjetischen Völker. In einem kurzen, aber besonders repräsentativen Beispiel möchte ich zeigen, wie in der Zwischenkriegszeit diese Hierarchisierung durch öffentlich publizierte Fotografien suggestiv vermittelt wurde.
1917 veröffentlichte das US-amerikanische Magazin „Vanity Fair“ einen Artikel mit der Überschrift „Moving Pictures for Golfers“. Das war nichts Ungewöhnliches, denn Sport war eines der Themen, die das zumeist weiße, urbane, gebildete Publikum dieses Lifestyle-Magazins ansprach. Außergewöhnlich waren die beiden Bilderserien, die den Artikel illustrierten – bestehend aus je 22 individuellen Fotos zeigten sie zwei Golfer beim Abschlag des Balls. Die bloße Anzahl unterschiedlicher Bilder athletischer Körper in diesem Zeitraum ist ein Indikator für ihre Relevanz. Und jenseits dieser quantitativen Beobachtung waren große mediale Räume von diesen Darstellungen besetzt, von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern, über Werbeposter, Sammelkarten und Kunst bis hin zu Lehrfilmen, Wochenschauen und Spielfilmen. Das Projekt widmet sich diesen Quellen als eine ausdrücklich transnational ausgerichtete Kulturgeschichte der USA.
Urban Eyes. Deutschsprachige Fotograf:innen im New Yorker Exil in den 1930er und 1940er Jahren
(2023)
New York: Faszinosum – Freiheit – Vielfältigkeit – Überwältigung – Chaos – Orientierungslosigkeit. So in etwa erging es in den 1930er und 1940er Jahren auch jenen deutschsprachigen Fotograf:innen, die sich nach der Passage in die Emigration auf den Straßen in der US-amerikanischen Metropole wiederfanden. Die Großstadt war einigen von ihnen durch Medien der Weimarer Republik bekannt. Ihre Ankunft fand jedoch nicht im Kontext einer Reise statt, in der Sightseeing an erster Stelle stand.