Entwicklungspolitik
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Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland nehmen alle Bundesregierungen für sich in Anspruch, eine auf Frieden ausgerichtete Politik zu verfolgen. In Zeiten des Ost-West-Konflikts unterstützten sie in Afrika, Asien und Lateinamerika häufig aber auch autokratisch oder diktatorisch regierte Staaten mit fragwürdiger Menschenrechtsbilanz – darunter das seit 1962 unabhängige Ruanda. 1994 ließ dort eine verbrecherische Elite Hunderttausende Tutsi ermorden. Die Bundesregierung hatte die am Genozid beteiligte ruandische Armee zwischen 1978 und 1994 durch eine Bundeswehr-Beratergruppe in Kigali unterstützt. Schon zuvor hatte es Ausrüstungs- und Ausbildungshilfen gegeben. Die Auswertung kürzlich offengelegter Ministerialakten zeigt allerdings, dass die Bundesministerien weniger an einer Effizienzsteigerung der ruandischen Streitkräfte oder an einer Demokratisierung interessiert waren. In der Logik des Ost-West-Konflikts versuchten sie mit geringen Ressourcen gute Beziehungen zu pflegen und sich Rückhalt für eigene Positionen zu sichern. Aufgrund außenpolitischer Abwägungen hielt die Bundesregierung auch nach 1990 an der Militärkooperation fest. Von der Eskalation zum Genozid wurde sie überrascht.
Im Sommer und Frühherbst 1970 strahlte das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) 13 Folgen einer Serie aus, die die Arbeit fiktionaler westdeutscher Entwicklungshelferinnen und -helfer in Brasilien darstellte. In entwicklungspolitischen Kreisen stieß die Serie aufgrund ihrer stereotypen Behandlung des Themas auf erhebliche Kritik. Aber auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) suchte sich von der Sendung zu distanzieren, die seine Presse- und Öffentlichkeitsabteilung selbst mit angeregt und finanziell gefördert hatte, um für die Entwicklungshilfe zu werben. Der Aufsatz stellt die Inhalte der Serie dar und untersucht davon ausgehend die Motive hinter der ungewöhnlichen Kooperation. Dabei liegt der Fokus auf den Akteuren im BMZ, die die für sie neuartige Zusammenarbeit mit Fernsehleuten als Kontrollverlust erlebten. Die Analyse der TV-Produktion verdeutlicht zugleich den raschen Wandel in der bundesrepublikanischen Bewertung des Developmentalism. Dieser Wandel lässt sich auf die Entwicklungspraxis selbst zurückführen, aber auch auf globalhistorische Zäsuren der 1970er-Jahre.
Ziele und Praktiken der internationalen Solidarität in Ost- und Westdeutschland im Kalten Krieg.
Seit den späten 1960er Jahren entstanden in vielen westlichen Ländern zivilgesellschaftliche Initiativen, die Teile der »Dritten Welt« unterstützten. Auch in der Bundesrepublik engagierten sich zahlreiche Solidaritätsgruppen für politisch Verfolgte in lateinamerikanischen Diktaturen, gegen die rassistische Ordnung in Südafrika oder für den Aufbau sozialistischer Reformprojekte in Nicaragua. In der DDR entstand dagegen eine staatlich initiierte internationale Solidarität. Sie leistete ebenfalls Hilfe vor Ort und basierte auf einer massenhaften Unterstützung. Mitunter entstanden auch hier unabhängige Aktionen.
In diesem Buch untersucht eine internationale Autorengruppe die Ziele und Praktiken der internationalen Solidarität in Ost- und Westdeutschland zur Zeit des Systemkonflikts. Die Solidarität fassen sie als grenzübergreifende Praxis im Kalten Krieg und betrachten besonders Lateinamerika und das südliche Afrika. Deutlich werden dabei vielfältige transnationale Kooperationen, die über den Menschenrechtsdiskurs hinaus reichten. Ebenso werden die Grenzen vieler Initiativen erkennbar, deren Scheitern und die damit verbundene Enttäuschung.
Eine oft übersehene Dimension der Auseinandersetzung bundesdeutscher Sicherheitsakteure mit dem international vernetzten Linksterrorismus ab den 1970er-Jahren ist die sogenannte Polizeihilfe für Staaten des Globalen Südens. Bundesdeutsches Know-how und Polizeitechnik made in Germany sollten die Polizeibehörden in Partnerländern modernisieren und so die internationale Anti-Terror-Zusammenarbeit verbessern. Der Aufsatz untersucht die Dynamiken solcher Kooperationen in Lateinamerika und stützt sich dabei vor allem auf Akten der beteiligten Bundesministerien. Westdeutsche Behörden stuften die Region aufgrund ihrer politischen Instabilität als möglichen Rückzugsort terroristischer Gruppen ein. Anders als oft dargestellt, folgten die Programme jedoch kaum einer außen- oder sicherheitspolitischen Gesamtstrategie. Vielmehr entwickelten sich die prestigeträchtigen Polizeihilfen zu einer symbolischen »Währung« für die Aushandlungsprozesse zwischen den Akteuren einer zunehmend transnationalisierten »Inneren Sicherheit«. Partnerschaften zwischen den Sicherheitsinstitutionen von demokratischen Staaten wie der Bundesrepublik und Militärdiktaturen wie Brasilien, Chile oder Peru waren dabei die Regel.
Nichts, jenseits der Luft zum Atmen und dem Wasser zum Trinken, ist für die menschliche Existenz so grundlegend wie die Ernährung, kaum etwas so essentiell wie die regelmäßige Nahrungsaufnahme. Doch während Empfehlungen für Ernährungsumstellungen zum Veganismus oder zu vermeintlich »natürlichen« Paleo-Diäten in Teilen der westlichen Öffentlichkeiten auf fruchtbaren Boden fallen1 und der Wunsch nach Selbstoptimierung das Alltagsverhalten vieler Menschen beeinflusst, berichten Ärzt:innen und Gesundheitsexpert:innen in aller Welt über wachsende Probleme mit Fettleibigkeit und damit verbundenen Krankheiten. Nach Daten der OECD von 2017 hat Übergewicht in der Altersgruppe der 15- bis 74-Jährigen in allen Mitgliedsländern während der letzten drei Dekaden kontinuierlich zugenommen. Während in Frankreich und Italien im Jahr 2017 etwa 40 Prozent der Bevölkerung als übergewichtig galten, erreichten die Werte in den USA und Mexiko fast 70 Prozent. Im OECD-Durchschnitt gilt zudem eine von fünf Personen nicht nur als übergewichtig, sondern als fettleibig.

