1970er
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Gegenstand dieses Beitrags ist die Entwicklung der ambulanten Altenhilfe in der Bundesrepublik Deutschland von der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Beginn der 1970er Jahre, Dabei wir hier das Beispiel der Stadt Frankfurt am Main gewählt, eine Stadt, die relativ führend in ihren Angeboten war, deren Entwicklung aber durchaus mit anderen Städten vergleichbar ist und die durch Hinzuziehen von Berichten und Umfragen aus weiteren Orten, die zum Beispiel im Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche Fürsorge veröffentlicht wurden, mit diesen verglichen wird.
Soundscape Stammheim
(2010)
Die Rote Armee Fraktion (RAF) markiert nicht nur in visueller, sondern auch in akustischer Hinsicht ein herausragendes Phänomen der westdeutschen Nachkriegsgeschichte. So war eine der ersten Stellungnahmen, die nach der Befreiung Andreas Baaders im Mai 1970 veröffentlicht wurde, eine Tonbandaufzeichnung Ulrike Meinhofs. Die Journalistin Michèle Ray hatte sie nach Abschluss ihres Interviews dem „Spiegel“ überlassen. Damit konnten die Aussagen Meinhofs zum Aufbau der Roten Armee nicht nur als Text, sondern auch als Ton der Nachwelt erhalten bleiben.
Over the last few years the 1970s have come into the focus of historians in Britain, France and Germany. The recent historiographical debates on the decade largely remain anchored in national contexts however. A comparative analysis of French and British narratives about the 1970s shows the degree to which historical inter-
pretations of the decade remain shaped by contemporary perceptions, political strategies and historiographical traditions. This article argues that we need a real transnational historical dialogue in order to question and deconstruct the implicit assumptions which shape our interpretations of the decade.
Migration, Flucht und Asyl sind zentrale Themen der gegenwärtigen öffentlichen Debatte in Deutschland und Europa. Angesichts der tagesaktuellen Krisenbewältigung gerät die historische Tiefendimension von Migrationsbewegungen dabei oftmals aus dem Blick. Waren Ostasien und Europa am Ende des Zweiten Weltkriegs die Regionen, von denen die größten Flüchtlingsbewegungen ausgingen, so wurden sie seit Mitte der 1970er Jahre von der sogenannten Dritten Welt, insbesondere Afrika und Asien, abgelöst. Der sowjetische Einmarsch in Afghanistan 1979 und der daran anschließende, bis 1989 andauernde Krieg lösten den weltweit größten Massenexodus einer einzelnen Bevölkerungsgruppe nach 1945 aus. Mit dem iranisch-irakischen Krieg stieg die Zahl der Flüchtlinge ein weiteres Mal signifikant an. Der Nahe und Mittlere Osten entwickelte sich somit in den 1980er Jahren zu einer der bis heute größten Flüchtlingsregionen weltweit
During the 1970s liberal social scientists and leftist activists discussed the possible decriminalization of pedophilia. The essay argues that, while rooted in the “sexual revolution,” this debate can only be comprehended if one considers customary practices of education. The essay explores the often violent situation in residential child homes and its critique by the New Left (“Heimkampagne”) and inquires into ideas about children and young persons’ own agency. The juxtaposition of physical violence and seemingly unproblematic sexuality made advocacy for pedophiliac contacts plausible, to the degree that some adolescents of the Nuremberg “Indianerkommune” even claimed right to these encounters.
„Wife-beating is occurring every 18 seconds in the United States“, teilte das FBI 1978 mit und machte durch diesen Sprechakt deutlich, dass auch in amerikanischen Sicherheitskreisen inzwischen ein Bewusstsein für die Bedeutung häuslicher Gewalt entstanden war. Zugleich handelte es sich hierbei nicht nur um eines von vielen Verbrechen, sondern es war sogar, wie das FBI erkannte, „the largest single offense committed, and probably the least reported“. Hinzu kam, dass auch die Polizeiorgane selbst massiv von diesem Problem betroffen waren: Im Jahr 1976 standen 31% aller Angriffe auf Polizisten im Zusammenhang mit Fällen häuslicher Gewalt, „representing the greatest percentage of assaults on law enforcement officers“. Zudem starben 20% aller Beamten, die im Einsatz getötet wurden, nachdem sie einem Notruf im Zusammenhang mit domestic violence Folge geleistet hatten.
Staudammbauten in Afghanistan, Ahmed Ben Bella und wie er die Welt sah, die Fotos hungernder Kinder in Nigeria und Bangladesch, amerikanische Agrarwissenschaftler, die in Manila Reissorten züchten, Chinas Werben um Afrika, eine UN-Erklärung, niemals umgesetzt, über die Errichtung einer »Neuen Weltwirtschaftsordnung« – wer hätte vor 20 Jahren vorausgesagt, dass diesen Episoden einmal symptomatische Bedeutung zugemessen würde, wenn es um das Verständnis der internationalen Politik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geht. Wie stark sich das geschichtswissenschaftliche Bild des Zeitraums gewandelt hat, lässt sich tatsächlich, noch vor allen interpretatorischen Einordnungen und methodischen Konzeptualisierungen, besonders eindrücklich an der Fülle neuen Wissens ablesen, das historische Studien in den letzten gut 15 Jahren hervorgebracht haben. Weltregionen, über die man wenig wusste, Akteure, die eher im Hintergrund operierten, politische Projekte, die nebensächlich erschienen, Konflikte, die als sekundär galten, sind inzwischen eingehend erforscht.
This article evaluates a variety of recent attempts to conceptualize a historyof innovations from the perspective of social history. Special emphasis is given toapproaches arguing for a paradigm shift from innovation systems to innovationcultures, in particular by focussing on users as co-designers of technology. Theconcept of the co-construction of technology has been implemented especially in thethematic field of the integration and disintegration of Europe. The growing circulationof scientific knowledge and technical goods resulted in the “invention of European-ness” in the long 20th century. This article contributes to the discussion by examiningscientifically constructed user projections in the American and German automobileindustries.
»Individualisierte kollektive Verkehrssysteme - eine Lösung der Verkehrsnot in den Städten?« lautete die Frage, die Anfang der 1970er Jahre zahlreiche Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von Firmen und Stadt- und Verkehrsplanungsbehörden beschäftigte. Die euphorische Hoffnung, die sich in dieser Zeit breitmachte, zielte darauf ab, das individuelle Bedürfnis der Fortbewegung, dem das Auto so schön entsprach, mit kollektiven Verkehrsmitteln zu befriedigen, um die Staus, die Umwehbelastung und den Lärm aus den Städten zu verbannen.
Welchen Einfluss hatte die Dieselmotortechnologie auf die öffentliche Perzeption von Dieselfahrzeugen und damit auch auf ihre Absatzentwicklung in Deutschland und in den USA im Zeitraum von 1976 bis 1985? Dieser zentralen Frage geht folgender Beitrag nach und legt dar, dass Konsumenten ihre Kaufentscheidung für einen Diesel und gegen einen Benzin-Pkw nicht allein an rational-ökonomischen Gründen ausrichten, wie dies gängige Erklärungsmodelle betonen. Als alternatives Modell bieten sich so genannte Rationalitätsfiktionen an, die Konsumenten bei ihrer Kaufentscheidung als Rationalisierungsstrategie dienen. Anhand der drei Fallbeispiele Volkswagen Golf Diesel, Mercedes-Benz Diesel und Oldsmobile respektive GeneralMotors Diesel wird analysiert, wie die technischen Eigenschaften der Dieselautos mit ihrer Wahrnehmung korrelierten und wie sich dies in der Absatzentwicklung in beiden Ländern niederschlug. Entscheidend ist, dass sich in den USA bereits während der für die Marktdurchdringung wichtigen Phase um das Jahr 1981 eine überwiegend negative Sichtweise durchsetzte, die bis heute im Kern ihre Gültigkeit behielt. Seitdem gelten Diesel zum Beispiel als unzuverlässig und lahm. Diese dominierende, kulturspezifisch negative Wahrnehmung ließ das Interesse der Konsumenten an Dieselautos abflauen und verhinderte einen erneuten Dieselboom. In Deutschland bewahrten die Diesel demgegenüber ihre positiven Attribute wie Langlebigkeit und Zuverlässigkeit. Dort unterlagen der Kauf und der Besitz eines Diesels infolgedessen keinem sozialen Rechtfertigungsdruck, was maßgeblich zum Absatzboom Anfang der 1980er Jahre beigetragen hat.
Die volle Entwicklung der (west)europäischen Gesellschaften zu Massenkonsumgesellschaften gehört zu den bedeutendsten sozioökonomischen und soziokulturellen Wandlungsprozessen zwischen dem Beginn der Wiederaufbauära nach 1945 und der europäischen Epochenwende von 1989/90. Während die Entwicklung des Konsums materieller Güter bereits die Aufmerksamkeit zahlreicher Historiker/-innen gefunden hat, findet der Konsum immaterieller Dienstleistungsgüter eher eine stiefmütterliche Betrachtung.
Over the last few years the 1970s have come into the focus of historians in Britain, France and Germany. The recent historiographical debates on the decade largely remain anchored in national contexts however. A comparative analysis of French and British narratives about the 1970s shows the degree to which historical interpretations of the decade remain shaped by contemporary perceptions, political strategies and historiographical traditions. This article argues that we need a real transnational historical dialogue in order to question and deconstruct the implicit assumptions which shape our interpretations of the decade.
Soundscape Stammheim
(2010)
Die Rote Armee Fraktion (RAF) markiert nicht nur in visueller, sondern auch in akustischer Hinsicht ein herausragendes Phänomen der westdeutschen Nachkriegsgeschichte. So war eine der ersten Stellungnahmen, die nach der Befreiung Andreas Baaders im Mai 1970 veröffentlicht wurde, eine Tonbandaufzeichnung Ulrike Meinhofs. Die Journalistin Michèle Ray hatte sie nach Abschluss ihres Interviews dem „Spiegel“ überlassen. Damit konnten die Aussagen Meinhofs zum Aufbau der Roten Armee nicht nur als Text, sondern auch als Ton der Nachwelt erhalten bleiben.
In the aftermath of World War II, the political and geographical isolation of the Western parts of the former German capital also cut economic hinterland ties and caused an exodus of industrial companies. In consequence, West Berlin soon became dependent on West German transfer payments to balance the city’s budget. At the same time, a system of tax preferences was created to foster private investment and employment in the isolated city. The complex of subsidies was maintained and even expanded during the following decades though its negative economic effects became obvious in the second half of the 1960s. The article focuses the conceptual significance of subsidies in industrial policy as well as their factual impact on Berlin’s economic development from the early 1960s to the late 1980s, i.e. in a period of massive structural change. It comes to the conclusion that the persistence of subsidization should be explained primarily by its symbolic political value and by a lack of alternatives.
Warum Südafrika? Die Politik des britischen Anti-Apartheid-Aktivismus in den langen 1970er Jahren
(2017)
Die weltweite Anti-Apartheid-Bewegung war »die erste erfolgreiche transnationale soziale Bewegung in der Ära der Globalisierung«. So sieht es Francis Nesbitt, der argumentiert: »Das Ungewöhnliche an ihr war das Ausmaß der Unterstützung, die sie von Einzelpersonen, Regierungen und Organisationen auf allen Kontinenten erfuhr. Soziale Bewegungen erreichen selten auch nur annähernd eine solche internationale Unterstützung wie die gegen das rassistische Apartheidregime in Südafrika.« Nesbitts Urteil steht stellvertretend für die Sicht anderer Historiker, die jüngst begonnen haben, sich mit dem Anti-Apartheid-Aktivismus zu befassen. Sie alle betonen das große Maß an Zuspruch, das dieser erfahren habe. Bislang haben sie es jedoch kaum unternommen, zu untersuchen und zu erklären, wie sich diese Unterstützung im Lauf der Zeit veränderte, oder der Frage nachzugehen, warum sich bestimmte Einzelpersonen und Organisationen in der Bewegung gegen das südafrikanische Apartheidregime engagierten.
Die Entwicklung der digitalen Telefonie (1960–1985). Die Kosten soziotechnischer Flexibilisierungen
(2017)
Westliche Wachstumgsgesellschaften haben im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts einen tiefgreifenden Wandel erfahren. Die Veränderungen waren so grundlegend, dass es fast ununmgänglich wurde, dafür eine eigenständige kollektive Umbruchsymbolik zu entwickeln: Ein paar wenige Jahreszahlen und Ereignisse – 1968, 1973/74, 1989/90 – wurden so arrangiert, dass sie das Wichtigste benennbar machten. Der Erinnerungshaushalt konnte damit insofern besser verwaltet werden, als die historische Erzählung ganz selbstverständlich auf bekannte und allen verfügbare Meilensteine zurückgreifen vermochte. Dieselben Meilensteine stabilisieren auch heute noch den Umgang mit unserer Vergangenheit – bis zu dem Masse, in welchem sie gerade den gesellschaftlichen Wandel nicht mehr erklären können, weil die großen Ereignisse fälschlicherweise zu Gründen der gesellschaftlichen Entwicklung gerechnet werden, obwohl sie als Ereignisse vielmehr Effekte des zu erklärenden Wandels gewesen sind.
Sind die staatssozialistischen Diktaturen an einem Übermaß an „Sicherheit“ gescheitert? Gewöhnlich werden ja eher die verschiedensten Formen des Mangels als Grund für ihren Niedergang angeführt. Es fehlte an Vielem und an allen Ecken und Enden: an individuellen Freiheiten, an Konsumgütern, und schließlich auch den Kommunisten selbst an Zukunftsperspektiven. Selbstverständlich lässt sich argumentieren, dass das eine mit dem anderen zusammenhing. Eine umfassende, die Gesellschaft durchherrschende Politik der Sicherheit nach außen und innen verschlingt beträchtliche Ressourcen für Infrastrukturen, Schutz- und Waffensysteme sowie für die alltäglich zu verrichtenden Tätigkeiten des Überwachens, Kontrollierens und Disziplinierens. Weit vorausschauende vorbeugende Gefahrenabwehr hat ihren Preis, wenn sie allzu enge Grenzen setzt: Sie schränkt die Entfaltung und Selbstbestimmung vieler Individuen ein und kann Kreativität und Unternehmungsgeist behindern, Innovation und damit auch Produktivität und Wachstum hemmen. Wiewohl umfassende Sicherheit kurzfristig der Legitimität eines Regimes zu Gute kommen mag, können ihre Kosten und Nebenwirkungen auf Dauer die soziale Entwicklung behindern und so zum Legitimitätsverlust beitragen.
Wie klingt Sozialismus im urbanen Raum einer DDR-Bezirkshauptstadt? Diese Frage verknüpft Überlegungen zur Soundgeschichte einer Stadt mit den Aspekten Umwelt und öffentliche Hygiene. Lärm als Problemlage des städtischen Raumes auszumachen, erforderte Perspektivenwechsel, die nicht nur das DDR-Gesundheitswesen vor Herausforderungen stellte. Gesund zu werden, gesund zu bleiben, galten als Anforderungen öffentlich-administrativer Vorgaben an die private Lebensgestaltung. Die entsprechenden Voraussetzungen dafür zu schaffen, das steckte sich die sozialistische Gesundheitsverwaltung als eines ihrer Ziele und Kernaufgaben.
Am Anfang des 20. Jahrhunderts stand Mathematikern, Naturwissenschaftlern und Ingenieuren eine Reihe von mathematischen Methoden (numerischen und graphischen Verfahren) sowie technischen Hilfsmitteln (Instrumente, Apparate, Maschinen, Tafelwerke) zur Verfügung, um exakte Lösungen bzw. Näherungslösungen für mathematische Probleme »ausrechnen« zu können, die im Zusammenhang mit ihrer wissenschaftlichen oder praktischen Arbeit auftraten. Ein genauerer Blick zeigt, dass um 1900 ein ganzer »Apparate- und Methoden-Zoo« zur Verfügung stand, dessen Klassifizierung – um im Bild zu bleiben – einen sehr kundigen »Apparate- und Methoden-Zoologen« erforderte, um die »Morphologie« und »Anatomie« der Apparate und deren »Physiologie« (in Bezug auf die informationsverarbeitenden Funktionen) zu überblicken. So gab es z. B. weit verbreitete Apparate und Methoden wie Rechenschieber und Planimeter, mechanische Rechenmaschinen, Multiplikations- und Logarithmentafeln oder das Runge-Kutta-Verfahren zur numerischen Lösung gewöhnlicher Differentialgleichungen, aber auch nur in Einzelexemplaren existierende Geräte, wie die im 19. Jahrhundert verschiedentlich entwickelten Gleichungswaagen.
Migration und Mobilität, aber auch der Wunsch danach haben entscheidend zu den einschneidenden politischen, sozialen und kulturellen Transformationen des letzten Drittels des 20. Jahrhunderts beigetragen. Die Forderung nach Reisefreiheit etwa stellte einen wichtigen Auslöser und Beschleuniger für den Umbruch in Osteuropa dar. Zugleich gehörten umfassende Migrationsbewegungen zu den in der Öffentlichkeit besonders stark wahrgenommenen Folgen des Umbruchs. Darüber hinaus sind die Wanderungsbewegungen zwischen Ost und West eine »Verf lechtungsthematik par excellence«, wenn auch die Verflechtung stark asymmetrisch blieb. Mein Beitrag verbindet deshalb die vielfältigen Mobilitätsformen, die Ost und West verbanden, aber auch trennten. Er thematisiert dabei zum einen die Wanderungsbewegungen zwischen Ost- und Westdeutschland und zum anderen die Migration aus anderen Ländern in die Bundesrepublik und die DDR bzw. ins wiedervereinigte Deutschland. Zudem kontextualisiert er beides mit anderen Formen der Mobilität, wie dem Reisen. Wenngleich die Ausländerzahlen in Ostdeutschland bis heute gering blieben, ist darüber hinaus vergleichend nach dem Umgang mit nicht-deutschen (Arbeits-)-MigrantInnen zu fragen und auf die nationalen Selbstverständigungsdebatten angesichts einer wachsenden Zahl Nicht-Deutscher einzugehen. Neben den sozioökonomischen Motiven und Effekten der Migrationsbewegungen sollen auch die kulturellen Auswirkungen, der Wandel der Gesellschaft sowie die Semantik in den Migrationsdebatten analysiert werden.